Lebensmittelpunkt eines Arbeitnehmers

Eine Wohnung dient dem Wohnen am Beschäftigungsort, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Die Entscheidung darüber, ob eine solche Wohnung so gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht.

BFH Urteil vom 26.06.2014 – VI R 59/13 BFHNV 2015 Seite 10

Begründung:

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Finanzgericht (FG) hat zu Recht entschieden, dass die von den Klägern geltend gemachten Kosten für die doppelte Haushaltsführung des Klägers als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung der Streitjahre (EStG) sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt.

Der Senat hat die Auffassung vertreten, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Die Entscheidung darüber, so der Senat weiter, ob die fragliche Wohnung in der Weise am Beschäftigungsort, nämlich so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalles gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings nicht allein entscheidungserhebliches Merkmal.
Nach Maßgabe der genannten Rechtsgrundlagen hat das FG zu Recht festgestellt, dass die fragliche Wohnung des Klägers in Z eine Wohnung am Beschäftigungsort im Sinne der doppelten Haushaltsführung darstellt.

Das FG hat festgestellt, dass der Kläger seinen Arbeitsplatz in X von seiner Wohnung in Z in weniger als einer Stunde erreichen kann. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass es sich bei einer Entfernung von 83 km und einer Fahrzeit von weniger als einer Stunde um eine in der heutigen Zeit übliche Pendelstrecke und Pendelzeit handele.

Nach den weiteren Feststellungen des FG hat sich der Kläger für die Zweitwohnung in Z wegen der dort ansässigen Bibliotheken entschieden. Zu Recht hat das FG diesen Aspekt dahingehend gewürdigt, dass für die Standortwahl auch ein weiterer beruflicher Grund eine maßgebliche Rolle gespielt hat. Wenn das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung demgegenüber dem Umstand, dass Z auch günstig zum Wohnort der Familie gelegen ist, eine mindere Bedeutung beigemessen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.