EuGH-Vorlage zum umsatzsteuerlichen Leistungsort bei Zellvermehrung für ausländische Unternehmer und zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer

Dem EuGH werden die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

 1. Ist Art. 28b Teil F Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass

 a) das einem Menschen entnommene Knorpelmaterial ("Biopsat"), welches einem Unternehmer zum Zwecke der Zellvermehrung und anschließenden Rückgabe als Implantat für den betroffenen Patienten überlassen wird, ein "beweglicher körperlicher Gegenstand" im Sinne dieser Bestimmung ist,

 b) das Herauslösen der Gelenkknorpelzellen aus dem Knorpelmaterial und die anschließende Zellvermehrung "Arbeiten" an beweglichen körperlichen Gegenständen im Sinne dieser Bestimmung sind,

 c) die Dienstleistung dem Empfänger bereits dann "unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht" worden ist, wenn diese in der Rechnung des Erbringers der Dienstleistung angeführt ist, ohne dass eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung über ihre Verwendung getroffen wurde?

 2. Falls eine der vorstehenden Fragen verneint wird:
Ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass das Herauslösen der Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und die anschließende Zellvermehrung dann eine "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" ist, wenn die durch die Zellvermehrung gewonnenen Zellen dem Spender wieder implantiert werden?

 BFH Beschluss vom 1. April 2009 XI R 52/07

Erläuterungen;

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) mit Beschluss vom 1. April 2009 XI R 52/07 mehrere Fragen im Zusammenhang mit dem Leistungsort bei der Vermehrung menschlicher Zellen durch Zellkultivierung für ausländische Unternehmer und zur Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Die in Deutschland ansässige Klägerin ist im Bereich der Gewebezüchtung (Tissue-Engineerung) tätig. Sie löst aus dem ihr von Ärzten oder Kliniken übersandten Knorpelmaterial eines Patienten Zellen heraus, die sie durch Zellkultivierung vermehrt und die dann dem Patienten wieder implantiert werden. Sie ist der Meinung, ihre Umsätze mit Auftraggebern aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind nach § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. c des Umsatzsteuergesetzes nicht in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Nach dieser Vorschrift unterliegen im Inland ausgeführte "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen" nicht der deutschen Umsatzsteuer, wenn der Leistungsempfänger in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist und er die dort erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer "verwendet". Diese Vorschrift beruht auf Art. 28b Teil F der Richtlinie 77/388/EWG.

Der BFH hat den EuGH um eine Vorabentscheidung darüber ersucht, ob die Zellvermehrungen zum Zwecke der Eigenimplantation als "Arbeiten an beweglichen körperlichen Gegenständen" im Sinne von Art. 28b Teil F der Richtlinie 77/388/EWG qualifiziert werden können und ob einem Leistungsempfänger, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist, eine Dienstleistung nur dann im Sinne dieser Bestimmung "unter seiner Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erbracht worden" ist, wenn darüber eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen worden ist. Hilfsweise hat der BFH gefragt, ob die Zellvermehrung eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin ist.