Rückstellung wegen Erfüllungsrückstand

Ob ein Versicherungsvertreter, der von der Versicherung nicht nur eine Abschlussprovision, sondern auch eine Bestandspflegeprovision erhält, wegen der Bestandspflege eine Rückstellung bilden darf, hängt davon ab, ob die Abschlussprovision von der Versicherung in rechtlicher Hinsicht auch wegen der noch zu erbringenden Bestandspflege geleistet wird und aus diesem Grund eine Vorleistung gegeben ist.

BFH Beschluss vom 08.11.2011 – X B 221/10 (NV) BFH NV 2012 S. 217 f.

Begründung:

Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), dass eine Rückstellung gebildet werden kann, wenn im Rahmen schwebender Geschäfte, zu denen auch Dauerschuldverhältnisse gehören können, ein Erfüllungsrückstand besteht. Das Bestehen eines solchen Erfüllungsrückstands bestimmt sich danach, ob die noch zu erbringende Leistung nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern durch Vergangenes abgegolten wird. Der so definierte Erfüllungsrückstand setzt eine Verpflichtung voraus, die sich als vom Vertragspartner durch dessen erbrachte Vorleistung erdient und eine am Bilanzstichtag des Steuerpflichtigen somit rückständige Gegenleistung darstellt.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der BFH entschieden, dass eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstands zu bilden ist, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält. Ob eine solche Rückstellung auch gebildet werden kann, wenn der Versicherungsvertreter von der Versicherung nicht nur eine Abschlussprovision, sondern auch eine Bestandspflegeprovision erhält, hat der BFH zwar nicht entschieden. Diese Rechtsfrage bedarf indessen nicht der grundsätzlichen Klärung, weil sie in Anwendung der allgemeinen Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage des Erfüllungsrückstands zu beantworten ist.

Danach genügt es für die Bildung einer solchen Rückstellung nicht, dass die Versicherung zur Pflege des Versicherungsbestands verpflichtet ist. Vielmehr muss sich auch feststellen lassen, dass die Abschlussprovision von der Versicherung in rechtlicher Hinsicht auch wegen der noch zu erbringenden Bestandspflege geleistet wird, sich also im Hinblick hierauf als Vorleistung darstellt. Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den gegebenen vertraglichen Bestimmungen.

Da es um das Vorliegen eines Verpflichtungsüberhangs geht, kann die erlangte Abschlussprovision nicht allein mit der Begründung als Vorleistung für die zu erbringende Bestandspflege angesehen werden, die vertraglich vereinbarten Bestandspflegeprovisionen seien nicht kostendeckend. Von diesen Grundsätzen geht ersichtlich auch die finanzgerichtliche Rechtsprechung aus.