Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Entscheidung im vereinfachten Verfahren nach § 94a Satz 1 FGO ohne vorherige Anordnung

Das FG verletzt den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör, wenn es gemäß § 94a Satz 1 FGO im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheidet, ohne dem Beteiligten zuvor seine dahingehende Absicht und den Zeitpunkt mitzuteilen, bis zu dem er sein Vorbringen in den Prozess einführen kann.

Das Gericht erfüllt diese Hinweispflicht jedenfalls gegenüber einem nicht fachkundig vertretenen Beteiligten nicht, wenn es nur darauf hinweist, “alsbald ein Urteil nach billigem Ermessen gemäß § 94a FGO” fällen zu wollen und eine Frist ohne weitere Erläuterung (“Frist: 4 Wochen”) einräumt.

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 6.6.2016, III B 92/15

Sachverhalt:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist die Mutter einer im September 1989 geborenen Tochter (T). T nahm an einem siebensemestrigen berufsbegleitenden Studiengang teil, brach diesen jedoch vorzeitig ab.

Die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Familienkasse) hob die zugunsten der Klägerin für T erfolgte Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 6. Januar 2014 auf und forderte das insoweit für den Zeitraum Juni 2013 bis November 2013 bereits ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 1.104 EUR von der Klägerin zurück. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Ein insoweit wegen Steuerhinterziehung und Betrugs durchgeführtes strafrechtliches Ermittlungsverfahren wurde nach § 153 Abs. 1 der Strafprozessordnung wegen Geringfügigkeit eingestellt. Mit weiterem Bescheid vom 5. Januar 2015 setzte die Familienkasse gegen die Klägerin Hinterziehungszinsen in Höhe von 25 EUR fest. Im sich anschließenden Klageverfahren machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, sie sei zwar bereit, die 25 EUR zu zahlen, wehre sich aber gegen den Vorwurf der Steuerhinterziehung. Ihre Tochter habe bereits ein eigenes Leben geführt, den Ausbildungsabbruch nicht rechtzeitig mitgeteilt und diesen erst auf mehrfache Nachfrage auf das Ende des Schuljahres 2012/2013 datiert.

Entgegen der formblattmäßigen Verfügung des Vorsitzenden wies das Finanzgericht (FG) nur die Familienkasse, nicht hingegen die Klägerin darauf hin, dass der Rechtsstreit gemäß §§ 5 Abs. 3 Satz 1, 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf den Einzelrichter übertragen werden kann. Mit Beschluss vom 1. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen. Dieser legte den Beteiligten in einem Schreiben vom 1. Juni 2015 seine Rechtsauffassung dar. Ferner enthielt das Schreiben folgenden Zusatz: “Es wird darauf hingewiesen, dass das Gericht bei einem Streitwert von 25,00 EUR alsbald ein Urteil nach billigem Ermessen gemäß § 94a FGO fällen wird. Frist: 4 Wochen”. Mit Schreiben vom 4. Juli 2015 machte die Klägerin weitere Ausführungen zur Sache. Sodann wies der Einzelrichter die Klage am 29. Juli 2015 gemäß § 94a FGO ohne mündliche Verhandlung ab.

Begründung:

Das FG hat das grundrechtsgleiche Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes –GG–) verletzt, da es ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ohne dies der Klägerin zuvor in hinreichender Deutlichkeit mitzuteilen. Hierin liegt ein Verfahrensmangel, auf dem das angefochtene Urteil beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) begründet Art. 103 Abs. 1 GG zwar keinen Anspruch auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, stellt jedoch sicher, dass sich jeder Verfahrensbeteiligte vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem ihr zugrunde liegenden Sachverhalt äußern und Anträge stellen kann. Insoweit hielt es das BVerfG in einem Fall, in dem ein Zivilgericht gemäß § 495a der Zivilprozessordnung (ZPO) im vereinfachten Verfahren ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden hatte, für unbeachtlich, dass diese Prozessrechtsnorm selbst eine Anordnung des schriftlichen Verfahrens nicht vorschreibt. Denn es leitete eine dahingehende Pflicht des Gerichts unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 GG ab. Zur Begründung verwies es darauf, dass den Parteien sonst die Möglichkeit genommen werde, einen Antrag auf mündliche Verhandlung gemäß § 495a Satz 2 ZPO zu stellen. Um dieses Antragsrecht nicht einzuschränken, muss das Gericht, wenn es sich für ein schriftliches Verfahren entscheidet, den Parteien seine Absicht und den Zeitpunkt mitteilen, bis zu dem die Parteien ihr Vorbringen in den Prozess einführen können.

Im Streitfall hat das FG dieser Hinweispflicht nicht genügt. Zum einen ist aus dem Hinweis “alsbald ein Urteil nach billigem Ermessen gemäß § 94a FGO fällen” zu wollen, jedenfalls bei einem nicht fachkundig vertretenen Beteiligten –wie im Streitfall der Klägerin– nicht mit hinreichender Deutlichkeit die Absicht des Gerichts erkennbar, im schriftlichen Verfahren entscheiden zu wollen. Zum anderen lässt sich aus dem apodiktischen Hinweis “Frist: 4 Wochen” nicht mit hinreichender Klarheit ableiten, dass es sich insoweit um die Frist handelt, bis zu der die Beteiligten ihr Vorbringen noch in den Prozess einführen können; dies gilt erst recht für nicht fachkundig vertretene Beteiligte. Kein Verfahrensfehler ist gegeben, soweit das FG den Rechtsstreit auf den Einzelrichter übertragen hat, ohne die Klägerin vorher anzuhören. Eine solche vorherige Anhörung ist in § 6 Abs. 1 FGO –anders als im Fall der Rückübertragung nach § 6 Abs. 3 FGO– nicht vorgesehen, was den Schluss zulässt, dass der Gesetzgeber bei der Übertragung von einer Anhörung absehen wollte.

Im Übrigen weist der Senat –ohne Bindungswirkung– auf Folgendes hin. Hinsichtlich des subjektiven Tatbestands der Steuerhinterziehung kommt bei der Prüfung des Vorliegens eines bedingten Vorsatzes der Abgrenzung zur (bewussten) Fahrlässigkeit besondere Bedeutung zu (s. hierzu etwa Ransiek in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz 610 ff.). Entscheidend für das Vorliegen des bedingten Vorsatzes ist dabei, dass der Täter nicht auf die Richtigkeit seiner Angaben vertraut, sondern es wenigstens ernsthaft für möglich hält und billigt, dass er die Finanzbehörde über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (s. hierzu Ransiek in Kohlmann, a.a.O., § 370 AO Rz 614, 625). Insoweit könnte bei der Gesamtwürdigung der Umstände insbesondere auch von Bedeutung sein,
durch welches Ereignis und an welchem Tag genau der Studiengang abgebrochen wurde sowie wann die Ausschulung erfolgte,
ob und gegebenenfalls in welcher Form und Art und Weise der Informationsaustausch zwischen T und der Klägerin vereinbart war und tatsächlich stattfand,
wann die Klägerin von dem genauen Abbruch- und dem Ausschulungstermin erfuhr oder ab wann ihr sonstige Umstände bekannt wurden, die auf einen vorzeitigen Abbruch des Studiengangs hindeuteten, und
wann die Klägerin vor Abbruch des berufsbegleitenden Studiengangs durch T die Familienkasse zuletzt über das Fortbestehen der Anspruchsvoraussetzungen informiert hatte.

Umfang der gesonderten und einheitlichen Feststellung der von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte

Ob Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen mit den den ausländischen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen i.S. des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, bestimmt sich nach dem Veranlassungsprinzip (§ 4 Abs. 4 EStG).

Weisen die Aufwendungen sowohl mit ausländischen Einkünften i.S. des § 34d EStG als auch mit inländischen Einkünften oder mit mehreren Arten von ausländischen Einkünften einen Veranlassungszusammenhang auf, so sind sie aufzuteilen oder den Einkünften zuzurechnen, zu denen sie vorwiegend gehören.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 6.4.2016, I R 61/14

Sachverhalt:

Im Jahr 2005 erzielte die Klägerin laufende Erträge aus Kapitalbeteiligungen in Höhe von 325.502.773 EUR. Davon entfielen 8.058.683 EUR auf ausländische Kapitalanlagen, die der Klägerin aufgrund der von ihr gehaltenen Anteile an inländischen, dem Investmentsteuergesetz (InvStG) unterliegenden Investmentvermögen zugerechnet wurden. Die von den Erträgen aus ausländischen Kapitalanlagen einbehaltenen und abgeführten ausländischen Quellensteuern in Höhe von 1.040.145 EUR behandelte die Klägerin in ihrer Körperschaftsteuererklärung 2005 in vollem Umfang als abzugsfähig.

Nach einer Betriebsprüfung änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) den Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2005 dahingehend, dass er lediglich von ausländischen Einkünften in Höhe von 1.966.932 EUR und anzurechnenden ausländischen Steuern in Höhe von 489.817 EUR ausging.

Begründung:

Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zu einer Änderung der Körperschaftsteuerfestsetzung für das Streitjahr, als Teile der auf rechnungsmäßige und außerrechnungsmäßige Zinsen entfallenden Zuführungen zu den Deckungsrückstellungen und zu den Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen im Rahmen des § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG von den ausländischen Einkünften zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abgezogen wurden. Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg.

Über die Höhe der nach § 34c Abs. 1 EStG anzurechnenden ausländischen Steuer ist im anhängigen Verfahren (Körperschaftsteuerfestsetzung 2005) unabhängig davon zu entscheiden, ob –wozu die Vorinstanz sich nicht geäußert hat– die ausländischen Einkünfte über Anteile an einem inländischen Spezial-Sondervermögen i.S. des § 2 Abs. 3 Satz 1 des Investmentgesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung bezogen wurden und diese demnach gemäß § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 InvStG i.V.m. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung in der im Streitjahr geltenden Fassung (AO) gesondert und einheitlich festzustellen sind.

Ist eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in einem sog. Grundlagenbescheid vorgesehen, so können aufgrund der in § 182 Abs. 1 Satz 1 AO (im Streitfall i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 InvStG) angeordneten Bindungswirkung die hiervon betroffenen Besteuerungsgrundlagen nur im Rahmen des Feststellungsverfahrens geprüft werden. Eine eigenständige Ermittlung dieser Besteuerungsgrundlagen innerhalb des dem Feststellungsverfahren nachgeordneten (Folge-)Verfahrens ist ausgeschlossen.

Zu beachten ist hierbei allerdings, dass sich nach ständiger Rechtsprechung zur Feststellung der von den Gesellschaftern einer Personengesellschaft erzielten Einkünfte die hiervon erfassten Besteuerungsgrundlagen auf den Bereich der gemeinschaftlich erzielten Tatbestandsmerkmale beschränken. Abzugrenzen sind demnach solche Besteuerungsmerkmale, die im Bereich der persönlichen Tatbestandsverwirklichung liegen; sie gehen nicht in die bindenden Regelungen des Grundlagenbescheids (Feststellungsbescheids) ein und sind demzufolge im Folgebescheid eigenständig zu prüfen.

Gleiches muss auch im Falle einer Beteiligung an einem Spezial-Sondervermögen gelten. Auch hier sind die Fragen, ob der Anleger i.S. von § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG einen inländischen Betrieb unterhält, zu dem die ausländischen Einkünfte der in § 34d Nr. 3, 4, 6, 7 und 8 Buchst. c genannten Art gehören, und welche Aufwendungen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen stehen, der Ebene des Anlegers zugeordnet. Demgemäß ist über diese Merkmale –im Gegensatz zur Höhe der gezahlten ausländischen Steuer  nicht im Feststellungsverfahren, sondern im Folgeverfahren (Körperschaftsteuer 2005) zu entscheiden.

Sind in den auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie den ausschüttungsgleichen Erträgen aus einem ausländischen Staat stammende Einkünfte enthalten, die in diesem Staat zu einer nach § 26 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) oder nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) auf die Körperschaftsteuer anrechenbaren Steuer herangezogen werden, so ist nach § 4 Abs. 2 Satz 1 InvStG bei unbeschränkt steuerpflichtigen Anlegern die ausländische Steuer auf den Teil der Körperschaftsteuer anzurechnen, der auf diese ausländischen um die anteilige ausländische Steuer erhöhten Einkünfte entfällt. Dieser Teil ist in der Weise zu ermitteln, dass die sich bei der Veranlagung des zu versteuernden Einkommens –einschließlich der ausländischen Einkünfte– nach § 23 KStG ergebende Körperschaftsteuer im Verhältnis dieser ausländischen Einkünfte zur Summe der Einkünfte aufgeteilt wird. Der Höchstbetrag der anrechenbaren ausländischen Steuern ist für die ausgeschütteten sowie ausschüttungsgleichen Erträge aus jedem einzelnen Investmentfonds zusammengefasst zu berechnen. Nach dem –im Streitfall über § 4 Abs. 2 Satz 4 InvStG sinngemäß anzuwendenden– § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG sind, wenn es sich u.a. –wie bei der Klägerin– um ausländische Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 34d Nr. 6 EStG handelt, die zum Gewinn eines inländischen Betriebs gehören, dabei Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen abzuziehen, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob im Verhältnis zu den Quellenstaaten der ausländischen Einkünfte –zu denen das FG keine Feststellungen getroffen hat– DBA bestehen, die eine Anrechnung der Steuer auf Kapitaleinkünfte vorsehen, und insoweit über § 4 Abs. 2 Satz 4 InvStG die Regelung des § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG Anwendung findet, oder ob sich die Anrechenbarkeit unmittelbar aus § 26 KStG ergibt. Auch im Falle einer aufgrund abkommensrechtlicher Vorschriften angeordneten Anrechnung ausländischer Steuern ist es allein Sache des innerstaatlichen deutschen Steuerrechts zu beurteilen, welche Aufwendungen den ausländischen Einkünften zuzuordnen sind; der abkommensrechtliche Einkünftebegriff ist insoweit ohne Bedeutung.

Der Begriff des wirtschaftlichen Zusammenhangs ist in § 34c Abs. 1 Satz 4 EStG nicht definiert. Er bestimmt sich nach dem allgemeinen Veranlassungsprinzip. Dafür spricht zunächst die Bedeutung des Begriffs des wirtschaftlichen Zusammenhangs in anderen Rechtsnormen. Soweit im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht nach § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Berücksichtigung von Betriebsausgaben und Werbungskosten ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu inländischen Einkünften erforderlich ist, müssen die Aufwendungen durch die inländischen Einkünfte veranlasst sein. Auf einen betriebsnotwendigen oder betriebswirtschaftlich notwendigen Veranlassungszusammenhang kommt es insoweit nicht an.

Ebenfalls i.S. eines Veranlassungszusammenhangs ist der nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden teilweise steuerbefreiten Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen auszulegen. Auch für die Abgrenzung zu voll steuerpflichtigen Einnahmen ist im Rahmen einer wertenden Betrachtung maßgebend, aus welchen Gründen der Steuerpflichtige die Aufwendungen tätigt. Wurde der angefallene Aufwand nicht vorrangig durch eine der beiden Einnahmearten ausgelöst, ist er anteilig und entsprechend dem rechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt des Gesamtvorgangs aufzuteilen.

Nach diesen Maßgaben hat das FG teilweise zu Unrecht, teilweise im Ergebnis zutreffend Betriebsausgaben und Betriebsvermögensminderungen von den ausländischen Einkünften der Klägerin zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags abgezogen. Die Verpflichtung der Klägerin zur Bildung einer Deckungsrückstellung und damit auch die darauf entfallenden Zuführungen von rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen sind nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt vorrangig dem Bereich des inländischen Versicherungsgeschäfts zugewiesen. Dies gilt auch, soweit sich die Höhe der außerrechnungsmäßigen Zinsen gemäß § 12a Abs. 1 Satz 2 VAG a.F. prozentual nach den über die rechnungsmäßige Verzinsung hinausgehenden Kapitalerträgen bestimmt. Der Umstand, dass bereits aus dem Geschäftsgegenstand der Klägerin, dem substitutiven Krankenversicherungsgeschäft, nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 VAG a.F. die Verpflichtung zur Bildung einer Deckungsrückstellung als Alterungsrückstellung i.S. des § 341f Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 HGB folgt, bildet gegenüber der rechnungsmäßigen Verknüpfung mit der Höhe der Kapitalerträge den vorrangigen Veranlassungszusammenhang.

Gleiches gilt für die Zuführungen der Klägerin zu den Rückstellungen wegen Beitragsrückerstattung. Die Verpflichtung der Klägerin, versicherungstechnische Rückstellungen, zu denen nach § 341e Abs. 2 Nr. 2 HGB auch die Rückstellung für Beitragsrückerstattung zählt, zu bilden, ergibt sich bereits aus ihrer Eigenschaft als Versicherungsunternehmen. Zudem bezieht sich nach dem für die Klägerin maßgeblichen § 28 der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen (Versicherungsunternehmens-Rechnungslegungsverordnung) der Anspruch des Versicherungsnehmers auf erfolgsunabhängige Beitragsrückerstattung auf den Schadensverlauf des einzelnen Versicherungsvertrags und somit auf das inländische Versicherungsgeschäft. Demgegenüber tritt der allein im Rahmen der erfolgsabhängigen Beitragsrückerstattung, die sich auf einen Teil des vom Versicherer insgesamt erzielten Ergebnisses bezieht, bestehende Zusammenhang zu den ausländischen Kapitalerträgen als untergeordneter Teil des insgesamt erzielten Ergebnisses zurück.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund des § 66 VAG a.F. Zwar besteht danach die Verpflichtung, Beträge in solcher Höhe dem Sicherungsvermögen zuzuführen und vorschriftsmäßig anzulegen, wie es dem voraussichtlichen Anwachsen des Mindestumfangs entspricht, zu dem nach § 66 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2, Nr. 3 Buchst. b, Nr. 4 VAG a.F. auch die Bilanzwerte der Deckungsrückstellung und der Rückstellung für Beitragsrückerstattungen zählen. Allein aus dem Umstand aber, dass die Bestände des Sicherungsvermögens –zu deren Umfang und Zusammensetzung das FG im Streitfall keine Feststellungen getroffen hat– nach § 54 Abs. 2 VAG a.F. als gebundenes Vermögen nur in bestimmten Anlageformen angelegt werden dürfen, kann kein vorrangiger Zusammenhang der den Rückstellungen zugeführten rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen zu den ausländischen Kapitalanlagen hergestellt werden. Die kalkulatorischen Zinsen bestimmen im Rahmen einer Rechenoperation lediglich die Mindesthöhe des Sicherungsvermögens, das der bevorrechtigten Befriedigung der Versicherten im Insolvenzfall dient (§ 77a Abs. 1 Satz 1 VAG a.F.).

Die vom FA bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags berücksichtigten Verwaltungsaufwendungen wurden hingegen nach den nicht angegriffenen und bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) für die Verwaltung sämtlicher Kapitalanlagen der Klägerin aufgewandt. Auslösendes Moment sind sowohl die inländischen als auch die ausländischen Kapitalerträge; ein vorrangiger Zusammenhang besteht nicht.

Rückforderung des an das Kind ausgezahlten Kindergeldes vom Kindergeldberechtigten

Rückforderung des an das Kind ausgezahlten Kindergeldes vom Kindergeldberechtigten.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 10.3.2016, III R 29/15

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog von der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) für ihre im September 1986 geborene Tochter T Kindergeld.

In einem Bescheid vom 14. Mai 2007, mit dem die Familienkasse gegenüber der Klägerin Kindergeld für T ab Februar 2007 festsetzte, hieß es unter anderem wörtlich: “Das Kindergeld wird weiterhin an T abgezweigt”. Nachdem die Familienkasse erfahren hatte, dass das Ausbildungsverhältnis der T durch Kündigung zum 31. Oktober 2010 beendet worden war, hob sie mit Bescheid vom 27. Januar 2011 die Kindergeldfestsetzung ab November 2010 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gegenüber der Klägerin auf und forderte für den Zeitraum November 2010 bis Januar 2011 gezahltes Kindergeld in Höhe von 552 EUR gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zurück.

1
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) bezog von der Beklagten und Revisionsklägerin (Familienkasse) für ihre im September 1986 geborene Tochter T Kindergeld.

 

2
T stellte am 3. Mai 2007 bei der Familienkasse den Antrag, das Kindergeld an sie abzuzweigen.

 

3
In einem Bescheid vom 14. Mai 2007, mit dem die Familienkasse gegenüber der Klägerin Kindergeld für T ab Februar 2007 festsetzte, hieß es unter anderem wörtlich: “Das Kindergeld wird weiterhin an T abgezweigt”.

 

4
Mit Bescheid vom 20. August 2007 hob die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung mit Ablauf des Monats September 2007 auf, da T im September 2007 das 21. Lebensjahr vollendete. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

 

5
T begann am 1. September 2008 eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Die Ausbildung sollte nach dem Ausbildungsvertrag voraussichtlich am 31. August 2011 enden.

 

6
T beantragte bei der Familienkasse im September 2008 formlos Kindergeld. Die von der Familienkasse der Klägerin daraufhin übersandten Antragsvordrucke sandte T mit einem von ihr unterzeichneten Schreiben vom 3. November 2008 der Familienkasse zurück. Als Anschrift der Antragstellerin ist in dem von der Klägerin unterschriebenen Antrag die Adresse der T eingetragen. Ferner erhielt der Antrag die Eintragung, das Kindergeld solle nicht der Klägerin, sondern T gezahlt werden.

 

Die Klägerin legte gegen den vorgenannten Bescheid Einspruch ein. Zur Begründung trug sie insbesondere vor, sie sei weder verpflichtet noch wirtschaftlich in der Lage, das Kindergeld zurückzuzahlen. Sie habe seit längerer Zeit keinerlei Kontakt mehr zu T. Daher habe sie auch keinen Einfluss auf T und keine Kenntnisse über ihr Ausbildungsverhalten. Dementsprechend habe sie die Familienkasse angewiesen, das Kindergeld direkt T zu zahlen.

 

Begründung:

 

Entgegen der Auffassung des FG war die Klägerin verpflichtet, das T für die Zeit von November 2010 bis Januar 2011 gezahlte Kindergeld in Höhe von 552 EUR zurückzuzahlen.

 

  Der Rückzahlungsanspruch der Familienkasse ergibt sich aus § 37 Abs. 2 AO. Ist eine Steuervergütung wie das Kindergeld (§ 31 Satz 3 EStG) ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrags. Diese Rechtsfolge tritt auch ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO derjenige, dem gegenüber die Finanzbehörde oder Familienkasse ihre –vermeintlich oder tatsächlich bestehende– abgabenrechtliche Verpflichtung erfüllen will. Demnach ist ein Dritter als tatsächlicher Empfänger einer Zahlung dann nicht Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO, wenn die Behörde u.a. aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigten einem Dritten zahlt. Denn auch in einem derartigen Fall erbringt die Finanzbehörde ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 AO anzusehen.

 

Diese Grundsätze gelten auch für das Kindergeld, da es nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird. Demnach ist nicht das Kind, sondern der Kindergeldberechtigte Leistungsempfänger i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO, wenn die Familienkasse das Kindergeld auf Grund einer Zahlungsanweisung des Kindergeldberechtigten dem Kind zahlt. Im Streitfall ist das Kindergeld für den Streitzeitraum ohne Rechtsgrund gezahlt worden.

 

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Klägerin der Bewilligungsbescheid für die Zahlung des Kindergeldes ab September 2008 wirksam bekannt gegeben worden ist. Sofern der Bescheid der Klägerin als Kindergeldberechtigter nicht bekanntgegeben und damit nicht wirksam geworden sein sollte (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO), bestand für die Zahlung des Kindergeldes an T von Anfang an kein Rechtsgrund (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO). Sollte der Bewilligungsbescheid der Klägerin gegenüber wirksam geworden sein, so ist der Rechtsgrund durch die bestandskräftige Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für den Streitzeitraum später weggefallen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO).

 

Mit der Angabe des Kontos ihrer Tochter im Kindergeldantrag hat die Klägerin der Familienkasse die Anweisung erteilt, das Kindergeld auf dieses Konto zu überweisen. Damit hat sie den Zahlungsweg veranlasst. Zudem erbrachte die Familienkasse mit der Befolgung der Anweisung ihre Leistung mit dem Willen, den Zahlungsanspruch der Klägerin als (vermeintliche) Kindergeldberechtigte zu erfüllen. Es kommt nicht darauf an, ob die Klägerin von der tatsächlichen Leistung an T Kenntnis hatte. § 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden auf Seiten des Leistungsempfängers voraus. Der Rückzahlungsanspruch besteht vielmehr auch dann, wenn den Leistungsempfänger an der Fehlleistung kein Verschulden trifft bzw. wenn er diese nicht einmal erkannt hat.

 

Es ist zwar richtig, dass in Abzweigungsfällen der Dritte (Abzweigungsempfänger) und nicht der Kindergeldberechtigte gemäß § 37 Abs. 2 AO zur Erstattung verpflichtet ist. Eine Abzweigung bestand aber zum Zeitpunkt der Rückforderung nicht mehr. Mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung (Bescheid vom 20. August 2007) ab Oktober 2007 wurde auch die verfügte Abzweigung an T aufgehoben. Wird die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem Kindergeldberechtigten aufgehoben, so wird damit gleichzeitig die Abzweigung gegenstandslos bzw. wirkungslos, ohne dass es insoweit eines weiteren aufhebenden Verwaltungsakts bedarf. Daher kommt es entgegen der Ansicht des FG auch nicht darauf an, ob die Klägerin aus der –ihr möglicherweise nicht bekanntgegebenen– Festsetzung ab September 2008 hätte erkennen können, ob das Kindergeld weiterhin abgezweigt wird. Die Familienkasse war im Streitfall auch nicht verpflichtet, die Klägerin oder die T auf die Möglichkeit eines erneuten Abzweigungsantrags hinzuweisen. Der Senat kann insoweit dahinstehen lassen, welche Rechtsfolge eine etwaige Verletzung einer Hinweispflicht auslöst

 

Nach Auffassung des Senats musste es sich der Familienkasse auf Grund des im Mai 2007 gestellten Abzweigungsantrags nicht aufdrängen, dass eine Abzweigung auch mit dem Kindergeldantrag vom November 2008 für den Zeitraum ab September 2008 beantragt werden sollte. Insbesondere ging aus dem Antrag der Klägerin nicht hervor, dass die Klägerin ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht auch im Zeitpunkt der erneuten Antragstellung ganz oder teilweise nicht nachgekommen sei (§ 74 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder mangels Leistungsfähigkeit weniger Unterhalt schuldete als das in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG). Ohne einen wenn auch nur formlos gestellten Abzweigungsantrag und Darlegung der für eine Abzweigung maßgeblichen Umstände erhält die Behörde keine Kenntnis von dem für eine Abzweigung entscheidungserheblichen Sachverhalt. Schon aus diesem Grund besteht daher auch keine Aufklärungs- oder Hinweispflicht der Familienkasse über die Möglichkeiten einer Abzweigung.

Beteiligung an einem Umsatzsteuer-Karussell

Eine Beteiligung an einem Umsatzsteuer-Karussell steht einer Steuerbarkeit von Lieferungen daher nicht entgegen.

FG Schleswig Holstein Urteil vom 9. Dezember 2015 Aktenzeichen 4 K 133/10

Begründung:

Im Urteil vom 9. Dezember 2015 hatte der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen
Finanzgerichts (Aktenzeichen 4 K 133/10) über die Frage einer Steuerfreiheit nach § 6a UStG (innergemeinschaftliche Lieferung) zu entscheiden. Die Klägerin tätigte im Streitjahr – im Zeitraum von Oktober bis Dezember – Ausgangsumsätze in Höhe von über 25 Mio. €, deren Beurteilung nach einer Steuerfahndungsprüfung im Hinblick auf das Vorliegen der Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung streitig war.

Der Senat schloss sich der höchstrichterlichen Rechtsprechung an, wonach auch ein sog. “In/Out-Buffer” eine “wirtschaftliche Tätigkeit” im Sinne der Richtlinie 77/388 EWG ausübt und eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung gem. § 6a Abs. 1 UStG grundsätzlich ausscheidet, wenn der Belegnachweis nicht vollständig erbracht ist und objektiv nicht feststeht, dass die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vorliegen.

Im Streitfall scheiterte der Belegnachweis (§ 17a Abs. 4 UStDV) insbesondere daran, dass die eingereichte Rechnung nicht den gemäß § 14a Satz 1 UStG (in der Fassung für das Streitjahr 2003) erforderlichen Hinweis auf die Steuerfreiheit als innergemeinschaftliche Lieferung – sondern lediglich den Hinweis „VAT 0,00“ – enthielt. Weiterhin rügte das Gericht, dass der vorgelegte CMR-Frachtbrief nicht die Angabe des Ortes und Tages der Ausfuhr/Versendung (§ 17 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 d) UStDV a.F.) enthielt. Da das Vorliegen der Voraussetzungen des §6a UStG objektiv nicht zweifelsfrei feststand und ein Gutglaubensschutz mangels vollständigen Belegnachweises ausschied, wurde die Befreiung verwehrt. Es kam damit nicht mehr darauf an, ob eine Steuerbefreiung auch deswegen ausschied, weil anhand objektiver Umstände nachgewiesen ist, dass die Klägerin wusste oder hätte wissen müssen, dass sie sich durch den Umsatz an einer im Rahmen einer Lieferkette begangenen Mehrwertsteuerhinterziehung beteiligt hat.

Einkünfte aus der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister

Einkünfte aus der Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde fallen nicht unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

FG Schleswig Holstein Urteil vom17. Dezember 2015 (Aktenzeichen 5 K 127/13)

Begründung.

Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2015 (Aktenzeichen 5 K 127/13) entschieden, dass die an einen ehrenamtlichen Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde in Schleswig-Holstein gezahlten Aufwandsentschädigungen keine „Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit“ gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind.

Der Kläger war in den Streitjahren 2009 bis 2011 ehrenamtlicher Bürgermeister einer schleswig-holsteinischen Gemeinde, die von einem Amt verwaltet wird. Er erhielt seit Januar 2009 monatlich 483 € als Aufwandsentschädigung. Das Amt behandelte davon 171 € als steuer- und sozialversicherungspflichtig und führte an die Knappschaft (Minijob-Zentrale) Rentenversicherungsbeiträge ab. Außerdem wurde für den Kläger pauschale Lohnsteuer einbehalten („Minijob“). In ihren Einkommensteuererklärungen gingen die Kläger davon aus, dass die Einkünfte über die Minijobregelung abgegolten seien.

Nach einer Lohnsteueraußenprüfung beim Amt ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit berücksichtigt wurden. Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und haben Klage erhoben.  Das Gericht folgte in seinem Urteil der Rechtsauffassung der Kläger und ging von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG aus. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG enthalte nach der Rechtsprechung keinen abschließenden Katalog der in Betracht kommenden “Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit”. Der Bundesfinanzhof habe die Tätigkeit, die ein Bürgermeister auszuüben hat, der “sonstigen selbständigen Arbeit” i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zugeordnet, soweit dieser nach den einschlägigen kommunalrechtlichen Bestimmungen ausschließlich Mitglied und Vorsitzender eines Organs der Selbstverwaltung sei und – wie auch die anderen Ratsmitglieder – seine Tätigkeit nach dem Gesetz und seiner freien, nur durch Rücksicht auf das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung auszuüben habe.

Zur Rechtslage in Nordrhein-Westfalen habe der BFH entschieden, dass die Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister und die Tätigkeit als stellvertretender ehrenamtlicher Bürgermeister nach der Gemeindeordnung für NRW der “sonstigen selbständigen Arbeit” i.S. des § 18 Abs.1 Nr. 3 EStG zuzuordnen sei. Demgegenüber habe der BFH entschieden, dass die Verhältnisse der ehrenamtlichen Ersten Bürgermeister in Bayern aufgrund der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern anders zu beurteilen seien, da der Erste Bürgermeister noch eigene Verwaltungsbefugnisse habe. Er sei in dieser Eigenschaft i.S. des § 1 Abs. 2 Satz 1 LStDV im öffentlichen Dienst angestellt und beziehe in Form seiner Entschädigung bzw. Aufwandsentschädigung in dieser Eigenschaft Arbeitslohn.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Senat die Tätigkeit des Klägers als ehrenamtlicher Bürgermeister nicht als sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG eingeordnet, sondern der Kläger habe die Aufwandsentschädigung in den Streitjahren als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 EStG bezogen. Denn nach der Rechtslage in Schleswig-Holstein sei der Kläger nicht ausschließlich Vorsitzen der der Gemeindevertretung als des Organs der Selbstverwaltung, sondern er sei gemäß  § 7 der Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein selbst ein Organ der Gemeinde. Als Bürgermeister einer amtsangehörigen Gemeinde verblieben ihm insoweit zahlreiche Verwaltungsaufgaben. Der Kläger habe als ehrenamtlicher Bürgermeister eine Doppelfunktion. Er habe nicht ausschließlich politische oder repräsentative Funktionen wahrgenommen, sondern sei als eigenes Organ der Gemeinde auch in vielfältiger Weise mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt gewesen. Neben den in § 50 Abs. 1 GO aufgeführten Aufgaben habe der Bürgermeister weitere Zuständigkeiten, die ihm teilweise bei nach außen wirkenden Verwaltungsbefugnissen Behördeneigenschaft geben würden. Der Kläger habe diese Exekutivaufgaben auf mindestens 80 % seiner gesamten Tätigkeit eingeschätzt, wobei es nach Auffassung des Senats nicht darauf ankomme, ob die Verwaltungsaufgaben überwiegen. So habe auch der BFH entschieden, dass der ehrenamtliche Bürgermeister in Bayern Arbeitslohn beziehe, da dieser neben seiner Mitgliedschaft im Gemeinderat noch eigene Verwaltungsbefugnisse habe. Auf den Umfang dieser Verwaltungstätigkeit habe der BFH dabei nicht abgestellt.

Darüber hinaus spreche auch der Status des Klägers als Ehrenbeamter für eine Eingliederung des Klägers in die kommunale Verwaltung und gegen eine sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.

Im Übrigen werde diese rechtliche Beurteilung auch durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte gestützt, auch wenn die sozial- und arbeitsrechtliche Einstufung eines Beschäftigungsverhältnisses keine Bindungswirkung für die steuerliche Würdigung habe. So habe das Bundessozialgericht entschieden, dass ein ehrenamtlicher Bürgermeister einer verbandsangehörigen Gemeinde in Sachsen, der eine steuerpflichtige Aufwandsentschädigung erhält, eine abhängige Beschäftigung gegen Entgelt ausübe.

Bilanzierung von Fremdwährungsdarlehen

Ein langfristiges Fremdwährungsdarlehen ist grundsätzlich mit den Anschaffungskosten und nicht mit dem höheren Teilwert zu bilanzieren.

FG Schleswig Holstein Urteil vom 9. März 2016 (Aktenzeichen 2 K 84/15, veröffentlicht in EFG 2016, Seite 799)

Begründung:

Mit seinem Urteil vom 9. März 2016 (Aktenzeichen 2 K 84/15, veröffentlicht in EFG 2016, Seite 799) hat der 2. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts Vorgenanntes erkannt.

Die Klägerin begehrte für die Jahre 2008 bis 2011 die Anerkennung von Kursverlusten für ein Fremdwährungsdarlehen. Am 17. April 2007 hatte die Klägerin mit der Sparkasse einen Rahmenvertrag über einen Darlehensrahmen von 300.000 EUR geschlossen, der bis zum 28. Februar 2026 befristet war. Der Darlehensrahmen konnte durch einzelne Darlehen (Tranchen) in EUR, CHF oder JPY in Anspruch genommen werden. Gemäß Ziff. 4 Abs. 5 des Vertrags entsprach die Laufzeit der einzelnen Tranchen der Laufzeit des Darlehensrahmens. Die Klägerin erhielt die Möglichkeit, nach Ablauf der von ihr gewählten Zinsperiode (zwischen drei und zwölf Monaten) die betreffende Tranche in eine andere der zur Verfügung stehenden Währungen zu wandeln oder aber sie vorzeitig zurückzuzahlen. Am 23. April 2007 zog die Klägerin eine Tranche in Höhe von 491.670 CHF im Gegenwert von 300.000 EUR (Kurs: 1,6389) mit einer zwölfmonatigen Zinsbindungsfrist bis zum 23. April 2008. Die Sparkasse bestätigte dieses mit Schreiben vom 25. April 2007; als Rückzahlung war der 28. Februar 2026 ausgewiesen. Die Klägerin ordnete das von der Sparkasse ausgereichte Fremdwährungsdarlehen als kurzfristiges Darlehen ein und passivierte es in den Bilanzen für die Jahre 2008 bis 2011 jeweils mit dem zum Bilanzstichtag festgestellten Umrechnungskurs. Eingetretene Kursverluste erfasste sie mit 27.675,33 EUR (2008), 1.724,05 EUR (2009), 59.089,60 EUR (2010) und 9.230,66 EUR (2011) als sonstigen Aufwand.

Die Klage wurde abgewiesen. Das Finanzamt habe zu Recht den Abzug der Kursverluste aus dem Fremdwährungsdarlehen als Betriebsausgaben versagt, weil die Voraussetzungen für den Ansatz eines höheren Teilwerts des Fremdwährungsdarlehens zu keinem Bilanzstichtag der Streitjahre vorgelegen hätten. Bei dem Fremdwährungsdarlehen handele es sich um ein langfristiges Darlehen, welches an den streitigen Bilanzstichtagen jeweils noch eine Restlaufzeit von mehr als 10 Jahren gehabt habe, so dass noch von einer Üblichkeit der Wechselkursschwankungen ausgegangen werden könne. Dabei ergebe sich die Langfristigkeit bereits aus der Befristung des Darlehensrahmens bis zum 28. Februar 2026; auch die einzige Tranche habe eine Laufzeit bis zum 28. Februar 2026. Der Umstand, dass die Zinsperiode für die zu ziehende Tranche höchstens zwölf Monate betragen konnte, führe – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht zu einer Bewertung der gezogenen Tranche als kurzfristiges Darlehen. Auch die reine Möglichkeit zur vorzeitigen Lösung von einem Darlehensvertrag habe bei seiner Einordnung als lang- oder kurzfristig außer Betracht zu bleiben, wenn zum Bilanzstichtag aufgrund der tatsächlichen Umstände der Schluss gerechtfertigt sei, dass das Darlehen nicht vorzeitig zurückgezahlt werde. Dabei sei zu berücksichtigen gewesen, dass u. a. mit diesem Darlehen neu errichtete Betriebsgebäude finanziert worden seien.

Die Kursverluste zum 31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2011 seien nicht als sonstige Aufwendungen abziehbar, weil die Restlaufzeit des Darlehens an den jeweiligen Bilanzstichtagen noch mehr als 17, 16, 15 bzw. 14 Jahre betragen habe. Diese Langfristigkeit bis zum Jahr 2026 habe zur Folge, dass die Klägerin bei ihrer zum jeweiligen Bilanz

stichtag anzustellenden Prognose grundsätzlich habe davon ausgehen können, dass sich die durch den gesunkenen Wechselkurs des CHF ergebende Erhöhung des Teilwerts über die gesamte Laufzeit betrachtet wieder ausgleichen werde. Wenngleich auch die Schweizerische Nationalbank ihre Währungspolitik seit 2008 weg von RepoGeschäften hin zu Devisenkäufen umgestellt haben möge, so habe sie sich damit noch immer in einem Korridor verschiedenster staatlicher Mechanismen zur Regulierung des Geldmarkts bewegt. Damit könne nicht von einer tatsächlichen Umstellung der Geldpolitik ausgegangen werden. Die Stützung der Untergrenze des Kurses durch die Schweizer Nationalbank am 6. September 2011 auf 1,20 CHF pro EUR sei kein Beleg für eine dauerhafte Aufwertung des Frankens und stelle somit kein objektives Anzeichen für ein langfristiges Anhalten eines Kursniveaus dar. Aufgrund der Langfristigkeit des Darlehens, zuletzt am 31. Dezember 2011 von noch mehr als 14 Jahren, könne der Kurs aufgrund der üblichen Wechselkursschwankungen wieder nach oben gehen. Im Übrigen könne die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank vom 6. September 2011 keine dauerhafte Wertveränderung der Fremdwährungsverbindlichkeit zu den vorhergehenden Bilanzstichtagen (31. Dezember 2008 bis 31. Dezember 2010) begründen, da es sich insoweit um wertbegründende und nicht um wertaufhellende Tatsachen handele.

Verjährte Pflichtteilsansprüche können als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig sein.

Der Alleinerbe kann nach dem Tod des verpflichteten Erblassers seinen nunmehr gegen sich selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch auch dann noch geltend machen und als Nachlassverbindlichkeit vom Erwerb abziehen, wenn der Anspruch bereits verjährt ist (gegenteilige Ansicht Hessisches FG, Urteil vom 03. November 2015 1 K 1059/14, EFG 2016, 298, Rev. II R 1/16).

FG Schleswig Holstein Urteil vom 4. Mai 2016 hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Aktenzeichen 3 K 148/15

Begründung:

Mit Urteil vom 4. Mai 2016 hat der 3. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Aktenzeichen 3 K 148/15) entschieden, dass der Alleinerbe nach dem Tod des verpflichteten Erblassers seinen nunmehr gegen ihn selbst gerichteten Pflichtteilsanspruch auch dann noch geltend machen kann, wenn der Anspruch bereits verjährt ist.

Der Kläger war Alleinerbe seiner Stiefmutter. Diese hatte zusammen mit dem Vater des Klägers ein notarielles gemeinschaftliches Testament, worin beide sich gegenseitig als Alleinerben und den Kläger zum Erben des Überlebenden einsetzten. Der Vater des Klägers verstarb im Oktober 2003, die Stiefmutter im Januar 2014. In seiner Erbschaftsteuererklärung gab der Kläger seinen eigenen Pflichtteilsanspruch gegen die Stiefmutter als Nachlassverbindlichkeit an. Das Finanzamt lehnte die Berücksichtigung mit der Begründung ab, der Pflichtteilsanspruch sei bereits verjährt.

Nach Überzeugung des Gerichts ist der Pflichtteilsanspruch nicht nach seiner Entstehung erloschen und kann dementsprechend vom Kläger geltend gemacht werden. Eine verjährte Forderung ist (bleibt) voll wirksam und einklagbar. Sie ist lediglich behaftet mit der Einrede der Verjährung, so dass der Anspruch nicht durchgesetzt werden kann, wenn der Schuldner die Einrede erhebt (§ 222 Abs. 1 BGB a. F., ab 01. Januar 2010 § 214 Abs. 1 BGB). Ein Erlöschen durch Konfusion (Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person) scheidet ebenfalls aus, da im Erbschaftsteuerrecht diese Fälle gem. § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen gelten. Der erkennende Senat hat auch die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs als wirksam und ernsthaft i. S. d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG angesehen (anders das Hessische FG, a.a.O.). Moralische Bedenken stehen der Geltendmachung des Anspruches nicht entgegen.

Der 3. Senat hat die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Aktenzeichen II R 17/16 anhängig.

 

 

Unterbeteiligungsgesellschaft zwischen Familienangehörigen

Eine Unterbeteiligungsgesellschaft zwischen Familienangehörigen kann an einer Befristung der Gesellschaft scheitern.

FG Schleswig Holstein Urteil vom 17.Dezember 2015 (Aktenzeichen 5 K 58/12)

Begründung:

Der 5. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 2015 (Aktenzeichen 5 K 58/12) entschieden, dass die steuerrechtliche Anerkennung einer zwischen Mutter und Kindern vereinbarten Unterbeteiligungsgesellschaft daran scheitern kann, dass die Gesellschaft von vornherein so befristet vereinbart wird, dass die schenkweise bedachten Kinder bei Beendigung der Unterbeteiligung noch minderjährig sind und zudem der Vertrag hinsichtlich der Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz nicht vollzogen wird.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist seit 1995 an einer GbR beteiligt, die eine Windkraftanlage betreibt. Mit notariellem Vertrag über eine Unterbeteiligung räumte die Klägerin ihren drei minderjährigen Kindern (geb. 1995, 1997 und 1999), den Klägern B-D, ab Januar 2004 eine Unterbeteiligung an der Hauptgesellschaft dergestalt ein, dass die Kinder zu gleichen Teilen an dem durch ihre Mutter anteilig erzielten Betriebsergebnis der Hauptgesellschaft beteiligt waren. Die Unterbeteiligten hatten das Recht, über die ihnen zufließenden Gewinne frei zu verfügen. Die Übertragung der Unterbeteiligung erfolgte unentgeltlich. Die Beteiligung der Unterbeteiligten endete mit Ablauf des 31. Dezember 2012, ohne dass es der Kündigung eines Vertragspartners bedurfte.

Die Unterbeteiligung X GbR gab für die Jahre seit 2004 Feststellungserklärungen ab, in denen der jeweilige Gewinnanteil der Klägerin aus der Beteiligung an der GbR zu gleichen Teilen auf ihre Kinder verteilt wurde. Der Beklagte stellte die Einkünfte zunächst erklärungsgemäß fest. Im Jahre 2011 führte das Finanzamt bei der Unterbeteiligung X GbR eine Betriebsprüfung durch und erkannte die Mitunternehmerschaft der minderjährigen Kinder steuerlich nicht an, da das Gesellschaftsverhältnis bis kurz vor Vollendung des 18. Lebensjahres des ältesten Kindes befristet war. Die Feststellungsbescheide für 2006 und 2009 änderte der Beklagte dahingehend, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 0 € berücksichtigt wurden, da die Steuerpflichtigen im Feststellungszeitraum nicht mehr beteiligt gewesen seien. Die Klage begründeten die Kläger damit, dass der Vertrag über die Unterbeteiligung X GbR einem Fremdvergleich standhalte. Die unterbeteiligten Kinder seien Mitunternehmer.

Das Finanzgericht ist dem nicht gefolgt und hat entschieden, dass die Unterbeteiligungen der minderjährigen Kinder steuerrechtlich nicht anzuerkennen seien. Dabei hat es sich zum einen auf die Grundsätze des BFH-Urteils vom 29. Januar 1976 (IV R 73/73, BStBl. II 1976, 124) gestützt und eine Mitunternehmerschaft der minderjährigen Kinder im Hinblick auf die Befristung der Gesellschafterstellung verneint. Die Gesellschafterstellung nach dem Unterbeteiligungsvertrag sei von vornherein so befristet gewesen, dass die Kinder im Zeitpunkt ihres Ausscheidens und der Beendigung der Unterbeteiligung X GbR im Alter von 17, 15 und 13 Jahren und damit noch minderjährig waren. Die Befristung sei dabei so ausgestaltet worden, dass die Kinder noch unterhaltsbedürftig gewesen seien und im Hinblick auf ihre Minderjährigkeit eine persönliche Aktivität als Gesellschafter kaum zu erwarten gewesen sei. Zudem hätten die Kläger B-D ihre Rechte, wie z.B. das Kündigungsrecht nach § 13 des Gesellschaftsvertrages, aber auch ihre weiteren Rechte nicht ohne den Willen ihrer Eltern als gesetzliche Vertreter, also der Klägerin und des ebenfalls an der X GbR beteiligten Vaters, ausüben können. Denn ein Ergänzungspfleger zur Wahrnehmung der Rechte der minderjährigen Gesellschafter nach Errichtung der Unterbeteiligungsgesellschaft sei nicht bestellt worden.

Zum anderen versagte der Senat der Unterbeteiligungsgesellschaft die steuerrechtliche Berücksichtigung, weil der Vertrag zwar formwirksam abgeschlossen, aber nicht wie unter fremden Dritten vollzogen worden sei. Die nach § 14 Abs. 2 des Unterbeteiligungsvertrags zum Zeitpunkt der Beendigung der Unterbeteiligung aufzustellende Auseinandersetzungsbilanz sei nicht erstellt worden.

Der 5. Senat hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen IV R 10/16 beim Bundesfinanzhof anhängig.

Steuerbarer Leistungsaustausch bei der Haftungsübernahme/Geschäftsführung einer Komplementär-GmbH

Steuerbarer Leistungsaustausch bei der Haftungsübernahme Geschäftsführung einer Komplementär-GmbH und einer Zahlung der GmbH & Co. KG, wenn die GmbH für ihre Leistung eine kombinierte Vergütung aus einem Festbestandteil und einem ergebnisabhängigen Teil erhält (Abgrenzung zum nicht steuerbarenGesellschafterbeitrag)

FG Schleswig Holstein Urteil vom 27. April 2016 (Aktenzeichen 4 K 108/13)

Begründung:

Mit Urteil vom 27. April 2016 (Aktenzeichen 4 K 108/13) hat der 4. Senat des Schleswig Holsteinischen Finanzgerichts entschieden, dass bei der Haftungsübernahme/Geschäftsführung einer Komplementär-GmbH und einer Zahlung der GmbH & Co. KG ein steuerbarer Leistungsaustausch auch dann vorliegen kann, wenn die GmbH für ihre Leistung eine kombinierte Vergütung aus einem Festbestandteil und einem ergebnisabhängigen Teil erhält (Abgrenzung zum nicht steuerbaren Gesellschafterbeitrag).

Die Klägerin war eine GmbH. Sie war im Bereich der Wohnungsverwaltung tätig, fungierte jedoch insbesondere auch als Komplementärin verschiedener GmbH & Co. KGs bzw. als haftende Gesellschafterin von Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Ausweislich der eingereichten Gesellschafterverträge erhielt die Klägerin für ihre Geschäftsführung und Haftung Gelder, die zum Teil fix, zum Teil aber auch aus kombinierten Vergütungen (Festbestandteil/ergebnisabhängiger Bestandteil) bestanden.

Der Senat war davon überzeugt, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen keine nichtsteuerbaren Gesellschafterbeiträge waren, sondern dass es sich bei allen Vergütungen bzw. Vergütungsbestandteilen einschließlich geringfügiger Zinsen um Sonderentgelte handelte, die im Rahmen eines umsatzsteuerbaren – und nicht von der Steuer befreiten – Leistungsaustauschs gezahlt wurden. Maßgeblich war, dass sich bei einer Würdigung der Gesamtumstände ergab, dass die von der Klägerin erbrachten Leistungen und die von den Gesellschaften gewährten Zahlungen in einem Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung standen, und dass damit die Vergütung nicht als bloße Beteiligung des Gesellschafters am allgemeinen Gewinn oder Verlust anzusehen war

 

Leistungsaustausch bei freiwilligen Zahlungen für Reisetrends

Betreibt eine Einzelperson die Entwicklung von Reisetrends und erhält sie dafür von einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft einen freiwilligen monatlichen Förderbeitrag, so kann zwischen der Entwicklung (Organisation von Reisen nebst Berichterstattung) und dem “Förderbeitrag” ein der Umsatzsteuer unterliegender Leistungsaustausch liegen.

FG Schleswig Holstein Urteil vom 27. April 2016 (Aktenzeichen 4 K 27/13)

Begründung:

Mit Urteil vom 27. April 2016 hat der 4. Senat des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts (Aktenzeichen 4 K 27/13) entschieden, dass auch bei sog. freiwilligen monatlichen Förderbeiträgen, welche eine Gesellschaft einer Einzelperson für die Entwicklung von Reisetrends gewährt, ein zur Steuerbarkeit führender Leistungsaustausch vorliegen kann. Der Kläger war ein Anhänger des Oldtimer-Automobilsports und engagierte sich bereits seit Jahren in diesem Bereich, indem er versuchte, andere interessierte Kollegen über die Durchführung von Stammtischen und die Organisation von Oldtimer-Ausfahrten zu binden und insoweit eine Gemeinschaft zu bilden.

Aufgrund eines Vertrages mit einer ausländischen Gesellschaft verpflichtete sich der Kläger dieser gegenüber u.a. zur Weiterführung der Entwicklung neuer und aussichtsreicher Reisetrends sowie zur Berichterstattung hierüber. Hierfür erhielt er einen freiwilligen Förderbeitrag von 2.500,- € monatlich und vertrat die Ansicht, ein umsatzsteuerrechtlich relevanter Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der empfangenen Gelder sei nicht gegeben, da keine Leistungen im wirtschaftlichen Sinne erbracht worden seien, bei denen ein über die reine Entgeltentrichtung hinausgehendes eigenes wirtschaftliches Interesse des Entrichteten verfolgt werde (Verweis auf Abschnitt 1.1 Abs. 3 Satz 2 UStAE).

Nach Überzeugung des Gerichts handelte es sich bei den Zahlungen hingegen um Entgelte für steuerpflichtige Leistungen des Klägers, weil ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zahlungen und den Leistungen des Klägers bestand; es lag damit keine (nicht steuerbare) „bloße Förderung des Zahlungsempfängers im allgemeinen Interesse“ vor. Der Senat zog seine Überzeugung aus einer Auslegung der maßgeblichen Vereinbarung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Mochte es zwar aufgrund der Freiwilligkeit der Zahlung an einem synallagmatischen Verhältnis gemangelt haben,

so haben die Parteien doch gezeigt, dass die konkrete Tätigkeit (sei sie daneben auch im eigenen Interesse des Klägers erfolgt) der Erlangung der Zahlung und die Zahlung der Erlangung der Tätigkeit diente.

Gegen das Urteil ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt worden.