Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
Fehlt es hieran, kann sie nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger sein.
BFH v. 15.12.2016 – V R 44/15,
Sachverhalt:
Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gem. § 2 Abs.1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, welche Alleingesellschafterin der K-GmbH ist, die ihrerseits Alleingesellschafterin der A-GmbH ist. Sie errichtete im Zeitraum 2001 bis 2008 ein Sportzentrum und vermietete dieses an die A-GmbH. Diese sollte den Betrieb des Sportzentrums übernehmen. Für die Festsetzung der Eintrittspreise bedurfte es der Zustimmung durch den Stadtrat der Klägerin. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits zum Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste.
Bei dem Verlustausgleich sollte es sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss handeln. Das Nutzungsentgelt unter Berücksichtigung von beweglichem Anlagevermögen betrug monatlich ca. 5.970 €. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen leistete die Klägerin Verlustausgleichszahlungen im Jahr 2008 i. H.v. 350.400€, im Jahr 2009 i. H.v. 663.582,69€ und im Jahr 2010
i. H. v. 639.084,95 €. Für die Errichtung des Sportzentrums machte die Klägerin für die Jahre 2006 bis 2010 einen Vorsteuerabzug von insgesamt ca. 1,8 Mio. € geltend. Die Mieten behandelte sie als Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen.

Das Finanzamt berücksichtigte im Ergebnis den Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht. Die Klägerin habe nur geringe Pachteinnahmen (im Jahr 2008 i. H.v. 15.874€, im Jahr 2009 i. H.v. 71.694€ und im Jahr 2010 i. H.v. 71.684€) vereinnahmt. Der geleistete Verlustausgleich und die Pachtzahlungen seien miteinander zu saldieren, da es auf eine wirtschaftliche Betrachtungs- weise ankomme. Danach unterhalte die Gemeinde keinen Betrieb gewerblicher Art. Nur unter diesen Voraussetzungen sei aber die Gemeinde nach § 2 Abs. 3 UStG i. d. F. bis zum 31.12.2015gewerblich oder beruflich und damit unter den übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs.l UStG unternehmerisch tätig.

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamtes nicht. Die Klägerin habe mit der Verpachtung des Sportzentrums einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten. Dem stehe der Verlustausgleich nicht entgegen, da er weder zu einem Entfallen der Einnahmeerzielungsabsicht noch zu einer Unentgeltlichkeit geführt habe.

Der BFH verweist die Streitsache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Die Gemeinde sei in richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs.3 UStG i.V. m. § 4 KStG nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs.l UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebe. In Anlehnung an die EuGH-Entscheidung vom 12.5.2016 fehle es an einer wirtschaftlichen Tätig-keit, wenn eine Gemeinde über die von ihr vereinnahmten Beiträge nur einen kleinen Teil ihrer Kosten deckt. Werden, wie in dem dort zu Grunde liegenden Sachverhalt, die Kosten nur zu 3 aus Einnahmen und im Übrigen mit öffentlichen Mitteln finanziert, deute dieses Ungleichgewicht zwischen den Betriebskosten und den als Gegenleistung erhaltenen Beträgen darauf hin, dass kein Leistungsentgelt und auch keine wirtschaftliche Tätigkeit vorliege.

Für alle Wirtschaftsgebilde ist zunächst entscheidend, dass sie grundsätzlich den Tatbestand des § 2 Abs.l UStG erfüllen und damit eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit zur Einnahmeerzielung nachhaltig und selbständig ausüben. Das Finanzgericht hat im vorinstanzlichen Verfahren lediglich über die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG entschieden, jedoch nach Ansicht des BFH verkannt, dass vor dem Hintergrund des § 2 Abs. UStG zumindest Zweifel an einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde bestehen. In einem zweiten Rechtsgang werde nach An- sicht des BFH daher zu prüfen sein, ob entsprechend dem EuGH-Urteil von einer Asymmetrie zwischen den Pachteinnahmen und den Kosten, für die die Gemeinde den Vorsteuerabzug geltend macht, auszugehen ist und ob diese miteinander zu saldieren sind. Dann scheitere die Annahme einer Unternehmereigenschaft der Klägerin bereits daran, dass der Nutzungsüberlassung an die A-GmbH keinerlei Entgelt gegenübersteht, so dass von einer unentgeltlichen Überlassung an die A-GmbH auszugehen wäre.
Zusammenfassung:

Fraglich ist, ob die Frage der Unternehmereigenschaft als solches an einer “kostendeckenden” Tätigkeit festgemacht werden kann. Die erneute Entscheidung im zweiten Rechtsgang durch das Finanzgericht bleibt daher zunächst abzuwarten. Sollte eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben tatsächlich ausschlaggebend für die Beurteilung der “wirtschaftlichen Tätigkeit” sein, wäre sicherlich in einer Vielzahl von Fällen eine erneute Überprüfung der Unternehmereigen-
schaft erforderlich.

Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
Fehlt es hieran, kann sie nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger sein.
BFH Urteil vom 15.12.2016, V R 44/15

Unternehmereigenschaft kann beim Verkauf von Schmuckstücken über “ebay” begründet werden

Hat das FG bei der gebotenen und revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls bei Verkäufen von Schmuckstücken im ebay-Handel die Unternehmereigenschaft des Verkäufers bejaht, liegt keine die Revisionszulassung rechtfertigende vor.

BFH Beschluss vom 09.04.2014 – XI B 6/14 (BFHNV 2014 1230) (veröffentlicht am 11.06.2014)

Tatbestand

Die Beteiligten streiten hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2004 (Streitjahr) darum, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als Schmuckhändlerin unternehmerisch tätig war.

Die Klägerin wurde am 13. Juni 2003 unter der Bezeichnung “…” beim Auktionshaus eBay als “seller” registriert. In der Folgezeit gab die Klägerin bis zum 12. August 2003 und anschließend im Zeitraum zwischen Juli bis einschließlich November 2005 und sodann im April 2006 unter dieser Bezeichnung insgesamt 40 Verkaufsangebote überwiegend für Schmuckgegenstände und Uhren ab. Im Jahr 2004 (Streitjahr) wurden unter dem Namen der Klägerin insgesamt mindestens 16 Kleinanzeigen überwiegend in der … Zeitung, ferner in anderen Tageszeitungen in Deutschland und Österreich veröffentlicht und einzelne oder mehrere Schmuckstücke oder Pfandscheine über Schmuckgegenstände zum Verkauf angeboten. Dabei reichten die in den Anzeigen angegebenen Werte der Verkaufsgegenstände von 990 EUR bis 22.500 EUR. Für die Inserate entstanden der Klägerin Kosten in Höhe von insgesamt 2.194,92 EUR.Die Klägerin ist Mutter eines Kindes, dessen Vater der vom Finanzgericht (FG) vernommene Zeuge … (H) ist. Der Zeuge H war im Ausland als Schmuckhändler tätig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Klägerin wegen Umsatzsteuer 2004 hat keinen Erfolg.

Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe liegen zum Teil nicht vor bzw. sind nicht entsprechend den in § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO vorgesehenen Anforderungen dargelegt.

Die Klägerin führt hierzu aus, das FG habe das Vorliegen einer nachhaltigen unternehmerischen Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Streitjahr auf Verkäufe in den Jahren 2003 bis Frühjahr 2006, auf die Anzahl von mindestens 56 Verkaufsanzeigen und darauf gestützt, dass sie bereits in den Jahren 1998, 2000 und 2002 als Schmuckverkäuferin aufgetreten sei, was sich aus den polizeilichen Ermittlungen in diesen Jahren ergebe. Bei dieser Argumentation im Urteil des FG handele es sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung, da weder die Jahre 1998, 2000, 2002, 2005 und 2006 noch die angeblichen polizeilichen Ermittlungen in der mündlichen Verhandlung zur Sprache gekommen seien.

Soweit die Klägerin vorträgt, das FG habe zu ihren Lasten zu Unrecht auch Vorfälle aus den Jahren 2003 bis zum Frühjahr 2006 außerhalb des Streitjahres berücksichtigt, handelt es sich nicht um eine unzulässige Überraschungsentscheidung. Denn Vorfälle aus diesen Zeiträumen waren bereits im Rahmen der Betriebsprüfung untersucht und zum Teil mit der Klägerin erörtert worden, wie sich u.a. aus einem Aktenvermerk über die mit ihr telefonisch geführte Schlussbesprechung ergibt. Die Klägerin musste daher davon ausgehen, dass auch außerhalb des Streitjahres liegende aktenkundige Umstände im Rahmen des FG-Urteils Berücksichtigung finden könnten.

Unternehmereigenschaft einer Gemeinde bei Einsatz eines Werbemobils

Eine Gemeinde, die sich als Gegenleistung für die Übereignung eines mit Werbeaufdrucken versehenen Fahrzeugs (Werbemobil) verpflichtet, dieses für die Dauer von fünf Jahren in der Öffentlichkeit zu bewegen, ist Unternehmerin. Dies gilt auch dann, wenn die in Abschn. 23 Abs. 4 UStR 2005 genannte Umsatzgrenze von 30.678 EUR nicht erreicht wird.

BFH Urteil vom 17.3.2010, XI R 17/08

Erläuterungen:

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 17. März 2010 XI R 17/08 entschieden, dass eine Gemeinde, die sich als Gegenleistung für die Übereignung eines sog Werbemobils verpflichtet, dieses für die Dauer von fünf Jahren in der Öffentlichkeit zu bewegen, Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist.

Im Streitfall hatte sich die Klägerin verpflichtet, einer Gemeinde ein mit Werbeaufschriften versehenes Fahrzeug (sog. Werbemobil) zu übereignen. Im Gegenzug hatte sich die Gemeinde verpflichtet, dieses über eine Vertragslaufzeit von 5 Jahren zur Erreichung der Werbewirksamkeit in der Öffentlichkeit zu bewegen. Die Gemeinde erteilte der Klägerin eine Rechnung, in der die Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen war.

Das Finanzamt (FA) versagte der Klägerin den Abzug der in der Rechnung ausgewiesenen Mehrwertsteuer als Vorsteuer. Da das Fahrzeug dem Hoheitsbereich zuzuordnen sei und die Gemeinde es nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art benutzt habe, sei sie insoweit nicht Unternehmerin und somit nicht berechtigt gewesen, eine Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis zu erteilen.

Die Klage hiergegen hatte Erfolg. Der BFH wies die Revision des FA zurück. Mit der Verwendung des Werbemobils habe die Gemeinde im Austausch gegen die Übereignung des Fahrzeugs eine entgeltliche sonstige Leistung an die Klägerin erbracht. Dabei sei die Gemeinde insoweit auch als Unternehmerin i.S. des UStG tätig geworden. Denn sie habe die Werbetätigkeit auf privatrechtlicher Grundlage unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer ausgeübt und sei damit "wirtschaftlich" tätig geworden, und nicht im Rahmen der eigens für sie geltenden öffentlich-rechtlichen Regelungen. Darauf, ob das Fahrzeug zur Verfolgung möglicherweise hoheitlicher Zwecke eingesetzt worden sei, komme es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht an.

Bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des UStG sei für die Unternehmereigenschaft auch nicht erforderlich, dass sich die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde innerhalb ihrer Gesamttätigkeit heraushebe und bestimmte Umsatzgrenzen überschreite.

Unternehmereigenschaft des geschäftsführenden Komplementärs einer KG

Ein geschäftsführender Komplementär einer KG kann umsatzsteuerrechtlich unselbständig sein (entgegen Abschn. 17 Abs. 2 Satz 3 UStR 2005/2008 und BMF-Schreiben vom 23. Dezember 2003 IV B 7 -S 7100- 246/03, BStBl I 2004, 240, unter A.1.)

BFH Urteil vom 14.4.2010, XI R 14/09

Begründung:

Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 UStG ist gewerblich oder beruflich jede Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird. Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen. Selbständigkeit in der Organisation und bei der Durchführung der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Unternehmerinitiative, Bindung nur für bestimmte Tage an den Betrieb, geschäftliche Beziehungen zu mehreren Vertragspartnern sprechen für persönliche Selbständigkeit. Weisungsgebundenheit bezüglich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, die Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, Schulden der Arbeitskraft und nicht eines Erfolgs, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, die regelmäßig weisungsgebunden sind, sprechen gegen die Selbständigkeit der Tätigkeit.

Besondere Bedeutung kommt dem Handeln auf eigene Rechnung und Eigenverantwortung und dem Unternehmerrisiko (Vergütungsrisiko) zu. Wird eine Vergütung für Ausfallzeiten nicht gezahlt, spricht dies für Selbständigkeit; ist der Steuerpflichtige von einem Vermögensrisiko der Erwerbstätigkeit grundsätzlich freigestellt, spricht dies gegen Selbständigkeit.

Hierzu hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) entschieden, dass ein geschäftsführender Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft nichtselbständig handelt, wenn ihm ein festes Monatsgehalt und ein jährliches Urlaubsgeld gezahlt und von dem Gehalt Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge einbehalten werden, wenn er nicht im eigenen Namen, für eigene Rechnung und auf eigene Verantwortung handelt, sondern auf Rechnung und Verantwortung der Gesellschaft, und wenn er nicht das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit trägt.

Der Annahme, der Kläger habe seine Tätigkeit als geschäftsführender Komplementär der KG aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht nichtselbständig ausgeübt, steht nicht entgegen, dass er nach den zutreffenden und zwischen den Beteiligten auch nicht umstrittenen Ausführungen der Vorinstanz Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und damit ertragsteuerrechtlich selbständig tätig gewesen ist.

Das FG hat bei seiner Entscheidung, dass zwischen dem Kläger und der KG ein Verhältnis der Unterordnung bestand, zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer nicht als Ausfluss seiner Gesellschafterstellung gemäß den gesetzlichen Regelungen in §§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 114 ff. HGB ausgeübt hat, sondern auf der Grundlage seines Anstellungsvertrages und der Regelungen des Gesellschaftsvertrages, die von den abdingbaren Vorschriften des HGB abweichen.

Zwar enthält weder der Anstellungsvertrag noch der Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung, die es den Kommanditisten oder dem Verwaltungsrat ausdrücklich gestattet hätte, dem Kläger Weisungen zu erteilen. Aber dem Verwaltungsrat standen andere Rechte zu, die ein mindest ebenso stark ausgeprägtes Unterordnungsverhältnis bewirkt haben wie eine ausdrücklich vereinbarte Weisungsbefugnis. Denn nach § 7 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages obliegt dem Verwaltungsrat u.a. die Beratung und Überwachung der Komplementäre und der übrigen Mitglieder der Geschäftsleitung. Gemäß § 4 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages kann der Verwaltungsrat einen Komplementär nach seinem eigenen freien Ermessen jederzeit mit der Folge abberufen, dass er aus der KG ausscheidet und zur unverzüglichen Einstellung seiner Tätigkeit verpflichtet ist. Das bedeutet, dass ein Komplementär, der seine Entscheidungen nicht im Einklang mit der Beratung durch den Verwaltungsrat traf, ohne Begründung jederzeit abberufen werden konnte und sofort seine Tätigkeit einzustellen hatte. Dies rechtfertigt die Würdigung des FG, der Kläger sei nach den mit der KG getroffenen Vereinbarungen zwar im Außenverhältnis als Gesellschafter aufgetreten, im Innenverhältnis aber wie ein Angestellter gegenüber den die KG beherrschenden Personen gebunden gewesen

Unternehmereigenschaft einer Industriekammer und Handelskammer

Die Bundesrepublik Deutschland kann Tätigkeiten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG von der Steuer befreit sind (Vermietung und Verpachtung von Grundstücken), nur durch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung al Tätigkeiten "behandeln", die diesen juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen.

BFH Urteil vom 20. August 2009 V R 70/05

Begründung:

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist u.a. die Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

Der Klägerin steht der Vorsteuerabzug zu, weil sie gemäß § 9 UStG wirksam auf die Steuerbefreiung verzichtet hat, soweit ihre an die IHK erbrachte bzw. im Streitjahr beabsichtigte Vermietungsleistung den Teil der Büroflächen und der Tiefgarage umfasst, den die IHK ihrerseits langfristig und umsatzsteuerpflichtig an andere Unternehmer weitervermietet hat bzw. im Streitjahr weiter zu vermieten beabsichtigte.

Nach § 9 Abs. 1 UStG in der im Streitjahr 1995 geltenden Fassung kann der Unternehmer einen Umsatz, der –wie hier die Vermietung des Gebäudes an die IHK– nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist nach § 9 Abs. 2 Satz 1 UStG nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen.

Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 UStG liegen im Streitfall vor, weil die IHK mit der langfristigen Vermietung der Büroräume und PKW-Stellplätze unternehmerisch tätig geworden ist.

 

Unternehmereigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts und umsatzsteuerliche Organschaft

Bei richtlinienkonformer Auslegung nach ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts Unternehmer i.S. von § 2 Abs. 3 UStG i.V.m. § 4 KStG, wenn sie Leistungen gegen Entgelt auf privatrechtlicher Grundlage unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie ein privater Wirtschaftsteilnehmer erbringt.

Die organisatorische Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG kann sich daraus ergeben, dass die Geschäftsführer der Organgesellschaft leitende Mitarbeiter des Organträgers sind.

Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG muss eine Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen des Organträgers und der Organgesellschaft bestehen. Stellt der Organträger für eine von der Organgesellschaft bezogene Leistung unentgeltlich Material bei, reicht dies zur Begründung der wirtschaftlichen Eingliederung nicht aus.

Die wirtschaftliche Eingliederung kann sich auch aus einer Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften ergeben. Ist die wirtschaftliche Eingliederung zu bejahen, sind Leistungen der Organgesellschaft an den Organträger auch dann als sog. Innenleistung nichtsteuerbar, wenn der Organträger die Leistungen für nichtunternehmerische Zwecke verwendet.

BFH Urteil vom 20. August 2009 V R 30/06

Privater Stromerzeuger als Unternehmer







Ein in ein Einfamilienhaus eingebautes Blockheizkraftwerk, mit dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, der ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, dient der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung.

Eine solche Tätigkeit begründet daher die Unternehmereigenschaft des Betreibers, auch wenn dieser daneben nicht anderweitig unternehmerisch tätig ist.

Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks ist unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 UStG zu gewähren.

BFH Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 80/07

Erläuterung:

Ein in ein Einfamilienhaus eingebautes Blockheizkraftwerk, mit dem neben Wärme auch Strom erzeugt wird, der ganz oder teilweise, regelmäßig und nicht nur gelegentlich gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, dient der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen aus der Stromerzeugung. Eine solche Tätigkeit begründet daher – unabhängig von der Höhe der erzielten Einnahmen – die Unternehmereigenschaft des Betreibers, auch wenn dieser daneben nicht unternehmerisch tätig ist. Der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks ist unter den allgemeinen Voraussetzungen des § 15 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) zu gewähren. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 18. Dezember 2008 V R 80/07.

Im zugrunde liegenden Fall ließ der Kläger, ein Lokführer, in sein von ihm und seiner Familie genutztes Einfamilienhaus ein sog. Blockheizkraftwerk einbauen. Ein Blockheizkraftwerk dient der gleichzeitigen Erzeugung von Strom und Wärme in einem Gebäude (sog. Kraft-Wärme-Kopplung). Dabei wird mit einem Verbrennungsmotor zunächst mechanische Energie erzeugt und diese dann durch einen Generator in Strom umgewandelt. Die anfallende Abwärme des Generators und des Motors wird unmittelbar vor Ort zum Heizen des Gebäudes und für die Warmwasserbereitung in dem Gebäude verwendet. Der selbsterzeugte Strom wird in der Regel insoweit in das öffentliche Netz eingespeist, als er nicht in dem Gebäude verbraucht wird.

Der Kläger lieferte 80 % des mit dem Blockheizkraftwerk erzeugten Stroms aufgrund eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrages an ein Energieversorgungsunternehmen; den Rest verbrauchte er selbst.

Das Finanzamt versagte den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Blockheizkraftwerks mit der Begründung, der Kläger sei kein Unternehmer, weil er mit der Anlage maximal ca. 1.800 € im Jahr an Einnahmen erzielen könne; unterhalb einer Einnahmengrenze von 3.000 € könne nicht von einer unternehmerischen Tätigkeit ausgegangen werden. Dem folgte der BFH – wie zuvor schon das Finanzgericht – nicht.

 

Unternehmereigenschaft einer Vorgründungsgesellschaft

Eine zur Gründung einer Kapitalgesellschaft errechteten Personengesellschaft, die nach Gründung der Kapitalgesellschaft die bezogenen Leistungen in einem Akt gegen Entgelt an diese veräußert ist zum Abzug der Vorsteuer berechtigt. Auch wenn die Geschäftsveräußerung nicht steuerbar ist. Maßgebend sind die beabsichtigten Umsätze der Kapitalgesellschaft.

(BFH Urteil vom 15.07.2004 VR 84/99)