Räuberischer Aktionär” erzielt umsatzsteuerpflichtige sonstige Einkünfte

Räuberischer Aktionär” erzielt umsatzsteuerpflichtige sonstige Einkünfte

FG Köln Urteil vom 11.06.2015, 13 K 3023/13

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten über die Zuordnung von Einkünften des Klägers zur zutreffenden Einkunftsart und die damit zusammenhängende Frage, ob es sich um umsatzsteuerpflichtige oder nicht steuerbare Vorgänge im Sinne des Umsatzsteuergesetzes – UStG – handelt.

Begründung:

Der Beklagte ist zu Recht bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuerfestsetzung hinsichtlich der hier streitbefangenen Zuflüsse von steuerpflichtigen Einkünften im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG (1.) als auch bei Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuerfestsetzung von steuerpflichtigen Umsätzen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG ausgegangen.

In dem Verfahren zu 1. liegt bereits ein synallagmatischer Vertrag vor. Ausweislich der Vereinbarung zwischen Herrn L und dem Kläger hat sich dieser gegen Zahlung von … € zuzüglich Umsatzsteuer zur Rücknahme der erhobenen Klage und zur Unterlassung der Geltendmachung weiterer Forderungen verpflichtet. Damit liegt unzweifelhaft eine Handlung (Klagerücknahme), die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und im konkreten Fall eine Gegenleistung ausgelöst hat und damit eine Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG vor. Der Vermögensbereich ist bei diesem Vorgang nicht betroffen, da ausdrücklich die Geltendmachung eines höheren Abfindungsbetrages für die Aktien des Klägers vorbehalten blieb (§ 3 Abs. 2 der Vereinbarung). Dies ist zwischen den Beteiligten nach Durchführung der mündlichen Verhandlung nicht mehr streitig. Der Senat verzichtet daher insoweit auf weitere Ausführungen.

In dem Verfahren zu 2. haben die den Vergleich unmittelbar abschließenden Aktionäre in § 3 des Vergleichsvertrages die Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen für erledigt erklärt und diese gleichzeitig zurückgenommen. Sie haben sich weiterhin insbesondere verpflichtet, die Durchführung der Kapitalerhöhung und deren Eintragung in das Handelsregister weder gerichtlich noch außergerichtlich anzugreifen. Diesem Vergleich ist der Kläger später beigetreten. Damit hat er den von ihm angestrengten Rechtsstreit ebenfalls für erledigt erklärt und sich verpflichtet, die Durchführung der Kapitalerhöhung und deren Eintragung in das Handelsregister nicht mehr anzugreifen.

In dem Verfahren zu 3. war der Kläger selbst unmittelbar an einem entsprechenden Vergleich beteiligt. In § 3 des Vergleichsvertrages ist die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache vereinbart. Außerdem hat der Kläger auf die Erhebung weiterer Klagen oder sonstige Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse und deren Eintragung in das Handelsregister verzichtet und sich verpflichtet, die Durchführung einer Erhöhung des Grundkapitals nicht anzugreifen.

Der Beklagte hat die – hinsichtlich der Höhe nicht mehr streitbefangenen – Einkünfte des Klägers im Zusammenhang mit den Anfechtungsklagen und dem Vertrag mit Herrn L auch zu Recht bei den Einkünften -subsidiären- nach § 22 Nr. 3 EStG erfasst.Die Einkünfte sind keiner vorrangigen Einkunftsart (§ 22 Nr. 3 Satz 1 EStG) zuzuordnen. Der Senat sieht sich mit seiner Wertung in Übereinstimmung mit dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg (EFG 2011, 581), das in einem vergleichbaren Fall mit einem so-genannten räuberischen Aktionär ebenfalls von umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Leistungen bei Verzicht auf die weitere Geltendmachung von Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ausgegangen ist.

Entgeltzahlung durch einen Dritten für eine sonstige Leistung im Rahmen eines Anteilsverkaufs

Auch Zahlungen Dritter, die nicht auf Veranlassung des Erwerbers erfolgen, können Bestandteil des Veräußerungspreises i.S. von § 17 Abs. 2 EStG sein.

BFH Urteil vom 29.05.2008 – IX R 97/07 (NV) BFH NV 2009 S. 9.

Begründung:

Nach § 22 Nr. 3 EStG sind sonstige Einkünfte (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 EStG) Einkünfte aus Leistungen, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten gehören. Eine (sonstige) Leistung i.S. des § 22 Nr. 3 EStG ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann und das eine Gegenleistung auslöst. Nicht erfasst sind Veräußerungsvorgänge oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich. Wird das Entgelt dafür erbracht, dass ein Vermögensgegenstand in seiner Substanz endgültig aufgegeben wird, so gehört das Entgelt nicht zu den Einkünften gemäß § 22 Nr. 3 EStG. Dabei ist für die Abgrenzung im Einzelfall der wirtschaftliche Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung maßgebend. Entscheidend ist nicht, wie die Parteien ihre Leistungen benannt, sondern was sie nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse wirklich gewollt und tatsächlich bewirkt haben. Kommt einer im Zusammenhang mit einer Anteilsveräußerung übernommenen und entgoltenen Verpflichtung zu einem Rechtsverzicht keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung zu, so handelt es sich um einen unselbständigen Teil des Veräußerungspreises. Nach der Rechtsprechung des BFH zählt zum Veräußerungspreis alles, was der Veräußerer als Gegenleistung für die Anteilsübertragung erhalten hat. Grundsätzlich keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung hat der Verzicht auf ein Recht, das notwendig Bestandteil des veräußerten Vermögensgegenstandes ist. So hat der BFH ein Entgelt dem nicht nach § 22 Nr. 3 EStG steuerbaren Veräußerungsvorgang dann zugeordnet, wenn ein Steuerpflichtiger sein Grundstück an seinen Nachbarn veräußert und dieser mit dem Eigentumserwerb zugleich erreichen möchte, dass der Steuerpflichtige seine öffentlich-rechtlichen Abwehrrechte gegen das Bauvorhaben des Nachbarn nicht mehr geltend macht. Eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung neben der Veräußerung eines Vermögensgegenstands erlangt ein Rechtsverzicht nicht allein im Hinblick darauf, dass er seitens eines Dritten entgolten wird. Zum Veräußerungspreis hat der BFH aber auch Leistungen gezählt, die der Veräußerer nicht als Gegenleistung für das Unternehmen aber im unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Veräußerung erhält Hierbei ist es uninteressant ob dies von Erwerber oder, ohne dass dies der Erwerber veranlasst hat, von dritter Seite erfolgt.