Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen, wenn ortsübliche Vermietungszeiten nicht feststellbar sind

Für die Beurteilung der Absicht, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige den Werbungskostenüberschuss hinnimmt.

Ist bei objektiver Betrachtung ein Totalüberschuss nicht zu erwarten, kann die Einkünfteerzielungsabsicht nicht deshalb bejaht werden, weil private Motive oder persönliche Neigungen für die Renovierung und den Ausbau der Ferienwohnung nicht feststellbar sind.

BFH Urteil vom 31.01.2017 – IX R 23/16 BFH/NV 2017, 897

Begründung:
Das FG hat nicht erkannt, dass es im Fall eines bei objektiver Betrachtung nicht zu erwartenden Totalüberschusses für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht darauf ankommt, aus welchen Gründen die Klägerin den Werbungskostenüberschuss hinnimmt.

Das FG hat die Einkünfteerzielungsabsicht unzutreffend bejaht und deshalb § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verletzt. Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmeüberschuss zu erwirtschaften. Dies gilt bei ausschließlich an Feriengäste vermieteten und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehaltenen Ferienwohnungen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen –abgesehen von Vermietungshindernissen– nicht erheblich. Denn das Vermieten einer Ferienwohnung ist mit einer auf Dauer angelegten Vermietung nur dann vergleichbar, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr –bis auf ortsübliche Leerstandszeiten– an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Nur so zeigt sich in nachprüfbarer Weise, dass die Steuerpflichtigen die Ferienwohnung in geeigneter Form am Markt angeboten und alle in Betracht kommenden Interessenten berücksichtigt haben. So wie der Begriff “ortsüblich” im Übrigen im Gesetz verwendet wird müssen die individuellen Vermietungszeiten mit denen verglichen werden, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden. Dabei ist “Ort” nicht identisch mit dem Gebiet einer Gemeinde; er kann –wie sich auch aus § 558c Abs. 2 BGB ergibt– je nach der Struktur des Ferienwohnungsmarktes das Gebiet einer oder mehrerer vergleichbarer Gemeinden sowie lediglich Teile davon umfassen.

Liegen die genannten zusätzlichen Voraussetzungen bei einer Ferienimmobilie nicht vor oder können –wie zwischen den Beteiligten im Streitfall unstreitig ist– ortsübliche Vermietungszeiten nicht festgestellt werden, ist die Vermietung an Feriengäste mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar. Das bedeutet, es fehlt in Ermangelung einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit die Basis, auf Grund derer das Gesetz die Einkünfteerzielungsabsicht typisiert. Die Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose überprüft werden, die den Anforderungen des BFH-Urteils vom 6. November 2001 IX R 97/00 entspricht. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen der Typisierung obliegt dem Steuerpflichtigen.

Die Absicht, einen Totalüberschuss zu erzielen, kann als sog. innere Tatsache, wie alle sich in der Vorstellung von Menschen abspielenden Vorgänge, nur anhand äußerer Merkmale beurteilt werden. Aus objektiven Umständen muss auf das Vorliegen oder Fehlen der Absicht geschlossen werden. Entscheidend ist, ob die Vermietungstätigkeit bei objektiver Betrachtung einen Totalüberschuss erwarten lässt. Ist dies zu verneinen, können die Steuerpflichtigen gleichwohl nachweisen, dass sie zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet haben, zunächst angefallene Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt werde ein positives Gesamtergebnis erzielt. Die Steuerpflichtigen, die für das Vorhandensein der Überschusserzielungsabsicht die Feststellungslast tragen, müssen hierzu die objektiven Umstände vortragen, aufgrund derer sie im Beurteilungszeitraum erwarten konnten, einen Gesamtüberschuss zu erzielen, schon das Streben nach einem nur “bescheidenen Überschuss” reicht aus.

Diesen Grundsätzen entspricht das angefochtene Urteil nicht, so dass es aufzuheben ist. Zwar wurde die Ferienwohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten. Da sich aber ortsübliche Vermietungszeiten nicht feststellen lassen, muss die Einkünfteerzielungsabsicht durch eine Prognose überprüft werden. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und daher den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG (Urteil, Seite 13) hätte die beabsichtigte Vermietungstätigkeit bei objektiver Betrachtung nicht zur Erzielung eines Totalüberschusses geführt. Danach betrugen die jährlichen Vermietungsumsätze höchstens ca. 1.300 EUR (Streitjahr 2012). Dieser Betrag konnte jedoch nicht einmal die jährliche Gebäudeabschreibung in Höhe von 2,5 % (2.461 EUR im Jahr 2012) kompensieren. Das FG konnte auch keine Anhaltspunkte feststellen, die auf eine erhebliche Umsatzsteigerung in den Folgejahren hätten schließen lassen. Bei einem nach objektiver Betrachtung nicht zu erwartenden Totalüberschuss, kommt es aber –anders als das FG meint– für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht darauf an, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige den Werbungskostenüberschuss hinnimmt. Es ist daher nicht maßgebend, ob für die Renovierung und den Ausbau der Ferienwohnung private Motive oder persönliche Neigungen nicht feststellbar waren. Vielmehr hätte das FG prüfen müssen, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt (Beginn der Vermietung) die objektiven Gegebenheiten verkannt und erwartet hat, die Werbungskostenüberschüsse würden im Laufe der Tätigkeit durch Einnahmeüberschüsse ausgeglichen und insgesamt werde ein positives Gesamtergebnis erzielt.