Korrektur eines Gewinnfeststellungsbescheids bei nachträglichem Bekanntwerden einer Betriebsaufspaltung

Ein Feststellungsbescheid ist nach § 181 Abs. 1 Satz 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen nachträglich bekannt werden, die zu einer Erhöhung der Besteuerungsgrundlagen bei jedenfalls einem Feststellungsbeteiligen führen.

Wird dem FA erst nach erfolgter Gewinnfeststellung in einer nachfolgenden Außenprüfung bekannt, dass ein Mietvertrag abgeschlossen war, aufgrund dessen die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt waren, so ist dies nachträglich bekannt geworden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

BFH Urteil vom 16.04.2015 – IV R 2/12 BFH/NV 2015, 1331

Sachverhalt:

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihr früherer Ehemann (M) waren je zur Hälfte Eigentümer eines bebauten Grundstücks …(E-Str.). Im Jahr 1995 wurde ein Anbau auf dem Grundstück hergestellt. Dieser Anbau wurde mit Mietvertrag vom 13. Dezember 1995 von den Eheleuten vermietet. Der Mietvertrag umfasste fünf Räume mit einer Gesamtfläche von 117 qm sowie Grünflächen und zwei Stellplätze. Mieterin war die G-GmbH. Von den Anteilen an der G-GmbH hielten M 60 % und die Klägerin 40 %. Im Jahr 2005 führte das FA bei der G-GbR eine Außenprüfung durch. Der Prüfer gelangte hierbei, nachdem ihm auf entsprechende Anforderung der Mietvertrag vorgelegt worden war, zu der Auffassung, dass zwischen der G-GbR und der G-GmbH bis zum Verlust des Miteigentums der Klägerin an dem Grundstück in der E-Str. am 1. April 2001 eine Betriebsaufspaltung vorgelegen habe. Das FA folgte der Auffassung des Außenprüfers und erließ am 20. Juni 2005 unter Verweis auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) einen geänderten Feststellungsbescheid für die G-GbR.

Begründung:

Zu Unrecht hat das FG das Vorliegen der Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO verneint. Dem FA sind die Tatsachen, die die Annahme einer Betriebsaufspaltung zwischen der G-GbR und der G-GmbH rechtfertigen, erst nachträglich bekannt geworden.

Nach § 181 Abs. 1 Satz 1, § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist ein Feststellungsbescheid aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer Erhöhung der Besteuerungsgrundlagen bei jedenfalls einem Feststellungsbeteiligten führen. Da § 173 AO keine allgemeine Fehlerberichtigungsvorschrift ist, rechtfertigt nur das nachträgliche Bekanntwerden von Tatsachen und Beweismitteln eine Änderung nach dieser Vorschrift, nicht hingegen ein nachträglich erkannter Rechtsfehler. Nachträglich bekannt gewordene Tatsachen oder Beweismittel, nicht hingegen rechtliche Erwägungen, müssen für eine auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO gestützte Korrektur maßgeblich sein. Ein Bescheid darf wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel deshalb nur dann aufgehoben oder geändert werden, wenn das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anders entschieden hätte.

Dem FA ist der Mietvertrag, der bereits am 13. Dezember 1995 zwischen der Klägerin und M sowie der G-GmbH geschlossen worden ist, erstmals im Rahmen der Betriebsprüfung der G-GbR bekannt geworden. Erst auf Grund der Kenntnis des Mietvertrags, der eine Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO darstellt, waren dem FA alle Voraussetzungen bekannt, die die Annahme einer Betriebsaufspaltung zunächst ab 1995 zwischen der Klägerin und M und sodann ab 1998 zwischen der G-GbR einerseits und der G-GmbH andererseits rechtfertigten.

Eine Betriebsaufspaltung liegt vor, wenn einem Betriebsunternehmen wesentliche Grundlagen für seinen Betrieb von einem Besitzunternehmen überlassen werden und die hinter dem Betriebs- und dem Besitzunternehmen stehenden Personen einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen haben; dieser ist anzunehmen, wenn die Person, die das Besitzunternehmen beherrscht, auch in der Betriebsgesellschaft ihren Willen durchsetzen kann.