Häusliches Arbeitszimmer bei mehreren Einkunftsarten

Häusliches Arbeitszimmer bei mehreren Einkunftsarten

BFH Urteil vom 16.07.2014 X R 49/11

Sachverhalt

Der Kläger unterhielt ein häusliches Arbeitszimmer. Im Streitjahr fielen dafür Aufwendungen in Höhe von insgesamt 7.859,04 EUR an. In ihrer Einkommensteuererklärung teilten die Kläger diese, einer Praxis früherer Jahre entsprechend, zu jeweils 30 % auf die Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit und zu 40 % auf die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) versagte den Abzug im angefochtenen Bescheid und der Einspruchsentscheidung zunächst vollen Umfangs. Im Rahmen des Klageverfahrens berücksichtigte das FA Aufwendungen in Höhe von 1.250 EUR bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Die Kläger begehrten im Klageverfahren darüber hinaus, die verbleibenden Aufwendungen –bei Zuordnung der 1.250 EUR zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit– auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit nach protokollierten Stundenarbeitszeiten aufzuteilen.

 

Begründung:

Die Kläger haben keinen Anspruch auf den Abzug von Aufwendungen für das Arbeitszimmer des Klägers über den bereits berücksichtigten Betrag von 1.250 EUR hinaus. Das Arbeitszimmer war weder Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers (dazu 1.) noch vermag der von den Klägern herangezogene Gesichtspunkt der Zwangsläufigkeit den Abzug der gesamten Kosten zu rechtfertigen (dazu 2.). Der Betrag von 1.250 EUR ist auch nicht aufgrund des Zusammentreffens mehrerer Einkunftsarten zu vervielfältigen.

Die Abziehbarkeit der Kosten häuslicher Arbeitszimmer ist seit dem Jahre 1996 deutlich beschränkt und durch ein grundsätzliches Abzugsverbot mit gewissen –ihrerseits mehrfach geänderten– Ausnahmen gekennzeichnet. Unverändert allerdings ist in dem Zeitraum von 1996 bis 2009 (dazu b) und damit auch im Streitjahr der Abzug der Kosten der Höhe nach unbeschränkt möglich gewesen, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Auch an den Kriterien, die die Rechtsprechung zur Bestimmung des Mittelpunkts bei Ausübung mehrerer Tätigkeiten zur Einkünfteerzielung entwickelt hat, ist festzuhalten. Ist bei einer Tätigkeit der Mittelpunkt nach dem qualitativen Schwerpunkt zu bestimmen, so ist es konsequent, bei mehreren Tätigkeiten ebenso zu verfahren. Die Änderungen der Gesetzeslage geben keinen Anlass, die diesbezügliche methodische Verfahrensweise zu ändern, nämlich in einem ersten Schritt die Mittelpunkte der verschiedenen Tätigkeiten zu ermitteln, um in einem zweiten Schritt durch sachgerechte Gewichtung den Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit insgesamt zu bestimmen.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang sinngemäß geltend machen, der Mittelpunkt könne auch dann im Arbeitszimmer liegen, wenn dies für den Mittelpunkt aller einzelnen Tätigkeiten nicht der Fall sei, weil gerade die Mehrheit der Tätigkeiten die gesamte betriebliche und berufliche Tätigkeit präge und ein Arbeitszimmer zur Bewältigung dieser Mehrheit von Aufgaben notwendig sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es mag Konstellationen geben, in denen das häusliche Arbeitszimmer gewissermaßen als zentrale Koordinierungsstelle unverzichtbar ist, um mehrere unterschiedliche Tätigkeiten überhaupt ausüben zu können. Ob dies beim Kläger der Fall war, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Umstand, dass ein Arbeitszimmer für die Gesamttätigkeit notwendig ist, nicht gleichbedeutend damit, dass es der Mittelpunkt der Gesamttätigkeit wäre.