Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs wegen Leistung eines freiwilligen sozialen Jahres

Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs wegen Leistung eines freiwilligen sozialen Jahres anstatt des Zivildienstes

BFH  Beschluss vom 31.3.2014, III B 147/13

Begründung:

Eine Rechtsfrage ist grundsätzlich bedeutsam, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die im Streitfall entscheidungserheblich, klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 21. April 2010 IV B 32/09, BFH/NV 2010, 1469). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder wenn sie bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen.

Die Klägerin hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob die in § 32 Abs. 5 EStG geregelte Verlängerung der Kindergeldzahlung auch bei Leistung eines freiwilligen Jahres anstatt des Zivildienstes möglich ist.

Diese Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, da sie sich ohne Weiteres aus dem Wortlaut und dem Sinngehalt des Gesetzes beantworten lässt. Zwar ist die streitige Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden, sie ist aber offensichtlich so zu beantworten, wie es das FG getan hat. Die in § 32 Abs. 5 EStG aufgeführten Verlängerungstatbestände sind abschließend. Das freiwillige soziale Jahr wird im Gesetz nicht genannt.

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall keine Regelungslücke vor. Mit dem in § 32 Abs. 5 EStG genannten Verlängerungstatbestand wollte der Gesetzgeber einen Ausgleich dafür schaffen, dass Kinder während der Ableistung ihres Wehr- oder Zivildienstes steuerlich nicht berücksichtigt werden (BTDrucks 13/1558, S. 155 f.). In dem Zeitraum, in dem S sein freiwilliges Jahr absolvierte (2005/2006), wurde ein Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG für die Gewährung von Kindergeld berücksichtigt, wenn es ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. Juli 2002 (BGBl I 2002, 2596), ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres in der Bekanntmachung der Neufassung vom 15. Juli 2002 (BGBl I 2002, 2600), einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlusses Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2000 Nr. L 117, 1) oder einen anderen Dienst im Ausland i.S. von § 14b ZDG ableistete. Der Gesetzgeber hat sich damit ausdrücklich und bewusst für eine Förderung während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres und gegen eine Verlängerung der Kindergeldbezugsdauer entschieden. Er sah diese Dienste als –an Lernzielen ausgerichtete– Bildungsdienste an (vgl. BTDrucks 16/6519, S. 1, 12 ff.) und ordnete sie deshalb den in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG geregelten Tatbeständen der Ausbildung des Kindes zu.

Für die Aufnahme dieser in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG geregelten Tätigkeiten in den Verlängerungstatbestand nach § 32 Abs. 5 EStG bestand offensichtlich kein Grund, da eine solche Aufnahme zwangsläufig eine ungerechtfertigte Doppelberücksichtigung nach sich gezogen hätte. Der Gesetzgeber hat daher bewusst in die Regelung des § 32 Abs. 5 EStG nicht alle Dienste solcher anerkannter Kriegsdienstverweigerer aufgenommen, die nicht der Erfüllung der Wehrpflicht dienen, sondern lediglich zur Folge haben (§ 14c ZDG), dass der anerkannte Kriegsdienstverweigerer nicht zum Zivildienst herangezogen wird.