Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übertragung eines vermieteten Bürogebäudekomplexes durch einen Bauträger

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt zu einer nicht umsatzsteuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen, wenn der Erwerber durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in bestehende Mietverträge vom Veräußerer ein Vermietungsunternehmen übernimmt.

Das ist auch dann der Fall, wenn der Veräußerer ein Bauträger ist, der ein Gebäude erworben, saniert, weitgehend vermietet und sodann veräußert hat, falls im Zeitpunkt der Veräußerung infolge einer nachhaltigen Vermietungstätigkeit beim Veräußerer ein Vermietungsunternehmen vorliegt, das vom Erwerber fortgeführt wird.

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 12.8.2015, XI R 16/14

Sachverhalt:

Die Gesellschaft erwarb mit notariellem Vertrag vom 16. Januar 2006 (Grundstückskaufvertrag) im Inland einen Bürogebäudekomplex. Voreigentümerin und Veräußerin des Objekts war die “Gesellschaft bürgerlichen Rechts X” (Veräußerin), deren Gesellschafter die “A-GmbH” (Beigeladene zu 1.), sowie die “B-AG” (Beigeladene zu 2.) waren. Die Veräußerin war eine sog. Objektgesellschaft; ihr Zweck war der Erwerb, die Sanierung, die langfristige Vermietung und der Verkauf des Objekts – ihr einziger in ihrer Bilanz als Vorratsvermögen ausgewiesener Vermögensgegenstand.

Begründung:

.Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nach § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG nicht der Umsatzsteuer. § 1 Abs. 1a UStG setzt voraus, dass ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

Für die Feststellung, ob ein Geschäft unter den Begriff der Übertragung eines Gesamtvermögens i.S. von Art. 5 Abs. 8 der Richtlinie 77/388/EWG fällt, muss eine Gesamtwürdigung der für das betreffende Geschäft kennzeichnenden tatsächlichen Umstände vorgenommen werden. Dabei ist der Art der wirtschaftlichen Tätigkeit, deren Fortführung geplant ist, besondere Bedeutung zuzumessen.

Die Übertragung eines vermieteten Grundstücks führt dann zur Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG, wenn durch den mit dem Grundstückserwerb verbundenen Eintritt in den Mietvertrag ein Vermietungsunternehmen übernommen wird. Es liegt aber keine Geschäftsveräußerung im Ganzen in diesem Sinne vor, wenn –was Bauträger betrifft– die unternehmerische Tätigkeit des Veräußerers im Wesentlichen darin besteht, ein Gebäude zu errichten und Mieter/Pächter für die einzelnen Einheiten zu finden, um es im Anschluss an die Fertigstellung aufgrund bereits erfolgter Vermietung ertragssteigernd veräußern zu können.

Das FG ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 Abs. 1a UStG erfüllt waren.

Gegenstand der Übertragung war nach den unwidersprochenen Feststellungen des FG ein im Zeitpunkt der Veräußerung im Januar 2006 bereits seit zwei bis drei Jahren langfristig vermieteter Bürogebäudekomplex. Das FG hat hierzu ferner bindend i.S. von § 118 Abs. 2 FGO festgestellt, dass die Klägerin alle bestehenden Mietverhältnisse, wie von ihr beabsichtigt, fortgeführt hat.