Rückstellungen für die Entsorgung von Energiesparlampen

Darf ein Elektronikhändler für die Entsorgung von Energiesparlampen eine Rückstellung bilden?

FG Münster  Urteil vom 18.08.2015, 10 K 3410/13 K,G

Begründung:

Streitig ist, ob eine Rückstellung für Entsorgungskosten von Energiesparlampen gewinnmindernd zu bilden ist.

Die von der Klägerin gebildete Rückstellung ist zu den nach dem 13.08.2005 in den Verkehr gebrachten und der Stiftung „ear“ gemeldeten Leuchtmitteln mit den Beträgen, auf die sich die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung verständigt haben, steuerlich zu berücksichtigen. Zu den Entsorgungskosten für die vor diesem Stichtag in den Verkehr gebrachten und den nach diesem Stichtag nicht der Stiftung „ear“ gemeldeten Mengen sind die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung nicht erfüllt.

Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach –deren Höhe zudem ungewiss sein kann– sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Als weitere Voraussetzung muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen.

Diese Voraussetzungen gelten auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts gerichtet sind, sofern die öffentlich-rechtliche Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist. Konkretisiert wird eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung regelmäßig durch einen Verwaltungsakt. Bei einem entsprechend konkreten Gesetzesbefehl kann sich die Verpflichtung auch allein aus der gesetzlichen Bestimmung ergeben und die Rückstellung rechtfertigen. Das Bestehen oder Entstehen einer Verbindlichkeit in diesem Sinne ist dann wahrscheinlich, wenn nach den am Bilanzstichtag objektiv vorliegenden und den bis zur Aufstellung der Bilanz objektiv erkennbaren Verhältnissen mehr Gründe für als gegen das Bestehen der Verbindlichkeit sprechen und die Verpflichtung bereits eine wirtschaftliche Belastung darstellt.

Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, so kann eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist. Die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren setzt voraus, dass die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt.

Entsprechend diesen Grundsätzen entsteht die Entsorgungsverpflichtung nach dem ElektroG für die veräußerten Leuchtmitteln grundsätzlich mit dem in den Verkehr bringen als abstrakte, potentielle Pflicht. Konkretisiert im Sinne einer im Außenverhältnis wahrgenommenen und zu erfüllenden sanktionsbewehrten Verpflichtung wird diese durch die Meldung der in den Verkehr gebrachten Mengen an die Gemeinsame Stelle, d.h. die Stiftung „ear“. Im Umfang der gemeldeten Mengen berechnet die Gemeinsame Stelle den Anteil des Herstellers an der Menge der gesammelten und zu entsorgenden Leuchtmittel und die Höhe seiner Verpflichtung zur Garantieleistung. Mit der Meldung ist der Umfang der Entsorgungspflicht zu den nach dem 13.08.2005 in den Verkehr gebrachten Leuchtmitteln für den Hersteller bestimmt. Neben der Berechnung des Umfangs der Verpflichtung des jeweiligen Herstellers bestimmt die Gemeinsame Stelle dann nur noch, wann der jeweilige Hersteller seine bestehende Verpflichtung durch die tatsächliche Abholung von zu entsorgenden Leuchtmitteln an einer konkreten Sammelstelle zu erfüllen hat. Fest steht mit dem Inverkehrbringen und der Meldung, dass der Hersteller entsprechend seinem Anteil an der Gesamtmenge zur Entsorgung der tatsächlich gesammelten Leuchtmittel herangezogen werden wird und die entsprechenden Entsorgungskosten zu tragen hat; allein der Zeitpunkt der Heranziehung wird erst durch eine Verfügung der Stiftung „ear“ bestimmt.

Jeder Hersteller, der am Markt teilnehmen will (§ 6 Abs. 2 Satz 5 ElektroG), hat sich registrieren zu lassen und hat die von ihm vertriebenen Geräte zu melden (§ 13 Abs. 1 ElektroG). Entsprechend den gemeldeten Mengen wird der Anteil der Geräte berechnet, die der jeweilige Hersteller bei den öffentlich-rechtlichen Versorgungsträgern abzuholen hat (§ 14 Abs. 5 Satz 1 ElektroG). Die Käufer entsprechender Geräte sind gemäß § 9 Abs. 1 ElektroG verpflichtet, die Altgeräte bei den Sammelstellen der öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger abzugeben. Die konkrete Abholverfügung gem. § 16 Abs. 5 ElektroG erlässt die Stiftung „ear“.

Damit hat zunächst jeder Hersteller für die von ihm im jeweiligen Jahr in den Verkehr gebrachten Geräte seine Abhol- und Entsorgungspflicht finanziell zu sichern.