Abziehbarkeit von Wohnheimkosten am Ausbildungsort als Werbungskosten

Wohnt ein volljähriges Kind, das eine Ausbildung absolviert, in einem Wohnheim am Ausbildungsort und auch noch bei seinen Eltern am Familienwohnsitz, können die Kosten für die Unterkunft am Ausbildungsort als Kosten einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG) oder als allgemeine Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) abziehbar sein.

BFH Urteil vom 16.10.2013-XIR 40/12 BFHNV 2014 S. 502

Begründung:

Entgegen der Auffassung des FG erscheint es im Streitfall nicht ausgeschlossen, dass die Unterkunftskosten der S in X als Werbungskosten abziehbar sind. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Dies gilt grundsätzlich auch für einen alleinstehenden Arbeitnehmer; auch er kann einen doppelten Haushalt führen.

Das FG hat das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung verneint, weil die Klägerin dies im Verlauf des Verfahrens “selbst eingeräumt” habe. Dies genügt im Lichte der neueren Rechtsprechung des BFH und unter Berücksichtigung der Sachaufklärungspflicht des FG (§ 76 Abs. 1 FGO) nicht. Aufgrund der bisherigen Feststellungen des FG erscheint eine doppelte Haushaltsführung der S –entgegen der Annahme des FG und der Klägerin– nicht von vornherein ausgeschlossen. S unterhielt ab Mai 2008 in X eine über 40 qm große Dachgeschosswohnung und die Klägerin bringt vor, S habe weiterhin noch in Y gewohnt.

Aber selbst dann, wenn keine doppelte Haushaltsführung der S vorgelegen haben sollte, kommt –entgegen der Auffassung des FG– ein Abzug der Unterkunftskosten als Werbungskosten in Betracht, und zwar gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG.

Als Werbungskosten abziehbar nach dieser Vorschrift sind u.a. sämtliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen Bildungsmaßnahme stehen, also i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG beruflich veranlasst sind. Da die Kosten für beruflich veranlasste auswärtige Übernachtungen zu den im Rahmen des objektiven Nettoprinzips abziehbaren beruflichen Aufwendungen gehören, können –wie bei einer Auswärtstätigkeit, grundsätzlich auch die durch eine Bildungsmaßnahme veranlassten Unterkunftskosten Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sein.

Die Kosten der Unterkunft sind jedoch nur dann beruflich veranlasst, wenn es sich um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist nur dann der Fall, wenn der Ort der Bildungsmaßnahme –hier X– nicht der Lebensmittelpunkt der S ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt. Auch dies ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.