Anleger müssen Scheinrenditen versteuern

“Renditen“ aus einer Beteiligung an der Business Capital Investors Corporation (BCI) müssen als Kapitaleinkünfte versteuert werden, wenn sie bis Anfang 2010 gutgeschriebenen wurden

FG Köln Urteil vom 19.3.2014 (14 K 2824/13).

Begründung (FG):

Bei der BCI handelt es sich um eine im Jahr 2002 gegründete amerikanische Aktiengesellschaft. Den Anlegern wurden Renditen von 15,5 % versprochen. Die Anlagegelder sollten in einen Vermögenspool fließen, aus dem u.a. Großbanken Sicherheitskapital für Finanzgeschäfte zur Verfügung gestellt werden sollte. Tausende deutscher Anleger, die an die 100 Millionen Euro investiert haben sollen, wurden so gelockt. Tatsächlich wurden mit den eingezahlten Geldern jedoch Zins- und Rückzahlungsansprüche von anderen Anlegern befriedigt. Mit jährlichen Renditeabrechnungen von 15,5 % wurde der Erfolg des Produkts vorgetäuscht. Im Falle der Kündigung der Anlage wurde die Einlage samt vermeintlich erzielter Rendite bis Anfang des Jahres 2010 auch ausbezahlt. Danach brach dieses Schneeballsystem zusammen.

In dem Streitfall klagten Eheleute, die sich in den Jahren 2002 bis 2007 mit insgesamt 338.000 Euro an der BCI beteiligt hatten, gegen die Versteuerung gutgeschriebener “Renditen“ in Höhe von ca. 190.000 Euro. Da sie sich für die Wiederanlage der Einlagen und der “Renditen“ entschieden hatten, verloren sie mit dem Zusammenbruch des Schneeballsystems alles. Dennoch besteuerte das Finanzamt die Renditen. Hierbei berief es sich auf die Rechtsprechung des BFH, wonach auch Gutschriften aus einem sog. Schneeballsystem zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen, solange der Betreiber zur Auszahlung der gutgeschriebenen “Renditen“ bereit und fähig war. Der 14. Senat des Finanzgerichts Köln wies die Klage der Eheleute ab. Er behandelte die gutgeschriebenen Renditen als steuerpflichtige Einnahmen aus einer stillen Beteiligung. Dass die Renditen nie zur Auszahlung kamen sei unerheblich, da die BCI auf Verlangen der Kläger bis Anfang 2010 Einlagen samt “Rendite“ ausgezahlt hätte.

 

Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen

Gutschriften aus Schneeballsystemen führen zu Einnahmen aus Kapitalvermögen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre (Bestätigung der Rechtsprechung).

An der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems kann es fehlen, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Einer solchen Verweigerung oder Verschleppung der Auszahlung steht es nicht gleich, wenn der Betreiber des Schneeballsystems den Anlegern die Wiederanlage nahelegt, um den Zusammenbruch des Schneeballsystems zu verhindern, die vom Anleger angeforderten Teilbeträge jedoch auszahlt.

BFH Urteil vom 11.2.2014, VIII R 25/12

Begründungt:

Mit Urteil vom 11. Februar 2014 VIII R 25/12 hat der VIII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) seine Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sog. Schneeballsystem bestätigt. Danach hat der Anleger nicht nur die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern, vielmehr können auch Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge zu solchen Einkünften führen.

Der Streitfall betraf einen Anleger, der hochverzinsliche Kapitalanlagen bei dem Betreiber eines Schneeballsystems abgeschlossen hatte. Er erhielt daraus Gutschriften über Zinserträge, die er sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Das Anlagekapital war zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr vorhanden, sodass der Betreiber des Schneeballsystems den Kläger und die übrigen Anleger telefonisch jeweils aufforderte, den fälligen Zinsbetrag erneut anzulegen. Kamen die Anleger dieser Aufforderung nicht nach, erfüllte er die Auszahlungswünsche.

Der BFH hat entschieden, dass der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur erzielt, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben werden und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist. Der VIII. Senat hat damit sein Urteil vom 16. März 2010 VIII R 4/07 bestätigt.

 

Zurechnung von Kapitaleinkünften

Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, der das Kapitalvermögen zur Nutzung überlässt; bei einer verzinslichen Kapitalforderung ist dies in der Regel der Gläubiger, der dem Schuldner die Nutzung des Kapitalbetrags gegen Entgelt überlässt.

Bei Eigenkonten gilt die widerlegbare Tatsachenvermutung, dass derjenige, der ein Konto auf seinen Namen errichtet, auch der Inhaber der Forderung ist und ihm die daraus erzielten Zinseinnahmen zuzuordnen sind.

BFH Urteil vom 26.01.2011 VIII R 14/10 BFH NV 2011 S. 1512 ff

Grundstücksbezogene Aufwendungen als Werbungskosten bei Kapitaleinkünften

Bei mietfreier Überlassung eines Grundstücks an eine GmbH können grundstücksbezogene Aufwendungen Werbungskosten des überlassenden Gesellschafters bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen sein; dabei bleibt überquotaler Aufwand, der durch den privaten Grund einer Angehörigenbegünstigung mit verursacht ist, außer Betracht.

BFH Beschluss vom 04.05.2011 VIII B 143/10 BFHNV 2011 S. 1392

Begründung:

Streitig ist, in welcher Höhe grundstücksbezogener Aufwand zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen führt. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war zu 25 % an einer GmbH beteiligt, an die er seit 1999 ein Grundstück zu Teilen  vermietet hatte. Die zu 75 % an der GmbH beteiligte Ehefrau des Klägers war zugleich deren Geschäftsführerin und erzielte aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab dem 1. Januar 2004 zahlte die GmbH nach einer schriftlichen Vereinbarung keine Miete mehr an den Kläger "aufgrund der schlechten Wirtschaftslage". Die mit dem der GmbH zur Nutzung überlassenen Grundstück zusammenhängenden Aufwendungen des Klägers (Schuldzinsen, Betriebskosten, Absetzungen für Abnutzung) machte er zunächst als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, sodann nur noch als solche aus Kapitalvermögen. Das Finanzgericht (FG) erkannte die Aufwendungen nur in der der Beteiligungsquote des Klägers entsprechenden Höhe an.ö Dieser Auffassung folgte auch der BFH.

Zinsbesteuerung ohne Zinsvereinbarung rechtmäßig

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob eine länger als ein Jahr zinslos gestundete Ausgleichsforderung beim Anspruchsinhaber zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt.

FG Münster, Beschluss vom 06. April 2009, 12 V 446/09 E

Erläuterungen:

Mit dieser im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidung stellt das Gericht die langjährige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes in Frage. Diese nimmt grundsätzlich an, dass bei einer länger als ein Jahr gestundeten privaten Forderung die geleisteten Zahlungen in einen Tilgungs- und einen steuerpflichtigen Zinsanteil zu zerlegen sind, und zwar selbst dann, wenn die Beteiligten Zinszahlungen nicht vereinbart oder sogar ausdrücklich ausgeschlossen haben. Folge dieser Rechtsprechung ist, dass z.B. bei der über einen längeren Zeitraum gestreckten Ablösung von erb- oder familienrechtlichen Ausgleichsansprüchen beim Anspruchsinhaber Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern sind – für viele Betroffene eine unliebsame und unerwartete Überraschung.

In dem jetzt vom Gericht entschiedenen Fall hatte der Antragsteller mit seiner Ehefrau eine Vereinbarung zur Beendigung des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft geschlossen. Er hatte sich verpflichtet, seiner Ehefrau hierfür innerhalb von fünf Jahren einen Ausgleichsbetrag in Höhe von ca. 300.000 EUR zu zahlen. Die Beteiligten hatten ausdrücklich vereinbart, dass der Ausgleichsbetrag „zinslos fällig sei“. Gleichwohl nahm das Finanzamt unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sowie auf § 12 Abs. 3 BewG an, dass in dem Ausgleichsbetrag ein Zinsanteil von etwa 72.000 EUR enthalten und dieser bei der Ehefrau des Antragstellers als Kapitalertrag gem. § 20 EStG zu versteuern sei.

Das Gericht hält die Rechtmäßigkeit dieser Auffassung für ernstlich zweifelhaft. Für ihn ist bereits fraglich, ob § 12 Abs. 3 BewG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen überhaupt anwendbar ist.

 Der Senat hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen

Arbeitszimmer bei Kapitaleinkünften







Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nicht deshalb bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in voller Höhe abzuziehen, weil der Steuerpflichtige Anlageentscheidungen ausschließlich im Arbeitszimmer trifft.

§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der bis zum Veranlagungszeitraum 2006 geltenden Fassung ist gemäß § 9 Abs. 5 EStG auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass bei der Bestimmung des Mittelpunkts der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit auf die gesamte der Erzielung von Einkünften dienende Tätigkeit des Steuerpflichtigen abzustellen ist.

BFH  Beschluss vom 27. März 2009 VIII B 184/08

Über die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden ist. Die Frage hat aber gleichwohl keine grundsätzliche Bedeutung, da sie nicht klärungsbedürftig ist.

Nach der Grundregel in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG können die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen veranlasst und deshalb Werbungskosten sein. Voraussetzung ist, dass der Arbeitsraum so gut wie ausschließlich zur Einkünfteerzielung und nicht privat genutzt wird.

 Trotzdem sind die Aufwendungen für ein solches Arbeitszimmer nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG grundsätzlich nur beschränkt abziehbar. Nur wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit bildet, können die Aufwendungen in vollem Umfang abgezogen werden. Diese Regelung gilt nach § 9 Abs. 5 EStG sinngemäß auch für alle Überschusseinkunftsarten. Die Abzugsbeschränkung verstößt nicht gegen das objektive Nettoprinzip; sie ist verfassungsgemäß.

 Die Verweisung in § 9 Abs. 5 EStG ("gilt sinngemäß") bedeutet, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anzuwenden ist. Dem steht nicht entgegen, dass § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG seinem Wortlaut nach auf den Mittelpunkt der gesamten "betrieblichen und beruflichen Tätigkeit" abstellt und dass im natürlichen Sprachgebrauch durchaus zwischen der Ausübung eines Berufs und der Verwaltung des privaten Vermögens unterschieden wird. Für eine nach den Einkunftsarten unterschiedliche steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer spricht nichts.