Ausbildung zum Rettungssanitäter als Berufsausbildung

Eine erstmalige Berufsausbildung i.S. von § 12 Nr. 5 EStG setzt weder ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz noch eine bestimmte Ausbildungsdauer voraus.

Die Ausbildung zum Rettungssanitäter ist eine erstmalige Berufsausbildung.

BFH Urteil vom 27.10.2011, VI R 52/10

Begründung:

Werbungskosten, nämlich Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG liegen vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Sie sind beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen. Diese Voraussetzungen können auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsausbildungskosten. Entscheidend bleibt, ob die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit aufweisen.

Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Deshalb steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung sind nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

Nach Auffassung des Senats liegt eine Berufsausbildung im Sinne des Steuerrechts nicht nur vor, wenn der Steuerpflichtige im dualen System oder innerbetrieblich Berufsbildungsmaßnahmen durchläuft. Ebenso wenig setzt der steuerrechtliche Begriff der Berufsausbildung ein Berufsausbildungsverhältnis nach dem Berufsbildungsgesetz und eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren voraus, wie das FG meint. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Ausbildung den Steuerpflichtigen befähigt, aus der angestrebten Tätigkeit Einkünfte zu erzielen. Deshalb ist auch die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (Pilot) eine Berufsausbildung in diesem Sinne. Dabei ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob die Ausbildung zum Erwerb einer Musterberechtigung für ein bestimmtes Verkehrsflugzeug eine zweite Ausbildung darstellt oder Teil einer einheitlichen Ausbildung ist.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger mit der Ausbildung zum Rettungssanitäter eine Berufsausbildung i.S. des § 12 Nr. 5 EStG absolviert. Der Beruf des Rettungssanitäters, der regelmäßig als Vollerwerbstätigkeit ausgeübt wird, setzt eine mehrmonatige, landesrechtlich geregelte Ausbildung voraus. Im Streitfall war die für das Land Nordrhein-Westfalen geltende Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter vom 25. Januar 2000 maßgeblich. Entgegen der Auffassung des FA ist es ohne Belang, dass der Kläger die Ausbildung während der Zivildienstzeit durchlaufen und auch nur in diesem Zeitraum den Beruf ausgeübt hat.