Ob bei der Aufteilung des Gesamtkaufpreises einer Immobilie der Bodenwert und Gebäudewert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln ist, ist nach der Rechtsprechung des BFH nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden.
Die Wahl des Wertermittlungsverfahrens ist vom FG zu begründen
BFH Beschluss vom 15.11.2016 – IX B 98/16 BFHNV 2017 S. 292
Begründung:
Ist wie im Streitfall ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, dann ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Absetzung für Abnutzung aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln und sodann die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen. Für die Schätzung des Werts des Grund- und Boden- sowie des Gebäudeanteils kann nach ständiger Rechtsprechung des BFH die Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung –ImmoWertV– vom 19. Mai 2010, BGBl I 2010, 639) herangezogen.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens zu ermitteln. Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und der sonstigen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der zur Verfügung stehenden Daten, zu wählen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz ImmoWertV). Welches dieser –gleichwertigen– Wertermittlungsverfahren anzuwenden ist, ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden.
Bei selbstgenutzten und bei vermieteten Eigentumswohnungen (im Privatvermögen) und Mehrfamilienhäusern ist grundsätzlich eine Kaufpreisaufteilung unter Anwendung des Sachwertverfahrens angebracht. Aber auch eine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens ist ausnahmsweise möglich, wenn dieses aus Sicht des FG zum zutreffenderen Wert führt und die tatsächlichen Wertverhältnisse besser abbildet.
Von diesen Rechtssätzen der Rechtsprechung des BFH ist auch das FG im Streitfall ausgegangen. Das FG hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass die Ermittlung des Verkehrswerts auf der Grundlage der ImmoWertV mit Hilfe des Vergleichswert-, des Ertragswert- oder des Sachwertverfahrens erfolgen kann. Es hat weiter ausgeführt, dass die vorliegende Immobilie auf der Grundlage der o.g. BFH-Rechtsprechung grundsätzlich unter Anwendung des Sachwertverfahrens zu bewerten ist.
Es hat jedoch hier aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls das Ertragswertverfahren für die zutreffendere Bewertungsmethode gehalten. Dies hat es unter Hinweis auf den Zustand des Gebäudes, die Lage am Immobilienmarkt und die Besonderheiten des Objekts auch ausführlich begründet. Das FG hat dabei festgestellt, dass das Objekt in erster Linie zur Vermietung geeignet und nicht zur Selbstnutzung gedacht war. Daher stellten die Ertragsaussichten den wesentlichen wertbildenden Faktor dar, was aus Sicht des FG folgerichtig zu einer Anwendung des Ertragswertverfahrens geführt hat.