Ingenieurähnliche Tätigkeit eines Autodidakten

Ingenieurähnliche Tätigkeit eines Autodidakten als selbständige Tätigkeit.

BFH Urteil vom 16.9.2014, VIII R 8/12

Begründung:

Ein Diplom-Informatiker übt einen ingenieurähnlichen Beruf gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes aus. Seine Tätigkeit wird durch Wahrnehmung von für den Ingenieurberuf typischen Aufgaben geprägt. Voraussetzung für diese Zuordnung als ähnlicher Beruf ist insbesondere bei Autodidakten wie dem Kläger, dass sie Erfahrungen und Kenntnisse in allen Kernbereichen des Katalogberufs nachweisen. Dazu gehören nach der BFH-Rechtsprechung auch Nachweise über ausreichende Kenntnisse im Fach Mathematik “als Kernfach” zu den unverzichtbaren Voraussetzungen für die Annahme eines dem Ingenieurberuf ähnlichen Berufs.

Auf dieser Grundlage hat das FG in Würdigung des eingeholten Sachverständigengutachtens und der dazu gegebenen Erläuterungen zu Recht anders als der Gutachter angenommen, dass der Kläger zwar zum Teil wie ein Diplom-Informatiker beruflich tätig ist, aber nicht in der Breite und Tiefe über das Wissen verfügt, das dem eines Diplom-Informatikers vergleichbar ist.

Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG fehlt es dem Kläger nämlich an Kenntnissen, die in ihrer Gesamtheit mit den Kenntnissen eines Diplom-Informatikers vergleichbar sind. Dies folgt insbesondere aus dem Fehlen als wesentlich dargestellten hinreichenden Kenntnisse im Fach Mathematik, aber auch aus den nach Beweisaufnahme festgestellten Defiziten in den Bereichen Englisch, Statistik, Operation Research, Grundlagen der BWL und VWL, Buchführung und Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung, Produktionswirtschaft, Finanz- und Investitionswirtschaft, Marketing, Controlling, Produktion und Logistik, DV-Recht und Datenschutz sowie Wirtschaftsprivatrecht.

Dass das FG dem Gutachter in seiner Einstufung der Fächer Mathematik, Statistik und Operation Research (mit den dort festgestellten Kenntnisdefiziten) als “Nebenfächer” nicht folgt, ist nach Maßgabe der unter II.1. dargestellten Rechtsprechung ersichtlich rechtsfehlerfrei.

Steht –wie im Streitfall nach den tatsächlichen Feststellungen des FG insbesondere hinsichtlich der Defizite im Kernfach Mathematik– fest, dass die Voraussetzungen für einen ingenieurähnlichen Beruf nicht gegeben sind, kann eine Wissensprüfung nicht begehrt werden.