Vermietung einer Ferienwohnung

Ist der Verwalter Träger der Rechte und Pflichten aus der Vermietung einer Ferienwohnung, weil er die Wohnung im eigenen Namen vermietet hat, sind die Einkünfte steuerlich gleichwohl dem Eigentümer zuzurechnen, wenn zwischen ihm und dem Verwalter ein Treuhandverhältnis besteht und der Treugeber nach den Umständen des Einzelfalles gegenüber dem Treuhänder eine derart beherrschende Stellung einnimmt, dass er wirtschaftlich die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis trägt.

BFH Urteil vom 12.07.2016 – IX R 21/15

Begründung:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die A-GmbH die Einkünfte aus der Vermietung der Ferienwohnung erzielt hat. Die Kläger sind zwar mangels wirksamer Stellvertretung nicht Träger der Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen geworden. Die vermietende Tätigkeit der A-GmbH ist den Klägern jedoch als Treugebern zuzurechnen. Der Senat kann mangels Feststellung der ortsüblichen Anzahl der Vermietungstage nicht abschließend beurteilen, ob von der Überschusserzielungsabsicht der Kläger ohne Weiteres auszugehen oder ob eine Überschussprognose erforderlich ist.

Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der sie “erzielt”. Einkünfte erzielt, wer einen der in § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aufgezählten Einkunftstatbestände erfüllt. Den objektiven Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer einem anderen eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung überlässt und in diesem Zusammenhang Träger der Rechte und Pflichten aus einem Miet- oder Pachtvertrag ist. Hinsichtlich des objektiven Tatbestands der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung kommt es mithin darauf an, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt hat und damit eine Vermietertätigkeit selbst (oder durch einen gesetzlichen Vertreter bzw. Verwalter) ausübt; nicht entscheidend ist demgegenüber, wer rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjekts ist. Durch einen gesetzlichen Vertreter oder Verwalter vermietet, wem die Handlungen des Vertreters oder Verwalters (zivil- oder steuerrechtlich) zurechenbar sind.

Träger der Rechte und Pflichten aus dem Miet- oder Pachtvertrag ist auch, wer sich beim Abschluss des Vertrags (zivilrechtlich) wirksam vertreten lässt.

Grundsätzlich kommt nur eine offene Stellvertretung in Betracht (§ 164 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–). Tritt der Wille (des Vertreters), im fremden Namen zu handeln, beim Vertragsschluss nicht erkennbar hervor, treffen die Rechtswirkungen aus dem Geschäft den Vertreter und nicht den Vertretenen (§ 164 Abs. 2 BGB). Für den Mieter oder Pächter muss erkennbar sein, wer Vermieter oder Verpächter ist. Der Offenheitsgrundsatz dient primär dem Interesse und dem Schutz des Vertragspartners. Ausnahmen vom Offenheitsgrundsatz (Geschäft für den, den es angeht) setzen demgemäß voraus, dass es dem Vertragspartner gleichgültig ist, mit wem er den Vertrag schließt. Dies ist insbesondere anzunehmen bei Bargeschäften des täglichen Lebens. Davon ist indes nicht auszugehen bei der Buchung eines Hotelzimmers  und auch nicht bei der Buchung einer Ferienwohnung.

Nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die A-GmbH beim Abschluss der Mietverträge über die Ferienwohnung der Kläger im eigenen Namen gehandelt und konnten die Mieter auch aus den Umständen bei Vertragsschluss nicht erkennen, ob die A-GmbH ein Fremdgeschäft abschließen wollte. Da eine Ausnahme vom Offenheitsgrundsatz bei der Vermietung einer Ferienwohnung nicht in Betracht kommt, war Träger der Rechte und Pflichten aus den Mietverträgen die A-GmbH. Davon ist das FG im Ausgangspunkt zu Recht ausgegangen.

Auf das Außenverhältnis kommt es indes nicht an, wenn die vom Treuhänder erzielten Einkünfte dem Treugeber (steuerlich) zuzurechnen sind. Dies kommt auch in Betracht, wenn ein Treuhänder Mietverträge im eigenen Namen für einen Treugeber abschließt. Maßgeblich ist insoweit nicht § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 der Abgabenordnung; diese Vorschrift betrifft nur die Treuhand bei Wirtschaftsgütern. Bei der Vermietung (Nutzungsüberlassung) kommt aber nur eine Treuhand hinsichtlich der Nutzungsbefugnis in Betracht. Dabei handelt es sich steuerrechtlich nicht um ein eigenständiges Wirtschaftsgut.

Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Zurechnung vom Treuhänder erzielter Einkünfte beim Treugeber voraus, dass der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handelt, und dass der Treugeber nach der Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses und nach den sonstigen Umständen gegenüber dem Treuhänder eine derart beherrschende Stellung einnimmt, dass er wirtschaftlich die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis trägt. Werden Vermietungsleistungen über einen im eigenen Namen handelnden Treuhänder angeboten, so muss der Treugeber über den unmittelbar Handelnden das Marktgeschehen beherrschen. Das ist nur dann der Fall, wenn der Treugeber wesentlichen Einfluss auf die vertragliche Ausgestaltung des Treuhandverhältnisses hat, dem Treuhänder Weisungen für die Begründung und Ausgestaltung des Mietverhältnisses geben kann und tatsächlich gibt, und wenn er das Treugut, das Grundlage des Mietverhältnisses ist, entweder dem Treuhänder überträgt oder die Auswahl des Treuguts bestimmt und das Treugut jederzeit ohne wesentliche wirtschaftliche Einbußen herausverlangen kann. Nicht ausreichend für die Zurechnung der Einkünfte beim Treugeber ist, dass ihm das wirtschaftliche Ergebnis der Vermietung zugutekommt. Gegen eine beherrschende Stellung des Treugebers spricht es, wenn der Treuhänder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Treuhandstellung hat.

Das FG hat angenommen, dem Verwaltervertrag lasse sich nicht entnehmen, dass die A-GmbH die Stellung einer Treuhänderin haben sollte. Diese Auslegung findet in dem Vertrag jedoch keine Stütze. Hat das FG (wie hier) den Inhalt des Vertrags festgestellt, kann der BFH die Auslegung selbst vornehmen.

Dem FG ist zuzugeben, dass sich dem Vertrag nicht entnehmen lässt, ob die A-GmbH die Wohnung im eigenen Namen vermieten durfte oder ob ihr dies untersagt war. Der Vertrag lässt dies offen. Dies spricht jedoch nicht gegen die Annahme einer Treuhand.

Die Vertragsformulierung, wonach die A-GmbH u.a. die “formale Abwicklung der Mietverträge” schuldete, deutet darauf hin, dass die A-GmbH allenfalls im Außenverhältnis (formal) aus den Mietverträgen verpflichtet sein sollte, während die Wirkungen der Verträge im Innenverhältnis (wirtschaftlich) die Kläger treffen sollten. Aus dem Vertrag ergibt sich auch, dass die Kläger die von der A-GmbH “formal” abzuschließenden Mietverträge inhaltlich bestimmten. So enthält der Vertrag die Verpflichtung der Auftraggeber, der Auftragnehmerin die “erforderlichen Informationen über Preis und Vertragsbedingungen” zur Verfügung zu stellen. Dabei handelt es sich um die wesentlichen Elemente der Verträge. Für ein Handeln der A-GmbH auf Rechnung und Gefahr der Kläger spricht auch der Umstand, dass die A-GmbH für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben eine Vergütung erhalten sollte. Die A-GmbH war zwar berechtigt und verpflichtet, die Mieten einzuziehen und ihre Vergütung von den vereinnahmten Mieten abzuziehen. Sie war jedoch im Übrigen zur laufenden Rechnungslegung und regelmäßigen Auszahlung der Einnahmenüberschüsse verpflichtet. Auch aus diesen Regelungen ergibt sich, dass die A-GmbH die Vermietungseinnahmen grundsätzlich als fremd behandeln musste. Nicht die Kläger, sondern die A-GmbH war am Ergebnis der Vermietung beteiligt. Schließlich waren die Kläger unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten berechtigt, das Treugut (Nutzungsbefugnis an der Ferienwohnung) voraussetzungslos und ohne Einbußen von der A-GmbH zurückzufordern.

Zu Unrecht hat das FG ferner angenommen, dass an die Anerkennung der Treuhand im Streitfall deshalb besonders strenge Anforderungen gestellt werden müssten, weil die A-GmbH eine den Klägern nahe stehende Person war. Umgekehrt ergibt sich, worauf die Kläger zu Recht hinweisen, gerade aus dem Umstand, dass die Kläger gemeinsam die A-GmbH beherrschten, dass sie auch die Durchführung des Verwaltungsvertrags und des darin liegenden Treuhandverhältnisses beherrschten. Zu Recht hat deshalb das FG an der tatsächlichen Durchführung des Treuhandvertrags keinen Zweifel geäußert. Auf die erst im Revisionsverfahren thematisierte bilanzielle Behandlung des Treuhandverhältnisses kommt es nicht an, da die Feststellung der Treuhand im Streitfall nicht auf Indizien gestützt werden muss.

Nach alldem ist die vermietende Tätigkeit der A-GmbH den Klägern zuzurechnen.

Die fehlerhafte Auslegung des Vertrags durch das FG stellt einen Rechtsfehler dar. Seine Entscheidung kann deshalb keinen Bestand haben.

Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob von der Einkünfteerzielungsabsicht der Kläger auszugehen oder ob eine Überschussprognose erforderlich ist.

Von der Einkünfteerzielungsabsicht ist bei der Vermietung einer Ferienwohnung nach der Rechtsprechung des Senats ohne Weiteres auszugehen, wenn die Wohnung ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird. Unerheblich ist es insoweit, ob die Ferienwohnung in Eigenregie vermietet oder ob mit der Vermietung (wie hier) ein Dritter beauftragt wird. Ob der Steuerpflichtige die Ferienwohnung selbst genutzt hat, muss das FG –notfalls anhand von Indizien– feststellen. Insofern wird auch zu berücksichtigen sein, dass das FA aufgrund konkreter tatsächlicher Feststellungen für die Jahre 1999 und 2001 bereits zu dem Schluss gekommen war, dass den Kläger die Behauptung fehlender Selbstnutzung nicht zu widerlegen sei.

Unabhängig davon bedarf es einer Überschussprognose auch bei fehlender Selbstnutzung, wenn die tatsächlich erzielte Vermietungszeit die ortsübliche Vermietungszeit erheblich (d.h. um mehr als 25 %) unterschreitet. Hinsichtlich der ortsüblichen Vermietungszeiten stehen sich die Behauptungen der Kläger (120 bis 130 Tage gemäß Mitteilung der Stadt Z) und des FA (170 und mehr Tage) gegenüber. Das FG wird insofern aufgrund eigener tatsächlicher Ermittlungen festzustellen haben, von welchem Wert auszugehen ist. Hinsichtlich der tatsächlich verwirklichten Vermietungszeiten weist der Senat darauf hin, dass die Wohnung nach den Angaben der Kläger in der Einkommensteuererklärung für 2003 nicht an 124, sondern an 136 Tagen vermietet war. Die niedrigere Annahme des FA in der Einspruchsentscheidung beruht offenbar auf einem Rechenfehler (Summenbildung in der Abrechnung III. Quartal 2003 vom 20. September 2003, Einkommensteuerakte Bl. 46). Dem sind die Kläger in der Klagebegründung ohne eigene Überprüfung gefolgt. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass die Anzahl von 124 Tagen unstreitig ist. Im finanzgerichtlichen Verfahren kommt es auf den wahren Sachverhalt an. Für das Jahr 2001 haben die Kläger keine Angaben über die Anzahl der Vermietungstage gemacht. Diese sind deshalb zu schätzen. Dabei ist jedoch nicht wie in der Einspruchsentscheidung von derselben Anzahl an Tagen wie im Jahr 2003 auszugehen, denn die im Jahr 2001 aus der Vermietung erzielten Einnahmen waren deutlich höher als die im Jahr 2003 erzielten Einnahmen. Dies muss die Schätzung berücksichtigen.

Sollte nach allem eine Überschussprognose nicht erforderlich sein, ist der Klage stattzugeben.

Kommt es dagegen auf die Überschussprognose an, weist der Senat darauf hin, dass die Kläger insofern nicht an den von ihrem Steuerberater eingereichten Berechnungen festzuhalten sind. Die Prognose kann selbstverständlich fortentwickelt oder auch korrigiert werden. Der Umstand, dass die Kläger die Vermietung der Ferienwohnung im Jahr 2010 oder 2011 aufgegeben haben, wirkt nicht in der Weise auf die Streitjahre zurück, dass die Einkünfteerzielungsabsicht in diesen Jahren deswegen entfällt. Die Prognose ist vielmehr aus der Sicht ex ante und auf den Schluss des jeweiligen Veranlagungszeitraums aufzustellen. Nachträgliche tatsächliche Veränderungen wirken auf sie nicht zurück.