Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören, beurteilt sich grundsätzlich nach der Art des versicherten Risikos.
Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen (die Versicherungsleistungen) nicht steuerbar sind.
Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko, zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, stellen grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, während Gefahren, die betriebliche Risiken abdecken, dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind.
Für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat kommt es nicht darauf an, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzen sind.
BFH Urteil vom 15.11.2011 – VIII R 34/09 BFHNV 2012 Seite 722.
Begründung:
Die Beteiligten streiten um die Zuordnung einer Versicherungsleistung zu den Betriebseinnahmen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) bei dessen freiberuflichen Einkünften. Der Kläger war im Streitjahr als freiberuflicher Techniker tätig und betrieb ein Planungsunternehmen für energietechnische Anlagen aller Art. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes
Im Dezember 1995 erhielt der Kläger aufgrund eines im Mai 1995 erlittenen Unfalls im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau gemäß einer bereits 1987 abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung bei der X-Versicherung, die sich auf den Kläger und drei Arbeitnehmer seines Unternehmens bezog, eine Übergangsleistung in Höhe von 30.000 DM. Der Versicherungsschutz aus der Gruppenunfallversicherung erfasste alle Unfälle des täglichen Lebens.
Die Auffassung des FG, die Versicherungsleistung in Höhe von 30.000 DM stelle eine Betriebseinnahme dar, weil der Kläger die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag aufgrund der Behandlung der Versicherungsprämien als Betriebsausgaben dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet habe, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Ob Ansprüche und Verpflichtungen aus einem Versicherungsvertrag zum Betriebsvermögen eines Unternehmens gehören, beurteilt sich grundsätzlich nach der Art des versicherten Risikos. Bezieht sich die Versicherung auf ein betriebliches Risiko, führt sie zu Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen; ist dagegen ein außerbetriebliches Risiko versichert, können Ausgaben allenfalls als Sonderausgaben i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden, während die Einnahmen (die Versicherungsleistungen) nicht steuerbar sind. Danach stellen Gefahren, die in der Person des Betriebsinhabers begründet sind, wie etwa das allgemeine Lebensrisiko zu erkranken oder Opfer eines Unfalls zu werden, grundsätzlich außerbetriebliche Risiken dar, während Gefahren, die betriebliche Risiken abdecken, dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sind. Denn das Risiko krankheits- oder unfallbedingter Vermögenseinbußen (Heilbehandlungskosten, Verdienstausfall) ist bei wertender Betrachtung der privaten Lebensführung zuzurechnen. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn durch die Ausübung des Berufs ein erhöhtes Risiko geschaffen wird und der Abschluss des Versicherungsvertrages entscheidend der Abwendung dieses Risikos dient. Daher sind Versicherungen, die Schutz gegen spezielle berufs- oder betriebsspezifische Gefahren (Berufskrankheiten, Arbeitsunfälle) gewähren, der betrieblichen/ beruflichen Sphäre zuzurechnen. Der Senat hat auch klargestellt, dass es für die Einordnung eines Risikos als betrieblich oder privat nicht darauf ankommt, welche Aufwendungen oder Schäden bei Eintritt des Versicherungsfalles vom Versicherer zu ersetzen sind. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die versicherte Gefahr durch den Betrieb veranlasst wird, was insbesondere bei dem speziellen Risiko einer Berufskrankheit oder bei einer Gefahrerhöhung durch eine besondere berufliche oder betriebliche Tätigkeit der Fall sein kann, weil die Risikoursache im betrieblichen Bereich liegt.
Abgesehen davon stellt der Verlust der Gesundheit stets ein allgemeines Lebensrisiko dar, das der Privatsphäre zuzurechnen ist. In Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall sind die Ansprüche aus der Gruppenunfallversicherung dem privaten Lebensführungsbereich des Klägers zuzurechnen, soweit die Gefahr einer krankheits- oder unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit versichert ist. Der Kläger hat seinen Unfall nicht im oder durch seinen Betrieb erlitten, sondern während seiner Tätigkeit im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Ehefrau. Im Ergebnis hat sich damit ein privates Risiko realisiert. Demzufolge ist die Versicherungsleistung nicht steuerbar.
Die Auffassung des FG, die Gruppenunfallversicherung habe zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört, trifft nicht zu, weil eine private Versicherung nicht geeignet ist, den Betrieb zu fördern, auch wenn die Prämien als Betriebsausgaben abgezogen worden sind.