Steuerfreiheit und Steuerbarkeit der Vermögensverwaltung mit Wertpapieren

Die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren, bei der ein Steuerpflichtiger aufgrund eigenen Ermessens über den Kauf und Verkauf von Wertpapieren entscheidet und diese Entscheidung durch den Kauf und Verkauf der Wertpapiere vollzieht, ist eine einheitliche und im Inland steuerpflichtige Leistung.

Wird die Vermögensverwaltung mit Wertpapieren an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger erbracht, ist sie nach Art. 56 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2006/112/EG am Empfängerort zu besteuern. Der Steuerpflichtige kann sich auf den Anwendungsvorrang des Unionsrechts gegenüber der richtlinienwidrigen Regelung in § 3a Abs. 4 Nr. 6 Buchst. a UStG berufen

BFH Urteil vom 11.10.2012, V R 9/10

Begründung (BFH):

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2010 V R 9/10 dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorgelegt, ob Banken und andere Vermögensverwalter, die für einzelne Anleger Wertpapiervermögen verwalten (sog. individuelle Portfolioverwaltung), mit diesen Leistungen der Umsatzsteuer unterliegen. Die Finanzverwaltung bejaht dies, so dass der Portfolioverwalter seine Leistung gegenüber dem Anleger mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern hat.

Die im Inland erbrachten Leistungen der Klägerin sind nicht steuerfrei, während die Leistungen, die die Klägerin an im Drittlandsgebiet ansässige Privatanleger erbrachte, nicht steuerbar sind. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 8 Buchst. e UStG "die Umsätze im Geschäft mit Wertpapieren und die Vermittlung dieser Umsätze, ausgenommen die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren". Die Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/112/EG, der für "Umsätze – einschließlich der Vermittlung, jedoch nicht der Verwahrung und der Verwaltung -, die sich auf Aktien, Anteile an Gesellschaften und Vereinigungen, Schuldverschreibungen oder sonstige Wertpapiere beziehen, mit Ausnahme von Warenpapieren und der in Artikel 15 Absatz 2 genannten Rechte und Wertpapiere" gilt.

Nach dem im Streitfall ergangenen EuGH-Urteil Deutsche Bank in UR 2012, 667 steht fest, dass die durch die Klägerin erbrachten Leistungen als einheitliche Leistung anzusehen sind. Der EuGH hat insoweit die in dem BMF-Schreiben in BStBl I 2008, 1086 vertretene Rechtsauffassung bestätigt.