Geschäftsveräußerung im Ganzen

Der bloße Kundenstamm ist kein hinreichendes Ganzes, das die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht, so dass seine Übertragung für eine nach § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung nicht ausreicht.

BFH Beschluss vom 11.11.2009 VB 46/09 BFH NV 2010 S. 479f.

Begründung:

Danach kommt es für die Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG darauf an, ob die übertragenen Vermögensgegenstände die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, wofür maßgeblich ist, ob die übertragenen Vermögensgegenstände ein hinreichendes Ganzes bilden, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung die Art der übertragenen Vermögensgegenstände und der Grad der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit zwischen den vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen.

Der Erwerber kann den von ihm erworbenen Geschäftsbetrieb danach aus z.B. betriebswirtschaftlichen oder kaufmännischen Gründen in seinem Zuschnitt ändern oder modernisieren. Die Wesentlichkeit einzelner Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand stellen dabei keine eigenständigen Voraussetzungen für die Geschäftsveräußerung dar, sondern sind im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen, aus der sich ergibt, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht.

Das Gericht hat sich diese Grundsätze in seinem Urteil zu eigen gemacht und im Rahmen der nach der BFH-Rechtsprechung maßgeblichen Gesamtwürdigung entschieden, dass durch die bloße Übertragung des Kundenstammes kein hinreichendes Ganzes übergegangen sei, um den bisherigen Produktionsbetrieb einer Bäckerei fortzuführen. Dass die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag an den Produktionsanlagen des Verkäufers kein Interesse hatte, sondern mit dem erworbenen Kundenstamm die eigenen, bereits vorhandenen Produktionsanlagen auslasten wollte, erklärt zwar die Beschränkung des Erwerbsvorgangs auf den Kundenstamm, führt jedoch nicht dazu, die bloße Übertragung des Kundenstammes als Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG anzusehen. Das FG konnte im Rahmen der ihm obliegenden Gesamtwürdigung davon ausgehen, dass der Kundenstamm als einzig übertragener Unternehmensgegenstand eines vom Veräußerer geführten Bäckereibetriebes kein hinreichendes Ganzes darstellte, das die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht. Über die Frage, ob eine Geschäftsveräußerung vorläge, wenn sich die unternehmerische Tätigkeit auf die Verpachtung eines Kundenstammes beschränkt, und der Pachtvertrag unter Fortführung des Pachtverhältnisses mit dem Pächter fortgeführt wird, könnte der Senat nach den Verhältnissen des Streitfalls nicht entscheiden.