Abgrenzung häusliches Arbeitszimmer zu einer freiberuflichen Praxis

Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist im Gesetz nicht näher bestimmt; seine Grenzen sind fließend und es gibt Übergangsformen.

Maßgebend ist das sich aus den konkreten Verhältnissen ergebende Gesamtbild. Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, muss aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

Es ist geklärt, nach welchen Kriterien ein häusliches Arbeitszimmer von einer im selbstgenutzten Wohnhaus oder in einem Anbau des Wohnhauses gelegenen Praxis eines Freiberuflers abzugrenzen ist.

Handelt es sich bei den Räumlichkeiten um einen gesondert zu betretenden Anbau mit dem Büroschild "Steuerberater", sind dort mehrere Mitarbeiter beschäftigt, findet Publikumsverkehr statt und gibt es darüber hinaus einen gesonderten Wartebereich, Toiletten und eine Garderobe, liegt kein häusliches Arbeitszimmer vor.

BFH Beschluss vom 27.06.2011 – VIII) B 22/10 BFHNV 2011 S. 1682

Begründung:

Zutreffend ist das FG bei seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des BFH ausgegangen, wonach der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers im Gesetz nicht näher bestimmt ist und aus dem Wesen des Typus des "häuslichen Arbeitszimmers" folgt, dass seine Grenzen fließend sind und es Übergangsformen gibt . Maßgebend ist das sich aus den konkreten Verhältnissen ergebende Gesamtbild. Ob ein Raum als häusliches Arbeitszimmer anzusehen ist, muss daher aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

Für den Fall eines als Syndikusanwalt eines Unternehmens nichtselbständig tätigen Klägers, der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend macht, hat der BFH in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass auch eine Anwaltskanzlei dem Grunde nach von der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfasst wird, sofern sie die Merkmale eines häuslichen Arbeitszimmers aufweist. Andererseits hat der BFH im Falle eines Rechtsanwalts, der Räumlichkeiten in seinem privaten Einfamilienhaus nutzt, entschieden, dass die Einbindung des Büros in die häusliche Sphäre aufgehoben beziehungsweise überlagert wird, wenn die Büroeinheit auch von Dritten, nicht familienangehörigen oder haushaltszugehörigen Personen genutzt wird. Gleichermaßen hat der BFH auch klargestellt, dass eine ärztliche Notfallpraxis grundsätzlich nicht als häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, § 9 Abs. 5 EStG anzusehen ist, selbst wenn sie mit den Wohnräumen des Arztes verbunden ist.

Insgesamt gesehen ist danach geklärt, nach welchen Kriterien ein häusliches Arbeitszimmer von einer im selbstgenutzten Wohnhaus oder in einem Anbau des Wohnhauses gelegenen Praxis eines Freiberuflers abzugrenzen ist. Im Streitfall ist das FG ersichtlich von der Rechtsprechung des BFH ausgegangen. Es hat die fraglichen Büroräumlichkeiten sogar besichtigt und ist nach Inaugenscheinnahme und Würdigung der Gesamtumstände zu dem Schluss gekommen, es handle sich bei den Räumlichkeiten u.a. auch deshalb nicht um ein häusliches Arbeitszimmer, weil es sich um einen gesondert zu betretenden Anbau mit dem Büroschild "Steuerberater" handele, dort mehrere Mitarbeiter des Klägers beschäftigt seien, Publikumsverkehr stattfinde und es darüber hinaus einen gesonderten Wartebereich, Toiletten und eine Garderobe gebe, so dass eine Vermischung der Bürosphäre mit der privaten Sphäre des Klägers nicht gegeben sei.