Abgabe von Krebsmedikamenten durch Krankenhausapotheke umsatzsteuerfrei

Der 5. Senat des Finanzgerichts Münster hat in einem heute veröffentlichten Urteil vom 12. Mai 2011 (5 K 435/09 U) klargestellt, dass die Lieferung von Medikamenten zur Behandlung von Krebserkrankungen (sog. Zytostatika) durch eine Krankenhausapotheke umsatzsteuerfrei ist – und zwar auch dann, wenn die Patienten ambulant therapiert werden.

 Im Streitfall betrieb die Klägerin ein gemeinnütziges Krankenhaus. Aufgrund einer sog. Institutsermächtigung war es ihr gestattet, auch ambulante Behandlungen (z.B. Chemotherapien) durchzuführen. Die im Rahmen dieser Therapien an die Patienten verabreichten Zytostatika wurden in der von der Klägerin unterhaltenen Krankenhausapotheke nach ärztlicher Anordnung zeitnah und individuell für die Patienten hergestellt. Während die Klägerin die hieraus erzielten Umsätze als steuerfrei ansah, war das beklagte Finanzamt der Auffassung, die Umsatzerlöse seien steuerpflichtig.

 Der 5. Senat gab der Klägerin Recht. Die Abgabe von Zytostatika an Patienten der Klägerin im Rahmen ambulanter Krebstherapien unterfalle der Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16 Buchst. b) UStG a.F., denn die Behandlung sei – wie vom Gesetz gefordert – mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbunden. Eng verbundene Umsätze lägen vor, wenn sie als Nebenleistung zu einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung anzusehen seien, d.h. sie ein Mittel darstellten, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Dies treffe auf die streitigen Medikamentenlieferungen zu, die als Nebenleistungen zur Krebstherapie erbracht würden. Unbeachtlich sei, ob die Heilbehandlung im Rahmen einer stationären Aufnahme der Patienten oder ambulant erfolge. Die Abgabe der Zytostatika durch die Klägerin sei für die Krankenhausbehandlung als unerlässlich anzusehen, denn sie fördere die ambulanten Krebstherapien erheblich. Sowohl die Klägerin als auch die Patienten könnten die Therapie so effektiv und mit möglichst geringem Aufwand gestalten. Zudem diene – hiervon war der Senat überzeugt – die Abgabe der Medikamente in erster Linie dem reibungslosen Ablauf der Chemotherapien und damit einer möglichst effektiven Heilbehandlung. Sie sei nicht vorrangig dazu bestimmt, der Klägerin zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Hierfür spreche auch die der Klägerin erteilte Institutsermächtigung, die nur bei einer ansonsten nicht ausreichenden ärztlichen Versorgung erteilt werde.

 Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Das Verfahren wird beim Bundesfinanzhof unter dem Az. V R 19/11 geführt.