Steuerfreiheit für Private Equity-Engagement in England

Gewerblichkeit eines (englischen, gewerblich geprägten) Private Equity Fonds – Freistellung von der Besteuerung nach DBA-Großbritannien 1964/1970 für Betriebsstätteneinkünfte – (negativer) Qualifikationskonflikt als Voraussetzung für die Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 – Ankauf und Verkauf von Wertpapieren als gewerbliche Tätigkeit – Abgrenzung zur Vermögensverwaltung – Geschäftsmodell von Private Equity Fonds – Treaty Override.

BFH Urteil vom 24.8.2011, I R 46/10

Erläuterung (BFH):

Mit Urteil vom 24. August 2011 I R 46/10 hat der Bundesfinanzhof (BFH) sich grundlegend zur Besteuerung von – zumeist institutionellen – Anlegern geäußert, die sich im Ausland – hier konkret in England – an einem Private Equity (PE)-Fonds beteiligen.

Ein derartiges Engagement ist, so der BFH, regelmäßig gewerblicher und nicht lediglich vermögensverwaltender Natur. Weil das Besteuerungsrecht für gewerbliche Einkünfte aber nach Maßgabe von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) regelmäßig demjenigen Staat gebührt, in dem der Fonds mit einer Betriebsstätte tätig ist, bleiben die Gewinne in Deutschland steuerfrei. Das gilt selbst dann, wenn der Fonds im Ausland über kein eigenes Büro und kein eigenes Personal verfügt und seine Geschäfte über eine Managementgesellschaft ausüben lässt. Und auch der Umstand, dass die Fondseinkünfte im anderen Vertragsstaat nicht besteuert werden, ändert an der Steuerbefreiung nichts. Zwar hat der deutsche Gesetzgeber für einen derartigen Fall Vorsorge getroffen: Er hat mit § 50d Abs. 9 des Einkommensteuergesetzes eine Norm geschaffen, die das Besteuerungsrecht an Deutschland zurückfallen lässt, wenn andernfalls die Einkünfte überhaupt nicht besteuert werden. Dass völkerrechtlich im DBA das Gegenteil vereinbart worden ist, stört ihn insofern nicht; man setzt sich in einem sog. Treaty override darüber hinweg. Dieser Besteuerungsrückfall gelingt aber nur, wenn er auf eine unterschiedliche steuerliche Auslegung des DBA durch beide Vertragsstaaten – einen sog. negativen Qualifikationskonflikt – zurückzuführen ist. Er scheitert indes, wenn Grund für die Nichtbesteuerung im anderen Staat dessen nationales Steuerrecht ist, beispielsweise, weil dieser Staat PE-Engagements steuerlich subventioniert.

Konkret ging es um die Beteiligung u.a. deutscher Versicherungsunternehmen an einem PE-Fonds in England, der dort operativ über eine Managementgesellschaft agierte. Er blieb in England steuerfrei, weil England PE-Fonds steuerlich fördert, um ausländisches Kapital anzulocken. Trotzdem musste, wie der BFH entschieden hat, nun auch das deutsche Finanzamt auf eine Besteuerung der Fondseinkünfte verzichten.

Das Ganze kehrt sich allerdings um, wenn sich Ausländer an einem deutschen PE-Fonds beteiligen, oder auch, wenn es sich um einen rein innerdeutschen Fonds geht: Bisher konnte der Fonds in Deutschland darauf hoffen, nicht als gewerblich angesehen zu werden, was insbesondere für die Gewinne aus Beteiligungsveräußerungen vorteilhaft war. Den Steuervorteil sicherte ihm eine sehr groß-zügige Praxis der deutschen Finanzverwaltung. Diese Praxis wird jetzt vom BFH aber grundlegend in Frage gestellt.