Verpflichtung von Rechtsanwälten zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung trotz Schweigepflicht

Ein Rechtsanwalt, der Beratungsleistungen an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer erbracht hat, die ihm ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mitgeteilt haben, kann die u.a. für diese Fälle vorgeschriebene Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung mit den darin geforderten Angaben (u.a. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mandanten, Gesamtbetrag der Beratungsleistungen an den Mandanten) nicht unter Berufung auf seine Schweigepflicht verweigern.

BFH Urteil vom 27.09.2017 – XI R 15/15 BFH/NV 2018, 167

Begründung:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung, erbrachte im II. Quartal 2010 (Meldezeitraum) u.a. sonstige Leistungen aus anwaltlicher Tätigkeit an Unternehmer als Leistungsempfänger, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig sind. Die Klägerin nahm deshalb an, dass gemäß § 3a Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) der Ort der Leistung nicht im Inland liege und im Wege der Umkehr der Steuerschuldnerschaft (“reverse charge”) die Leistungsempfänger in ihrem Ansässigkeitsstaat die Umsatzsteuer des Ansässigkeitsstaats schulden. Dementsprechend erteilte sie Rechnungen ohne deutsche Umsatzsteuer und sah von deren Abführung ab.

In ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für das II. Quartal 2010 erklärte die Klägerin insoweit zwar gemäß § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG innergemeinschaftliche sonstige Leistungen, gab aber keine Zusammenfassende Meldung i.S. des § 18a UStG ab.
Im Hinblick darauf erinnerte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Bundeszentralamt für Steuern –BZSt–) die Klägerin mit “Erinnerung” vom 17. Oktober 2011, der eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, an die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung für das II. Quartal 2010 und bat, diese unverzüglich zu übermitteln.

Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen mit Zustimmung des BZSt erhobene Sprungklage, mit der die Klägerin geltend machte, sie dürfte als Rechtsanwaltsgesellschaft gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b der Abgabenordnung (AO) die Weitergabe solcher Informationen verweigern, die ihr in ihrer anwaltlichen Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden seien, was die Nennung der Identität nebst Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) ihrer im Ausland ansässigen Mandanten einschließe, mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1657 veröffentlichten Urteil ab.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die von ihm vorgenommene Güterabwägung zwischen anwaltlicher Schweigepflicht und Gleichmäßigkeit der Besteuerung unzutreffend vorgenommen und überdies zu Unrecht angenommen, dass eine konkludente Einwilligung der Mandanten in die Weitergabe ihrer Daten angenommen werden könne.
Überdies verletze die Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung ihre Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union –AEUV–); denn die Pflicht zur Offenbarung der USt-IdNr. könne Mandanten aus anderen Mitgliedstaaten davon abhalten, sie zu beauftragen, wenn sie dafür auf die Verschwiegenheitspflicht verzichten müssten. Auch dies sei nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Ferner werden folgende Anträge gestellt:
– “Die Erinnerung an die Abgabe der [Zusammenfassenden Meldung] gemäß § 18a UStG für den Meldezeitraum 1. April bis 30. Juni 2010 wird ersatzlos aufgehoben…
– Es wird festgestellt, dass die [Klägerin] von der Pflicht zur Abgabe einer [Zusammenfassenden Meldung] entbunden ist, soweit und solange keine gesetzliche Grundlage vorliegt, die die Verschwiegenheitsverpflichtungen der [Klägerin] angemessen berücksichtigt.”
Das BZSt beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Begründung:

Die Revision ist unbegründet; sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin gemäß § 18a Abs. 2 UStG zur Abgabe der von ihr angeforderten Zusammenfassenden Meldung verpflichtet war. Dem stand die anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit nicht entgegen, weil die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Empfänger der Beratungsleistungen durch die Mitteilung (Verwendung) ihrer USt-IdNr. gegenüber der Klägerin in die Weitergabe der Daten an die Steuerbehörden eingewilligt haben.

Das FG hat im Ausgangspunkt zu Recht angenommen, dass die Erinnerung des BZSt vom 17. Oktober 2011 ein Verwaltungsakt ist.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 118 Satz 1 AO).
Die bloße Erinnerung an die Abgabe einer Steuererklärung ist kein Verwaltungsakt, wenn sich der Inhalt des Schreibens darin erschöpft, an eine bereits bestehende Erklärungspflicht zu erinnern.

Dagegen ist die Erinnerung ein Verwaltungsakt, wenn sie nach ihrem objektiven Erklärungsinhalt als Maßnahme der Behörde zur Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einleitung des Zwangsmittelverfahrens gemäß § 328 AO zu verstehen ist. Die Abgabe von (vollständigen) Steuererklärungen darf zwar mittels Zwangsgeld durchgesetzt werden. Die abstrakte Pflicht zur Abgabe von Steuererklärungen oder zur Beifügung bestimmter Unterlagen ist aber nicht bereits als solche mit Zwangsmitteln durchsetzbar; sie bedarf einer Konkretisierung und Individualisierung durch einen Verwaltungsakt, der erst die Grundlage für den Einsatz von Zwangsmitteln darstellen kann.
Ebenfalls ein Verwaltungsakt ist eine in die Form einer Erinnerung gekleidete Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung, nachdem der Steuerpflichtige mitgeteilt hatte, dass er nach seiner Meinung die Erklärung nicht abgeben müsse, weil er nicht erklärungspflichtig sei. Gleiches gilt, soweit er sich auf ein Auskunftsverweigerungsrecht beruft und die Finanzbehörde auf der Auskunft besteht.
Diese Rechtsprechung ist auf die Erinnerung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung zu übertragen.
Die Zusammenfassende Meldung ist zwar keine Steuererklärung UStG a.F. auf die Zusammenfassende Meldung ergänzend die für Steuererklärungen geltenden Vorschriften der AO anzuwenden.

Ausgehend davon ist das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Erinnerung des BZSt vom 17. Oktober 2011 ein Verwaltungsakt ist. Das Schreiben enthält neben der Erinnerung die in die Form einer Bitte gekleidete Aufforderung, die Zusammenfassende Meldung unverzüglich zu übermitteln. Zudem zeigt die Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung, dass das BZSt einen Verwaltungsakt erlassen wollte.
Die Klägerin ist gemäß § 18a Abs. 2 UStG zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung verpflichtet.
Der Unternehmer i.S. des § 2 UStG hat nach § 18a Abs. 1 Satz 2 UStG a.F. (seit 1. Juli 2010: § 18a Abs. 2 Satz 1 UStG) bis zum 10. Tag (seit 1. Juli 2010: 25. Tag) nach Ablauf jedes Kalendervierteljahres (Meldezeitraum), in dem er im übrigen Gemeinschaftsgebiet steuerpflichtige sonstige Leistungen i.S. des § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet, ausgeführt hat, dem BZSt eine Zusammenfassende Meldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln, in der er folgende Angaben nach § 18a Abs. 4 (seit 1. Juli 2010: Abs. 7) Satz 1 Nr. 3 UStG a.F. zu machen hat:
– die USt-IdNr. jedes Leistungsempfängers, die ihm in einem anderen Mitgliedstaat erteilt worden ist und unter der die steuerpflichtigen sonstigen Leistungen an ihn erbracht wurden (Buchst. a),
– für jeden Leistungsempfänger die Summe der Bemessungsgrundlagen der an ihn erbrachten steuerpflichtigen sonstigen Leistungen (Buchst. b) sowie seit 1. Juli 2010:
– einen Hinweis auf das Vorliegen einer im übrigen Gemeinschaftsgebiet ausgeführten steuerpflichtigen sonstigen Leistung i.S. des § 3a Abs. 2 UStG, für die der in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet.
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die Klägerin ist Unternehmerin. Sie führte im Meldezeitraum gegen Entgelt Rechtsberatungsleistungen aus und hat in ihrer Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Meldezeitraum gemäß § 18b Satz 1 Nr. 2 UStG selbst eine Bemessungsgrundlage für Umsätze i.S. des § 3a Abs. 2 UStG erklärt, die sie im Meldezeitraum (§ 18b Satz 3 UStG) an im übrigen Gemeinschaftsgebiet i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 UStG ansässige Leistungsempfänger ausgeführt hat. Weiter hat sie damit implizit angegeben, dass der im anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger die Steuer dort schuldet.
Die Klägerin durfte die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung und der darin geforderten Angaben nicht aufgrund von § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO verweigern; denn sie ist aufgrund der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. von den Mandanten insoweit konkludent von ihrer Schweigepflicht entbunden worden.
Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet (§ 43a Abs. 2 Satz 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung –BRAO–) und berechtigt (§ 2 Abs. 1 der Berufsordnung für Rechtsanwälte –BORA–). Nach § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO können deshalb u.a. Rechtsanwälte die Auskunft über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut oder bekannt geworden ist.
Die Vorschrift dient dem Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsanwalt und Mandanten. Der Schutz der Vertrauensbeziehung zwischen Anwalt und Mandant liegt darüber hinaus auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und geordneten Rechtspflege.
§ 102 AO gilt für eigene und fremde Steuersachen des Berufsträgers. Geschützt sind nur mandatsbezogene Geheimnisse, die einem Berufsträger oder einem seiner Mitarbeiter bei Ausübung oder Anbahnung eines Mandats bekannt geworden sind. Dies umfasst sowohl die Identität des Mandanten als auch die Tatsache seiner Beratung. Jedoch gilt das Verweigerungsrecht nicht für Mandanten, die auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben.
Die Rechte des Mandanten beschränken sich darauf, den Berufsträger von dessen Verschwiegenheitspflicht entbinden zu können oder nicht; macht der Berufsträger freiwillig Angaben, sind diese verwertbar.
Das Auskunftsverweigerungsrecht ist jedoch nicht schrankenlos.
Die in § 102 Abs. 1 Nr. 3 AO genannten Personen dürfen die Auskunft nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind (§ 102 Abs. 3 Satz 1 AO), was auch stillschweigend geschehen kann. Dem Berufsträger steht dann kein Auskunftsverweigerungsrecht zu.
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Verschwiegenheit liegt außerdem nicht vor, soweit Gesetz und Recht eine Ausnahme fordern oder zulassen.
Im Streitfall kann offen bleiben, ob die in § 18a UStG unter den dort genannten Voraussetzungen allgemein für sämtliche Unternehmen gesetzlich normierte Pflicht zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung nicht ohnehin die anwaltliche Schweigepflicht zulässigerweise einschränkt. Ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger Unternehmer als Leistungsempfänger willigt jedenfalls mit der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. gegenüber dem leistenden Unternehmer (hier: der Klägerin) in die Offenbarung der USt-IdNr. in einer Zusammenfassenden Meldung ein. Dies ergibt sich aus dem EU-weit harmonisierten –und daher auch ausländischen Unternehmern als Leistungsempfängern bekannten– System der Besteuerung innergemeinschaftlicher Dienstleistungen.

Liegt eine meldepflichtige innergemeinschaftliche Dienstleistung vor, verlagern Art. 44 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), § 3a Abs. 2 UStG den Ort der Leistung in den Mitgliedstaat, in dem der Leistungsempfänger ansässig ist. Dies hat Auswirkungen auf die Umsatzsteuerschuld des Leistungsempfängers; denn dieser wird durch Art. 196 MwStSystRL und dem dazu ergangenen nationalen Recht des Ansässigkeitsstaats (in der Bundesrepublik Deutschland –Deutschland– im umgekehrten Fall durch § 13b Abs. 1 UStG) Steuerschuldner. Deshalb muss der Leistungsempfänger als Unternehmer den Umsatz nach Art. 250 MwStSystRL und dem dazu ergangenen nationalen Recht des Ansässigkeitsstaats (in Deutschland im umgekehrten Fall durch § 18 Abs. 1 und 3 UStG) in seiner Umsatzsteuererklärung angeben und damit die Mandatierung seiner zuständigen Steuerbehörde offenbaren. Soweit ein Mitgliedstaat (wie z.B. Deutschland mit § 18 Abs. 3 UStG) eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung vorsieht, muss auch diese die Umsätze enthalten (Art. 261 MwStSystRL). Die Offenbarung der Mandatierung wird außerdem zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs erforderlich sein, auch wenn es nicht einer ordnungsgemäßen Rechnung bedarf.

Bei den Leistungsempfängern, um die es bei den hier streitigen Umsätzen geht, handelt es sich nach § 3a Abs. 2 UStG, Art. 44, Art. 43 Nr. 1 und 2 MwStSystRL im Regelfall um Unternehmer, die die Leistung für ihr Unternehmen beziehen und mit dem innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr vertraut sind (§ 27a Abs. 1 Satz 1 UStG). Soweit ein Unternehmer Leistungen ausschließlich für seinen privaten Bereich empfängt, gilt er in diesem Zusammenhang als nicht steuerpflichtig. Dem Nachweis der Unternehmereigenschaft und des Leistungsbezugs für das Unternehmen dient die Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr.

Außerdem ist dem Leistungsempfänger aufgrund von Art. 262 Buchst. c, Art. 264 Abs. 1 MwStSystRL bekannt, dass der leistende Unternehmer aufgrund des Umsatzes in seinem Ansässigkeitsstaat eine Zusammenfassende Meldung mit den unter II.2.a genannten Angaben abgeben muss.
Aufgrund dieses aufeinander abgestimmten Systems für sonstige Leistungen, die unter die allgemeine Ortsregelung des § 3a Abs. 1 und 2 UStG fallen, liegt in der Mitteilung (Verwendung) der USt-IdNr. die konkludente Mitteilung, dass
– der Leistungsempfänger ein Unternehmer (oder eine ausschließlich nichtunternehmerisch tätige juristische Person, der eine USt-IdNr. zugeteilt worden ist) ist;
– die Leistung nicht ausschließlich für den privaten Bereich bezogen worden ist;
– der Ort der Leistung in dem Staat liegt, dessen USt-IdNr. verwendet worden ist;
– der Leistungsempfänger dort zum Steuerschuldner wird;
– der leistende Unternehmer die Leistung mit dem Hinweis “Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers” (ohne Ausweis von deutscher Umsatzsteuer) abrechnen soll;
– der Leistungsempfänger die Umsätze in seiner Steuererklärung angeben muss und
– der Leistungsempfänger damit einverstanden ist, dass der Leistende eine Zusammenfassende Meldung mit den erforderlichen Angaben abgibt.

Diese Erklärungen gibt der Leistungsempfänger in Kenntnis des Umstands ab, dass der Mitgliedstaat, in dem die Zusammenfassende Meldung abgegeben wird, diese Daten dem Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der Leistungsempfänger angegeben hat, übermittelt und diese dort der Geheimhaltung unterliegen. Damit hat der Leistungsempfänger i.S. von § 102 Abs. 3 Satz 1 AO auf die Wahrung der Verschwiegenheitspflicht verzichtet.
Die Behauptung der Klägerin, der Leistungsempfänger könne nicht überblicken, dass die USt-IdNr. an Dritte für Zwecke der Besteuerung und zur Sicherung des Steueraufkommens innerhalb der Europäischen Union (EU) weitergegeben werde, trifft danach nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Erhebung von Umsatzsteuer auf Dienstleistungen von Rechtsanwälten ist im Übrigen mit Unionsrecht vereinbar und verstößt nicht gegen die Charta der Grundrechte der EU (vgl. EuGH-Urteil Ordre des barreaux francophones und germanophone u.a. vom 28. Juli 2016 C-543/14, EU:C:2016:605, UR 2016, 634).
Die Einwendungen der Klägerin führen zu keiner anderen Beurteilung.

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass sich USt-IdNrn. inzwischen auf Briefpapier oder Internetseiten befinden, liegt hierin keine “Mitteilung” in dem genannten Sinne. Die Vermutungsregelungen setzen –wie Art. 19 MwSt-DVO zeigt– an der Mitteilung an, nicht an der Existenz einer USt-IdNr.

Der Einwand der Klägerin, eine einmal erteilte Einwilligung könne widerrufen werden, bleibt schon deshalb erfolglos, weil ein derartiger Widerruf im Streitfall nicht festgestellt worden ist.
Nach Art. 56 Abs. 1 AEUV sind Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der EU für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (insbesondere Art. 62, 51 bis 54 AEUV) verboten.

Jedoch hat der EuGH in ständiger Rechtsprechung anerkannt, dass die Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu wahren, ein im Allgemeininteresse liegendes Ziel ist, das eine Beschränkung der Grundfreiheiten rechtfertigen kann.
Selbst wenn eine Prüfung des § 18a Abs. 2 UStG anhand von Art. 56 AEUV vorzunehmen wäre, wäre ein gedachter Eingriff gerechtfertigt. Dies belegen die Begründungen der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung und der VO Nr. 1798/2003:

Nach dem 9. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/8/EG dient die Zusammenfassende Meldung der korrekten Anwendung der Richtlinie 2008/8/EG. Steuerhinterziehung und Steuerumgehung über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg führen nach dem 1. Erwägungsgrund der VO Nr. 1798/2003 zu Einnahmeverlusten, verletzen das Prinzip der Steuergerechtigkeit und beeinträchtigen das Funktionieren des Binnenmarkts. Der Verordnungsgeber war deshalb der Meinung, für ein reibungsloses Funktionieren des Mehrwertsteuersystems sei die elektronische Speicherung und Übertragung von bestimmten Daten zum Zweck der Kontrolle der Mehrwertsteuer erforderlich
Die Mechanismen der VO Nr. 1798/2003 für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sind, da sie dazu dienen, in allen Mitgliedstaaten Betrug und Hinterziehung im Bereich der Mehrwertsteuer zu bekämpfen, außerdem dazu geeignet, die Zurverfügungstellung der Mehrwertsteuermittel für den Unionshaushalt unmittelbar und nachhaltig zu beeinflussen.
Anhaltspunkte, die diese Einschätzungen zur Geeignetheit und Erforderlichkeit des Mehrwertsteuer-Informationsaustauschsystems –MIAS– (und damit einer Zusammenfassenden Meldung) als unzutreffend erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Zusammenfassenden Meldung ist auch, wovon das FG in anderem Zusammenhang ebenso ausgegangen ist, angemessen, da sich die mit der Zusammenfassenden Meldung geforderten Angaben auf den zu einer wirksamen Überprüfung im Rahmen des MIAS erforderlichen Mindestinhalt zur Identität des Leistungsempfängers und zum Umfang der Leistung beschränken. Sie beziehen sich insbesondere nicht auf den Inhalt der von der Klägerin erbrachten Beratungsleistungen.

Auf die von der Klägerin aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zu Zulässigkeit und Grenzen eines von ihr angenommenen Eingriffs in ihr Auskunftsverweigerungsrecht kommt es danach nicht an, weil –wie dargelegt– ein solches Recht aufgrund der Zustimmung ihrer Mandanten zur Meldung in der Zusammenfassenden Meldung nicht besteht.