Begriff der “Vermietung von Grundstücken”

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG betrifft nur solche Nutzungsrechte, die auch von dem Begriff "Vermietung und Verpachtung" umfasst werden.

Die entgeltliche Bestellung eines unwiderruflich eingeräumten dinglichen Nutzungsrechts zur Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen nach dem BNatSchG ist keine "Vermietung oder Verpachtung" i.S. des § 4 Nr. 12 UStG.

BFH Urteil vom 8.11.2012, V R 15/12

Begründung:

Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Überlassung der Grundstücke an die Gemeinde M zwecks Verwendung für eine Ausgleichsmaßnahme der Regelbesteuerung unterliegt und weder von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG noch von der gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. b UStG erfasst wird.

Ob eine Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts. Das grundlegende Merkmal des Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte Zeit gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen. Für die Beurteilung, ob eine bestimmte Vereinbarung dieser Definition entspricht, sind alle Merkmale des Vorgangs sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen er erfolgt. Maßgebend ist insoweit der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben.

Danach liegt keine Vermietung vor. Zwar hat der Kläger der Gemeinde das Recht zur Inbesitznahme eingeräumt, um die Ausgleichsmaßnahme auf dem Grundstück vornehmen zu können. Dabei ist es den Vertragsparteien aber nicht um eine Inbesitznahme der Grundstücke durch die Gemeinde gegangen, um ihr die Möglichkeit zu verschaffen, Dritte wie ein Eigentümer von der Nutzung ausschließen zu können. Entscheidend war für die Gemeinde, die Grundstücke durch Umgestaltung in einen bestimmten Zustand ("extensiv genutztes Grünland und Anlage eines Teiches") zu versetzen, um damit ihren naturschutzrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Das wird durch die tatsächliche spätere Nutzung bestätigt, in deren Rahmen der Kläger die Grünflächen gemäht und gedüngt hat.

Eine Vermietung scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil der Kläger der Gemeinde das Nutzungsrecht nicht für eine bestimmte Zeit überlassen hat. Das würde einen in irgendeiner Form, entweder durch konkrete Bezeichnung oder durch ein Kündigungsrecht, begrenzten Zeitraum voraussetzen. Der Kläger hat der Gemeinde das Nutzungsrecht aber "unwiderruflich und auf Dauer" eingeräumt und sich damit einverstanden erklärt, dass das Grundstück der "derzeitigen Nutzung als Acker für immer entzogen" wird. Das Urteil steht dem nicht entgegen. Der Senat hat darin entschieden, dass die Einräumung der Berechtigung zur Überspannung eines Grundstücks jedenfalls dann eine als Vermietung und Verpachtung zu beurteilende Nutzungsüberlassung auf Zeit ist, wenn damit nicht der endgültige und vollständige Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht verbunden ist. Bei Grundstücken führe weder die Überlassung einer verhältnismäßig geringfügigen Grundfläche für die Aufstellung von Strommasten noch die Überspannung zu einem endgültigen und vollständigen Verlust der Herrschaftsmacht an den Grundstücken. Im vorliegenden Fall kommt es aber durch die unwiderruflich und dauerhafte Überlassung des Nutzungsrechts, die Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen und den umfassenden Entzug von Nutzung als Ackerland zu einem endgültigen und dauerhaften Verlust der wirtschaftlichen Herrschaftsmacht des Klägers über das Grundstück.

Die Grundstücksüberlassung an die Gemeinde M wird auch nicht von der Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG umfasst. Danach ist u.a. die Bestellung von dinglichen Nutzungsrechten, zu denen auch die entgeltliche Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit  in das Gesetz aufgenommenen § 4 Nr. 12 Buchst. c UStG ergibt sich, dass hierdurch "eine gleiche Behandlung aller Grundstücksüberlassungen zur Nutzung erreicht" werden sollte; die Befreiung sonstiger bislang steuerpflichtiger Umsätze war nicht beabsichtigt.