Vorsteuerabzug aus Dauerschuldverhältnissen

Bei Dauerschuldverhältnissen erfüllt ein Vertrag nur dann die Funktion einer Rechnung, wenn in dem Vertrag die Umsatzsteuer offen ausgewiesen ist und zudem ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich die Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt.

Die Rechtsfrage, wer bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) die Feststellungslast für die den Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen trägt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

BFH Beschluss vom 03.02.2016 – V B 35/15 BFH/NV 2016, 794

Begründung:

Die Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis hat das Finanzgericht (FG) das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) nicht dadurch verletzt, dass es davon ausgegangen ist, der Vorsteuerabzug für das Streitjahr 2009 aus der Tätigkeitsvergütung des Komplementärs sei mangels Vorlage weiterer Rechnungen zu versagen, ohne sich mit dem Einwand der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auseinanderzusetzen, dass es bei Dauerleistungen keiner Vorlage weiterer Rechnungen bedürfe.

Dies ist zwar zutreffend. Doch ist die Vorentscheidung wegen eines Verfahrensfehlers nicht aufzuheben, wenn kein anderes Ergebnis in Betracht kommt. Dies ist der Fall; denn die Versagung des Vorsteuerabzugs ist im Ergebnis zutreffend, weil auch bei einem Vertrag über ein Dauerschuldverhältnis, in dem der monatliche Entgeltbetrag unter Angabe eines Umsatzsteuerbetrags vereinbart wird, erforderlich ist, dass ergänzende Zahlungsbelege vorgelegt werden, aus denen sich eine Abrechnung für einen bestimmten Zeitraum ergibt Nur dann werden Vertrag und Zahlungsbeleg der Funktion einer Rechnung gerecht.

Im Übrigen scheitert ein Vorsteuerabzug nicht nur an der Vorlage ergänzender Zahlungsbelege, sondern auch an einem ausreichenden Ausweis der Umsatzsteuer im Dauerleistungsvertrag vom 24. September 2007. Danach soll neben dem Nettogehalt die „jeweils gültige gesetzliche Umsatzsteuer” geschuldet werden, was nicht für die erforderliche Ausweisung des auf das Entgelt entfallenden „konkreten” Steuerbetrags genügt (§ 14 Abs. 4 Nr. 8 des Umsatzsteuergesetzes).

Das FG hat den Vorsteuerabzug aus den geltend gemachten Rechts- und Beratungskosten trotz der vorgelegten Beratungsrechnungen versagt, weil die Klägerin keinen Zusammenhang dieser Kosten mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit substantiiert dargelegt habe. Denn die Klägerin trage die Feststellungslast für den begehrten Vorsteuerabzug. Es sei aber zweifelhaft, ob sie die behinderten Menschen nicht für ein ernsthaft betriebenes wirtschaftliches Projekt, sondern allein deshalb angestellt habe, um einen Teil der für die Arbeitnehmer erschlichenen Fördergelder für sich abzuzweigen. Dies folgert das FG aus der Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Betruges, der darin bestehe, „Fördermittel von 106.500 EUR erschlichen” zu haben (FG-Urteil S. 11). An Feststellungen des Strafgerichtes darüber, ob es sich nur um eine Scheinaktivität handele, fehle es allerdings, weil es das Verfahren nach § 154 der Strafprozessordnung (StPO) aus prozessökonomischen Gründen eingestellt habe (FG-Urteil S. 5).

Zwar verstößt die Feststellung über die Erschleichung von Fördermitteln gegen den klaren Inhalt der Akten, weil das Landgericht den Geschäftsführer der Klägerin nicht wegen Betrugs zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland wegen Erschleichung von Fördermitteln, sondern wegen Betruges zu Lasten der eingestellten behinderten Arbeitnehmer verurteilt hat, weil der Geschäftsführer die Arbeitnehmer zu einem teilweisen Barlohnverzicht gegen zusätzliche Überlassung von Bezugsrechten der GmbH und Co. KGaA überredete, die aber wirtschaftlich wertlos waren.

Gleichwohl kann ausgeschlossen werden, dass das FG ohne diesen Irrtum über die Person des Geschädigten zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, weil es die Versagung des Vorsteuerabzugs aus Zweifeln über die wirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin hergeleitet hat und diese zu Recht auch aus dem Urteil des Strafgerichtes herleitet, in dem es zur Einstellung des Strafverfahrens wegen Umsatzsteuerhinterziehung heißt:

„Nach wie vor besteht der Verdacht, dass es sich bei diesem Projekt um bloße Scheinaktivitäten handelt, mittels derer sich der Angeklagte in betrügerischer Absicht Fördermittel aus öffentlicher Hand erschleichen wollte. Die Kammer ist diesem Verdacht nicht weiter nachgegangen, weil insofern das Verfahren nach Maßgabe des § 154 StPO eingestellt wurde.”