Gleichartigkeit der Sonderausgaben bei Verrechnung

Die Verrechnung erstatteter oder zurückgezahlter mit gezahlten Sonderausgaben setzt Gleichartigkeit voraus. Ob die Sonderausgaben gleichartig sind, richtet sich nach deren Sinn und Zweck sowie deren wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkungen für den Steuerpflichtigen. Bei Versicherungsbeiträgen kommt es auf die Funktion der Versicherung und das abgesicherte Risiko an.

BFH Urteil vom 21. Juli 2009 X R 32/07

Begründung:

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. sind bestimmte, im Einzelnen aufgeführte "Aufwendungen" als Sonderausgaben abziehbar. Hierzu gehören auch Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge. Keine wirtschaftliche Belastung hat der BFH beim Sonderausgabenabzug z.B. angenommen, wenn geleistete Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden. Ist der Einkommensteuerbescheid des Zahlungsjahres noch nicht (materiell) bestandskräftig, ist der Sonderausgabenabzug um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) geändert werden. Dies gilt auch, wenn der sog. Erstattungsüberhang daraus resultiert, dass die im Veranlagungszeitraum erstatteten Sonderausgaben die im Veranlagungszeitraum gezahlten übersteigen.

Eine Bestätigung einer differenzierten Betrachtungsweise liefern die Überlegungen der Bundesregierung zu der vom BVerfG im Beschluss in BVerfGE 120, 125 aufgegebenen Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung der Aufwendungen für die Kranken- und die Pflegeversicherung. Hier hatte die Bundesregierung längere Zeit die Absicht verfolgt, für einen Teil der entstehenden steuerlichen Entlastung eine Gegenfinanzierung durch vollständige Aberkennung der Abziehbarkeit der Beiträge zu anderen Versicherungen, wie der Haftpflicht-, der Arbeitslosen-, der Berufsunfähigkeits- oder Unfallversicherung zu erreichen. Das zeigt die fehlende Gleichartigkeit der unterschiedlichen Versicherungsarten.

Somit ist für die Bestimmung der Gleichartigkeit nach dem tatsächlichen Charakter und der Funktion der jeweiligen Sonderausgabe für den Steuerpflichtigen auszugehen.