Aufrechnungsverbot bei Korrektur eines unberechtigten Steuerausweises

Für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO im Fall einer Steuerberichtigung nach § 14c Abs. 2 UStG ist entscheidend, wann die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist; die Steuerberichtigung wirkt insolvenzrechtlich nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zurück.

BFH v. 8.11.2016 – VII R 34/15, BStBI II .2017, 496

Sachverhalt:
Geklagt hatte ein Insolvenzverwalter, der das Vermögen einer Schuldnerin verwaltete, die Rechnungen im Jahre 2002 mit Umsatzsteuerausweis erteilt hatte. Die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer hatte die Schuldnerin an das Finanzamt abgeführt. Im Jahre 2003 versagte ein anderes Finanzamt dem Rechnungsempfänger dieser Rechnungen den Vorsteuerabzug. Dazu vertrat es die Auffassung, dass die Schuldnerin keine Lieferungen erbracht und da
her die Umsatzsteuer in den Rechnungen unberechtigt ausgewiesen habe.

Der Kläger bzw. Insolvenzverwalter berichtigte die durch die Schuldnerin erteilten Rechnungen im Jahre 2009. Er beantragte die Korrektur des geschuldeten Steuerbetrages nach § 14c Abs. 2 Satz 5 i.V. m. § 17 Abs.1 UStG. Das Finanzamt lehnte eine Änderung der Umsatzsteuer 2002 mit der Begründung ab, dass die Berichtigung erst für den Besteuerungszeitraum 2008 erfolgen könne. Der Kläger legte dagegen Einspruch ein und erhob Klage, nahm diese aber im Anschluss
an einen Erörterungstermin wieder zurück.

Nunmehr begehrte der Kläger eine Erstattung für das Jahr 2008. Das Finanzamt erließ im Jahre 2014 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für 2008. Dieser wies aufgrund der Umsatzsteuerminderung ein Restguthaben aus. Da das zuständige Finanzamt gegen die Schuldnerin noch Ansprüche aus anderer Umsatzsteuer zu bescheiden hatte, rechnete es mit dem Guthaben aus dem Umsatzsteuerbescheid für 2008 auf.

Begründung:
Nach Auffassung des BFH ist diese Rechnung gem. § 96 Abs.1 Nr.1 InsO unzulässig. Nach § 96 Abs 1l Nr.1 InsO ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.

Ob ein Insolvenzgläubiger bereits bis zu der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist oder erst danach, bestimmt sich danach, ob der Tatbestand, der den betreffenden Anspruch begründet, nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist.

Beruht der Erstattungsanspruch auf der Berichtigung eines unberechtigten Steuerausweises gem. § 14c Abs. 2 UStG, kommt es darauf an, ob bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt gewesen ist. Dabei ist letztlich auch die Frage entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Erstattungsanspruch des Rechnungsausstellers in Bezug
auf § 96 Abs1l Nr.1 lnsO entstanden ist. Besteuerungszeitraum der Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist nach § 14c Abs.2 Satz 3 UStG der Zeitraum, in dem die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Nach § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG ist die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer der Finanzbehörde zurückgezahlt worden
ist. Dies ist in dem Sinne zu verstehen, dass endgültig feststehen muss, dass jedwede Gefährdung des Steueraufkommens ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Streitfall ist die Gefährdung des Steueraufkommens erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beseitigt worden.

§ 14c Abs. 2 UStG setzt die Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens voraus. Dabei ist entscheiden, sofern ein Vorsteuerabzug schon durchgeführt wurde, wann der Leistungsempfänger die Vorsteuer wieder zurückgezahlt hat. Weiterhin muss in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG für die Berichtigung der Steuerschuld aus § 14c UStG die Zustimmung des Finanzamtes vorliegen. Diese lag hier erst im Jahre 2008 vor.

Die Zustimmung zur Korrektur einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG ist ein Verwaltungsakt. Der BFH hat hier nicht weiter vertieft geprüft, warum das Finanzamt erst 2008 das Ende