Ein Einkommensteuerbescheid kann gemäß § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. auch dann geändert werden, wenn dem FA die von der zentralen Stelle übermittelten Daten in Bezug auf die als Sonderausgaben abziehbaren Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung bereits im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung vorgelegen haben.
- 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. ist keine Ermessens-, sondern eine Befugnisnorm.
BFH Urteil vom 24.08.2016, X R b34/14
Begründung:
Das FG hat zwar zu Recht erkannt, dass der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 20. April 2011 nicht gemäß § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG geändert werden konnte (unter 1.), es hat aber zu Unrecht eine Änderungsmöglichkeit gemäß § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung verneint (unter 2.). Das FA konnte und musste den Einkommensteuerbescheid der Kläger gemäß § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. ändern, ein Ermessen hatte es nicht.
Nach § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG ist ein Steuerbescheid zu ändern, soweit (1.) Daten nach den Sätzen 4, 6 und 7 vorliegen oder (2.) eine Einwilligung in die Datenübertragung nach Abs. 2 Satz 3 nicht vorliegt und sich hieraus eine Änderung der festgesetzten Steuer ergibt. Aufgrund der Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 24 Satz 5 EStG gilt diese Vorschrift aber für den Veranlagungszeitraum 2010 nur, soweit am 14. Dezember 2011 noch keine Steuer erstmalig festgesetzt war. Da der ursprüngliche Einkommensteuerbescheid für die Kläger vom 20. April 2011 datiert, kann eine Änderung nicht auf § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG i.d.F. des BeitrRLUmsG gestützt werden.
Das FA konnte den Einkommensteuerbescheid für 2010 jedoch gemäß § 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. i.d.F. des Bürgerentlastungsgesetzes Krankenversicherung ändern. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift (unter a), dem Umkehrschluss zu anderen Änderungsvorschriften (unter b), der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien (unter c), dem Sinn und Zweck der Vorschrift (unter d), dem Verhältnis zu § 173 Abs. 1 AO (unter e) als auch aus der Gesetzesbegründung des BeitrRLUmsG.
- 10 Abs. 2a Satz 8 EStG a.F. lautet: “Ein Steuerbescheid kann geändert werden, soweit Daten nach den Sätzen 4, 6 oder Satz 7 übermittelt wurden.” Dem Wortlaut dieses Satzes ist weder eine zeitliche Einschränkung dergestalt zu entnehmen, dass eine Änderung nur erfolgen darf, wenn die Daten erst nach der Bekanntgabe des Steuerbescheides übermittelt werden, noch dergestalt, dass die Übermittlung der Daten der Anlass der Änderung gewesen sein musste