Ambulante Chemotherapien im Krankenhaus sind nicht steuerpflichtig

Eine im Krankenhaus durchgeführte ambulante Chemotherapien ist auch insoweit nicht steuerpflichtig, als die zur Behandlung eingesetzten Zytostatika durch die Krankenhausapotheke zur Verfügung gestellt werden.

Finanzgericht Münster Urteil vom 23. Februar 2012  9 K 4639/10 K G

Begründung (FG)

Zwar unterhalte die Klägerin insoweit einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO. Dieser unterliege jedoch nicht der Steuerpflicht, da die Abgabe der Zytostatika an ambulant behandelte Patienten dem Zweckbetrieb Krankenhaus (§ 67 Abs. 1 AO) zuzuordnen sei. Die von der Klägerin im Bereich der ambulanten onkologischen Therapien erbrachte Krankenhausbehandlung umfasse auch die Abgabe von Zytostatika durch die Krankenhausapotheke, die eng in das Behandlungskonzept eingebunden sei.

Die Krankenhausbehandlung beschränke sich nicht nur auf ärztliche und pflegerische Leistungen, sondern erstrecke sich auf die Versorgung mit Arznei- und Hilfsmitteln. Dementsprechend sei auch die Abgabe von Zytostatika an stationär behandelte Patienten unstreitig dem Zweckbetrieb zuzuordnen. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Abgabe der Zytostatika im Rahmen ambulanter Therapien eine von der ärztlichen und pflegerischen Leistung zu trennende selbständige Leistung sein solle.

Dies gelte umso mehr, als die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer bzw. teilstationärer Behandlung fließend bzw. die Behandlungsformen eng miteinander verzahnt seien. Ohne Belang sei es auch, ob die Klägerin bei der Verabreichung der Zytostatika im Rahmen ambulanter Behandlungen im Wettbewerb zu anderen Anbietern von Zytostatika stehe.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

 

Nachweis für eine steuerfrei innergemeinschaftliche Lieferung

Nach § 6a UStG 1999 i.V.m. § 17a Abs. 2 UStDV 1999 “soll” die innergemeinschaftliche Lieferung (kumulativ) durch die in Nr. 1 bis 4 der Bestimmung bezeichneten Voraussetzungen nachgewiesen werden .

17a Abs. 2 UStDV 1999 ist eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der in Abs. 2 aufgeführten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege –z.B. durch die auf den Rechnungen ausgewiesene Anschrift des Leistungsempfängers– erbracht werden kann .

Die Frage des Nachweises des Bestimmungsorts (§ 17a Abs. 2 Nr. 2 UStDV 1999) ist Gegenstand der Tatsachenwürdigung durch das FG .

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 1.2.2007, V R 41/04

Eine gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG 1999 steuerfreie, innergemeinschaftliche Lieferung ist nach § 6a Abs. 1 Satz 1 UStG 1999 u.a. dann gegeben, wenn

– der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

– der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und

– der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegen,

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG 1999 müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG 1999 vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG 1999). Dazu ist in § 17a Abs. 1 UStDV 1999 u.a. geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis). Nach § 17a Abs. 2 UStDV soll in den Fällen, in denen der Unternehmer oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert, der Unternehmer den Nachweis hierüber wie folgt führen:

– durch das Doppel der Rechnung (§§ 14, 14a des Gesetzes),

– durch einen handelsüblichen Beleg, aus dem sich der Bestimmungsort ergibt, insbesondere Lieferschein,

– durch eine Empfangsbestätigung des Abnehmers oder seines Beauftragten sowie

– in den Fällen der Beförderung des Gegenstands durch den Abnehmer durch eine Versicherung des Abnehmers oder seines Beauftragten, den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet zu befördern.

Entgegen der Auffassung des FG sollen die oben genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Zwar ist § 17a Abs. 2 UStDV eine Sollvorschrift; dies bedeutet jedoch nur, dass das Fehlen einer der oben genannten Voraussetzungen nicht zwangsläufig zur Versagung der Steuerbefreiung führt und der bezeichnete Nachweis auch durch andere Belege erbracht werden kann.

Für die Annahme des FG, in Beförderungsfällen sei der Nachweis nur durch die in Nr. 1 und Nr. 4 bezeichneten Belege zu erfüllen, gibt es keinen Anhaltspunkt. Solange der Belegnachweis nicht geführt ist, kann eine innergemeinschaftliche Lieferung grundsätzlich nicht als steuerfrei behandelt werden.

Entgegen der Auffassung des FA scheidet die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung nicht schon deshalb aus, weil die Klägerin die Versicherung des Abnehmers nach § 17a Abs. 2 Nr. 4 UStDV im Zeitpunkt der Abholung nicht erbracht hat. Das Fehlen dieser Voraussetzung führt zwar grundsätzlich zur Versagung der Steuerfreiheit nach § 6a UStG .

Hat ein Unternehmer aber innergemeinschaftliche Lieferungen i.S. des § 6a Abs. 1 UStG zweifelsfrei tatsächlich ausgeführt, kann der nach § 17a UStDV erforderliche Belegnachweis bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgeholt werden.

Anforderungen an den Nachweis einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung

Es ist noch nicht geklärt, welche Anforderungen an den Nachweis einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung zu stellen sind und unter welchen Voraussetzungen sich ein Unternehmer auf die Regelung zum Gutglaubensschutz in § 6a Abs. 4 UStG berufen kann.

Ist die Rechtslage nicht eindeutig, ist über die zu klärenden Fragen im summarischen Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsakts nicht abschließend zu entscheiden.

Zu den Voraussetzungen, unter denen die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann.

BUNDESFINANZHOF Beschluß vom 25.11.2005, V B 75/05

Eine gemäß § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung ist nach
§ 6a Abs. 1 Satz 1 UStG u.a. dann gegeben, wenn

· der Unternehmer oder sein Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet,

· der Abnehmer ein Unternehmer ist, der den Gegenstand der Lieferung für sein Unternehmen erworben hat und

· der Erwerb des Gegenstands der Lieferung beim Abnehmer in einem anderen Mitgliedstaat den Vorschriften der Umsatzbesteuerung unterliegt.

Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 UStG müssen die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 UStG vom Unternehmer nachgewiesen sein. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung bestimmen, wie der Unternehmer den Nachweis zu führen hat (§ 6a Abs. 3 Satz 2 UStG).

Dazu ist in § 17a Abs. 1 UStDV geregelt worden, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung durch Belege nachweisen muss, dass er oder der Abnehmer den Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet hat; dies muss sich aus den Belegen eindeutig und leicht nachprüfbar ergeben (sog. Belegnachweis).

Ferner bestimmt § 17c Abs. 1 Satz 1 UStDV, dass bei innergemeinschaftlichen Lieferungen der Unternehmer im Geltungsbereich dieser Verordnung die Voraussetzungen der Steuerbefreiung einschließlich Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers buchmäßig nachweisen muss; die Voraussetzungen müssen gemäß § 17c Abs. 1 Satz 2 UStDV “eindeutig und leicht nachprüfbar aus der Buchführung zu ersehen” sein (sog. Buchnachweis).

Nach § 6a Abs. 4 Satz 1 UStG ist eine Lieferung, die der Unternehmer als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung behandelt hat, obwohl die Voraussetzungen nach
§ 6a Abs. 1 UStG nicht vorliegen, gleichwohl als steuerfrei anzusehen, wenn die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung auf unrichtigen Angaben des Abnehmers beruht und der Unternehmer die Unrichtigkeit dieser Angaben auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkennen konnte.

Die Voraussetzungen von § 6a Abs. 3 und Abs. 4 UStG sind noch nicht abschließend geklärt. Vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sind zu den Voraussetzungen steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferungen die Verfahren Rs. C-146/05 (auf Vorlage des Senats vom 10. Februar 2005 V R 59/03, BFHE 208, 502, BStBl II 2005, 537) und Rs. C-409/04 (auf Vorlage des Britischen High Court of Justice vom 6. Mai 2004) anhängig.