Ausbildungsschule im Lehramtsreferendariat als regelmäßige Arbeitsstätte

Die vom Arbeitgeber zugewiesene Ausbildungsschule eines Kehramtsreferendars stellt eine erste Arbeitsstätte dar.

FG Münster Urteil vom 20.04.2016, 7 K 2639/14 E

Sachverhalt:

Im Rahmen des Lehramtsreferendariats wies die Bezirksregierung A-Stadt die Klägerin mit Wirkung ab dem 01.05.2012 dem Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung A-Stadt (ZfsL A-Stadt) zu. Das ZfsL A-Stadt wiederum wies die Klägerin mit Schreiben vom 15.03.2012 im Auftrag der Bezirksregierung für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis zum 31.10.2013 der Grundschule B in C-Stadt zur schulpraktischen Ausbildung zu. In der Zeit vom 01.05.2012 bis zum 31.12.2012 suchte die Klägerin an 101 Tagen die Grundschule in C-Stadt, die sich 54km von ihrer Wohnung entfernt befand, auf. Zudem nahm die Klägerin einmal in der Woche an den Ausbildungsseminaren in der Dienststelle des ZfsL in A-Stadt teil

In der am 27.06.2013 abgegebenen Steuererklärung machten die Kläger die Fahrten der Klägerin zur Grundschule zunächst als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte geltend. Mit Schreiben vom 25.07.2013 beantragten die Kläger, noch bevor eine Veranlagung durchgeführt worden war, die Fahrten zur Ausbildungsschule abweichend von der Erklärung als Dienstreisen anzuerkennen.

Im Steuerbescheid vom 06.09.2013 berücksichtigte der Beklagte die Fahrten zur Ausbildungsschule nicht als Dienstreisen, sondern lediglich als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte.

Begründung:

Eine regelmäßige Arbeitsstätte i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs eine ortsfeste, dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d.h. fortdauernd und immer wieder (dauerhaft) aufsucht. Dies ist regelmäßig der Betrieb des Arbeitgebers oder ein. Auch eine Ausbildungsstätte im Rahmen eines Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses kann den Charakter einer regelmäßigen Arbeitsstätte haben, wenn es sich um eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt und der Arbeitnehmer diese dauerhaft, d.h. über einen längeren Zeitraum aufsucht.

Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht auswärts, sondern in einer dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers und damit in einer regelmäßigen Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG tätig gewesen. Denn die Klägerin hat die Grundschule B während ihres Ausbildungsverhältnisses im Rahmen des Referendariats für Lehramtsanwärter nicht nur gelegentlich, sondern wöchentlich an vier Tagen und deshalb mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht.

Der Umstand, dass die Zuweisung durch die Bezirksregierung bzw. das ZfsL geändert werden konnte sowie die Tatsache, dass die Zuweisung auf die Dauer des Referendariats beschränkt waren, steht dem Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte nicht entgegen.

Denn ein in einer dauerhaften, ortsfesten betrieblichen Einrichtung seines Arbeitgebers beschäftigter Arbeitnehmer ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht allein deshalb auswärts tätig, weil er eine Probezeit vereinbart hat, unbedingt versetzungsbereit oder befristet beschäftigt ist. Die Ausbildung in der Grundschule bildete auch den ortsgebundenen Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit der Klägerin.