Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei Betriebsaufgabe

Ein wegen eines Zinszuschusses gebildeter passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist im Rahmen einer Betriebsaufgabe zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen, wenn das dem Zinszuschuss zugrundeliegende Darlehen fortgeführt wird.

BFH Urteil vom 25.4.2018, VI R 51/16

Begründung:

Ob Geschäftsvorfälle noch beim Schlusskapital in der Schlussbilanz und damit bei der Ermittlung des laufenden Gewinns oder erst in der Aufgabebilanz beim Aufgabegewinn zu berücksichtigen sind, bestimmt sich deshalb danach, ob Erträge und Aufwendungen in einem Veranlassungszusammenhang zur Veräußerung/Betriebsaufgabe als dem auslösenden Moment stehen

In der Aufgabebilanz konnte der pRAP hingegen nicht mehr ausgewiesen werden. Das (fortbestehende) Darlehen wurde durch die Betriebsaufgabe zu Privatvermögen. Anhaltspunkte dafür, dass der Schweinestall einem anderen Betriebsvermögen des Klägers gewidmet wurde, liegen nicht vor. Die Gegenleistung des Klägers für den Zinszuschuss, also der mit dem bezuschussten Darlehen einhergehende Kapitaldienst, lag mit der Überführung des Darlehens in das Privatvermögen folglich nicht mehr im steuerbaren Bereich. Für eine nicht (mehr) steuerbare Gegenleistung kann aber in der Aufgabebilanz trotz fortbestehender Verpflichtung kein pRAP gebildet werden. Die Entnahme der Darlehensforderung in das Privatvermögen führt zum vollständigen Wegfall des (künftigen) steuerbaren Zinsaufwands. Damit ist auch für den Ansatz des pRAP kein Raum mehr. Zutreffend ist das FG deshalb davon ausgegangen, dass die Auflösung des streitigen pRAP vorliegend nicht nur in einem engen zeitlichen, sondern auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe steht. Unter den Umständen des Streitfalls ist der pRAP allein wegen der Betriebsaufgabe nicht länger bilanziell auszuweisen.

Nachträgliche Anschaffungskosten bei Gesellschaftereinlagen “in letzter Minute”

Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob Zuzahlungen, die der Gesellschafter in das Eigenkapital leistet und die bei der Kapitalgesellschaft als Kapitalrücklage auszuweisen sind (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB), bei diesem in jedem Fall und zu jedem denkbaren Zeitpunkt zu –nachträglichen– Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB führen und mithin im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen sind und ob solche Zuzahlungen einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) darstellen könnten.

BFH Beschluss vom 11.10.2017 . IX R 5/15 BFH/NV 2018, 107

Sachverhalt:
Streitig ist die Berücksichtigung von nachträglichen Anschaffungskosten im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungsverlusts nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2010) vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war seit 2003 neben seinen drei Brüdern (L, D und F) mit einem Anteil von 12.782,30 EUR (25.000 DM) an der von seinem Vater im Jahr 1989 gegründeten A-GmbH beteiligt. Der Kläger und sein Bruder D waren als Geschäftsführer bestellt. Das Stammkapital der A-GmbH betrug 51.640,48 EUR. Der Vater des Klägers war zunächst noch mit einem Anteil von 511,28 EUR (1.000 DM) an der GmbH beteiligt. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2004 ging dessen Anteil auf die Mutter des Klägers über.
Bereits im Jahr 1999 hatte der Kläger eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber einer Bank übernommen. Zum 31. Dezember 2003 beliefen sich die Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber der Bank auf 207.921,83 EUR. Darüber hinaus stand der Bank eine Grundschuld auf einem der Mutter des Klägers gehörenden Grundstücks von 177.418,28 EUR als Sicherheit zur Verfügung. Die Verbindlichkeiten der A-GmbH gegenüber der Bank waren bis zum 31. Dezember 2009 auf 348.786,43 EUR angestiegen. In den Jahren 2008 und 2009 hat die A-GmbH lediglich Verluste in Höhe von 308.425 EUR bzw. 91.989 EUR erzielt. Zum Ende des Jahres 2009 stellte die A-GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein und veräußerte ihr gesamtes Anlagevermögen sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und unfertige Erzeugnisse an die I-GmbH. An dieser waren neben dem Kläger sein Bruder D und ein Dritter zu gleichen Teilen beteiligt. Durch den Tod der Mutter im Februar 2010 gingen deren Anteil an der A-GmbH ebenso wie das Grundstück im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den Kläger und seine Brüder als Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen über.

Im Zeitraum zwischen Juni und November 2010 leisteten der Kläger und seine drei Brüder –jeweils in gleicher Höhe– Zuführungen in die Kapitalrücklage der A-GmbH in Höhe von insgesamt 281.800 EUR, um eine ansonsten drohende Liquidation der Gesellschaft zu vermeiden. Ein Teil der Einzahlung in Höhe von 222.000 EUR stammte aus der mit der Bank abgestimmten Veräußerung des Grundstücks an den Bruder F. Nachdem die Bank Ende 2010 einen Teilverzicht auf ihre gegenüber der A-GmbH bestehenden Forderungen in Aussicht gestellt hatte, zahlte die A-GmbH an die Bank einen Betrag von insgesamt 275.000 EUR. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 14. Dezember 2010 veräußerten der Kläger und seine Brüder schließlich ihre Anteile an der A-GmbH zu einem Kaufpreis von 0 EUR an die I-GmbH. Die Grundschuld zugunsten der Bank wurde im Januar 2011 im Grundbuch gelöscht. In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2010 wies die A-GmbH ein Stammkapital in Höhe von 51.640,48 EUR, einen Jahresüberschuss in Höhe von 72.199 EUR sowie einen Verlustvortrag in Höhe von./. 404.030 EUR aus.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 machten die Kläger einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG in Höhe von 83.232,30 EUR geltend, den sie aus einem anteiligen Verlust der Stammeinlage in Höhe von 12.782,30 EUR und nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung in Höhe von 70.450 EUR errechneten. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr berücksichtigte das FA lediglich den Verlust der eingezahlten Stammeinlage.

Im Einspruchsverfahren beantragten die Kläger erstmals, auch den auf den Kläger im Wege der Erbfolge übergegangenen Anteil der verstorbenen Mutter an der Stammeinlage in Höhe von 127,82 EUR im Rahmen der nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen. Im Änderungsbescheid für das Streitjahr vom 9. August 2013 erkannte das FA nunmehr einen Veräußerungsverlust des Klägers in Höhe von 39.006 EUR an. Diesen ermittelte es, indem es die von allen Gesellschaftern geltend gemachten Anschaffungskosten in Höhe von insgesamt 333.440,48 EUR (281.800 EUR Kapitalrücklage zzgl. 51.640,48 EUR Stammkapital) um die zugunsten der Bank eingetragenen verzinslichen Grundschuld von 177.418,20 EUR minderte und die verbleibenden 156.022,19 EUR auf den Kläger und seine Brüder verteilte. Mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2013 wies das FA den gegen den Änderungsbescheid gerichteten Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.
Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat angenommen, dass dem Kläger aus den Einzahlungen in die Kapitalrücklage letztlich nur in Höhe von 1.700 EUR nachträgliche Anschaffungskosten entstanden seien. Denn die weitere Zuführung in die Kapitalrücklage in Höhe von insgesamt 275.000 EUR habe wirtschaftlich betrachtet der Ablösung der von Gesellschafterseite gewährten Sicherheiten (Grundschuld und Bürgschaften des Bruders D und des Klägers) gedient. Soweit die Zahlung der A-GmbH an die Bank der Ablösung der Grundschuld gedient habe, seien dem Kläger bereits deshalb keine nachträglichen Anschaffungskosten entstanden, weil ihm zu keinem Zeitpunkt ein werthaltiger Rückgriffsanspruch gegen die A-GmbH zugestanden habe. Soweit die Zahlung an die Bank zur Ablösung der Bürgschaft erfolgt sei, seien im Streitfall die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts weiterhin anzuwenden. Nach diesen Grundsätzen sei davon auszugehen, dass die Bürgschaft des Klägers erst durch “Stehenlassen” bei Kriseneintritt im Jahr 2008 eigenkapitalersetzend geworden sei und daher die Rückgriffsforderung mit ihrem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Kriseneintritts anzusetzen sei. Nach Auffassung des FG könne im Ergebnis offenbleiben, ob dieser Rückgriffsanspruch bei Kriseneintritt überhaupt noch werthaltig gewesen sei. Jedenfalls fehlten Anhaltspunkte dafür, dass sich hieraus weitere nachträgliche Anschaffungskosten ergeben könnten, die die vom FA bereits anerkannten Anschaffungskosten übersteigen.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 2 EStG). Die Einzahlungen in die Kapitalrücklage durch die Gesellschafter seien als nachträgliche Anschaffungskosten zu berücksichtigen, unabhängig davon, dass die A-GmbH sie zur Tilgung ihrer Bankverbindlichkeiten und damit gleichzeitig zur Ablösung der Gesellschaftersicherheiten verwendet habe.
Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil des FG vom 18. Dezember 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 9. August 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2013 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften zusätzlich nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 44.354,40 EUR berücksichtigt werden.

Begründung:

Der Senat nimmt das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Rechtsfrage zu befassen, ob Zuzahlungen, die der Gesellschafter in das Eigenkapital leistet und die bei der Kapitalgesellschaft als Kapitalrücklage auszuweisen sind (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs –HGB–), bei diesem in jedem Fall und zu jedem denkbaren Zeitpunkt zu –nachträglichen– Anschaffungskosten i.S. des § 255 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB führen und mithin im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG zu berücksichtigen sind und ob solche Zuzahlungen einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 der Abgabenordnung –AO–) darstellen könnten. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angezeigt, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern (§ 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung).

Abzinsung von Angehörigendarlehen

Unverzinsliche (betriebliche) Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbständigen oder Land- und Forstwirt gewährt, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen, wenn der Darlehensvertrag unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich anzuerkennen ist.
Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht.

BFH Urteil vom 13.07. 2017 – VI R 62/15 BFH/NV 2018, 88

Sachverhalt:

Streitig ist, ob Darlehen zwischen Ehegatten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewinnerhöhend abzuzinsen sind. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren (2005 und 2006) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb, sowie aus selbständiger Arbeit und Kapitalvermögen, die Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Vermietung und Verpachtung sowie aus privaten Veräußerungsgeschäften (2005).
Die Klägerin stellte dem Kläger am 2. Januar 2006 Geldbeträge, welche sie aus privaten Verkäufen erzielt hatte, in Höhe von … EUR für den Gewerbebetrieb und in Höhe von… EUR für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zur Verfügung. In der Bilanz zum 30. Juni 2006 wurde letzterer Betrag als Einlage erfasst. In den Bilanzen des Gewerbebetriebs zum 31. Dezember 2006 und des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs für das Wirtschaftsjahr 2006/07 wurden die beiden Geldbeträge demgegenüber als Darlehen ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 30. Juli 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Einkommensteuer 2005 fest. Die Kläger legten hiergegen Einspruch ein. Mit Bescheid vom 23. Juli 2008 wurde die Einkommensteuer 2006 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung festgesetzt.
Im Zuge weiterer Ermittlungen ergab sich, dass die Darlehensverträge erst im Jahr 2008 schriftlich fixiert wurden, aber bereits bei Hingabe der Beträge am 2. Januar 2006 eine Darlehensvereinbarung bestanden hatte.

Anlässlich einer Befragung der Bußgeld- und Strafsachenstelle des FA vom 9. Juni 2009 erklärte die Klägerin, es habe sich bei den Geldzuwendungen nicht um Schenkungen, sondern um Darlehen an ihren Mann gehandelt. Zwar seien die Geldzuwendungen zunächst als Einlage verbucht worden, im folgenden Wirtschaftsjahr seien jedoch Berichtigungsbuchungen vorgenommen worden. Auch der damalige steuerliche Berater führte anlässlich einer Befragung aus, die Kläger hätten stets betont, dass es sich um Darlehen der Ehefrau gehandelt habe.
Das FA ging deshalb davon aus, dass die Geldbeträge als Darlehen zur Finanzierung der beiden Betriebe gewährt worden und steuerlich anzuerkennen seien. Wegen der Unverzinslichkeit seien die Darlehen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Dadurch ergäben sich Gewinnerhöhungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von… EUR (2006), bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von… EUR sowie eine Gewinnminderung in Höhe von… EUR (Wirtschaftsjahr 2005/06). Mit Änderungsbescheiden, zuletzt vom 11. November 2010, setzte es die Einkommensteuer 2005 und die Einkommensteuer 2006 entsprechend fest.

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1084 veröffentlichten Gründen ab. Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, das Urteil des FG München vom 26. Juni 2014 11 K 877/11 sowie die Einspruchsentscheidung vom 4. März 2011 aufzuheben und die geänderten Einkommensteuerbescheide vom 11. November 2010 insoweit zu ändern, als die Einkommensteuer 2005 und 2006 neu festgesetzt und dabei die Abzinsung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG im Gewerbebetrieb (im Wirtschaftsjahr 2006) und im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (in den Wirtschaftsjahren 2005/06 und 2006/07) rückgängig gemacht wird.
Begründung:
Das FG hat zu Recht darauf erkannt, dass die streitigen Darlehensverbindlichkeiten gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG gewinnerhöhend abzuzinsen sind.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind (betriebliche) Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorauszahlung beruhen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG). Die Verpflichtung zur Abzinsung gilt für Sachleistungsverpflichtungen ebenso wie bei Geldleistungsverpflichtungen.
Eine betriebliche Verbindlichkeit liegt vor, wenn der auslösende Vorgang einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Betrieb aufweist. Demgemäß sind Darlehensverbindlichkeiten dem Betriebsvermögen zuzuordnen, wenn die Kreditmittel für betriebliche Zwecke, beispielsweise zur Anschaffung von Wirtschaftsgütern oder zur Ablösung anderer Betriebsschulden, verwendet werden. Auf die Person des Gläubigers oder seine Beweggründe kommt es nicht an, so dass auch bei einem Gefälligkeitsdarlehen unter Verwandten allein der vom Darlehensnehmer mit der Darlehensaufnahme verfolgte Zweck entscheidend ist..

Darlehen, die einem Betriebsinhaber von einem Angehörigen gewährt werden, sind allerdings nicht dem Betriebsvermögen, sondern dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen, wenn sie zwar zivilrechtlich, aber unter Heranziehung des Fremdvergleichs steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind. Daraus folgt nicht nur, dass Zinsen hierfür nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, sondern auch, dass die Darlehensvaluta selbst dem Privatvermögen des Betriebsinhabers zuzuordnen ist. Wenn und soweit der Darlehensbetrag dem betrieblichen Konto gutgeschrieben wird, ist dieser in der Bilanz daher zwingend als

Maßgebend für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung (§ 4 Abs. 4, § 9 Abs. 1 EStG) veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) motiviert sind, ist seit der Neuausrichtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90 (BStBl II 1996, 34, unter B.I.2.) die Gesamtheit der objektiven Gegebenheiten. Zwar ist weiterhin Voraussetzung, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht mehr jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus. Von wesentlicher Bedeutung ist, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind. Ferner ist von Belang, ob es sich um ein Rechtsgeschäft unter volljährigen, voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen oder um eine Vereinbarung etwa zwischen Eltern und minderjährigen Kindern handelt Dabei hängt die Intensität der Prüfung des Fremdvergleichs bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen vom Anlass der Darlehensaufnahme ab.
Die revisionsrechtliche Überprüfung der (hierfür notwendigen) Gesamtwürdigung des FG durch den BFH beschränkt sich darauf, ob das FG von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen (Indizien) einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen hat..
Auch unverzinsliche betriebliche Verbindlichkeiten aus Darlehen, die ein Angehöriger einem Gewerbetreibenden, Selbständigen oder Land- und Forstwirt gewährt hat, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen. Weder lässt sich dem Gesetzeswortlaut eine Einschränkung im Hinblick auf Angehörigendarlehen entnehmen noch verlangt der Zweck der Vorschrift eine Sonderbehandlung solcher Darlehen. Die Abzinsung gründet auf der typisierenden Vorstellung, dass eine erst in der Zukunft zu erfüllende Verpflichtung den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht. Sie beruht auf dem Faktor “Zeit” und folgt demgemäß dem Grundsatz, dass erst in Zukunft zu erbringende Zahlungen gegenwärtig mit ihrem Barwert abzubilden sind. Diese Überlegung gilt für Angehörigendarlehen nicht anders als für sonstige Darlehensverhältnisse.

Der Abzinsungsbetrag kann auch nicht durch Buchung einer Einlage neutralisiert werden. Zwar ist die Zinslosigkeit des Darlehens außerbetrieblich motiviert, bloße Nutzungsvorteile sind jedoch nicht. Ebenso scheidet die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens aus; denn der fiktive Zinsertrag stellt “kein vorab vereinnahmtes Entgelt” i.S. des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG dar.
Verfassungsrechtliche Bedenken hiergegen bestehen nicht. Es ist von der Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers gedeckt, wenn dieser eine Regelung schafft, die im Fall der Gewährung eines unverzinslichen Darlehens zunächst zu einer –im weiteren Verlauf durch Aufzinsungen kompensierten– Erhöhung des Gewinns beim Darlehensnehmer führt. Die Abzinsung von Darlehen für Zwecke der Besteuerung ist als solche weder sachwidrig noch unverhältnismäßig; sie dient vielmehr der Verteilung des Zinsaufwands nach Maßgabe einer wirtschaftlichen Zuordnung (Groh, DB 2007, 2275, 2277). Zu einer Ausnahmeregelung in Bezug auf Angehörigendarlehen war der Gesetzgeber nicht verpflichtet, zumal der in diesem Fall eintretende vorzeitige Gewinnausweis durch die Vereinbarung einer –sehr geringen– Verzinsung vermieden werden kann..

Nach diesen Grundsätzen hat das FG zu Recht entschieden, dass die streitigen Darlehen (passives) Vermögen des Gewerbebetriebs und des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs geworden sind, nach Fremdvergleichsgrundsätzen steuerrechtlich anzuerkennen und daher gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG abzuzinsen sind.
Der Kläger ermittelt seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft durch Vermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG). Er muss dabei das Betriebsvermögen ansetzen, das sich nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ergibt (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dabei sind die steuerrechtlichen Vorschriften über die Bewertung von Wirtschaftsgütern und damit § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu befolgen (§ 5 Abs. 6 EStG).

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist davon auszugehen, dass die Klägerin dem Kläger die am 2. Januar 2006 hingegebenen Geldmittel darlehensweise zugewandt hat und diese Darlehen unverzinslich sind. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
Das FG hat zutreffend angenommen, dass es sich bei den streitbefangenen Darlehen um jeweils betriebliche Verbindlichkeiten des Klägers handelte. Dieser hatte sowohl in seinem gewerblichen als auch in seinem landwirtschaftlichen Betrieb stets Verluste erlitten und die finanzierende Bank drängte auf anderweitige Beschaffung von Geldmitteln. Im Zuge dessen wurden die Darlehensvereinbarungen zwischen den Klägern getroffen, nach denen die Darlehen jeweils “zur Ablösung von Schulden” in der Landwirtschaft und der Gastwirtschaft gewährt wurden. Dem schriftlich Vereinbarten entsprechend wurden die Darlehensmittel –was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist– jeweils zur Ablösung betrieblicher Bankschulden verwendet. Da sich der betriebliche Charakter der Verbindlichkeit nach dem Entstehungsgrund der Verbindlichkeit beurteilt und durch einen Wechsel in der Person des Gläubigers nicht berührt wird, änderte sich an dem betrieblichen Charakter der Verbindlichkeiten durch die Darlehen der Klägerin nichts. Die Darlehen stellten folglich ebenfalls passives Betriebsvermögen des Klägers dar.
ist die Würdigung des FG, dass die zwischen der Klägerin und dem Kläger abgeschlossenen Darlehensverträge steuerrechtlich anzuerkennen seien, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es hat bei der ihm obliegenden Gesamtwürdigung des Darlehensvertrags alle für den Fremdvergleich maßgeblichen Indizien entsprechend ihrer Gewichtung in seine Würdigung einbezogen.
Es hat zunächst darauf abgestellt, dass in den mündlich vereinbarten, später auch schriftlich niedergelegten Darlehensvereinbarungen Hingabe, Rückzahlung der Darlehensvaluta und Zinssatz klar und eindeutig geregelt sind. Auch hat das FG zur Kenntnis genommen, dass die Kläger keine verkehrsüblichen Sicherheiten vereinbart haben. Zutreffend weist die Revision in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass ein fremder Dritter dem Kläger Darlehensmittel in Höhe von… EUR ohne Sicherheiten und Ertragsaussichten nicht ausgereicht hätte. Gleichwohl hat das FG hieraus nicht zwingend auf die Fremdunüblichkeit der (gesamten) Darlehensvereinbarung schließen müssen. Denn Darlehen unter nahen Angehörigen, die –wie vorliegend– nach ihrem Anlass wie von einem Fremden gewährt werden, sind trotz fehlender Sicherheiten steuerrechtlich anzuerkennen, wenn das Rechtsgeschäft –wie im Streitfall– von volljährigen und voneinander wirtschaftlich unabhängigen Angehörigen geschlossen und tatsächlich durchgeführt wurde. Schließlich spricht auch die Ertraglosigkeit des Darlehens nicht gegen die Fremdüblichkeit der Darlehensverträge. Zutreffend weist die Vorinstanz in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch unter Fremden und im Verhältnis Gesellschafter/Gesellschaft die Hingabe eines zinslosen Darlehens denkbar und steuerrechtlich zu berücksichtigen ist. Denn dies bestätigt der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und die hierzu ergangene Rechtsprechung.

Ein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze bei der Gesamtwürdigung des FG liegt folglich nicht vor. Die Erkenntnis, die streitigen Darlehensverhältnisse hielten einem Fremdvergleich stand, ist vorliegend vielmehr zumindest möglich und daher für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Die Darlehensverbindlichkeiten des Klägers waren in den Streitjahren daher gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG mit 5,5 % abzuzinsen.

Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer

Ein Wechsel von der in Anspruch genommenen degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht möglich.

BFH Urteil vom 29.5.2018, IX R 33/16

Begründung:
Wer die degressive Gebäude-AfA in Anspruch genommen hat, kann nicht nachträglich zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer übergehen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 29. Mai 2018 IX R 33/16 zu § 7 Abs. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Bei der degressiven AfA handelt es sich um die Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts nach fallenden Staffelsätzen. Diese beliefen nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG in seiner im Streitfall maßgeblichen Fassung bei Gebäuden in den ersten acht Jahren auf jeweils 5 %, in den darauf folgenden sechs Jahren auf jeweils 2,5 % und in den darauf folgenden 36 Jahren auf jeweils 1,25 %. Die degressive AfA führt zu einer Steuerstundung durch Vorverlagerung von AfA.
Aufgrund der degressiven Ausgestaltung wäre es für die Steuerpflichtigen vorteilhaft, zunächst die degressive AfA in Anspruch zu nehmen und später auf die lineare AfA von z.B. 3 % für Gebäude überzugehen, die zu einem Betriebsvermögen gehören und nicht Wohnzwecken dienen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). Einen derartigen Wechsel hatte der BFH allerdings bereits in der Vergangenheit ausgeschlossen.

Offen war bislang demgegenüber, ob ein Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) möglich ist. Bei Gebäuden mit einer tatsächlichen Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren kann die AfA danach entsprechend dieser verkürzten Nutzungsdauer vorgenommen werden. Dies machte die Klägerin in dem vom BFH jetzt entschiedenen Streitfall geltend. Sie vermietete ein im Jahr 1994 bebautes Grundstück an ihren Ehemann zum Betrieb eines Autohauses. Bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nahm sie die degressive AfA in Anspruch (8 x 5 %, 6 x 2,5 % und 36 x 1,25 %). Nach Ablauf der ersten 14 Jahre, im Jahr 2009, errichtete die Klägerin auf dem Grundstück u.a. einen Anbau und machte im Übrigen geltend, die Nutzungsdauer sämtlicher Gebäude betrage nur noch 10 Jahre. Sie begehrte nunmehr eine AfA entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer.
Die von der Klägerin erstrebte Kombination von degressiver AfA und AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer hat der BFH verworfen. Der BFH begründet dies damit, dass § 7 Abs. 5 EStG die Nutzungsdauer eines Gebäudes typisiert und damit der Rechtsvereinfachung dient. Bei Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG erübrige sich die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer des Gebäudes. Der Steuerpflichtige entscheide sich bei Wahl der degressiven AfA bewusst dafür, die Herstellungskosten des Gebäudes in 50 der Höhe nach festgelegten Jahresbeträgen geltend zu machen. Die Vereinfachung trete nur ein, wenn die Wahl über die gesamte Dauer der Abschreibung bindend sei. Die Wahl der degressiven AfA ist deshalb im Grundsatz unabänderlich.

Einkommensteuerrechtliche Behandlung von vergeblichen Investitionen in betrügerische Modelle über den Erwerb von tatsächlich nicht existierenden Blockheizkraftwerken

Entschließt sich der Steuerpflichtige, eine Investition zu tätigen, die letztlich nicht durchgeführt werden kann, weil sein Geschäftspartner ihm die –tatsächlich niemals gegebene– Lieferbarkeit des Investitionsobjekts in betrügerischer Absicht nur vorgespiegelt hat, ist die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind, nicht objektiv-rückblickend nach den tatsächlichen Verhältnissen vorzunehmen, sondern nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgebenden Verträge.

Spiegelt ein Geschäftspartner dem Steuerpflichtigen vor, er könne durch den Erwerb eines –tatsächlich nicht existierenden– Blockheizkraftwerks elektrischen Strom erzeugen und im eigenen Namen sowie für eigene Rechnung, wenn auch durch Einschaltung eines Geschäftsbesorgers, vermarkten, sind die dem Steuerpflichtigen zur Durchführung dieser Investition entstandenen Aufwendungen auf die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb gerichtet und daher als vorweggenommene Betriebsausgaben abziehbar.
Eine nur schwach ausgeprägte, aber im Kern gleichwohl gegebene Unternehmerinitiative kann durch ein eindeutig vorhandenes Unternehmerrisiko dergestalt ausgeglichen werden, dass in der Gesamtschau die –für die Annahme gewerblicher Einkünfte erforderliche– Selbständigkeit der Betätigung zu bejahen ist.

Ein zivilrechtlicher Vertrag, der eine Kapitalüberlassung gegen eine erfolgsabhängige Vergütung vorsieht, kann nur dann als partiarisches Darlehen beurteilt werden, wenn dem Darlehensgeber ein Anspruch auf Rückzahlung des hingegebenen Geldes zusteht und keine Verlustbeteiligung vereinbart worden ist.
Ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass eine bestimmte Gestaltung die Voraussetzungen des § 15b EStG erfüllt, ist hierüber im Verfahren der gesonderten Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG zu entscheiden.
BFH Urteil vom 7.2.2018, X R 10/16

Begründung:
Beteiligt sich der Anleger an einem von ihm nicht erkannten Schneeballsystem, das aus seiner Sicht zu gewerblichen Einkünften führen soll, ist er berechtigt, den Verlust seines Kapitals steuerlich geltend zu machen. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 7. Februar 2018 X R 10/16 in einem Musterverfahren für mehr als 1 400 geschädigte Anleger entschieden.

Im Streitfall hatte der Kläger mit mehreren Gesellschaften der X-Gruppe Verträge über den Erwerb von Blockheizkraftwerken abgeschlossen und die Kaufpreise gezahlt. Den späteren Betrieb der Blockheizkraftwerke hatte er vertraglich an die X-Gruppe übertragen; die wirtschaftlichen Chancen und Risiken aus dem Betrieb sollten beim Kläger liegen. Tatsächlich hatten die Verantwortlichen der X-Gruppe jedoch niemals beabsichtigt, die Blockheizkraftwerke zu liefern. Sie hatten vielmehr ein betrügerisches „Schneeballsystem“ aufgezogen und wurden hierfür später strafrechtlich verurteilt. Wenige Monate nachdem der Kläger die Kaufpreise gezahlt hatte, wurden die Gesellschaften der X-Gruppe insolvent. Die vom Kläger geleisteten Zahlungen waren verloren.

Das Finanzamt (FA) wollte die Verluste des Klägers einkommensteuerlich nicht berücksichtigen, weil es ihn als bloßen Kapitalgeber ansah und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kein Abzug von Werbungskosten möglich ist. Dem ist der BFH nicht gefolgt. Er hat vielmehr entschieden, dass die einkommensteuerrechtliche Qualifikation der Einkunftsart, der die verlorenen Aufwendungen zuzuordnen sind, nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen im Zeitpunkt des Abschlusses der maßgeblichen Verträge vorzunehmen ist. Die besseren objektiv-rückblickenden Erkenntnisse sind hingegen nicht maßgeblich. Aufgrund der Verträge über den Erwerb und den Betrieb der Blockheizkraftwerke durfte der Kläger hier davon ausgehen, Gewerbetreibender zu sein. Gewerbetreibende dürfen Verluste auch dann -als vorweggenommene Betriebsausgaben- abziehen, wenn letztlich niemals Einnahmen erzielt werden.
Die Entscheidung des BFH beschränkt sich auf das sog. „Verwaltungsvertragsmodell“ der X-Gruppe. Über das von dieser Gruppe ebenfalls angebotene „Verpachtungsmodell“ brauchte der BFH in diesem Urteil hingegen nicht zu entscheiden.

Gleichwohl wird sich das erstinstanzlich tätig gewesene Finanzgericht Münster nochmals mit dem Verfahren befassen müssen. Denn der BFH hat es als möglich angesehen, dass die beabsichtigte Investition als Steuerstundungsmodell (§ 15b des Einkommensteuergesetzes) anzusehen ist. In diesem Fall wäre ein Abzug der Verluste nicht zulässig. Ob es sich tatsächlich um ein Steuerstundungsmodell handelt, wird in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sein.

Zur Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bei behauptetem Forderungsausfall

Macht der Kläger vor dem FG die völlige Wertlosigkeit von bei der Bilanzierung zu berücksichtigenden (künftigen) Forderungen (hier: aus der Umlage von Nebenkostennachforderungen im Gewerberaum Untermietverhältnis) geltend, sind von seinem Klagebegehren regelmäßig auch Wertberichtigungen unterhalb der Schwelle des Totalausfalls mitumfasst.
Für die Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. In diese einheitliche Rückstellungsbewertung können auch über dem allgemeinen Kreditrisiko liegende spezifische Ausfallrisiken einfließen.

BFH Urteil vom 31.05.2017 – X R 29/15 BFH/NV 2017, 1597

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2008 und 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in beiden Streitjahren Einkünfte aus der Untervermietung von Lagerräumen und Ladenlokalen (“etwa 5.912 qm und 326 qm”) an “etwa 38 Mieter” (Untermieter) im Gebäudekomplex “X” in B. Diese Einkünfte wurden sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) als gewerblich behandelt (§ 15 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Die Räumlichkeiten hatte der Kläger vom Eigentümer (Vermieter) angemietet. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG).
Die vom Kläger ausgewiesenen Gewinne legte das FA erklärungsgemäß den –unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellten– Einkommensteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheiden zugrunde. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung beanstandete die Prüferin u.a., der Kläger habe die Einnahmen aus den Untermietverhältnissen (Untermieten, Nebenkosten) nicht debitorisch verbucht (Soll-Versteuerung), sondern seiner Buchführung nur die von ihm in bar vereinnahmten Entgelte zugrunde gelegt (Ist-Versteuerung). Eine Kasse habe er erst ab 2009 geführt. Das FA setzte daraufhin die in den Untermietverträgen vereinbarten Entgelte an und änderte die Steuerfestsetzungen entsprechend ab.

Im Einspruchsverfahren wandten die Kläger ein, wenn schon die Einnahmen des Klägers aus den Untermietverhältnissen nach dem Soll zu verbuchen seien, müsse dies auch für dessen Aufwendungen gelten. Dies betreffe im Besonderen die ebenfalls nicht in die Buchführung einbezogenen Nebenkostenforderungen des Vermieters für 2008 (bis dato keine Abrechnung erteilt) und für 2009 (Abrechnung vom 27. Dezember 2010; Nachforderung in Höhe von 136.246,80 EUR). Letztere sei kreditorisch zu verbuchen. Hinsichtlich der Nebenkosten für 2008 müsse eine Rückstellung in Höhe von 56.811,27 EUR zugelassen werden, was dem Mittelwert der Nachzahlungen für die Jahre 2006 (11.820,62 EUR), 2007 (22.366,40 EUR) und 2009 entspreche.

Dem folgte das FA nicht. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten vor. Den geltend gemachten Aufwendungen seien jedoch die –mit den Nachforderungen des Vermieters korrespondierenden– Forderungen des Klägers aus der Nebenkostenumlage gegen die Untermieter entgegenzuhalten. Dadurch würden die Aufwendungen bilanziell
Vor dem Finanzgericht (FG) verfolgten die Kläger das Ziel der Bildung von Rückstellungen in Höhe von 56.000 EUR für 2008 bzw. 136.000 EUR für 2009 weiter. Im Hinblick auf die Nachforderungen gegen die Untermieter trugen sie vor, es sei keinesfalls sicher, ob diese überhaupt beglichen würden; Forderungsausfälle seien im Unternehmen des Klägers eine alltägliche Erfahrung.
Das FG entschied mit in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2016, 1409 veröffentlichtem Urteil, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen hinsichtlich der an den Vermieter zu leistenden Nebenkostennachzahlungen vorgelegen hätten. Jedenfalls könnten diese nicht mit den vom Kläger angesetzten Beträgen bewertet werden. Vielmehr wären sie allenfalls mit jeweils null EUR anzusetzen, da die betragsmäßig in derselben Höhe bestehenden Nachforderungen gegen die Untermieter als künftige Vorteile i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG wertmindernd zu erfassen seien. Hinsichtlich des Jahres 2009 könne offenbleiben, ob die bereits erteilte Nebenkostenabrechnung als wertaufhellende Tatsache dergestalt zu berücksichtigen sei, dass anstelle einer Rückstellung eine Verbindlichkeit gewinnmindernd eingebucht werden müsse. Auch in diesem Fall seien die Nachforderungen gegen die Untermieter in gleicher Höhe zu aktivieren.
Die Behauptung des Klägers, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt, sei nicht geeignet, die begehrten Rückstellungen mit einem höheren Betrag als mit null EUR zu bewerten. Aus den von ihm hierzu vorgelegten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass er die Zahlung von Mieten und Nebenkosten bei den Untermietern immer wieder habe anmahnen und beitreiben müssen. Dem Schriftverkehr lasse sich indes nicht entnehmen, dass bereits in den Jahren 2008 und 2009 von einer völligen Wertlosigkeit der Ansprüche auszugehen gewesen sei. Über deren eventuelle Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit in künftigen Veranlagungszeiträumen sei vorliegend nicht zu befinden.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts unter drei Aspekten: Es bestehe kein sachlicher Zusammenhang zwischen den Nebenkostennachzahlungen des Klägers und dessen Ansprüchen gegen die Untermieter, das FG habe zu Unrecht keine geringfügigeren Wertberichtigungen jenseits der völligen Wertlosigkeit der Nachforderungen aus der Nebenkostenumlage in Betracht gezogen und die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sei wegen der Gefahr steuerlicher Doppelbelastungen (Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip) verfassungswidrig. Einen Verfahrensfehler erblicken sie zudem darin, dass ihr Vortrag “hinsichtlich des tatsächlichen Zahlungsausfalls” aufgrund der Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013 gänzlich unberücksichtigt geblieben sei.

Die Kläger beantragen (hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide der Kläger allein), das FG-Urteil hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuermessbeträge 2008 und 2009 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom 18. bzw. 9. Januar 2012 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2008 und 2009 vom 20. Januar 2012, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 4. November 2013, dergestalt zu ändern, dass der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb um 56.000 EUR im Jahr 2008 und um 136.000 EUR im Jahr 2009 gemindert wird.
Das FA teilt die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

Die Vorentscheidung leidet an lückenhaften Tatsachenfeststellungen zur Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Klägers und kann bereits aus diesem Grund keinen Bestand haben. Die fehlenden Feststellungen können in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden. Die Sache ist daher mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen.
Mangels entsprechender Feststellungen des FG kann der erkennende Senat nicht beurteilen, ob der Kläger als Untervermieter gewerblich tätig und somit eine Rückstellungsbildung und Forderungsaktivierung überhaupt möglich war.
Die vom Kläger begehrte Rückstellungsbildung setzt dessen Berechtigung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG voraus. Vorliegend sind die Beteiligten –und daran anknüpfend auch das FG– ohne Weiteres davon ausgegangen, der Kläger erziele Einkünfte aus gewerblicher Vermietung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Im angefochtenen Urteil fehlen jedoch Feststellungen, die es dem Senat ermöglichen nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die Untervermietungstätigkeit des Klägers als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 2 EStG einzustufen war. Wäre eine solche Gewerblichkeit zu verneinen, lägen Überschusseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) vor, bei denen die vorliegend streitgegenständliche Bilanzierung von vornherein nicht in Betracht käme.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geht das (Unter-)Vermieten einzelner (beweglicher oder unbeweglicher) Gegenstände in der Regel nicht über den Rahmen privater Vermögensverwaltung
hinaus. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit ist –anders als z.B. in Fällen der Gewerblichkeit kraft Rechtsform des Vermieters (vgl. § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes)– erst dann anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit als Ganzes das Gepräge einer gewerblichen Betätigung geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Mietobjekts in den Hintergrund tritt.

Derartige Besonderheiten lassen sich dem FG-Urteil nicht entnehmen. Die Gewerblichkeit der Untervermietung als solche kann von den Beteiligten –im Gegensatz zum zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (in den Grenzen des § 76 Abs. 1 FGO)– auch nicht “unstreitig gestellt” werden, weil es sich bei der Einkünftequalifizierung um Rechtsanwendung handelt, die nicht zur Disposition der Parteien steht. Bereits aus diesem Grund kommt der Senat nicht umhin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Sollte das FG im zweiten Rechtsgang erneut zur Gewerblichkeit der Untervermietungstätigkeit des Klägers kommen, wird es bei der Beurteilung sowohl des Ansatzes als auch der Höhe der in Streit stehenden Rückstellungen folgende weitere Gesichtspunkte beachten müssen:
Das FG hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, allein die völlige Wertlosigkeit der Ansprüche des Klägers gegen seine Untermieter zu prüfen. Etwaige, bereits in den Streitjahren vorzunehmende geringfügigere Wertberichtigungen hat es überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Wie die Ausführungen der Kläger erkennen lassen, waren solche jedoch von ihrem Klagebegehren als wesensgleiches Minus mitumfasst.

Zwar haben die Kläger vor Gericht nur absolute Gewinnminderungen um 56.000 EUR (für 2008) bzw. 136.000 EUR (für 2009) beantragt (FG-Urteil, Seite 6). In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass derartige Klageanträge entsprechend dem dahinter stehenden Klagebegehren auszulegen sind und nicht zu eng aufgefasst werden dürfen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des betroffenen Beteiligten entspricht. Dies waren hier ersichtlich auch unterhalb der Schwelle des Totalausfalls liegende Wertberichtigungen. Die Feststellungslast obliegt dabei auch hinsichtlich eines geringeren Ausfallrisikos nach allgemeinen Grundsätzen den Klägern.
Allerdings hat sich das FG in tatsächlicher Hinsicht bislang zu Recht davon überzeugt, den Klägern sei der ihnen obliegende Nachweis eines bereits zum jeweiligen Bilanzstichtag bzw. innerhalb des Wertaufhellungszeitraums anzunehmenden Totalausfalls sämtlicher Nachforderungen gegen die Untermieter nicht gelungen. Zu der vom Kläger behaupteten Uneinbringlichkeit aller auf die Untermieter umgelegten Nebenkostennachforderungen hat es zusammenfassend festgestellt, aus den vom Kläger übersandten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass dieser immer wieder die Zahlung von Mietzinsen und Nebenkosten habe anmahnen und beitreiben müssen. Solches reicht zum Nachweis einer völligen Wertlosigkeit nicht aus. Daran ändert auch das Vorbringen nichts, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt. Daraus ergibt sich vielmehr im Umkehrschluss, dass es durchaus zu Nebenkostenzahlungen gekommen ist, wobei offenbleibt, auf welches Jahr sich diese Aussage bezieht und in welchem Umfang Zahlungen geleistet wurden. Ein Wertansatz mit null EUR lässt sich auf einen derart unsubstantiierten Vortrag keinesfalls stützen.
Dem steht die von den Klägern angeführte Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013, welche hauptsächlich auf nicht einbringliche Forderungen zurückzuführen gewesen sei, nicht entgegen. Dieser Vortrag bezieht sich auf Umstände außerhalb des bis zur fristgemäßen Bilanzerstellung andauernden Wertaufhellungszeitraums und ist daher für die Beurteilung der Streitjahre irrelevant).

Zudem fehlen generell Feststellungen zum Inhalt der streitgegenständlichen Gewerberaum(unter-)mietverträge. Da dies den Gegenstand der (Nach-)Forderungen des Vermieters gegen den Kläger und des Klägers gegen die Untermieter betrifft, kann anhand des angefochtenen Urteils nicht nachvollzogen werden, welche Nebenkosten im Verhältnis der jeweiligen Vertragsparteien zueinander überhaupt umlagefähig sind. Dies ist vorliegend jedoch von entscheidender Bedeutung, weil sich danach die –je nach vertraglicher Gestaltung u.U. abweichende– Höhe der Rückstellungen bzw. der zu passivierenden Verbindlichkeiten richtet. Die Vorinstanz hat unterstellt, dass die Ansprüche des Vermieters gegen den Kläger auf Nebenkostennachzahlung und die diesbezüglichen Ansprüche des Klägers gegen die Untermieter deckungsgleich sind. Das ist indes nicht zwingend.

Zudem hat das FG nicht genügend beachtet, dass die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2008 auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG (3. September 2014) noch nicht erteilt war (die Abrechnung stand nach Auskunft des Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat noch aus). Dadurch wird beim gegenwärtigen Stand der Sachaufklärung die von den Klägern begehrte Rückstellung schon dem Grunde nach und nicht nur, worauf sich die Vorinstanz konzentriert hat, der Höhe nach in Frage gestellt. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten ist nämlich u.a., dass die tatsächliche Inanspruchnahme aus der Verpflichtung am Bilanzstichtag überhaupt zu erwarten ist. Feststellungen zu den Hintergründen der Nichterteilung der Nebenkostenabrechnung für 2008 wurden nicht getroffen und sind daher im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls nachzuholen.
Daran anknüpfend wird das FG mit Blick auf die von den Klägern beanspruchte Rückstellungshöhe (Mittelwert aus den Nachforderungen des Vermieters für 2006, 2007 und 2009) der Frage nachgehen müssen, weshalb sich die Nachforderungen des Jahres 2006 auf das Jahr 2007 nahezu verdoppelt und sodann vom Jahr 2007 auf das Jahr 2009 mehr als versechsfacht haben. Der erkennende Senat kann nicht überprüfen, ob die hierfür von dem Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger abgegebene Erklärung plausibel ist, die enormen Kostensteigerungen beruhten im Wesentlichen auf der unsachgemäßen Nutzung der Mieträume (Zustellen von Heizkörpern) sowie Manipulationen an den Lichtschaltern durch die Untermieter.
In Bezug auf die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2009 ist zu bedenken, dass es sich dabei um vier einzelne Nebenkostenabrechnungen handelt. Diese beziehen sich auf Grundflächen von 326,4 qm, 1 112 qm, 152,4 qm und 5 912,4 qm. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Kläger aber nur Gewerbeeinheiten von “etwa 5.912 qm und 326 qm” ange- bzw. untervermietet. Was es mit den weiteren Gewerbeflächen von 1 112 qm und 152,4 qm auf sich hat, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Gleichwohl umfasst der von den Klägern für das Jahr 2009 angesetzte Rückstellungsgesamtbetrag auch die Nachforderungen des Vermieters für diese Flächen.

Zu der von der Vorinstanz angewendeten Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist zu bemerken, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung und für ihre Minderung aufgrund voraussichtlich mit der Erfüllung der Verpflichtung verbundener Vorteile parallel laufen. Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten darf –neben anderen Voraussetzungen– dem Grunde nach nur dann gebildet werden, wenn die Geltendmachung der Verpflichtung nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (s.o.). Entsprechendes gilt für die Gegenrechnung von mit der betreffenden Rückstellung sachlich zusammenhängenden “künftigen Vorteilen”. Dieser einheitliche Bewertungsansatz ist geboten, um die tatsächlich eintretende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit exakt bemessen zu können.

Was die vorliegend streitige Quantifizierung “künftiger Vorteile” anbetrifft, ist aufgrund des genannten Gleichlaufs ebenfalls maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. Dies ist –allgemeinen Regeln der Rückstellungsbildung folgend auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Sind Geldforderungen als “künftiger Vorteil” zu erwarten, ist für deren kompensatorische Berücksichtigung zunächst auf ihren voraussichtlichen Nennwert abzustellen. Davon ausgehend können u.a. etwaige über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehende spezifische Ausfallrisiken in die einheitliche Rückstellungsbewertung miteinfließen, wobei den Steuerpflichtigen für solche steuermindernden Umstände die Darlegungs- und Beweislast trifft (s.o.). Auch betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit sowie wertaufhellende Umstände sind bei der insoweit anzustellenden Gesamtbetrachtung berücksichtigungsfähig. Nicht in Betracht kommt dagegen der Ansatz eines von den Umständen des Einzelfalls losgelösten branchenüblichen Sicherheitsabschlags.

Die von den Klägern gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die von ihnen gesehene Gefahr eines Verstoßes gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip (zweimalige Gewinnerhöhung, einmal im Zeitpunkt der Rückstellungsbildung durch die Gegenrechnung “künftiger Vorteile” und ein weiteres Mal durch eine gewinnwirksame Auflösung der Rückstellung bei Betriebseinstellung) ist nicht erkennbar. Die Rückstellung wirkt sich –auch in ihrer aufgrund der Vorteilsanrechnung geminderten Höhe– in demselben Umfang gewinnmindernd aus, wie sie im Falle ihrer Auflösung den Gewinn erhöht. Dazu bedarf es keiner wie auch immer gearteten weitergehenden Kompensation des Ausfalls der Nachzahlungen der Untermieter.
In Anknüpfung an die Rechtsausführungen der Beteiligten weist der Senat zuletzt noch auf folgende Gesichtspunkte hin:
Da eine eventuell zum 31. Dezember 2008 zu bildende Rückstellung nicht nur zu diesem Stichtag, sondern auch zum 31. Dezember 2009 bewertet werden muss, wird im Streitfall hinsichtlich der “künftigen Vorteile” zu berücksichtigen sein, dass sich die Bonität der Untermieter von Jahr zu Jahr verändern, also sich verschlechtern oder gegebenenfalls auch wieder ins Positive wenden kann.
Die diesbezügliche Prognose ist insoweit jeweils neu anzustellen.

Hinsichtlich einer etwaigen Wertaufhellung durch die Nebenkostenabrechnung für 2009 müsste wie folgt differenziert werden:
Läge die Erteilung der Nebenkostenabrechnung zeitlich nach dem –vom FG nicht festgestellten– Tag der fristgemäßen Bilanzerstellung für 2009, könnte der vom Vermieter geltend gemachte Nachforderungsbetrag nicht mehr als wertaufhellender Umstand verwertet werden (Nachweise unter II.2.a bb). Stattdessen könnte sich die Höhe der Rückstellung für die Nebenkostennachforderung 2009 –unbeschadet einer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG vorzunehmenden Abzinsung– dann nur an den zum Bilanzstichtag bereits bekannten (niedrigeren) Vorjahreswerten orientieren.
Demgegenüber müsste anstelle der Rückstellung eine Verbindlichkeit des Klägers in der vom Vermieter abgerechneten bzw. zutreffenderweise abzurechnenden Höhe passiviert werden, wenn der Erteilungszeitpunkt innerhalb des Wertaufhellungszeitraums gelegen hätte.

Der Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten richtet sich bei Mietverhältnissen über Gewerberäume mangels entsprechender Verweisung in § 578 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht nach § 556 BGB i.V.m. der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl I 2003, 2346), sondern resultiert unmittelbar aus den jeweiligen Mietverträgen. Der Zugang der Nebenkostenabrechnung des Vermieters wirkt sich dabei gemäß § 271 BGB so aus, dass eventuelle –mietvertraglich bereits begründete– Nachforderungen erst ab diesem Zeitpunkt hinreichend konkretisiert und damit fällig werden.
Wie bereits ausgeführt, ist im Streitfall bislang nicht zweifelsfrei festgestellt, inwiefern derartige Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Vertragsparteien bestanden.
Diese mietrechtliche Lage bedingt, dass Nebenkostennachforderungen in der Steuerbilanz bis zum Zugang der Abrechnung in Form von Rückstellungen für der Höhe nach noch ungewisse Verbindlichkeiten abzubilden sind. Ist die Abrechnung erteilt und steht damit die Nachforderungshöhe fest, ist die jeweilige Rückstellung aus- und eine Verbindlichkeit in abgerechneter Höhe einzubuchen.
Soweit zu den Verbindlichkeiten des Klägers Nachzahlungsansprüche gegen die Untermieter korrespondieren (aus den unter II.2.b genannten Gründen ist diese Spiegelbildlichkeit nicht zwingend), gilt entsprechend, dass eine Forderungsaktivierung nur erfolgen kann, wenn und soweit die umlagefähige Höhe der Nebenkosten aufgrund der Vermieterabrechnung feststeht.
Zwar sind Forderungen nach der Rechtsprechung u.a. des erkennenden Senats bereits dann in der Steuerbilanz auszuweisen, wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Dabei ist es für die Gewinnrealisierung im Grundsatz ohne Belang, ob am Bilanzstichtag bereits die Rechnung erteilt worden ist, die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob der Fälligkeitszeitpunkt erst nach dem Bilanzstichtag liegt. Dies bezieht sich allerdings auf den Fall, dass die noch ausstehende Abrechnung durch den Steuerpflichtigen selbst vorgenommen wird. Hängt die Höhe einer durch Abrechnung noch wesentlich zu konkretisierenden Forderung zusätzlich von Abrechnungshandlungen einer dritten, außerhalb der Einflusssphäre des Steuerpflichtigen stehenden Person oder Stelle ab, mangelt es hingegen an der für eine Forderungsaktivierung notwendigen Gewissheit.

Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen

Die Abzinsung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen richtet sich gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG nach dem Zeitraum bis zur erstmaligen Erfüllung der Sachleistungspflicht. Diesen hat der Steuerpflichtige darzulegen und mit Stichproben zu belegen.
Der Ermittlung des Zeitaufwands für die Betreuung pro Vertrag und Jahr kommt auch im Hinblick auf den gegenüber einer Abzinsung über die jeweilige Vertragsdauer verkürzten Abzinsungszeitraum nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG und einen daraus folgenden höheren Barwert entscheidende Bedeutung zu.

BFH Urteil vom 13.07.2017 – IV R 34/14 BFH/NV 2017, 1426

Sachverhalt:

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine OHG, betreibt als selbständige Handelsvertreterin eine Geschäftsstelle der X-Versicherung AG. Je zur Hälfte an der Klägerin beteiligte Gesellschafter sind A (geboren 1962) und B (geboren 1958).
Die Geschäftsstelle wurde ursprünglich vom Vater des B, C, als alleinigem Inhaber geführt. Durch einen im Januar 1983 mit der (damaligen) Y-Versicherungsanstalt AG (V) geschlossenen Vertrag erhielt B als Einzelunternehmer eine Bestellung als weiterer Geschäftsstellenleiter. Unter Nr. 3 Buchst. b dieses Vertrags verpflichtete sich B, “neue Versicherungen zu vermitteln, den Versicherungsbestand zu pflegen und zu erhalten”. Gegenstand des Vertrags waren außerdem Provisionsbestimmungen der V, in denen ausschließlich eine einmalige Abschlussprovision vorgesehen war. In Nr. 13 des Vertrags war als Beendigung spätestens der Ablauf des Jahres vorgesehen, in dem der Geschäftsstellenleiter das 65. Lebensjahr vollendet; eine Vertragsverlängerung war möglich.
Im August 1988 schloss auch A als Einzelunternehmer einen bezüglich der o.g. Bestimmungen inhaltsgleichen Vertrag ab, durch den er zum Geschäftsstellenleiter bestellt wurde.
Die Klägerin wurde durch Vertrag vom 23. Dezember 1993 zwischen A, B und dem noch vor den Streitjahren (2004 und 2005) ausgetretenen C gegründet. In der Präambel des Gesellschaftsvertrags ist ausgeführt: “Die Herren [B] und [A] geben ihre Selbständigkeit auf.” In § 4 des Vertrags ist u.a. geregelt, dass jeder Partner “seine volle Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft zur gemeinsamen Berufsausübung zu widmen” habe.

In ihrer auf den 31. Dezember 2004 aufgestellten Bilanz bildete die Klägerin eine Rückstellung in Höhe von 162.013 EUR für die Nachbetreuung von Lebensversicherungsverträgen, die sie in der auf den 31. Dezember 2005 aufgestellten Bilanz um weitere 5.171 EUR auf 167.184 EUR erhöhte. Entsprechend den eingereichten Feststellungserklärungen erließ der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) insoweit erklärungsgemäße, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2004 vom 1. September 2006 und 2005 vom 24. August 2007, in denen der Gewinn 2004 in Höhe von… EUR und 2005 in Höhe von… EUR festgestellt wurde.
Nach Durchführung einer Außenprüfung erkannte das FA die Rückstellung für die Nachbetreuung der Versicherungsverträge nicht mehr an. In seinen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden 2004 und 2005 vom 5. September 2007 stellte es die Einkünfte der Klägerin auf… EUR (2004) und… EUR (2005) fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Diese Beträge wurden durch Hinzurechnung der Rückstellung in Höhe von 162.013 EUR (2004) bzw. 5.171 EUR (2005) und Abzug einer erhöhten Gewerbesteuer-Rückstellung in Höhe von 30.782 EUR (2004) bzw. 982 EUR (2005) ermittelt.

Der hiergegen unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In seiner Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008 führte das FA aus, das vorgenannte Urteil dürfe aufgrund eines “Nichtanwendungserlasses” des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2006 nicht angewendet werden. Im Übrigen habe die Klägerin auch nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Voraussetzungen zur Bildung einer Rückstellung tatsächlich vorlägen. Weder habe sie dargelegt, dass mit den erhaltenen Vertragsprovisionen bereits Aufwendungen für die Bestandspflege abgegolten worden seien und kein Anspruch auf Folgeprovisionen bestehe, noch sei ein Erfüllungsrückstand erkennbar. Außerdem seien aus den vorgelegten Bilanzen diverse Folgeprovisionen ersichtlich. Es seien Erlöse für die “Kommissarische Betreuung” und “Personalkosten-Zuschüsse” für den Innen- und Außendienst gebucht worden. Außerdem seien allgemein Schadensregulierungsvergütungen gezahlt worden. Es sei nicht erkennbar, in welchem Umfang daneben noch nicht vergütete Bestandspflegekosten entstehen könnten.
Die Klage, mit der die Klägerin die Berücksichtigung einer Rückstellung in Höhe von 109.496,40 EUR (2004) bzw. 110.619,60 EUR (2005) beantragte und u.a. geltend machte, dass bei den Lebensversicherungsverträgen ein zur Bildung einer Rückstellung berechtigender Erfüllungsrückstand bestehe, hielt das Finanzgericht (FG) Münster in seinem Urteil vom 13. Juni 2013 13 K 4827/08 F für teilweise begründet. Das FA habe zu Unrecht die Bildung einer Rückstellung für zukünftige Aufwendungen aus der Nachbetreuung von Versicherungsverträgen versagt. Die Klägerin sei dem Grunde und in dem vom FG erkannten Umfang auch der Höhe nach zur Bildung einer Rückstellung berechtigt.
Hiergegen wendet sich das FA mit seiner Revision. Es rügt eine Verletzung von § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren gültigen Fassung (EStG) i.V.m. § 249 des Handelsgesetzbuchs in der in den Streitjahren gültigen Fassung (HGB a.F.). Im Übrigen habe das FG es versäumt, A und B beizuladen, weil eine Rückstellung allenfalls in deren Sonderbetriebsvermögen habe gebildet werden dürfen.

Das FA beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision des FA zurückzuweisen und unter teilweiser Aufhebung der Vorentscheidung, soweit sie die Klage abgewiesen hat, die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide 2004 und 2005 vom 5. September 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 2008 dahin zu ändern, dass eine Rückstellung in Höhe von 76.995 EUR (2004) bzw. in Höhe von 81.103 EUR (2005) berücksichtigt wird.

Mit ihrer innerhalb der einmonatigen Frist nach § 116 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegten Revision rügt sie eine Verletzung von § 96 Abs. 1 und Abs. 2 FGO und einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und beanstandet dabei die vom FG vorgenommene Kürzung des Stundensatzes der die Betreuung leistenden Mitarbeiter sowie die pauschale Kürzung des künftigen Betreuungsaufwands um 10 %. Bei einem Stundensatz von 15,59 EUR und ohne Abschlag ergebe sich ein Betreuungsaufwand und damit eine Rückstellung 2004 in Höhe von 76.995 EUR (4 935,62 Stunden x 15,60 EUR) und 2005 in Höhe von 81.103 EUR (5 198,95 Stunden x 15,60 EUR).
Begründung:
Die Revisionen des FA und der Klägerin sind begründet; sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).

Die Revision (auch) der Klägerin ist statthaft, denn die Zulassung der Revision –hier durch den erkennenden Senat– wirkt zugunsten aller Beteiligter. Sie ist auch fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Das FG ist auch in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die Klägerin dem Grunde nach gesetzlich verpflichtet war, in den Streitjahren eine Rückstellung für zukünftige Aufwendungen aus der Nachbetreuung von Verträgen zu bilden.

Nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. sind für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden. Zwar dürfen Ansprüche und Verbindlichkeiten aus einem schwebenden Geschäft in der Bilanz grundsätzlich nicht ausgewiesen werden. Ein Bilanzausweis ist u.a. aber dann geboten, wenn das Gleichgewicht der Vertragsbeziehungen durch Vorleistungen oder Erfüllungsrückstände eines Vertragspartners gestört ist. Es entspricht gefestigter BFH-Rechtsprechung, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält. Ein Erfüllungsrückstand setzt hiernach voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich –vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist. Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant.
Die Gesamtwürdigung des FG, dass die Klägerin zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen rechtlich verpflichtet gewesen sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht im Wesentlichen auf seiner Auslegung der Geschäftsstellenleiterverträge zwischen A bzw. B und der V sowie des Gesellschaftsvertrags der Klägerin vom 23. Dezember 1993. Die Vertragsauslegung obliegt dem FG als Tatsacheninstanz. Vorliegend entspricht sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Sie ist jedenfalls möglich und damit für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend.

Aus den in den Jahren 1983 und 1988 von A und B mit V geschlossenen Geschäftsstellenleiterverträgen hat das FG zunächst geschlossen, dass sich die darin jeweils vereinbarte “Pflege und Erhaltung” ausdrücklich auf den Versicherungsbestand bezogen habe und damit eine rechtliche Verpflichtung für weitere Leistungen ohne weitere Vergütung bzw. Provision geregelt worden sei. Denn die Provisionstabellen der V hätten keine Folgeprovisionen vorgesehen. Die entsprechenden Leistungen hätten von der V eingefordert werden können und seien gegenüber den Versicherungsnehmern zu erbringen gewesen. Diese Würdigung ist auf der Grundlage der Feststellungen des FG jedenfalls möglich.
Aus dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 23. Dezember 1993 hat das FG sodann ebenfalls vertretbar geschlossen, dass die zunächst von A und B im Rahmen der jeweiligen Geschäftsstellenleiterverträge übernommenen Nachbetreuungspflichten auf der Grundlage des später geschlossenen Gesellschaftsvertrags als eigene Pflicht der Klägerin anzusehen seien. Das FG hat seine Auffassung darauf gestützt, dass A und B nach der Präambel des Gesellschaftsvertrags ihre “Selbständigkeit” aufgegeben hätten und nach § 4 des Vertrags ihre volle Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft –der Klägerin– zur gemeinsamen Berufsausübung zu widmen hätten. Seine Auslegung, dass diese Vertragsbestimmungen nur bei Erfüllung der Nachbetreuungspflichten durch die Klägerin sinnvoll seien, weil ihre Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag zu einer selbständigen Tätigkeit nicht mehr befugt gewesen seien, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze. Wenn sich das FG in dieser Auffassung durch die tatsächliche Handhabung, dass die Nachbetreuung durch die Klägerin bzw. deren Angestellte erfolgt sei, bestätigt gesehen hat, ist dies ebenfalls nachvollziehbar.

Indes hält die vom FG ermittelte Höhe der Rückstellung revisionsrechtlicher Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil das FG noch nicht die Grundsätze beachten konnte, in dem der X. Senat des BFH seine Rechtsprechung zur Bildung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen fortentwickelt hat.
Das FG hat bei seiner Berechnung der Höhe der streitbefangenen Rückstellungen in beiden Streitjahren hinsichtlich der nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG gebotenen Abzinsung als Abzinsungsfaktor die Werte aus der Anlage 26 zum Bewertungsgesetz (BewG) zugrunde gelegt. In jener Tabelle sind Abzinsungsfaktoren bezogen auf die Restlaufzeit der dort genannten Bezugsgrößen in Jahren genannt. Dem entsprechend ist das FG bei seiner Berechnung von einer (restlichen) Vertragsdauer in Jahren (ihr zugeordnet jeweils die Zahl der Verträge mit einer solchen Restlaufzeit) ausgegangen und hat als Abzinsungsfaktor den bei einem Zinssatz in der in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG bestimmten Höhe (5,5 %) der jeweiligen Restlaufzeit zugeordneten Wert der Anlage 26 zum BewG berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG ist jedoch für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen der Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung maßgebend, d.h. der Zeitraum bis zur konkreten Umsetzung der Sachleistungspflicht Für die Abzinsung einer Rückstellung für die Verpflichtung zur Nachbetreuung von Versicherungsverträgen bedeutet dies, dass entsprechend dem Gesetzeswortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG entscheidend darauf abzustellen ist, wann im konkreten Einzelfall erstmalig Bestandspflegemaßnahmen durchgeführt werden. Der Steuerpflichtige hat insoweit darzulegen und mittels Stichproben zu belegen, zu welchem nach dem Vertragsabschluss liegenden Zeitpunkt unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten im einzelnen Vertrag erstmals mit Betreuungsmaßnahmen zu rechnen ist.

Unter Beachtung der aufgestellten Rechtsgrundsätze wird das FG im zweiten Rechtsgang die nach den genannten Maßstäben noch erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben. Hierbei wird das FG zu beachten haben, dass als Folge der gesetzlichen Verpflichtung aus § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB a.F. die Bildung einer Rückstellung keinesfalls ganz zu unterbleiben hat, sondern jedenfalls im Wege der Schätzung zu bestimmen ist, wenn –wie im Streitfall vom FG zu Recht angenommen– der Steuerpflichtige zur Nachbetreuung der Versicherungen rechtlich verpflichtet ist.
Für die Bemessung der Höhe der Rückstellung wird das FG zu prüfen haben, ob laufende Aufzeichnungen der Klägerin vorliegen, die so konkret und spezifiziert sind, dass nicht nur eine angemessene Schätzung der Höhe der zu erwartenden Betreuungsaufwendungen möglich ist, sondern auch des Zeitraums bis zum Beginn der erstmaligen Durchführung von Betreuungsmaßnahmen –Abzinsungszeitraum–. Mit dem Erfordernis, dass die laufenden Aufzeichnungen “vertragsbezogen” zu führen sind und der Steuerpflichtige zu belegen hat, welche einzelnen Tätigkeiten (z.B. Fälle von Namens- und Adressänderungen, Beitragsfreistellungen, Baufinanzierungen, Abtretungen, Änderungskündigungen) in welcher Häufigkeit mit welchem Zeitaufwand über die Gesamtlaufzeit des einzelnen Vertrags (typischerweise) anfallen werden, wird auch dem –sinngemäßen– Einwand des FA Rechnung getragen, dass der bislang berücksichtigte Nachbetreuungsaufwand nicht hinreichend vertragsbezogen sei. Allerdings muss diese Prüfung nicht für alle Verträge einzeln vorgenommen werden; im Einzelfall können fundierte Stichproben (z.B. anhand eines bestimmten Prozentsatzes der Verträge oder nach bestimmten Anfangsbuchstaben der Kundennamen) ausreichen, um eine hinreichende Rückstellungswahrscheinlichkeit zu begründen. Dies gilt auch für die Prüfung des für den Abzinsungszeitraum maßgeblichen Beginns der erstmaligen Durchführung von Betreuungsmaßnahmen. Muss das FG den Abzinsungszeitraum schätzen, gehen jedoch Unklarheiten infolge nicht nachvollziehbarer Aufzeichnungen zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Wird für die Abzinsung von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen der Zeitraum bis zur konkreten Umsetzung der Sachleistungspflicht zugrunde gelegt (§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG), so führt dies regelmäßig zu einem kürzeren Abzinsungszeitraum als in den Berechnungen des FG. Rechnerisch hat dies einen höheren Barwert zur Folge, was ohne Änderung der übrigen vom FG angesetzten Werte zu einem möglicherweise sogar deutlich höheren Rückstellungswert führen würde. Der Ermittlung des Zeitaufwands für die Betreuung pro Vertrag und Jahr kommt auch deshalb entscheidende Bedeutung zu. Neben der Übertragbarkeit der von der Klägerin vor dem FG vorgetragenen Zahlen zum zeitlichen Betreuungsaufwand auf die Streitjahre wird das FG deshalb auch zu prüfen haben, ob der von der Klägerin im Ausgangsverfahren vorgelegte “Nachweis” über Betreuungsleistungen von Lebensversicherungsverträgen für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 2006 den Anforderungen an die Darlegung des (voraussichtlichen) Zeitaufwands genügt. Aufgrund der derzeitigen Feststellungen des FG ergibt sich nach Auffassung des Senats jedenfalls keine hinreichend gesicherte Grundlage dafür, mit dem FG den zeitlichen Betreuungsaufwand pro Vertrag und Jahr mit einem Wert von 42,7 Minuten anzusetzen. Sollte der zeitliche Betreuungsaufwand mangels seiner hinreichenden Darlegung durch die Klägerin vom FG zu schätzen sein, so wird es zu beachten haben, dass sich eine solche Schätzung im Hinblick auf die den Steuerpflichtigen treffende Darlegungs- und Beweislast im unteren Rahmen bewegen muss.

Schließlich weist der Senat –ohne Bindungswirkung– für den zweiten Rechtsgang darauf hin, dass nach dem Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402) und damit auch in der in den Streitjahren gültigen Fassung Rückstellungen “höchstens” insbesondere unter Berücksichtigung folgender –sodann in der Vorschrift aufgeführter– Grundsätze anzusetzen sind. Der I. Senat des BFH hat unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien (BTDrucks 14/443, S. 23) ausgeführt, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die Bewertung von Rückstellungen nicht abschließend regele, sondern die nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) zu beachtende handelsrechtliche Bewertung (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB a.F.) nur dann durchbreche, wenn die steuerrechtlichen Sonderbestimmungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis e EStG dazu führten, dass der handelsrechtliche Wertansatz (Höchstwert) unterschritten werde. Diese Rechtsansicht hat zur Folge, dass ein niedrigerer Handelsbilanzwert für eine Rückstellung gegenüber einem höheren steuerlichen Rückstellungswert die Obergrenze bildet (vgl. auch Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 7. Dezember 2016 1 K 1912/14, mit Darstellung des Streitstands, Revision anhängig unter I R 18/17). Der erkennende Senat vermag aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG nicht zu beurteilen, ob diese Rechtsfrage im Streitfall Bedeutung erlangt, zumal in den Streitjahren das erstmals in § 253 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs i.d.F. des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes vom 25. Mai 2009 (BGBl I 2009, 1102) für Rückstellungen bestimmte Abzinsungsgebot noch keine Gültigkeit hatte. Das FG erhält mit der Zurückverweisung Gelegenheit, auch zu prüfen, ob sich im Streitfall nach handelsrechtlichen Maßstäben ein niedrigerer Rückstellungswert ergibt.
Da das Urteil der Vorinstanz schon aus anderen Gründen aufzuheben war, musste über die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr entschieden werden.

Betriebsstättenzurechnung und Abgeltungswirkung bei gewerblich geprägter KG im Nicht-DBA-Fall

Eine nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägte (inländische) KG vermittelt ihren (ausländischen) Gesellschaftern eine Betriebsstätte i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 2 Nr. 1 KStG; die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) ist insoweit ausgeschlossen.

Übt der Gesellschafter einer solchen (inländischen) KG im Ausland eine (weitere) eigene unternehmerische Tätigkeit aus, bedarf es der Prüfung, ob die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens der inländischen Betriebsstätte der KG oder der durch die eigene Tätigkeit des Gesellschafters begründeten ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Maßstab hierfür ist das Veranlassungsprinzip. Dies gilt auch bei Sitz/Ansässigkeit der Gesellschafter in einem Staat, mit dem kein DBA abgeschlossen ist.
BFH Urteil Urteil vom 29.11.2017 I R 58/15

Begründung:
Eine für die Praxis der Besteuerung von Personengesellschaften im internationalen Steuerrecht bedeutsame Rechtsfrage hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 29. November 2017 I R 58/15 beantwortet.
So kann nicht nur eine „gewerbliche“, sondern auch eine vermögensverwaltend tätige, aber i.S. von § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) „gewerblich geprägte“ inländische Kommanditgesellschaft (KG) ihren ausländischen Gesellschaftern (hier: chilenische Kapitalgesellschaften) eine inländische Betriebsstätte (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i.V.m. § 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes –KStG–) vermitteln. Damit ist beim Bezug von (inländischen) Dividenden durch die KG die Abgeltungswirkung für den Kapitalertragsteuerabzug (§ 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG) insoweit ausgeschlossen. Folge hiervon ist, dass die ausländischen Gesellschafter der KG nach Maßgabe ihrer beschränkten Steuerpflicht veranlagt werden und auf die hierbei sich ergebende Körperschaft- oder Einkommensteuerschuld die auf die Dividenden erhobene Kapitalertragsteuer angerechnet und ggf. auch erstattet wird.
Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt: Übt der Gesellschafter einer solchen (inländischen) KG im Ausland eine (weitere) eigene unternehmerische Tätigkeit aus, ist zu prüfen, ob die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens der inländischen Betriebsstätte der KG oder aber der durch die eigene Tätigkeit des Gesellschafters im Ausland begründeten ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen sind. Maßstab hierfür ist das Veranlassungsprinzip. Dies gilt auch bei Sitz/Ansässigkeit der Gesellschafter in einem Staat, mit dem kein Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung abgeschlossen ist (z.B. Chile).

Diese Prüfung nach dem Veranlassungsprinzip (entscheidend ist das „auslösende Moment“ für den Erwerb der Beteiligung) erfordert eine Abwägung, ob das Innehaben der Beteiligung, aus der die KG die Dividende erzielt hatte, überwiegend mit der branchenähnlichen (ausländischen) betrieblichen Tätigkeit der Gesellschafter im Zusammenhang stand. Dazu waren bisher keine Feststellungen vom Finanzgericht (FG) getroffen worden, so dass die Sache vom BFH an das FG zurückverwiesen wurde.

Zur Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bei behauptetem Forderungsausfall

Macht der Kläger vor dem FG die völlige Wertlosigkeit von bei der Bilanzierung zu berücksichtigenden (künftigen) Forderungen (hier: aus der Umlage von Nebenkostennachforderungen im Gewerberaum Untermietverhältnis) geltend, sind von seinem Klagebegehren regelmäßig auch Wertberichtigungen unterhalb der Schwelle des Totalausfalls mitumfasst.
Für die Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. In diese einheitliche Rückstellungsbewertung können auch über dem allgemeinen Kreditrisiko liegende spezifische Ausfallrisiken einfließen.
BFH Urteil vom 31.05.2017 – X R 29/15 BFH/NV 2017, 1597

Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2008 und 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in beiden Streitjahren Einkünfte aus der Untervermietung von Lagerräumen und Ladenlokalen (“etwa 5.912 qm und 326 qm”) an “etwa 38 Mieter” (Untermieter) im Gebäudekomplex “X” in B. Diese Einkünfte wurden sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) als gewerblich behandelt (§ 15 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Die Räumlichkeiten hatte der Kläger vom Eigentümer (Vermieter) angemietet. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG).

Die vom Kläger ausgewiesenen Gewinne legte das FA erklärungsgemäß den –unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellten– Einkommensteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheiden zugrunde. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung beanstandete die Prüferin u.a., der Kläger habe die Einnahmen aus den Untermietverhältnissen (Untermieten, Nebenkosten) nicht debitorisch verbucht (Soll-Versteuerung), sondern seiner Buchführung nur die von ihm in bar vereinnahmten Entgelte zugrunde gelegt (Ist-Versteuerung). Eine Kasse habe er erst ab 2009 geführt. Das FA setzte daraufhin die in den Untermietverträgen vereinbarten Entgelte an und änderte die Steuerfestsetzungen entsprechend ab.
Im Einspruchsverfahren wandten die Kläger ein, wenn schon die Einnahmen des Klägers aus den Untermietverhältnissen nach dem Soll zu verbuchen seien, müsse dies auch für dessen Aufwendungen gelten. Dies betreffe im Besonderen die ebenfalls nicht in die Buchführung einbezogenen Nebenkostenforderungen des Vermieters für 2008 (bis dato keine Abrechnung erteilt) und für 2009 (Abrechnung vom 27. Dezember 2010; Nachforderung in Höhe von 136.246,80 EUR). Letztere sei kreditorisch zu verbuchen. Hinsichtlich der Nebenkosten für 2008 müsse eine Rückstellung in Höhe von 56.811,27 EUR zugelassen werden, was dem Mittelwert der Nachzahlungen für die Jahre 2006 (11.820,62 EUR), 2007 (22.366,40 EUR) und 2009 entspreche.

Dem folgte das FA nicht. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten vor. Den geltend gemachten Aufwendungen seien jedoch die –mit den Nachforderungen des Vermieters korrespondierenden– Forderungen des Klägers aus der Nebenkostenumlage gegen die Untermieter entgegenzuhalten. Dadurch würden die Aufwendungen bilanziell
Vor dem Finanzgericht (FG) verfolgten die Kläger das Ziel der Bildung von Rückstellungen in Höhe von 56.000 EUR für 2008 bzw. 136.000 EUR für 2009 weiter. Im Hinblick auf die Nachforderungen gegen die Untermieter trugen sie vor, es sei keinesfalls sicher, ob diese überhaupt beglichen würden; Forderungsausfälle seien im Unternehmen des Klägers eine alltägliche Erfahrung.
Das FG entschied mit in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2016, 1409 veröffentlichtem Urteil, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen hinsichtlich der an den Vermieter zu leistenden Nebenkostennachzahlungen vorgelegen hätten. Jedenfalls könnten diese nicht mit den vom Kläger angesetzten Beträgen bewertet werden. Vielmehr wären sie allenfalls mit jeweils null EUR anzusetzen, da die betragsmäßig in derselben Höhe bestehenden Nachforderungen gegen die Untermieter als künftige Vorteile i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG wertmindernd zu erfassen seien. Hinsichtlich des Jahres 2009 könne offenbleiben, ob die bereits erteilte Nebenkostenabrechnung als wertaufhellende Tatsache dergestalt zu berücksichtigen sei, dass anstelle einer Rückstellung eine Verbindlichkeit gewinnmindernd eingebucht werden müsse. Auch in diesem Fall seien die Nachforderungen gegen die Untermieter in gleicher Höhe zu aktivieren.

Die Behauptung des Klägers, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt, sei nicht geeignet, die begehrten Rückstellungen mit einem höheren Betrag als mit null EUR zu bewerten. Aus den von ihm hierzu vorgelegten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass er die Zahlung von Mieten und Nebenkosten bei den Untermietern immer wieder habe anmahnen und beitreiben müssen. Dem Schriftverkehr lasse sich indes nicht entnehmen, dass bereits in den Jahren 2008 und 2009 von einer völligen Wertlosigkeit der Ansprüche auszugehen gewesen sei. Über deren eventuelle Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit in künftigen Veranlagungszeiträumen sei vorliegend nicht zu befinden.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts unter drei Aspekten: Es bestehe kein sachlicher Zusammenhang zwischen den Nebenkostennachzahlungen des Klägers und dessen Ansprüchen gegen die Untermieter, das FG habe zu Unrecht keine geringfügigeren Wertberichtigungen jenseits der völligen Wertlosigkeit der Nachforderungen aus der Nebenkostenumlage in Betracht gezogen und die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sei wegen der Gefahr steuerlicher Doppelbelastungen (Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip) verfassungswidrig. Einen Verfahrensfehler erblicken sie zudem darin, dass ihr Vortrag “hinsichtlich des tatsächlichen Zahlungsausfalls” aufgrund der Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013 gänzlich unberücksichtigt geblieben sei.

Die Kläger beantragen (hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide der Kläger allein), das FG-Urteil hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuermessbeträge 2008 und 2009 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom 18. bzw. 9. Januar 2012 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2008 und 2009 vom 20. Januar 2012, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 4. November 2013, dergestalt zu ändern, dass der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb um 56.000 EUR im Jahr 2008 und um 136.000 EUR im Jahr 2009 gemindert wird.

Das FA teilt die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Die Vorentscheidung leidet an lückenhaften Tatsachenfeststellungen zur Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Klägers und kann bereits aus diesem Grund keinen Bestand haben. Die fehlenden Feststellungen können in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden. Die Sache ist daher mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen.
Mangels entsprechender Feststellungen des FG kann der erkennende Senat nicht beurteilen, ob der Kläger als Untervermieter gewerblich tätig und somit eine Rückstellungsbildung und Forderungsaktivierung überhaupt möglich war.
Die vom Kläger begehrte Rückstellungsbildung setzt dessen Berechtigung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG voraus. Vorliegend sind die Beteiligten –und daran anknüpfend auch das FG– ohne Weiteres davon ausgegangen, der Kläger erziele Einkünfte aus gewerblicher Vermietung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Im angefochtenen Urteil fehlen jedoch Feststellungen, die es dem Senat ermöglichen nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die Untervermietungstätigkeit des Klägers als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 2 EStG einzustufen war. Wäre eine solche Gewerblichkeit zu verneinen, lägen Überschusseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) vor, bei denen die vorliegend streitgegenständliche Bilanzierung von vornherein nicht in Betracht käme.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geht das (Unter-)Vermieten einzelner (beweglicher oder unbeweglicher) Gegenstände in der Regel nicht über den Rahmen privater Vermögensverwaltung hinaus. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit ist –anders als z.B. in Fällen der Gewerblichkeit kraft Rechtsform des Vermieters (vgl. § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes)– erst dann anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit als Ganzes das Gepräge einer gewerblichen Betätigung geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Mietobjekts in den Hintergrund tritt.
Derartige Besonderheiten lassen sich dem FG-Urteil nicht entnehmen. Die Gewerblichkeit der Untervermietung als solche kann von den Beteiligten –im Gegensatz zum zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (in den Grenzen des § 76 Abs. 1 FGO)– auch nicht “unstreitig gestellt” werden, weil es sich bei der Einkünftequalifizierung um Rechtsanwendung handelt, die nicht zur Disposition der Parteien steht. Bereits aus diesem Grund kommt der Senat nicht umhin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang erneut zur Gewerblichkeit der Untervermietungstätigkeit des Klägers kommen, wird es bei der Beurteilung sowohl des Ansatzes als auch der Höhe der in Streit stehenden Rückstellungen folgende weitere Gesichtspunkte beachten müssen:

Das FG hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, allein die völlige Wertlosigkeit der Ansprüche des Klägers gegen seine Untermieter zu prüfen. Etwaige, bereits in den Streitjahren vorzunehmende geringfügigere Wertberichtigungen hat es überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Wie die Ausführungen der Kläger erkennen lassen, waren solche jedoch von ihrem Klagebegehren als wesensgleiches Minus mitumfasst.

Zwar haben die Kläger vor Gericht nur absolute Gewinnminderungen um 56.000 EUR (für 2008) bzw. 136.000 EUR (für 2009) beantragt (FG-Urteil, Seite 6). In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass derartige Klageanträge entsprechend dem dahinter stehenden Klagebegehren auszulegen sind und nicht zu eng aufgefasst werden dürfen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des betroffenen Beteiligten entspricht. Dies waren hier ersichtlich auch unterhalb der Schwelle des Totalausfalls liegende Wertberichtigungen. Die Feststellungslast obliegt dabei auch hinsichtlich eines geringeren Ausfallrisikos nach allgemeinen Grundsätzen den Klägern.
Allerdings hat sich das FG in tatsächlicher Hinsicht bislang zu Recht davon überzeugt, den Klägern sei der ihnen obliegende Nachweis eines bereits zum jeweiligen Bilanzstichtag bzw. innerhalb des Wertaufhellungszeitraums anzunehmenden Totalausfalls sämtlicher Nachforderungen gegen die Untermieter nicht gelungen. Zu der vom Kläger behaupteten Uneinbringlichkeit aller auf die Untermieter umgelegten Nebenkostennachforderungen hat es zusammenfassend festgestellt, aus den vom Kläger übersandten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass dieser immer wieder die Zahlung von Mietzinsen und Nebenkosten habe anmahnen und beitreiben müssen. Solches reicht zum Nachweis einer völligen Wertlosigkeit nicht aus. Daran ändert auch das Vorbringen nichts, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt. Daraus ergibt sich vielmehr im Umkehrschluss, dass es durchaus zu Nebenkostenzahlungen gekommen ist, wobei offenbleibt, auf welches Jahr sich diese Aussage bezieht und in welchem Umfang Zahlungen geleistet wurden. Ein Wertansatz mit null EUR lässt sich auf einen derart unsubstantiierten Vortrag keinesfalls stützen.
Dem steht die von den Klägern angeführte Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013, welche hauptsächlich auf nicht einbringliche Forderungen zurückzuführen gewesen sei, nicht entgegen. Dieser Vortrag bezieht sich auf Umstände außerhalb des bis zur fristgemäßen Bilanzerstellung andauernden Wertaufhellungszeitraums und ist daher für die Beurteilung der Streitjahre irrelevant).
Zudem fehlen generell Feststellungen zum Inhalt der streitgegenständlichen Gewerberaum(unter-)mietverträge. Da dies den Gegenstand der (Nach-)Forderungen des Vermieters gegen den Kläger und des Klägers gegen die Untermieter betrifft, kann anhand des angefochtenen Urteils nicht nachvollzogen werden, welche Nebenkosten im Verhältnis der jeweiligen Vertragsparteien zueinander überhaupt umlagefähig sind. Dies ist vorliegend jedoch von entscheidender Bedeutung, weil sich danach die –je nach vertraglicher Gestaltung u.U. abweichende– Höhe der Rückstellungen bzw. der zu passivierenden Verbindlichkeiten richtet. Die Vorinstanz hat unterstellt, dass die Ansprüche des Vermieters gegen den Kläger auf Nebenkostennachzahlung und die diesbezüglichen Ansprüche des Klägers gegen die Untermieter deckungsgleich sind. Das ist indes nicht zwingend.

Zudem hat das FG nicht genügend beachtet, dass die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2008 auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG (3. September 2014) noch nicht erteilt war (die Abrechnung stand nach Auskunft des Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat noch aus). Dadurch wird beim gegenwärtigen Stand der Sachaufklärung die von den Klägern begehrte Rückstellung schon dem Grunde nach und nicht nur, worauf sich die Vorinstanz konzentriert hat, der Höhe nach in Frage gestellt. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten ist nämlich u.a., dass die tatsächliche Inanspruchnahme aus der Verpflichtung am Bilanzstichtag überhaupt zu erwarten ist. Feststellungen zu den Hintergründen der Nichterteilung der Nebenkostenabrechnung für 2008 wurden nicht getroffen und sind daher im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls nachzuholen.
Daran anknüpfend wird das FG mit Blick auf die von den Klägern beanspruchte Rückstellungshöhe (Mittelwert aus den Nachforderungen des Vermieters für 2006, 2007 und 2009) der Frage nachgehen müssen, weshalb sich die Nachforderungen des Jahres 2006 auf das Jahr 2007 nahezu verdoppelt und sodann vom Jahr 2007 auf das Jahr 2009 mehr als versechsfacht haben. Der erkennende Senat kann nicht überprüfen, ob die hierfür von dem Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger abgegebene Erklärung plausibel ist, die enormen Kostensteigerungen beruhten im Wesentlichen auf der unsachgemäßen Nutzung der Mieträume (Zustellen von Heizkörpern) sowie Manipulationen an den Lichtschaltern durch die Untermieter.

In Bezug auf die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2009 ist zu bedenken, dass es sich dabei um vier einzelne Nebenkostenabrechnungen handelt. Diese beziehen sich auf Grundflächen von 326,4 qm, 1 112 qm, 152,4 qm und 5 912,4 qm. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Kläger aber nur Gewerbeeinheiten von “etwa 5.912 qm und 326 qm” ange- bzw. untervermietet. Was es mit den weiteren Gewerbeflächen von 1 112 qm und 152,4 qm auf sich hat, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Gleichwohl umfasst der von den Klägern für das Jahr 2009 angesetzte Rückstellungsgesamtbetrag auch die Nachforderungen des Vermieters für diese Flächen.

Zu der von der Vorinstanz angewendeten Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist zu bemerken, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung und für ihre Minderung aufgrund voraussichtlich mit der Erfüllung der Verpflichtung verbundener Vorteile parallel laufen. Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten darf –neben anderen Voraussetzungen– dem Grunde nach nur dann gebildet werden, wenn die Geltendmachung der Verpflichtung nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (s.o.). Entsprechendes gilt für die Gegenrechnung von mit der betreffenden Rückstellung sachlich zusammenhängenden “künftigen Vorteilen”. Dieser einheitliche Bewertungsansatz ist geboten, um die tatsächlich eintretende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit exakt bemessen zu können.

Was die vorliegend streitige Quantifizierung “künftiger Vorteile” anbetrifft, ist aufgrund des genannten Gleichlaufs ebenfalls maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. Dies ist –allgemeinen Regeln der Rückstellungsbildung folgend auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Sind Geldforderungen als “künftiger Vorteil” zu erwarten, ist für deren kompensatorische Berücksichtigung zunächst auf ihren voraussichtlichen Nennwert abzustellen. Davon ausgehend können u.a. etwaige über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehende spezifische Ausfallrisiken in die einheitliche Rückstellungsbewertung miteinfließen, wobei den Steuerpflichtigen für solche steuermindernden Umstände die Darlegungs- und Beweislast trifft (s.o.). Auch betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit sowie wertaufhellende Umstände sind bei der insoweit anzustellenden Gesamtbetrachtung berücksichtigungsfähig. Nicht in Betracht kommt dagegen der Ansatz eines von den Umständen des Einzelfalls losgelösten branchenüblichen Sicherheitsabschlags.
Die von den Klägern gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die von ihnen gesehene Gefahr eines Verstoßes gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip (zweimalige Gewinnerhöhung, einmal im Zeitpunkt der Rückstellungsbildung durch die Gegenrechnung “künftiger Vorteile” und ein weiteres Mal durch eine gewinnwirksame Auflösung der Rückstellung bei Betriebseinstellung) ist nicht erkennbar. Die Rückstellung wirkt sich –auch in ihrer aufgrund der Vorteilsanrechnung geminderten Höhe– in demselben Umfang gewinnmindernd aus, wie sie im Falle ihrer Auflösung den Gewinn erhöht. Dazu bedarf es keiner wie auch immer gearteten weitergehenden Kompensation des Ausfalls der Nachzahlungen der Untermieter.
In Anknüpfung an die Rechtsausführungen der Beteiligten weist der Senat zuletzt noch auf folgende Gesichtspunkte hin:
Da eine eventuell zum 31. Dezember 2008 zu bildende Rückstellung nicht nur zu diesem Stichtag, sondern auch zum 31. Dezember 2009 bewertet werden muss, wird im Streitfall hinsichtlich der “künftigen Vorteile” zu berücksichtigen sein, dass sich die Bonität der Untermieter von Jahr zu Jahr verändern, also sich verschlechtern oder gegebenenfalls auch wieder ins Positive wenden kann. Die diesbezügliche Prognose ist insoweit jeweils neu anzustellen.

Hinsichtlich einer etwaigen Wertaufhellung durch die Nebenkostenabrechnung für 2009 müsste wie folgt differenziert werden:
Läge die Erteilung der Nebenkostenabrechnung zeitlich nach dem –vom FG nicht festgestellten– Tag der fristgemäßen Bilanzerstellung für 2009, könnte der vom Vermieter geltend gemachte Nachforderungsbetrag nicht mehr als wertaufhellender Umstand verwertet werden (Nachweise unter II.2.a bb). Stattdessen könnte sich die Höhe der Rückstellung für die Nebenkostennachforderung 2009 –unbeschadet einer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG vorzunehmenden Abzinsung– dann nur an den zum Bilanzstichtag bereits bekannten (niedrigeren) Vorjahreswerten orientieren.
Demgegenüber müsste anstelle der Rückstellung eine Verbindlichkeit des Klägers in der vom Vermieter abgerechneten bzw. zutreffenderweise abzurechnenden Höhe passiviert werden, wenn der Erteilungszeitpunkt innerhalb des Wertaufhellungszeitraums gelegen hätte.

Der Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten richtet sich bei Mietverhältnissen über Gewerberäume mangels entsprechender Verweisung in § 578 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht nach § 556 BGB i.V.m. der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl I 2003, 2346), sondern resultiert unmittelbar aus den jeweiligen Mietverträgen. Der Zugang der Nebenkostenabrechnung des Vermieters wirkt sich dabei gemäß § 271 BGB so aus, dass eventuelle –mietvertraglich bereits begründete– Nachforderungen erst ab diesem Zeitpunkt hinreichend konkretisiert und damit fällig werden.
Wie bereits ausgeführt, ist im Streitfall bislang nicht zweifelsfrei festgestellt, inwiefern derartige Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Vertragsparteien bestanden.

Diese mietrechtliche Lage bedingt, dass Nebenkostennachforderungen in der Steuerbilanz bis zum Zugang der Abrechnung in Form von Rückstellungen für der Höhe nach noch ungewisse Verbindlichkeiten abzubilden sind. Ist die Abrechnung erteilt und steht damit die Nachforderungshöhe fest, ist die jeweilige Rückstellung aus- und eine Verbindlichkeit in abgerechneter Höhe einzubuchen.
Soweit zu den Verbindlichkeiten des Klägers Nachzahlungsansprüche gegen die Untermieter korrespondieren (aus den unter II.2.b genannten Gründen ist diese Spiegelbildlichkeit nicht zwingend), gilt entsprechend, dass eine Forderungsaktivierung nur erfolgen kann, wenn und soweit die umlagefähige Höhe der Nebenkosten aufgrund der Vermieterabrechnung feststeht.

Zwar sind Forderungen nach der Rechtsprechung u.a. des erkennenden Senats bereits dann in der Steuerbilanz auszuweisen, wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Dabei ist es für die Gewinnrealisierung im Grundsatz ohne Belang, ob am Bilanzstichtag bereits die Rechnung erteilt worden ist, die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob der Fälligkeitszeitpunkt erst nach dem Bilanzstichtag liegt. Dies bezieht sich allerdings auf den Fall, dass die noch ausstehende Abrechnung durch den Steuerpflichtigen selbst vorgenommen wird. Hängt die Höhe einer durch Abrechnung noch wesentlich zu konkretisierenden Forderung zusätzlich von Abrechnungshandlungen einer dritten, außerhalb der Einflusssphäre des Steuerpflichtigen stehenden Person oder Stelle ab, mangelt es hingegen an der für eine Forderungsaktivierung notwendigen Gewissheit.

Sog. Sanierungserlass ist nicht auf Altfälle anwendbar

Wenn ein Sanierungsgewinn dadurch entstanden ist, dass die Schulden vor dem 9. Februar 2017 erlassen worden sind, kommt weder eine Einkommensteuerbefreiung dieses Sanierungsgewinns nach § 3a EStG n.F. noch eine Billigkeitsmaßnahme nach den BMF-Schreiben vom 27. März 2003 (BStBl I 2003, 240) oder vom 27. April 2017 (BStBl I 2017, 741) in Betracht.

BFH Urteil vom 23.8.2017, X R 38/15

Begründung:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteilen vom 23. August 2017 I R 52/14 und X R 38/15 entschieden, dass der sog. Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF), durch den Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt werden sollten, für die Vergangenheit nicht angewendet werden darf.

Der Große Senat des BFH hatte den sog. Sanierungserlass mit Beschluss vom 28. November 2016 GrS 1/15 verworfen, weil er gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt (s. Pressemitteilung Nr. 10/17 vom 7. Februar 2017). Das BMF hat die Finanzämter daraufhin angewiesen, den sog. Sanierungserlass in allen Fällen, in denen die an der Sanierung beteiligten Gläubiger bis (einschließlich) 8. Februar 2017 (Zeitpunkt der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senats des BFH) endgültig auf ihre Forderungen verzichtet haben, gleichwohl weiterhin uneingeschränkt anzuwenden (Schreiben vom 27. April 2017, BStBl I 2017, 741).
Der BFH hat nun entschieden, dass diese Anordnung des BMF in gleicher Weise gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt wie der sog. Sanierungserlass selbst. Eine solche Regelung hätte nach Auffassung des BFH nur der Gesetzgeber treffen können.

In den beiden Urteilen zugrunde liegenden Verfahren hatten die Kläger mit den jeweiligen Finanzämtern darüber gestritten, ob in ihren Fällen die Voraussetzungen für einen Steuererlass vorliegen. Auf diese Frage ging der BFH in den Revisionsurteilen nicht ein. Da die Anordnung des BMF gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt, dürfen Gerichte den sog. Sanierungserlass auch in Altfällen nicht anwenden.
Mit dem Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen vom 27. Juni 2017 (BGBl I 2017, 2074, BStBl I 2017, 1202) sind inzwischen antragsgebundene Steuerbefreiungstatbestände für Sanierungsgewinne geschaffen worden (§ 3a des Einkommensteuergesetzes und § 7b des Gewerbesteuergesetzes). Diese Bestimmungen finden auf Altfälle keine Anwendung.