Berücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung von unentgeltlich erworbenen Kapitalgesellschaftsanteilen

Die bei Verträgen unter fremden Dritten bestehende Vermutung für das Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ist im Fall der Übertragung eines Kapitalgesellschaftsanteils, für den der Zuwendende hohe Anschaffungskosten getragen hat, nicht alleine wegen eines Freundschaftsverhältnisses zwischen dem Zuwendenden und dem Empfänger als widerlegt anzusehen.

BFH Urteil vom 09.05.2017 – X B 23/17

Begründung;

Das FG hat seine Entscheidung, wonach eine unentgeltliche Übertragung nicht nur vereinbart gewesen sei, sondern auch wirtschaftlich vorgelegen habe, maßgeblich auf den Umstand gestützt, dass den Kläger und D eine langjährige, aus der Nachbarschaft erwachsene Freundschaft verbinde.

Indem das FG das Verhältnis zwischen Freunden ohne weitere Feststellungen mit demjenigen von Verwandten gleichgesetzt und daraus abgeleitet hat, dass die Vermutung für das Vorliegen einer entgeltlichen Übertragung nicht anwendbar sei, hat es die Reichweite dieses Erfahrungssatzes verkannt. Ein den Gleichklang wirtschaftlicher Interessen indizierendes, den Einzelfall bestimmendes Näheverhältnis kann zwar ausnahmsweise im Einzelfall auch bei nicht verwandtschaftlich verbundenen Personen gegeben sein. In einem solchen Fall bedarf es aber weiterer besonderer, objektiver Anhaltspunkte, aus denen auf die Entkräftung der Vermutung einer entgeltlichen Übertragung geschlossen werden kann. Solche Umstände hat das FG indes nicht festgestellt. Da dem Urteil des FG ein allgemeiner Erfahrungssatz zugrunde liegt, der so nicht besteht, ist der BFH an die tatsächliche Würdigung nicht gebunden.

Die tatsächliche Vermutung, dass fremde Personen einander im Geschäftsleben nichts zu schenken pflegen, kann von dem die objektive Beweislast (Feststellungslast) tragenden Steuerpflichtigen (Kläger) durch unmittelbaren Beweis oder mit Hilfe eines Indizienbeweises widerlegt werden. Das FG hat dabei aber zu berücksichtigen, dass die genannte Vermutung umso stärker ausfällt, je wirtschaftlich werthaltiger der übertragene Gesellschaftsanteil für den Übertragenden und den Empfänger ist. Könnte sich das FG unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht mit der dafür erforderlichen Sicherheit davon überzeugen, dass die Übertragung unentgeltlich war, würde dies zu Lasten des Klägers gehen, der sich auf die Unentgeltlichkeit beruft. Käme das FG bei der Beweiswürdigung nach § 96 Abs. 1 FGO demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die Unentgeltlichkeit der Übertragung an den Kläger als nachgewiesen anzusehen wäre, müsste es im Zusammenhang mit der möglichen Anwendbarkeit des § 42 AO (Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten) insbesondere den Fragen nachgehen, warum der erst am 23. Dezember 2010 an den Kläger zugewendete Geschäftsanteil bereits am 29. Dezember 2010 an die kurz zuvor gegründete F-GmbH veräußert worden ist, und ob dieser Sachverhalt bei einer Gesamtschau eine unangemessene rechtliche Gestaltung darstellt. Der Senat weist schließlich darauf hin, dass das FG bislang keine substantiierten Feststellungen zur Höhe der Anschaffungskosten des D für seinen Anteil an der A-GmbH getroffen hat.