Ort der sonstigen Leistung bei Buchhaltungstätigkeiten

Buchhaltungsleistungen, die das Erfassen und Kontieren von Belegen sowie die Vorbereitung der Abschlusserstellung umfassen, gehören nicht zu den Leistungen, die hauptsächlich und gewöhnlich im Rahmen der in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG bzw. in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG genannten Berufe erbracht werden. Sie stellen auch keine ähnlichen Leistungen dar. Der Leistungsort richtet sich daher nach § 3a Abs. 1 UStG.

BFH Urteil vom 09.02.2012 – VR 20/11 BFHNV 2012 Seite 1336

Begründung:

Streitig ist, ob an einen im Drittland ansässigen Unternehmer erbrachte Buchhaltungsleistungen im Inland ausgeführt werden. Das FG geht zutreffend davon aus, dass die Klägerin mit den streitigen Buchhaltungsleistungen im Inland steuerbare Leistungen i.S. des § 3a Abs. 1 UStG erbracht hat.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Klägerin hat mit den Buchhaltungsleistungen sonstige Leistungen i.S. des § 3 Abs. 9 UStG erbracht. Insbesondere hat das FG die Buchhaltungsleistungen zu Recht als selbständige Leistung beurteilt.

Jede Dienstleistung ist in der Regel als eigene, selbständige Leistung zu betrachten; andererseits darf aber eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung nicht künstlich aufgespalten werden. Nach dem Wesen des fraglichen Umsatzes ist zu ermitteln und festzustellen, ob eine einheitliche Leistung oder mehrere Leistungen vorliegen. Das FG hat den Sachverhalt dahingehend gewürdigt, dass die Einzelleistungen trotz des einheitlichen Entgelts aus Sicht der Leistungsempfängerin jeweils ihren eigenständigen Wert behalten hätten und nicht untrennbar miteinander verbunden seien.

Eine von § 3a Abs. 1 UStG abweichende Ortsbestimmung nach § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 UStG hat das FG zu Recht abgelehnt.Nach § 3a Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 3 UStG werden u.a. die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer und vereidigter Buchprüfer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer, insbesondere die rechtliche, wirtschaftliche und technische Beratung, sofern deren Empfänger ein Unternehmer ist, dort ausgeführt, wo der Empfänger sein Unternehmen betreibt.

Diese Norm dient der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG. Abweichend von der Grundregel des Leistungsortes für sonstige Leistungen in Abs. 1 gilt danach als Ort der Leistungen von Beratern, Ingenieuren, Studienbüros, Anwälten, Buchprüfern und sonstigen ähnlichen Leistungen der Ort, an dem der Empfänger den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit oder eine feste Niederlassung hat, für welche die Dienstleistung erbracht worden ist, oder in Ermangelung eines solchen Sitzes oder einer solchen Niederlassung sein Wohnort oder sein üblicher Aufenthaltsort.

Das FG hat zu Recht entschieden, dass es sich bei den im Streitfall zu beurteilenden Buchhaltungsleistungen nicht um solche handelt, die hauptsächlich und gewöhnlich zu den in § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG bzw. in Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG genannten Berufen gehören. Sie stellen auch keine "ähnlichen Leistungen" dar.

Sowohl das Erfassen und Kontieren von Belegen als auch die Vorbereitung der Abschlussarbeiten stellen,anders als das Einrichten der Buchführung und die Aufstellung des Jahresabschlusses selbst, routinemäßige Verwaltungsarbeiten dar, die im Regelfall nicht durch besondere rechtliche Erwägungen geprägt sind, sondern durch einen bereits vorgegebenen Kontenrahmen bestimmt werden. Die zugrunde liegenden Sachverhalte sind überwiegend einfach gelagert und wiederholen sich im Laufe der Zeit ständig in gleicher Weise. Die hierfür notwendigen Kenntnisse werden regelmäßig im Rahmen einer kaufmännischen Ausbildung vermittelt und prägen das Berufsbild eines Kaufmanns.

Kenntnisse auf diesem Gebiet sind zwar auch für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Buchprüfer i.S. von § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG bzw. Buchprüfer i.S. von Art. 9 Abs. 2 Buchst. e dritter Gedankenstrich der Richtlinie 77/388/EWG (vgl. z.B. auch "accountants" in der englischen und niederländischen Sprachfassung, "experts comptables" in der französischen Sprachfassung, "periti contabili" in der italienischen Sprachfassung und "expertos contables" in der spanischen Sprachfassung) erforderlich, da das Erfassen und Kontieren von Belegen und die Vorbereitung der Abschlussarbeiten eine Grundlage für deren Tätigkeit bilden. Berufstypisch sind diese Arbeiten jedoch nicht. Es handelt sich vielmehr um typische Vorbereitungsarbeiten, die regelmäßig durch andere Berufsgruppen erbracht werden.

Es handelt sich daher auch nicht um "sonstige ähnliche Leistungen" i.S. des § 3a Abs. 4 Nr. 3 UStG. Damit sind nur Leistungen gemeint, die irgendeiner der in dieser Vorschrift ausdrücklich aufgeführten Tätigkeiten ähnlich sind. Das ist nur dann der Fall, wenn beide Tätigkeiten dem gleichen Zweck dienen. Daran fehlt es im Streitfall.