Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuer-Satzes auf Speisen eines Imbisswagens

Die Abgabe von fertig zubereiteten Speisen aus einem Imbisswagen unterliegt als Dienstleistung dem Regelsteuersatz, wenn aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers das Dienstleistungselement der Speisenabgabe überwiegt; dagegen ist die bloße Abgabe von fertig zubereiteten Speisen aus einem Imbisswagen “zum Mitnehmen” eine nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1993 ermäßigt zu besteuernde Lieferung .

Bei der Beurteilung, ob das Dienstleistungselement der Abgabe von fertig zubereiteten Speisen überwiegt, sind nur solche Dienstleistungen zu berücksichtigen, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 26.10.2006, V R 58, 59/04; V R 58/04; V R 59/04

Nach dem Gesetz ist auch im Streitfall für jeden besteuerten Umsatz zu entscheiden, ob eine –dem ermäßigten Steuersatz unterliegende– Lieferung von Speisen oder eine –dem Regelsteuersatz unterliegende– Dienstleistung vorliegt.

Es kommt nicht auf ein quantitatives Überwiegen des Dienstleistungselements der Bewirtung gegenüber der Speisenlieferung an, sondern darauf, ob das Dienstleistungselement qualitativ überwiegt.

Das FG hat zu Unrecht angenommen, die Tische, Bänke und Stühle der Standnachbarn könnten keine “Vorrichtungen” sein, die dem Kläger zuzurechnen seien. Nach der Rechtsprechung des Senats sind vielmehr auch Verzehrvorrichtungen, die einem Dritten gehören, in die Würdigung einzubeziehen, wenn sie zumindest auch im Interesse des leistenden Unternehmers zur Verfügung gestellt werden.

Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung, dessen Inhalt das FG durch Bezugnahme festgestellt hat, hatten bei 95 v.H. der Veranstaltungen Standnachbarn neben dem Imbisswagen des Klägers Tische und Stühle aufgestellt.
Nach der Abgabe der Speisen entfernten sich einige Kunden gänzlich vom Imbisswagen des Klägers. Hingegen gingen andere Kunden, die auch etwas trinken wollten, zum benachbarten Getränkestand und setzten sich mit den Speisen dort hin.
Dies wurde von den Standnachbarn geduldet, u.a. weil man sich auf den Veranstaltungen kannte.
Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers gab der Kläger nicht nur zubereitete Speisen ab, sondern er stellte auch unmittelbar neben seinem Imbisswagen Tische, Bänke oder Stühle bereit, an denen die gekauften Speisen sitzend verzehrt werden konnten.
Auf welcher Rechtsgrundlage (hier: Duldung) und von wem (hier: von Standnachbarn) die Sitzplätze dem Kläger zur Bereitstellung an seine Kunden überlassen wurden, in wessen Eigentum sie standen und wer sie anschließend reinigte, ist unter Umständen wie denen des Streitfalls aus der Sicht eines Kunden unerheblich.

Das FG hat den Streitfall insoweit dahin gehend gewürdigt, dass nach dem glaubhaften Vortrag des Klägers an der Theke tatsächlich niemand Speisen zu sich nehme, weil an dem seitlichen Teil der Umrandung die durch Bratvorgänge entstehenden Fettspritzer und im Hauptteil der Umrandung der Kundenandrang dies nicht ermöglichte. Auch die Fässer mit Holzplatte seien keine Verzehreinrichtung. Die Ölfässer seien keine Stehtische, sondern Mülleimer, an denen der durchschnittliche Kirmesbesucher nicht gewillt sei, Speisen zu sich zu nehmen.

Soweit der Kläger lediglich Speisen “zum Mitnehmen” abgegeben hat, unterliegen diese Umsätze als Lieferungen der Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz weil der Kläger insoweit keine Dienstleistungen erbrachte, die den Verzehr in einem geeigneten Rahmen ansprechend gestalteten.
Danach ist nämlich die Lieferung der dort genannten Lebensmittelzubereitungen ermäßigt zu besteuern, was voraussetzt, dass Lebensmittelzubereitungen “geliefert” werden können.
Der vom FA angeführten Auffassung des FG des Saarlands (Beschluss vom 12. August 2003 1 V 176/03, EFG 2003, 1742), verzehrfertige Speisen seien generell nicht begünstigt, vermag der Senat deshalb nicht zu folgen.
Auch dass der Kläger die Speisen “zum Mitnehmen” in Papierservietten oder Einwegschälchen und mit Einweggabeln abgegeben sowie auf Wunsch Senf, Ketchup, Mayonnaise oder Apfelmus beigefügt hat, ist insoweit unschädlich. Dies gilt auch für die Bereitstellung von Abfalleimern, da die Rücknahme von Verkaufsverpackungen notwendig mit der Vermarktung von Lebensmitteln verbunden ist.