Anwendung der 1% Regelung bei Barlohnumwandlung

Die 1% Regelung kann auch anzuwenden sein, wenn der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der PKW-Überlassung auf Gehalt verzichtet.

Niedersächsisches Finanzgericht  Urteil vom 12.11.2015, 7 K 94/13

Sachverhalt:

Am 19. Dezember 2008 schloss der Kläger mit seinem Arbeitgeber eine schriftliche Vereinbarung für die Überlassung eines PKW im „Wege der Gehaltsumwandlung von Barlohn in Sachbezug“ (vgl. Präambel der Vereinbarung). Nach der Vereinbarung least der Arbeitgeber ein vom Kläger auszuwählendes Fahrzeug für 48 Monate, beginnend ab ca. Februar 2009. Der Arbeitgeber trägt alle Kosten des Leasingfahrzeugs (insbesondere die Leasingraten, KfZ-Steuer, Versicherungsprämien sowie Betriebs- und Reparaturkosten). Vom Kläger verauslagte Kraftstoff- und sonstige Kosten werden durch den Arbeitgeber nach Vorlage der Originalrechnungen erstattet. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, auf einen Teil seines Arbeitslohns zu verzichten. Der Kläger durfte den PKW auch für private Zwecke nutzen. Im Zusammenhang mit der PKW-Überlassung wurde ein sog. PKW-Verrechnungskonto geführt. Wies dies ein Guthaben aus, sollte der Kläger eine Erstattung erhalten; wies das Verrechnungskonto einen Nachzahlungsbetrag aus, sollte der Kläger diesen an den Arbeitgeber erstatten. In den Streitjahren kam es zu keiner Erstattung von Kosten durch den Kläger.

Begründung:

Der Beklagte geht zu Recht davon aus, dass im Streitfall eine übliche Barlohnumwandlung vorliegt. Im Fall, in dem der Arbeitnehmer unter Änderung des Anstellungsvertrages auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber statt dessen Sachlohn z.B. in Form eines Nutzungsvorteils gewährt, ist der verbliebene Barlohn mit dem Nennwert und der Sachlohn mit den Werten des § 8 Abs. 2 und 3 EStG anzusetzen. Diesen Vorgaben ist der Beklagte bei der streitigen Steuerfestsetzung gefolgt. Entgegen der Auffassung der Kläger führt der Gehaltsverzicht nicht dazu, dass er die Kosten der PKW-Nutzung getragen hat. Vielmehr ist es das Wesen einer Barlohnumwandlung, dass der Zuwendung eines Nutzungsvorteils durch den Arbeitgeber ein Gehaltsverzicht des Arbeitnehmers gegenüber steht. Der BFH hat im Urteil vom 18. Dezember 2014 (VI R 75/13, BStBl. II 2015, 670) entschieden, dass die Überlassung eines betrieblichen PKW durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit zu Lohnzufluss (§ 19 EStG) führt.

Die zwingend vorgeschriebene Anwendung der Bewertungsvorschrift kann nicht durch Zahlung eines Nutzungsentgelts vermieden werden. Vom Arbeitnehmer vereinbarungsgemäß gezahlte Nutzungsvergütungen sind gegebenenfalls von den nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ermittelten Werten in Abzug zu bringen. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers.

Entsprechendes gilt für Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten eines betrieblichen PKW. Entstehen einem Steuerpflichtigen für ein fremdes Wirtschaftsgut, das er zur Einkünfteerzielung nutzt, Anschaffungs- oder Herstellungskosten, kann er diesen Aufwand nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 1 EStG wie Anschaffungskosten eines Nutzungsrechts behandeln und Absetzung für Abnutzung (AfA) für das Nutzungsrecht “wie ein materielles Wirtschaftsgut” vornehmen. Die AfA ist auf der Grundlage der voraussichtlichen Gesamtdauer des Nutzungsrechts nach § 7 Abs. 1 Satz 1 EStG zu schätzen. Ein derartiger Fall liegt auch bei Zuzahlungen zu den Anschaffungskosten eines Dienstwagens vor, weil der Steuerpflichtige seinen Aufwand zur Erzielung von als Arbeitslohn zu bewertenden geldwerten Vorteilen und gegebenenfalls zu beruflich veranlassten Reisen tätigt.

Eine solche Überlassung eines betrieblichen Kfz i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 5 EStG i.V.m. § 6 EStG liegt allerdings nicht vor, wenn das Fahrzeug nicht dem Arbeitgeber, sondern dem Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Dies ist zuvörderst der Fall, wenn der Arbeitnehmer Eigentümer des Fahrzeugs ist. Das Fahrzeug ist aber auch dann dem Arbeitnehmer zuzurechnen, wenn er über dieses Fahrzeug wie ein wirtschaftlicher Eigentümer oder als Leasingnehmer verfügen kann. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Voreigentümer oder der Leasinggeber ein fremder Dritter oder der Arbeitgeber ist. Dem Arbeitnehmer ist das Fahrzeug dann zuzurechnen, wenn ihm der Arbeitgeber das Fahrzeug aufgrund einer vom Arbeitsvertrag unabhängigen Sonderrechtsbeziehung, etwa einem Leasingvertrag, überlässt. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitgeber selbst Leasingnehmer ist und das Fahrzeug seinem Arbeitnehmer auf der Grundlage eines Unterleasingverhältnisses übergibt. Eine solche vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung, auf der die Fahrzeugübertragung gründet, kann auch dann vorliegen, wenn die Beteiligten diese nicht schriftlich vereinbart haben. Entscheidend ist, dass nach den tatsächlichen Umständen der Arbeitnehmer im Innenverhältnis gegenüber seinem Arbeitgeber die wesentlichen Rechte und Pflichten eines Leasingnehmers hat, er also ein in Raten zu zahlendes Entgelt zu entrichten hat und ihn allein die Gefahr und Haftung für Instandhaltung, Sachmängel, Untergang und Beschädigung der Sache treffen. In einem solchen Fall sind mögliche, aus dem Arbeitsverhältnis resultierende Vorteile nicht nach der speziellen Bewertungsnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, sondern nach den allgemeinen Grundsätzen, wie sie entsprechend der ständigen Senatsrechtsprechung etwa für die Erfassung von Rabatten gelten, zu bewerten.

Umstände, nach denen der vom Arbeitgeber geleaste PKW dem Kläger zuzurechnen ist, liegen im Streitfall aber nicht vor. Denn nach der vertraglichen Vereinbarung über die Nutzung des PKW trägt der Arbeitgeber sämtliche Kosten des Fahrzeugs. Auch der vom Kläger ausgesprochene Gehaltsverzicht führt nicht dazu, dass er die PKW-Kosten getragen hat. Der PKW ist somit dem Arbeitgeber zuzurechnen und der mit der privaten Nutzungsmöglichkeit verbundene geldwerte Vorteil ist nach § 8 Abs. 2 EStG zu versteuern.