Die Zuordnungsentscheidung ist eine materielle Voraussetzung des Rechts auf Vorsteuerabzug

Zu den für das Recht auf Vorsteuerabzug erforderlichen materiellen Voraussetzungen gehört gemäß Art. 168 Buchst. a MwStSystRL, dass der Anspruchsberechtigte Steuerpflichtiger im Sinne der MwStSystRL ist und dass er bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs als Steuerpflichtiger handelt.

Deshalb erfordert die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen bereits im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers.
Die materielle Voraussetzung “Zuordnungsentscheidung” muss als innere Tatsache “zeitnah” nach außen dokumentiert werden, d.h. spätestens bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen.

Das Erfordernis einer zeitnahen Dokumentation macht die Zuordnungsentscheidung nicht zu einer formellen Voraussetzung des Vorsteuerabzugs.

BFH Beschluss vom 14.03.2017 – VB 109/16 BFH/NV 2017, 922

Begründung:

Die Frage, ob gesetzlich nicht normierte Fristen für Zuordnungsentscheidungen zulässig sind und ob sich durch die Einführung des § 15 Abs. 1b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) hieran etwas geändert hat, hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Die Frage nach dem Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung und deren Dokumentation nach außen ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Die Zuordnung eines Gegenstands zum Unternehmen erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte Zuordnungsentscheidung des Unternehmers. Aus dem Grundsatz des Sofortabzugs der Vorsteuer folgt, dass die Zuordnungsentscheidung schon bei Anschaffung oder Herstellung des Gegenstands zu treffen ist. Gleichwohl kann die Zuordnungsentscheidung spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer “zeitnah” erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug fällt, nach außen dokumentiert werden. Eine “zeitnahe” Dokumentation der Zuordnungsentscheidung liegt dabei nur dann vor, wenn diese bis zur gesetzlichen Abgabefrist für Steuererklärungen dem Finanzamt gegenüber abgegeben wurde.

Zwar hat der EuGH entschieden, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen –im Falle des EuGH-Urteils Senatex bestimmten Rechnungsanforderungen– nicht genügt hat.
Die Folgen eines Verstoßes gegen formelle Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs sind aber im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn die Zuordnungsentscheidung ist keine formelle, sondern materielle Voraussetzung des Vorsteuerabzugs. Bei richtlinienkonformer Auslegung wird für das Unternehmen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine Leistung daher nur bezogen, wenn sie zur (beabsichtigten) Verwendung für Zwecke einer nachhaltigen und gegen Entgelt ausgeübten Tätigkeit bezogen wird, die im Übrigen steuerpflichtig sein muss, damit der Vorsteuerabzug nicht nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG ausgeschlossen ist.

Dass die materielle Voraussetzung “Zuordnungsentscheidung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs” nach außen dokumentiert werden muss, liegt in ihrer Eigenschaft als innere Tatsache begründet. Das Erfordernis einer zeitnahen Dokumentation macht die Zuordnungsentscheidung deshalb nicht zu einer formellen Voraussetzung des Vorsteuerabzugs.