Ort der Leistung für die von einem Reiseveranstalter im Rahmen von Pauschalreisepaketen mitverkaufte Verpflegung von Hotelgästen im Ausland

Die Verpflegung von Hotelgästen stellt eine Nebenleistung zur Übernachtung dar, die als Teil der Gesamtleistung gem. § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG am Ort des Hotels steuerbar ist.

Niedersächsisches Finanzgericht 5. Senat, Urteil vom 19.09.2011, 5 K 319/10 (Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt)

Begründung:

Zu Unrecht hat der Beklagte darin Umsatzerlöse in Höhe von 43.781,11 € der Umsatzsteuer unterworfen. Bei diesen von der Klägerin erbrachten Restaurationserlösen handelt es sich um Nebenleistungen zur Unterbringung, die nach § 3a Abs. 2 Nr. 1 UStG im übrigen Gemeinschaftsgebiet am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels steuerbar sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. z.B. Urteile des EuGH vom 25.02.1999 Rs. C-349/96, Card Protection Plan Ltd. –CPP–, Slg. 1999, I-973 Rn. 28 ff.; vom 27.10.2005 Rs. C-41/04, Levob, Slg. 2005, I-9433 Rn. 19 ff., und vom 21.06.2007 Rs. C-453/05, Ludwig, Slg. 2007, I-5083, BFH/NV Beilage 2007, 398 Rn. 17 f.; und des BFH vom 09.06.2005 V R 50/02, BFHE 210, 182, BStBl II 2006, 98 m.w.N.) ist zum einen jede Leistung in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten, zum anderen darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Daher ist das Wesen des fraglichen Umsatzes aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers zu ermitteln, um festzustellen, ob der Steuerpflichtige dem Verbraucher mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Eine einheitliche Leistung liegt insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen darstellen, die das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistungserbringers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Nach dem EuGH-Urteil vom 22.10.1998 Rs. C-308/96 und C-94/97, Madgett und Baldwin (Slg. 1998, I-6229, HFR 1999, 129) stellen gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen, auf die im Verhältnis zur Unterbringung nur ein geringer Teil des Pauschalbetrags entfällt und die zu den traditionellen Aufgaben eines Hoteliers gehören, für die Kundschaft das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung des Hoteliers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen, so dass es sich um Nebenleistungen handelt. Nach diesem zu einem pauschalen Leistungspaket, bestehend aus einer Hotelunterbringung mit Halbpension und Busbeförderung, ergangenen EuGH-Urteil (Rn. 24 bis 26) "ist es üblich, dass Wirtschaftsteilnehmer wie Hoteliers, die gewöhnlich mit Reisen verbundene Dienstleistungen erbringen, bei Dritten bezogene Leistungen in Anspruch nehmen, die nicht nur einen im Vergleich zu den Umsätzen, die die Unterbringung betreffen, geringen Teil des Pauschalbetrags ausmachen, sondern auch zu den traditionellen Aufgaben dieser Wirtschaftsteilnehmer gehören. Diese von Dritten bezogenen Leistungen erfüllen somit für die Kundschaft keinen eigenen Zweck, sondern stellen das Mittel dar, um die Hauptdienstleistung dieses Wirtschaftsteilnehmers unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. In einem solchen Fall bleiben die bei Dritten bezogenen Leistungen gegenüber den Eigenleistungen reine Nebenleistungen; der Wirtschaftsteilnehmer unterliegt somit nicht der Besteuerung nach Artikel 26 der Sechsten Richtlinie. Bietet jedoch ein Hotelier seinen Kunden neben der Unterbringung regelmäßig auch Leistungen an, die über traditionelle Aufgaben der Hoteliers hinausgehen und deren Erbringung nicht ohne spürbare Auswirkung auf den Pauschalpreis bleiben kann, wie etwa die Anreise zum Hotel von weit entfernten Abholstellen aus, so können solche Leistungen nicht reinen Nebenleistungen gleichgestellt werden" (BFH-Urteil vom 15.01.2009 V R 9/06, BFHE 224, 166, BStBl II 2010, 433).

Unerheblich ist, dass die Klägerin selbst kein Hotelier ist und die Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen nicht unmittelbar gegenüber den Hotelgästen, sondern gegenüber anderen Unternehmern ausgeführt hat. Denn den Reiseunternehmern als Empfänger der von der Klägerin erbrachten Leistungen kam es entscheidend darauf an, Pauschalpakete aus Übernachtungs- und Verpflegungsleistungen zusammen mit anderen Leistungspaketen zu erwerben, um diese als einheitliche Leistung gegenüber Reisenden anbieten zu können.

Die Klägerin ist Paketanbieterin und biete fast ausschließlich komplette Reisen ins Ausland an. Sie verkaufe Leistungspakete an Reiseunternehmen, die diese wiederum als Pauschalreisen anböten. Die Leistungspakete umfassten Übernachtungsleistungen mit Halb- und Vollpension sowie ergänzende Leistungen in Form von Ausflügen, Besichtigungen, Exkursionen etc.. Die streitbefangenen Leistungen unterliegen nicht gem. § 25 UStG der Umsatzsteuer. § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, dass die vom Unternehmer erbrachten Reiseleistungen nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers erbracht werden. Für Reiseleistungen an andere Unternehmer ist § 25 UStG daher nicht anwendbar.