Unterbliebene Auflösung einer Ansparabschreibung bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

Löst ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, eine Ansparabschreibung nach § 7g EStG in der bis 2006 geltenden Fassung trotz unterbliebener Investition nicht zum Ablauf der zweijährigen Investitionsfrist auf und wird der erklärungsgemäß ergangene Einkommensteuerbescheid bestandskräftig, kann das FA diesen Bescheid später nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ändern, weil die Nichtanschaffung eines Wirtschaftsguts nicht als rechtserhebliche Tatsache anzusehen ist.
Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der Steuerpflichtige den Bescheid aber durch unlautere Mittel erwirkt haben, so dass eine Korrekturmöglichkeit nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c AO besteht.
BFH Urteil vom 03.08.2016 – X R 21/15 BFH/NV 2017, 457
Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2003 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte.
Im Jahr 2001 zog er in seiner Gewinnermittlung einen Betrag von 35.000 DM im Hinblick auf die voraussichtliche Anschaffung bestimmter Wirtschaftsgüter als Ansparabschreibung gemäß § 7g Abs. 3, 6 des Einkommensteuergesetzes in der seinerzeit geltenden Fassung (EStG a.F.) ab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) veranlagte erklärungsgemäß. Im Jahr 2002 kam es weder zu Investitionen noch zur vorzeitigen Auflösung der Ansparabschreibung.
Für das Streitjahr 2003 gaben die Kläger zunächst keine Einkommensteuererklärung ab, so dass das FA die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Im Einspruchsverfahren gegen den Schätzungsbescheid reichten die Kläger die Steuererklärung samt der Gewinnermittlung nach. Die in § 7g Abs. 6 EStG a.F. für das Jahr des Ablaufs der zweijährigen Investitionsfrist vorgesehene Auflösung der Ansparabschreibung durch Vornahme eines Zuschlags zu den Betriebseinnahmen unterblieb. Der durch einen Steuerberater erstellten Gewinnermittlung waren –wie auch in den Vorjahren– Übersichten über die Entwicklung des Anlagevermögens beigefügt. Im Kontennachweis ist ein Konto 948 mit der Bezeichnung “SoPo mit Rücklageanteil § 7g (3) EStG” und einem Betrag von 17.895,22 EUR (entspricht 35.000 DM) aufgeführt. Ab 2004 fehlt das Konto 948 im Kontennachweis.
Das FA veranlagte hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer mit Teilabhilfebescheid vom 21. Juli 2005 herab. Im Übrigen wies es den Einspruch wegen eines verbleibenden Streitpunkts zu den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit am 13. September 2006 zurück. Die Einspruchsentscheidung wurde bestandskräftig.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Die Kläger haben erklärt, den auf dem Konto 948 ausgewiesenen “Rücklagen”betrag zum 1. Januar 2004 nicht mehr vorgetragen zu haben. Technisch setzt dies eine Ausbuchung von diesem Konto voraus, was wiederum eine bewusste Willensentscheidung erfordert. Da die Gewinnermittlung für das Folgejahr 2004 unter dem 30. Januar 2006 unterzeichnet worden ist, muss diese Ausbuchung noch während des laufenden Veranlagungsverfahrens für das Streitjahr 2003 vorgenommen worden sein. Dieser zeitliche Ablauf spricht für eine noch während des laufenden Veranlagungsverfahrens eingetretene Kenntnis der Kläger davon, dass sie die Rücklage zum 31. Dezember 2003 gewinnerhöhend hätten auflösen und den daraus resultierenden Gewinn erklären müssen. Dies hätte zugleich die Pflicht zur Berichtigung ihrer Steuererklärung gemäß § 153 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ausgelöst.