An nichtbeamtete Versorgungsempfänger gezahlte Beihilfen im Krankheitsfall sind Bezüge aus früheren Dienstleistungen i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG.
BFH Urteil vom 6.2.2013, VI R 28/11
Begründung:
Nach § 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von den Einnahmen ein Pauschbetrag in Höhe von 102 EUR abzuziehen, soweit es sich um Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG handelt; im Übrigen ist ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 920 EUR abzuziehen (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG).
Versorgungsbezüge sind u.a. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze, verminderter Erwerbsfähigkeit oder Hinterbliebenenbezüge (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwer behindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat. Sind diese Voraussetzungen (noch) nicht erfüllt, handelt es sich um Einnahmen i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, von denen, wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden, der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 EUR abgezogen wird (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG).
m Streitfall handelt es sich bei den Beihilfeleistungen um Bezüge aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze (§ 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG). Entscheidend für das Merkmal von Bezügen aus früheren Dienstleistungen wegen Erreichens einer Altersgrenze i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG ist, dass der Steuerpflichtige wegen Erreichens dieser Altersgrenze von der Verpflichtung zu Dienstleistungen entbunden worden ist. Das vom Arbeitgeber geleistete Entgelt stellt damit keine Gegenleistung für Dienstleistungen des Arbeitnehmers dar, die im gleichen Zeitraum geschuldet und erbracht werden.
Der Kläger war im Streitfall aufgrund seines Alters Versorgungsempfänger und als solcher zu Dienstleistungen nicht mehr verpflichtet; ferner hatte er das 63. Lebensjahr vollendet. Da die Beihilfen aufgrund der früheren Tätigkeit des Klägers für den A e.V. gezahlt wurden, liegen auch insoweit Bezüge aus früheren Dienstleistungen vor. Denn nach § 1 Buchst. b der Beihilferichtlinie des A e.V. hatte er als Versorgungsempfänger Anspruch auf Beihilfegewährung. Damit handelt es sich letztlich bei dem Beihilfeanspruch um einen Anspruch, der an den Status als Versorgungsempfänger anknüpft und die Versorgung um einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfen u.a. im Krankheitsfall ergänzt.
Der Besteuerung der Beihilfeleistungen als Versorgungsbezüge steht nicht entgegen, dass der Beihilfeanspruch des Klägers an das Vorliegen von Krankheitskosten anknüpft. Grund und Zweck von Versorgungsbezügen ist die Versorgung von nicht mehr zu Dienstleistungen Verpflichteten im weiteren Sinne. Hat eine Leistung Versorgungscharakter, kann sie danach ebenso wie das Ruhegehalt als solches als Versorgungsleistung anzusehen sein, auch wenn die Leistungen im Einzelnen an ein spezifisches Risiko anknüpfen, das im Rahmen der Gesamtversorgung des ehemals zu Dienstleistungen Verpflichteten abgedeckt werden soll.
Die streitigen Beihilfeleistungen sind auch nicht nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Hierunter fallen u.a. Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden. Dazu zählen auch die im öffentlichen Dienst gewährten Beihilfen im Krankheitsfall. Im Streitfall werden die Beihilfen indes nicht aus öffentlichen Mitteln gezahlt, so dass eine Steuerbefreiung ausscheidet.