Einkünfteerzielungsabsicht bei ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermieteter oder dazu bereit gehaltener Ferienwohnung

Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen bedeutsamen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

Die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose ist bei einer besonderen Gestaltung und Ausstattung einer Wohnung sowie einer besonderen Größe des Grundstücks auch bei Überschreiten der ortsüblichen Vermietungszeit anhand einer Prognose zu überprüfen.

BFH Beschluss vom 04.03.2016 – IX B 114/15

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen bedeutsamen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

Die Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose bei einer besonderen Gestaltung und Ausstattung einer Wohnung sowie der besonderen Größe des Grundstücks entspricht vielmehr der Rechtsprechung des BFH. Ebenso ist es vertretbar, hinsichtlich der Ermittlung der ortsüblichen Vermietungszeiten je nach der Struktur des Ferienwohnungsmarkts auf das Gebiet einer oder mehrerer Gemeinden abzustellen. Zudem hat das Finanzgericht (FG) in seiner Entscheidung in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH ergänzend auf die durchschnittlichen Vermietungszeiten und nicht die Bettenauslastung abgestellt. Da aus Sicht des FG mithin die fehlende Überschusserzielungsabsicht der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in tatsächlicher Hinsicht eindeutig feststand, erübrigte sich aus seiner Sicht eine vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) vorzunehmende vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 der Abgabenordnung.

Denn die Erforderlichkeit der Vornahme einer Prognoseberechnung zur Feststellung der Überschusserzielungsabsicht folgt bereits aus der besonderen Gestaltung und Ausstattung der Wohnungen sowie der besonderen Größe des Grundstücks. Unabhängig davon war die Frage der Ermittlung der durchschnittlichen Vermietungstage bereits im erstinstanzlichen Verfahren Gegenstand. Das FA hatte darauf hingewiesen, dass auf die vom Statistischen Landesamt ermittelten Werte nicht abgestellt werden kann, so dass die Argumentation des FG zu diesem Punkt für die Kläger nicht überraschend kam.

Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen bei Vermietung und Verpachtung

Kursverluste bei Fremdwährungsdarlehen sind bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht als Werbungskosten abziehbar.

BFH Beschluss vom 04.03.2016 – IX B 85/15

Begründe:

Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wirft die Frage auf, ob bei einem auf fremde Währung lautenden Darlehen, welches zur Bezahlung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten einer vermieteten Immobilie verwandt worden ist, die infolge von Wechselkursänderungen eingetretene Erhöhung der Rückzahlungsverpflichtung (Differenz zwischen dem Kontostand am Anfang und am Ende des Jahres) zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führt. Zumindest müssten in diesem Fall die vereinbarungsgemäß erbrachten Tilgungsleistungen als Werbungskosten abzugsfähig sein, soweit sie nicht zu einer Verringerung der Darlehensrückzahlung geführt hätten (vergebliche Tilgungsbeiträge).

Die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen sind höchstrichterlich geklärt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits entschieden, dass Mehraufwendungen infolge von Kursverlusten bei Fremdwährungsdarlehen (Sondertilgungen) keine Schuldzinsen sind und deshalb nicht zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen. Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall zu übertragen, wobei hinzukommt, dass die Klägerin in den Streitjahren noch keine Sonderleistungen auf die in Euro gestiegenen Rückzahlungsverpflichtungen erbracht, sondern lediglich die in Euro vereinbarten Tilgungsbeiträge geleistet hat. Es fehlt also, worauf das Finanzgericht zu Recht hingewiesen hat, im vorliegenden Fall schon an einem Mittelabfluss. Auch deshalb liegen im Streitfall keine Werbungskosten vor. Im Übrigen irrt die Klägerin, wenn sie annimmt, ihre Tilgungsleistungen hätten keine Tilgungswirkung gehabt. Die in Euro erbrachten Zahlungen sind zwar zunächst nach Maßgabe des jeweiligen Devisen-Kassa-Kurses in CHF umzurechnen und entfalten deswegen eine geringere Tilgungswirkung als von ihr erhofft. Sie werden jedoch auf die Darlehensrückzahlungsverpflichtung angerechnet und verringern diese (in CHF). Dass die Darlehensrückzahlungsverpflichtung in Euro ausgedrückt gleichwohl gestiegen ist, ändert hieran nichts.

Nach geänderter Rechtsprechung des Senats können die nach der Veräußerung einer vermieteten Immobilie anfallenden Schuldzinsen auf Darlehen, die der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienten, als nachträgliche Werbungskosten abgezogen werden, soweit die Darlehen nicht aus dem Veräußerungserlös zurückgeführt werden konnten. Diese Rechtsprechung verhält sich nicht zu der von der Klägerin aufgeworfenen Frage. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Ausweitung der Behaltensfrist in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von zwei auf zehn Jahre den Zugriff auf den grundsätzlich nicht steuerbaren Vermögensbereich ausgeweitet. Damit ist jedoch keine vollständige Abkehr von dem Grundsatz verbunden, dass Wertveränderungen auf der privaten Vermögensebene grundsätzlich nicht im Rahmen des § 21 EStG, sondern allenfalls im Zeitpunkt des (steuerbaren) Verkaufs bei § 23 EStG erfasst werden. Ein Verkauf liegt im Streitfall nicht vor.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Senat die Verrechnung eines Veräußerungsgewinns aus § 23 EStG mit verrechenbaren Verlusten gemäß § 15a EStG zugelassen hat, die aus der früheren Vermietung des veräußerten Grundstücks herrührten. Auch diese Rechtsprechung hat keine Auswirkung auf die Grundannahme, dass Wertveränderungen des vermieteten Vermögens grundsätzlich nicht bei den Einkünften aus § 21 EStG zu erfassen sind.

Betreiben einer Photovoltaikanlage und eines Autohauses als einheitlicher Gewerbebetrieb

Für die Frage, ob mehrere gewerbliche Betätigungen, die ein und derselbe Unternehmer ausübt, zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen sind, kommt es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an (ständige BFH-Rechtsprechung).

Der Umstand, dass der von einer Photovoltaikanlage erzeugte Strom zu einem nicht unerheblichen Anteil (hier: zu 21,3 %) eigenbetrieblich genutzt wird, stellt einen im Rahmen der Gesamtschau aller Umstände zu berücksichtigenden Teilaspekt dar.

BFH Beschluss vom 25.02.2016 – X B 130, 131/15

Sachverhalt:

Die verheirateten Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) werden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. gewerbliche Einkünfte (§ 15 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) aus dem Betrieb eines Autohauses (Kfz-Reparaturwerkstatt, Kfz-Handel, Mietwagen). Den Gewinn des Einzelunternehmens ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG).

In den am 23. Dezember 2011 bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) eingereichten Einkommen- und Gewerbesteuererklärungen für 2010 brachte der Kläger bei der Ermittlung des Gewinns aus dem Autohaus einen Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Abs. 1 EStG i.d.F. des Streitjahres) in Höhe von 25.000 EUR (knapp 40 % der voraussichtlichen Kosten von 64.000 EUR) für die geplante Anschaffung einer Photovoltaikanlage gewinnmindernd in Ansatz. Das FA berücksichtigte den Investitionsabzugsbetrag insgesamt nicht, weil der Betrieb der Photovoltaikanlage einen eigenen Gewerbebetrieb „Stromerzeugung” darstelle, der mit der Anschaffung der Anlage neu entstanden sei (Neugründung). Da die tatsächliche Anschaffung erst im Februar 2012 erfolgt sei, müsse der Kläger unter den für Neugründungen geltenden erhöhten Anforderungen nachweisen, dass eine Investitionsabsicht bereits am Schluss des Wirtschaftsjahres 2010 bestanden habe. Entsprechende Nachweise legten die Kläger nicht vor.

Stattdessen wandten sie ein, aufgrund der Eingliederung der Photovoltaikanlage in das Autohaus sei nach wie vor von einem einheitlichen Gewerbebetrieb auszugehen mit der Folge, dass die vom FA verlangten Nachweise nicht erbracht werden müssten. Die Anlage befinde sich auf dem Dach des Betriebsgebäudes des Autohauses, der erzeugte Strom werde nicht in Gänze in das öffentliche Stromnetz eingespeist, sondern in einem Umfang von 21,3 % von der Kfz-Werkstatt des Autohauses verbraucht, und auch die Verwaltung bzw. buchhalterische Abwicklung der Anlage erfolge über das Autohaus. Außerdem werde das Autohaus im Rahmen der Verwendung des erzeugten Stroms für eigene Zwecke gegen zukünftige Strompreissteigerungen abgesichert. Zuletzt belege die Errichtung der Photovoltaikanlage (wohl im Sinne eines Werbeeffekts), dass der Betrieb des Klägers, der sich durch die umweltfreundliche Umrüstung herkömmlicher Fahrzeuge auf Autogas einen Namen gemacht habe, selbst zur Reduzierung von Treibhausgasen beitrage.

Begründung:

Dies zugrunde gelegt, erweist sich die von den Klägern zur Beantwortung gestellte Frage,

„ob eine PV-Anlage, in der neben der Einspeisung des erzeugten Stroms ins öffentliche Netz auch ein nicht unwesentlicher Teil (über 10 %) des erzeugten Stroms im bereits vorhandenen Gewerbebetrieb verbraucht wird, zusammen mit diesem einen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellt, wenn die erforderliche organisatorische und finanzielle Verflechtung gegeben ist oder ob eine PV-Anlage immer einen eigenständigen Gewerbebetrieb bildet, wenn nicht neben dem Selbstverbrauch noch andere Umstände hinzukommen, die einen einheitlichen Gewerbebetrieb rechtfertigen, der Selbstverbrauch allein also für die erforderliche wirtschaftliche Verflechtung nicht ausreichend wäre”,

Der Senat hat in seinen bereits klargestellt, dass es für die Frage, ob mehrere gewerbliche Betätigungen, die ein und derselbe Unternehmer ausübt, zu einem einheitlichen Gewerbebetrieb zusammenzufassen sind, auch bei der nachträglichen Anschaffung bzw. dem Betrieb von Photovoltaikanlagen stets auf das Gesamtbild der Verhältnisse ankommt. Der von den Klägern ins Zentrum ihrer Nichtzulassungsbeschwerden gerückte Umstand, dass der von der Photovoltaikanlage erzeugte Strom zu einem nicht unerheblichen Anteil in dem vom Kläger betriebenen Autohaus genutzt wird, stellt nach dieser Judikatur unzweifelhaft –im Sinne von nicht weiter klärungsbedürftig– einen im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau aller Umstände zu berücksichtigenden Teilaspekt dar. Dementsprechend hat ihn auch das FG in seine Abwägung einbezogen (vgl. jeweils S. 11 der angegriffenen Urteile). Mehr war insoweit aus Rechtsgründen nicht erforderlich.

Zivilprozesskosten zur Abwehr von Wasserschäden am Wohnhaus als außergewöhnliche Belastungen

Das Wohnen betrifft grundsätzlich einen existenziell wichtigen Bereich. Zivilprozesskosten zur Abwehr aufstaubedingter Hochwasserschäden können dementsprechend außergewöhnliche Belastungen sein, wenn der Steuerpflichtige ansonsten Gefahr liefe, sein Wohnhaus nicht weiter zu Wohnzwecken nutzen und dadurch seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

BFH Urteil vom 20.01.2016- VI R 40/13

Sachverhalt:

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen.Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks in A. Es liegt unweit des Flusses B. Der Fluss wird zum Betrieb einer Turbine regelmäßig auf eine Höhe von 75,76 m.ü.NN angestaut. Dadurch tritt Wasser in die Kelleranlagen im Gebäude des Klägers ein. Der Turbinenbetreiber beruft sich darauf, dass er aufgrund eines alten Rechts zum Anstauen befugt sei. Ein Sachverständigengutachten, das im Rahmen eines beim Landgericht C durchgeführten selbständigen Beweisverfahrens eingeholt worden war, kam zu dem Ergebnis, dass das Eindringen des Flusswassers vermieden werden könnte, wenn die Anstauhöhe geringer wäre. Ansonsten sei ein Wassereintritt „nur unter größten Schwierigkeiten” zu verhindern und dies auch nur „mit Kosten, welche mit Sicherheit außerhalb jeder Wirtschaftlichkeit stünden”.

Auf Grundlage dieses Gutachtens erhob der Kläger gegen den Turbinenbetreiber vor dem Landgericht C Klage mit dem Ziel, es zu unterlassen, den Fluss über eine Höhe von 74,71 m.ü.NN aufzustauen. Der Kläger bestritt, dass dem Turbinenbetreiber ein entsprechendes Recht zustehe, es fehle insoweit an einer Eintragung im Wasserbuch.

Begründung:

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Senat kann auf Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die vom Kläger geltend gemachten Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

.Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit. Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war. Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen.

Dagegen nahm der Senat in seiner Entscheidung die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessuale Auseinandersetzung als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen.

Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG kann der Senat allerdings nicht in der Sache selbst entscheiden. Denn auf Grundlage der bisherigen Feststellungen kann insbesondere nicht entschieden werden, ob der Kläger ohne die mit dem Zivilprozess verfolgte Abwehr weiterer aufstaubedingter Hochwasserschäden an seinem Wohnhaus Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Das wäre insbesondere der Fall, wenn der Kläger durch das Aufstauen des Flusses Gefahr liefe, sein Wohnhaus nicht mehr weiter zu Wohnzwecken nutzen zu können. Denn das Wohnen betrifft grundsätzlich einen existenziell wichtigen Bereich, es gehört zum verfassungsrechtlich geschützten Existenzminimum. Dementsprechend haben sowohl die Rechtsprechung des BFH als auch die Finanzverwaltung immer schon bei Verlust von Hausrat und Kleidung aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses die Voraussetzungen des § 33 EStG bejaht und insbesondere nicht grundsätzlich zwischen dem Verlust lebensnotwendiger Bedarfsgegenstände einerseits und einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des ebenfalls lebensnotwendigen privaten Wohnens andererseits unterschieden. Eine solche schwerwiegende Beeinträchtigung des lebensnotwendigen privaten Wohnens und eine damit einhergehende existenzielle Betroffenheit ist allerdings nicht schon mit jedem beliebigen Schaden an dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus des Steuerpflichtigen gegeben. Eine solche existenzielle Betroffenheit liegt vielmehr nur dann vor, wenn die Nutzung des Wohnhauses zu eigenen Wohnzwecken ernsthaft in Frage gestellt ist.

Das FG hat bisher keine Feststellungen zum Umfang der durch das Aufstauen des Flusses bewirkten Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des Hauses getroffen. Diese Feststellungen wird das FG nachzuholen haben. Sollte das FG danach zu der Würdigung gelangen, dass der Kläger in seiner Wohnsituation durch das Aufstauen des Flusses im vorgenannten Sinne gravierend beeinträchtigt ist, ist ein solcher existenziell wichtiger Bereich berührt. Dann kann der Steuerpflichtige, so die ständige Rechtsprechung, auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen. In solchen Fällen erwachsen die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG.

Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, sind allerdings nur solche Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, die den Steuerpflichtigen endgültig belasten. Sollte der vom Kläger geführte Rechtsstreit zwischenzeitlich zu seinen Gunsten entschieden und ihm die streitigen Aufwendungen ersetzt worden sein, kommt ein Abzug als außergewöhnliche Belastung nicht mehr in Betracht.

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Kosten eines Arzthaftungsprozesses können als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sein, wenn der Steuerpflichtige ohne die Geltendmachung des (vermeintlichen) Anspruchs Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können.

Davon kann beispielsweise auszugehen sein, wenn die Zivilklage auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder eine existentiell wichtige Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zielt und ein Werbungskostenabzug der streitigen Aufwendungen nicht in Betracht kommt.

Ansprüche wegen immaterieller Schäden betreffen den existentiellen Bereich des § 33 EStG hingegen nicht.

BFH Urteil vom 17.12.2015 – VI R 78/13

Sachverhalt:

Streitig ist, ob im Zusammenhang mit einem Arzthaftungsprozess angefallene Gutachterkosten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beantragte, Kosten für ein Gutachten im Rahmen eines Arzthaftungsprozesses in Höhe von 1.500 EUR bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (2010) als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen jedoch nicht. Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage statt. Nach der grundlegenden Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Anerkennung von Aufwendungen für einen Zivilprozess als außergewöhnliche Belastungen seien die im Rahmen des von der Klägerin angestrengten Zivilprozesses für die Erstattung eines Gutachtens geleisteten Kosten nach § 33 EStG abzugsfähig. Denn der Prozess sei von der Klägerin nicht mutwillig oder leichtfertig angestrengt worden.

Begründung:

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten

Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit. Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war. Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags-)Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten. Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspreche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe. Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Insbesondere wenn der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen

Demgegenüber nahm der Senat in seiner Entscheidung in die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Auffassung hat auch das FG in dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt.

Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die im Zusammenhang mit einem Arzthaftungsprozess angefallenen Gutachterkosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, kann sein Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.

Das FG hat –von seinem Standpunkt aus zu Recht– keine Feststellungen dazu getroffen, ob und wenn ja in welchem Umfang der von der Klägerin angestrengte Arzthaftungsprozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG vermag der Senat auch nicht selbst zu beurteilen, ob die Klägerin aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen war, den angestrengten Arzthaftungsprozess zu führen. Die Sache ist deshalb an das FG zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen –etwa durch Beiziehung der Prozessakten des Zivilprozesses– im zweiten Rechtsgang nachholen kann. Dabei hat es insbesondere in den Blick zu nehmen, ob und in welchen Umfang das zivilprozessuale Begehren der Klägerin auf den Ersatz von materiellen und immateriellen Schäden gerichtet ist. Soweit die Zivilklage der Klägerin auf den Ersatz materieller Schäden gerichtet ist, hat das FG zu prüfen, ob die Klägerin ohne die Geltendmachung ihres (vermeintlichen) Anspruchs Gefahr gelaufen wäre, ihre Existenzgrundlage zu verlieren oder ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Davon kann beispielsweise auszugehen sein, wenn die Klage auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder eine existenziell wichtige Entschädigung als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zielt und ein Werbungskostenabzug der streitigen Aufwendungen nicht in Betracht kommt. Ansprüche wegen immaterieller Schäden betreffen hingegen regelmäßig nicht den existenziellen Bereich i.S. des § 33 EStG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie wie das „Schmerzensgeld” auf den Ausgleich von Nichtvermögensschäden wegen der Beeinträchtigung der körperlichen Gesundheit gerichtet sind. Sollte das zivilprozessuale Begehren der Klägerin sowohl existenziell wichtige Bereiche als auch solche ohne einen solchen Bezug betreffen, sind zur Ermittlung der als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigenden Rechtsverfolgungskosten die Summe der Streitwerte der Klageanträge ins Verhältnis zu setzen.

Betriebsausgabenabzug trotz nicht erbrachter Eingangsleistung

Der Betriebsausgabenabzug für einen tatsächlich abgeflossenen Betrag kann nicht deshalb versagt werden, weil der Zahlungsempfänger seiner vertraglichen Leistungspflicht zwar nicht nachgekommen ist, der Steuerpflichtige dies aber –wenn auch leichtfertig– nicht erkannt hat.

Ein Verschulden des Steuerpflichtigen steht der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen nicht entgegen.

BFH Urteil vom 17.11.2015 – X R 3/14

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb zum einen als Finanzberater, zum anderen als Unternehmensberater. Gegenstand der Unternehmensberatung war vor allem die Unterstützung von Kleinunternehmen bei der Inanspruchnahme staatlicher Förderungen. Er ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung.

Nach dem Vorbringen des Klägers traten in den Streitjahren 2003 und 2004 Kunden an ihn heran, die förderfähige EDV-Schulungen in Anspruch nehmen wollten. Die Kunden nannten ihm bereits die Dienstleister, die die Schulungen ausführen sollten. Zu den Aufgaben des Klägers gehörte die Antragstellung bei einer öffentlich-rechtlichen Förderbank (F), über die das Bundesland die Zuschüsse gewährte, sowie die zur Erlangung der Subventionen erforderliche Dokumentation der Schulungen.

Die Schulungsdienstleister wurden allerdings nicht unmittelbar von den Kunden des Klägers beauftragt. Vielmehr erteilten die Kunden die Schulungsaufträge an den Kläger; dieser beauftragte im eigenen Namen entsprechende Dienstleister. Nach den Feststellungen in einem rechtskräftig gewordenen Strafbefehl vom 30. September 2011 waren die Kunden des Klägers von dem Bestreben geleitet, gemeinsam mit unbekannt gebliebenen „Hintermännern” durch wahrheitswidrige Angaben Fördergelder für Schulungsmaßnahmen zu erlangen. Die Kunden reichten die vom Kläger vorbereiteten Stundennachweise und dessen Rechnungen bei F ein, obwohl die abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht oder nicht in vollem Umfang erbracht worden und die Fördervoraussetzungen daher nicht erfüllt waren. Der Kläger zeichnete die Stundennachweise ab, erstellte Schulungsberichte und erteilte den angeblichen Schulungsteilnehmern Teilnahmezertifikate, obwohl er die Schulungen weder selbst vorgenommen noch sich vergewissert hatte, dass die Schulungen in dem beantragten Umfang stattgefunden hatten. Die Kunden des Klägers bezahlten dessen Rechnungen und erhielten von F einen Zuschuss in Höhe von 90 % des Nettorechnungsbetrags. Der Kläger bezahlte seinerseits die von seinen Subunternehmern eingereichten Rechnungen für die angeblichen Schulungs-Dienstleistungen. Auf der Grundlage dieser Feststellungen wurde der Kläger wegen leichtfertigen Subventionsbetrugs (§ 264 Abs. 1, 4 des Strafgesetzbuchs) zu einer Geldstrafe verurteilt.

Begründung:

Gemäß § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) –hier i.V.m. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes– sind Betriebsausgaben die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine solche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt. Weiter führt der Große Senat in dieser Entscheidung (unter C.II.2.b bb) aus, nach dem Regelungsziel des EStG seien Aufwendungen dann als durch eine Einkunftsart veranlasst anzusehen, wenn sie hierzu in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Maßgeblich für das Bestehen eines solchen Zusammenhangs sei zum einen die wertende Betrachtung des die Aufwendungen auslösenden Moments, zum anderen die Zuweisung dieses maßgeblichen Bestimmungsgrundes zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre. Ergebe diese Prüfung, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, seien sie als Betriebsausgaben anzuerkennen und –vorbehaltlich einer entgegenstehenden gesetzlichen Regelung– abziehbar.

In der Literatur wird dazu unter Verweis auf den Wortlaut des § 4 Abs. 4 EStG „veranlasst”, nicht aber „verursacht”) zutreffend ausgeführt, der Begriff der Veranlassung sei weiter als derjenige der Verursachung. Käme es auf die Verursachung an, wäre eine naturgesetzliche Notwendigkeit der betrieblichen Tätigkeit für die Aufwendungen erforderlich. Demgegenüber stelle die Veranlassung auf ein menschliches Verhalten ab; dieser Begriff beinhalte zunächst ein subjektives Element. Damit müsse der Betrieb aus der Sicht des Steuerpflichtigen auslösendes Moment für die Aufwendungen sein. Der objektive Zusammenhang mit dem Betrieb trete als Korrektiv hinzu; danach müsse der Betrieb auch aus objektiver Sicht zumindest unter anderem ausschlaggebend für die Aufwendungen sein.

Ein Verschulden des Steuerpflichtigen –auch in Gestalt eines strafbaren, ordnungswidrigen oder „unmoralischen” Verhaltens– steht der betrieblichen Veranlassung von Aufwendungen wegen der Wertneutralität der Besteuerung und des Leistungsfähigkeitsprinzips grundsätzlich nicht entgegen. Dies folgt ausdrücklich bereits aus § 40 der Abgabenordnung (AO). Anders liegt es nur dann, wenn das schuldhafte Fehlverhalten die betriebliche Veranlassung –im Sinne eines „privaten Motivs”– überlagert.

Danach setzt der Betriebsausgabenabzug nicht ausnahmslos voraus, dass den entsprechenden Aufwendungen ein nachgewiesener Leistungserfolg gegenüber steht. Vielmehr kann die steuerliche Abzugsfähigkeit auch darauf beruhen, dass der Steuerpflichtige Zahlungen in der Annahme leistet, sie würden den beabsichtigten bzw. vertraglich ausbedungenen Erfolg herbeiführen. Als Korrektiv ist zusätzlich nur zu prüfen, ob die Aufwendungen auch bei einer abstrakt-objektiven Betrachtungsweise zur Förderung des Betriebs geeignet sind.

Hinzu kommen im vorliegenden Fall die aus dem objektiven Nettoprinzip abzuleitenden Wertungen: Die erheblichen Einnahmen, die der Kläger aus der Weiterberechnung der –tatsächlich teilweise nicht erbrachten– Schulungsleistungen seiner Subunternehmer erzielt hat, sind vom FA der Besteuerung unterworfen worden. Würde man nun den Betriebsausgabenabzug für die korrespondierenden Aufwendungen versagen, träte eine Bruttobesteuerung ein, die unter Leistungsfähigkeitsgesichtspunkten nicht zu rechtfertigen wäre.

Das dortige FA hatte den Betriebsausgabenabzug mit der Begründung versagt, die in den Rechnungen bezeichneten Eingangsleistungen seien tatsächlich nicht erbracht worden; auch sei ein Zahlungsfluss nicht nachweisbar. Die Rechnungssteller seien „durchweg seit zwanzig Jahren ausnahmslos Steuerhinterzieher” und schon deshalb nicht glaubwürdig. Die dortige Steuerpflichtige behauptete, die Leistungen seien erbracht worden, allerdings möglicherweise nicht von demjenigen, der die Rechnung ausgestellt habe „Schwarzarbeiter”). Dem war das dortige FG gefolgt. Demgegenüber hielt es der VIII. Senat des BFH im Rahmen seiner summarischen Prüfung für möglich, dass die Eingangsrechnungen vollständig fingiert worden seien und nur dazu dienten, der Steuerpflichtigen einen unberechtigten Betriebsausgaben- und Vorsteuerabzug gegen Zahlung einer anteiligen Provision zu verschaffen.

Eine Zahlung an einen Scheinunternehmer bzw. auf eine Scheinrechnung ist dann vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, wenn der Zahlende weiß, dass die Rechnung nur zum Schein gestellt ist, weil es dann an der subjektiven Voraussetzung des Betriebsausgabenabzugs fehlt . Vorliegend ist nach den Feststellungen des FG indes von einer –wenn auch leichtfertigen und damit vorwerfbaren– Unkenntnis des Klägers auszugehen.

In einem solchen Fall des unvorsätzlichen Handelns folgen aus dem Gesichtspunkt des „Scheinunternehmers” keine Einschränkungen des Betriebsausgabenabzugs, die über die bereits berücksichtigten Gesichtspunkte hinausgehen.

Tarifbegünstigte Besteuerung von Abschlagszahlungen an einen Handelsvertreter

Zur Aufspaltung einer an einen Handelsvertreter „im Gegenzug” für die Senkung von Provisionssätzen geleisteten Zahlung in einen als „Entschädigung” ermäßigt zu besteuernden und einen dem laufenden Gewinn zuzurechnenden nicht tarifbegünstigten Anteil (Doppelfunktion einer Abschlagszahlung).

Die in § 24 Nr. 1 Buchst. a und c EStG geregelten Entschädigungszwecke schließen sich rechtlich und wirtschaftlich gegenseitig aus. Eine gleichwie geartete „Vermischung” der beiden Begünstigungstatbestände kommt nicht in Betracht.

BFH Urteil vom 27.10.2015 – X R 12/13

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wurde im Streitjahr 2004 zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte u.a. als Handelsvertreter für … aufgrund einer Vertriebsvereinbarung mit der „…” (X) vom 28. Dezember 1993 Einkünfte aus Gewerbetrieb nach § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG ermittelte.

Am 6. April 2004 vereinbarten der Kläger und die „…” (X-AG), die Rechtsnachfolgerin der X, einen Nachtrag zu der Vertriebsvereinbarung. Dieser beruhte ausweislich der Präambel auf einer zwischenzeitlich eingetretenen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation am …markt und einem damit verbundenen erhöhten Preisdruck. Gegenstand dieser Vereinbarung war eine stufenweise Senkung der Provisionssätze des Klägers von Jahr zu Jahr vom 1. Januar 2004 an (rückwirkend) bis zum Jahr 2007. In Ziffer 2 stellten die X-AG und der Kläger fest, dass dies keine Ausgleichsansprüche i.S. von § 89b des Handelsgesetzbuchs (HGB) begründe, andernfalls der Kläger „hiermit ausdrücklich” auf diesen Anspruch verzichte. In den Ziffern 3 und 4 verpflichtete sich die X-AG, dem Kläger 308.076 EUR zu zahlen, und zwar mit folgendem Vertragstext:

Im Gegenzug erklärt X-AG sich bereit, dem Handelsvertreter bereits jetzt einen Abschlag auf die ihm bei Beendigung dieses Handelsvertretervertrages unter den Voraussetzungen des § 9 des Handelsvertretervertrages zustehenden Ausgleichsanspruch zu zahlen. Der Höhe nach beläuft sich dieser Abschlag auf 60 % des maximalen gesetzlichen Ausgleichsanspruchs (errechnet als Jahres-Durchschnitt der Provisionen der Jahre 1999-2003, ohne …), der dem Handelsvertreter zustehen würde, wenn der Vertrag zum Stichtag des 31.12.2003 beendet worden wäre. Den dergestalt berechneten Betrag beziffern die Parteien übereinstimmend mit EUR 308.076,00. Er wird 4 Wochen nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung zur Auszahlung fällig.

Begründung:

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass die streitgegenständliche Zahlung nicht insgesamt, sondern lediglich im Umfang vom 184.845,60 EUR gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ermäßigt zu besteuern ist. Im Übrigen liegen laufende, nicht tarifbegünstigte Einkünfte vor. Der Nachtragsvertrag zwischen der X-AG und dem Kläger ist in eine nicht begünstigte Vorauszahlung auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB in Höhe von 123.230,40 EUR und eine begünstigte Entschädigung für entgehende Einnahmen in Höhe von 184.845,60 EUR aufzuspalten.

Nach der Konzeption des Nachtragsvertrags sollte der in dessen Ziffer 3 vereinbarte klägerische Anspruch teilweise die Senkung der Provisionsansprüche einschließlich der damit einhergehenden Schmälerung des künftigen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB kompensieren, teilweise –wenn auch ebenfalls zu Kompensationszwecken– eine Vorauszahlung auf den tatsächlichen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB darstellen.

Nachdem die Parteien zunächst in Ziffer 1 die Senkung der Provisionssätze vereinbart und in Ziffer 2 ihre übereinstimmende Auffassung festgestellt hatten, dass dies für sich genommen keinen Anspruch aus § 89b HGB begründe, kann eine in Ziffer 3 mit den Worten „Im Gegenzug” eingeleitete und begründete Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Kläger in einem ersten Schritt nur eine Kompensation für etwaige mit den Ziffern 1 und 2 akzeptierte Einbußen sein. Da die mit Ziffer 1 vereinbarte Senkung der Provisionen zum einen die laufenden Provisionsansprüche kürzt, zum anderen aber auch den künftigen Ausgleichsanspruch des Klägers aus § 89b HGB mindert, weil dieser seinerseits von der Höhe der in den Jahren zuvor bezogenen Provisionen abhängig ist, sollte die Zahlung beiderlei Nachteile ausgleichen.

In einem zweiten Schritt aber widmet die Anrechnungsklausel in Ziffer 4 des Nachtragsvertrags, soweit sie reicht, die Zahlung zu einer Vorauszahlung auf den künftigen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB um. Dies betrifft einen Teilbetrag von 123.230,40 EUR.

Unerheblich ist, ob diese Klausel entgegen § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB den künftigen Ausgleichsanspruch des Klägers teilweise ausgeschlossen haben könnte. Zivilrechtllich lässt sich dies wohl erst dann beurteilen, wenn die Höhe des künftigen Ausgleichsanspruchs feststeht. Steuerrechtlich kommt es darauf nach § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) weder jetzt noch künftig an. Nach den Sachverhaltsfeststellungen des FG ist davon auszugehen, dass die Beteiligten das entsprechende wirtschaftliche Ergebnis gleichwohl eintreten und bestehen lassen wollen (vgl. zum diesbzgl. Maßstab Klein/Ratschow, AO, 12. Aufl., § 41 Rz 20 ff.). Hierfür spricht nicht nur die langjährige Geschäftsbeziehung des Klägers zur X-AG, sondern vor allem die am Ende der salvatorischen Klausel in Ziffer 5 des Nachtragsvertrags abgegebene Erklärung, wonach der gemeinsame Wille der Parteien „In jedem Fall (…) dahin (gehe), daß die auf Grundlage dieser Vereinbarung (…) geleistete Abschlagszahlung bei der Berechnung eines dem Handelsvertreter bei Beendigung dieses Handelsvertretervertrages zustehenden Ausgleichsanspruches angemessen zu berücksichtigen ist.”

Indes erfasst diese Umwidmung nicht die gesamte streitige Zahlung. Da einerseits der künftige Ausgleichsanspruch nicht feststeht, andererseits der Zahlungsanspruch steuerrechtlich zu dem Zeitpunkt zu qualifizieren ist, zu dem er entsteht, ist eine Prognose hinsichtlich der Höhe des künftigen Ausgleichsanspruchs vorzunehmen, die sich nach der inneren Struktur des Nachtragsvertrags und den darin zum Ausdruck kommenden Vorstellungen der Parteien über die Wertigkeit der jeweiligen Vertragsbestandteile richtet.

Die Vertragsparteien müssen zunächst davon ausgegangen sein, dass der Nachtragsvertrag die Ertragsaussichten aus dem mit der Vertriebsvereinbarung begründeten Handelsvertreterverhältnis um 60 % gemindert hat. Nur auf dieser Grundlage ist es verständlich, eine Zahlung gerade in Höhe von 60 % desjenigen Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB vorzusehen, der entstanden wäre, wäre das Vertragsverhältnis vollständig beendet worden. Allerdings wäre damit allein die Anrechnungsklausel in Ziffer 4 nicht zu erklären. Ihre innere Rechtfertigung ist darin zu sehen, dass der Nachtragsvertrag nach der wohl zutreffenden Annahme der Parteien von Rechts wegen überhaupt keinen Ausgleichsanspruch begründete. Insofern entsprach es deren Interessenlage, den durch den Nachtragsvertrag ausgelösten fiktiven anteiligen Ausgleichsanspruch nicht vollständig zu bedienen, sondern durch eine (teilweise) Anrechnung auf den künftigen Ausgleichsanspruch zu reduzieren. Ziffer 4 des Nachtragsvertrags kann angesichts des Kontexts nicht so verstanden werden, dass die Zahlung unabhängig von den geänderten Provisionssätzen in vollem Umfang als Vorauszahlung auf 60 % des künftigen Ausgleichsanspruchs aus § 89b HGB zu werten sein sollte. Der tatsächliche künftige Ausgleichsanspruch errechnet sich anders als der Zahlbetrag auf der Grundlage der durch den Nachtragsvertrag erheblich geminderten Provisionen. Dies war den Parteien angesichts der in Ziffer 4 enthaltenen Formulierung „ungeachtet der Tatsache, daß ihr die unverminderten Provisionssätze zugrunde liegen, (…)” auch bewusst.

Wenn der streitige Betrag von 308.076 EUR (60 % des noch auf Grundlage der bisherigen höheren Provisionssätze errechneten fiktiven Ausgleichsanspruchs) den Anrechnungsbetrag nach Ziffer 4 (60 % des auf Grundlage der künftigen geminderten Provisionssätze errechneten künftigen Ausgleichsanspruchs) nicht überschreiten soll, müssten die Parteien davon ausgegangen sein, dass nach Abschluss des Nachtragsvertrags die durch den Kläger vermittelten Umsätze in einem solchen Maße steigen würden, dass sie die durch die Minderung der Provisionssätze bewirkten Einbußen wenigstens ausglichen. Nur dann erreichte der künftige Ausgleichsanspruch betragsmäßig den fiktiven Ausgleichsanspruch zum Zeitpunkt des Nachtragsvertrags und es verbliebe kein Differenzbetrag zwischen dem Umfang der Anrechnung und dem Zahlbetrag. Zwar benennt die Präambel des Nachtragsvertrags lediglich allgemein die Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen am …markt, ohne zwischen Gewinnspannen und Umsätzen zu differenzieren, es bestehen aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien ausgerechnet einen derartigen Anstieg der Umsatzzahlen bei der X-AG prognostiziert hätten.

Sind die Parteien nach alledem davon ausgegangen, dass die Ertragsaussichten der Handelsvertretung um 60 % sinken würden, so gilt dies für die laufenden Provisionen sowie den künftigen tatsächlichen Ausgleichsanspruch gleichermaßen. Den künftigen Ausgleichsanspruch müssen sie also mit 40 % des ohne Provisionskürzung errechneten Ausgleichsanspruchs kalkuliert haben. Die Anrechnungsklausel der Ziffer 4 umfasst danach 60 % von diesen 40 %. Wenn der volle Ausgleichsanspruch bei bisherigen Provisionen –unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen– maximal 513.460 EUR beträgt (die Zahlung in Höhe von 308.076 EUR entspricht 60 % von 513.460 EUR), so beläuft sich der volle Ausgleichsanspruch auf Grundlage geminderter Provisionen –unter sonst gleichbleibenden Verhältnissen– auf maximal 205.384 EUR (40 % von 513.460 EUR). Davon wiederum werden also 123.230,40 EUR (60 % von 205.384 EUR) durch die streitgegenständliche Zahlung abgegolten.

Das bedeutet, dass diese Zahlung (nur) mit einem Teilbetrag von 123.230,40 EUR eine Vorauszahlung auf den künftigen Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB ist. Mit einem Teilbetrag von 184.845,60 EUR ist sie hingegen Ersatz für die Minderung von Provisionsansprüchen sowie des korrespondierenden höheren Ausgleichsanspruchs. Dieser Teil der Zahlung kann keine Vorauszahlung auf einen Ausgleichsanspruch darstellen, auch wenn dessen mittelbar bewirkte Verringerung kompensiert wird, da der höhere Ausgleichsanspruch niemals mehr entstehen kann.

Soweit die Zahlung Ersatz für die Einbußen aus der Minderung der Provisionsansprüche darstellt, ist sie nach § 34 Abs. 1 EStG begünstigt. Soweit sie als Vorauszahlung auf den Ausgleichsanspruch aus § 89b HGB wirkt, ist sie es nicht.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG ist die Einkommensteuer für außerordentliche Einkünfte nach einem ermäßigten Steuersatz zu berechnen. Zu den außerordentlichen Einkünften gehören u.a. gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 EStG, die gewährt werden für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG), für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche (§ 24 Nr. 1 Buchst. b EStG) sowie als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB (§ 24 Nr. 1 Buchst. c EStG). Der Begriff „Entschädigung” wird im Gesetz nicht näher definiert. Er setzt seinem Wortlaut nach –insoweit allgemein für die Nr. 1 Buchst. a bis c des § 24 EStG– voraus, dass der Steuerpflichtige infolge einer Beeinträchtigung einen Schaden erlitten hat und die Zahlung unmittelbar dazu bestimmt ist, diesen Schaden.

Die Ausgleichsansprüche aus § 89b HGB sind von der Spezialvorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG erfasst. Soweit ein Handelsvertreter veranlagungszeitraumübergreifend Vorauszahlungen als Teilzahlungen auf einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB erhält, sind diese nicht nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG begünstigt. Der Ausgleichsbetrag muss, dem Grundsatz der Zusammenballung entsprechend, in einer Summe gezahlt werden eine Verteilung auf zwei Jahre nicht beanstandet. Dem lagen indes Billigkeitserwägungen zugrunde. Die Vorauszahlung ihrerseits diente der Behebung existentieller Not der Nachkriegsjahre. Im Übrigen ist die Verteilung auf zwei verschiedene Veranlagungszeiträume schädlich. Das gilt auch dann, wenn die Tatsache, dass überhaupt eine Zahlung im Voraus geleistet wird, ihrerseits Entschädigungscharakter hat, da andernfalls das Merkmal der Zusammenballung für den Tatbestand des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG leer liefe.

Während es sich bei einer als „Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen” gewährten Entschädigung (§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG) um eine echte Kompensations- bzw. Sekundärleistung handelt, statuiert § 89b HGB (bzw. im Streitfall die inhaltsgleiche Regelung in § 9 der Vertriebsvereinbarung) einen zusätzlichen Vergütungsanspruch für die vor dem Vertragsende geleisteten und nach Vertragsende fortwirkenden Dienste, dessen Entstehung dem Grunde nach dem laufenden Gewinn zuzurechnen ist Dies war der Grund, mit dem Steueränderungsgesetz die Sonderregelung des § 24 Nr. 1 Buchst. c EStG einzuführen. Zahlungen auf solche Ausgleichsansprüche sind daher autonom zu beurteilen.

. In jenem Fall lagen den einzelnen Schadensersatzleistungen drei gesonderte Vergleiche mit jeweils eigener Abfindungserklärung zugrunde, von denen jeder einen klar abgegrenzten und vom Gegenstand der anderen Vergleiche ausdrücklich ausgenommenen Zeitraum des Verdienstausfalls des nach einem Unfall querschnittsgelähmten Klägers zum Gegenstand hatte. Im Streitfall geht es hingegen um die Frage, ob ein einheitlicher Ausgleichsanspruch unschädlich in zwei verschiedenen Veranlagungszeiträumen bedient werden kann. Im Übrigen hat der Senat, indem er die streitige Zahlung aufgrund ihrer Doppelfunktion in eine Ausgleichszahlung nach § 89b HGB und eine Ersatzleistung für die Provisionsminderung aufgespalten hat, eine der ähnliche Aufteilung vorgenommen.

Anders verhält es sich mit dem die Einbußen aus der Provisionskürzung abgeltenden Teil der Zahlung in Höhe von 184.845,60 EUR. Insoweit liegt eine Entschädigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vor.

Bei der Prüfung, ob Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG vorliegt, ist zwischen echten Entschädigungen und Erfüllungsleistungen zu differenzieren. Zahlungen, die nicht an die Stelle weggefallener Einnahmen treten, sondern bürgerlich-rechtliche Erfüllungsleistungen eines Rechtsverhältnisses darstellen, gehören nicht zu den Entschädigungen.

Die an die Stelle der bisherigen Einnahmen tretende Ersatzleistung muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage gründen. Allerdings stellt nicht jede Leistung des Vertragspartners, die auf einem neu geschlossenen Vertrag beruht, allein deshalb bereits eine Entschädigung dar. Vielmehr kann es sich in solchen Fällen auch um schlichte Anpassungs- bzw. Anschlussverträge oder um einen Vertrag handeln, der an die Stelle eines schuldrechtlich gestörten, unwirksamen oder in seiner Rechtswirksamkeit zweifelhaften Vertrags tritt. Derartige Verträge, die Erfüllungspflichten, nicht aber Ersatzverpflichtungen begründen, unterscheiden sich von den nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG erfassten Abfindungsverträgen insbesondere dadurch, dass sie den Vertragsparteien für die Zukunft modifizierte bzw. neu begründete Leistungspflichten auferlegen und die Zahlung des einen Vertragspartners eine Gegenleistung für die Leistung des anderen bildet.

Nach diesen Maßstäben begründete der Nachtragsvertrag einen Entschädigungsanspruch i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Neue oder modifizierte Erfüllungsansprüche in diesem Sinne lagen in der streitigen Zahlung nicht. Der Erfüllungsanspruch auf künftige Provisionszahlungen war mit Ausnahme seines rückwirkenden Teils, den die Parteien im Ergebnis noch nicht einmal umgesetzt haben, vor Abschluss des Nachtragsvertrags noch nicht entstanden. Allein die vertragliche Änderung von Provisionssätzen realisiert noch keine Provisionsansprüche. Die künftig entstehenden Provisionsansprüche hatten vielmehr von vornherein einen geringeren Umfang. Hinsichtlich des abgeschmolzenen Teils der Provisionsansprüche hatte der Kläger keinerlei Erfüllungspflichten mehr. Seine diesbezügliche Leistung bestand ausschließlich darin, die Kürzung künftiger Ansprüche hinzunehmen. Dies ist geradezu prototypisch für Entschädigungsleistungen.

Danach liegt eine im Rahmen eines Gewerbebetriebs anfallende tarifbegünstigte Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht vor, wenn der zur Entschädigung führende Sachverhalt zur Begründung und Abwicklung normaler und üblicher Geschäftsvorfälle, ggf. auch zur Beendigung bisheriger ertragbringender Geschäftsbeziehungen gehört und nicht unmittelbar auf einem vom Willen des Steuerpflichtigen unabhängigen Ereignis beruht.

Die vorliegende substantielle Kürzung der Provisionsansprüche bewegte sich aber nicht mehr im Rahmen des Normalen und Üblichen. Während die „normale” Beendigung einer Geschäftsbeziehung in diesem Sinne sich auf eine von mehreren Geschäftsbeziehungen des Gewerbetreibenden bezieht, sei sie auch besonders ertragreich, stellten im Streitfall die Vertragsbeziehungen mit der X-AG die Grundlage der gewerblichen Tätigkeit des Klägers überhaupt dar. Dies ist ein wesentlicher qualitativer Unterschied.

Der Senat hatte in dieser Entscheidung darauf abgestellt, dass eine Entschädigung nicht vorliegt, wenn und soweit die Ersatzleistung der Erfüllung oder dem Ausgleich des Interesses an der Erfüllung solcher Verträge dient, die im laufenden Geschäftsverkehr geschlossen worden sind und sich unmittelbar auf den Geschäftsgegenstand des Unternehmens beziehen, und zwar selbst dann, wenn im Falle von Vertragsstörungen das Erfüllungsinteresse geleistet wird. Es müsse sich um einen außergewöhnlichen Vorgang handeln, der über einkunftsarttypische Geschäfte hinausgeht.

Letzteres war hier aber der Fall. Die streitgegenständliche Provisionsabrede war kein Geschäft des laufenden Geschäftsverkehrs, sondern Grundlage des Geschäfts selbst. Der Senat hatte zur Illustration seiner Auffassung sinngemäß weiter erläutert, es komme darauf an, ob die Zahlung ihre Rechtsgrundlage in der Erfüllung des Vertrags habe oder  der Vertragspartner zur Beendigung des Vertrags bewogen werden solle, mit der Folge, dass beiderseitige Erfüllungsansprüche gar nicht mehr entstünden. Es besteht aber kein maßgebender Unterschied, ob Erfüllungsansprüche überhaupt nicht mehr entstehen sollen oder, wie im Streitfall, nicht mehr entstehen sollen, soweit sie einen gewissen Umfang überschreiten. In beiden Fällen verliert der Vertragspartner ursprüngliche Erfüllungsansprüche.

Unschädlich ist es schließlich, dass der Kläger am Abschluss des Nachtragsvertrags mitgewirkt hat. Eine Entschädigung kann auch dann vorliegen, wenn der Steuerpflichtige durch Abschluss einer Vereinbarung an der Entstehung des Schadens mitwirkt, sofern er unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck oder zumindest in einer Konfliktlage zur Vermeidung von Streitigkeiten gehandelt hat). Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine solche Drucksituation des Klägers bejaht, das FA die diesbezüglichen Feststellungen nicht angegriffen.

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Aufwendungen für einen Zivilprozess sind ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren, und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen.

Sind die Kosten für einen Zivilprozess nur zum Teil als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, ist der abziehbare Teil der Kosten mit Hilfe der Streitwerte der einzelnen (Klage-)Anträge zu ermitteln.

BFH Urteil vom 19.11.2015 – VI R 42/14 BFH/NV 2016, 739

Sachverhalt:

Der Kläger, Revisionsbeklagte und Anschlussrevisionskläger (Kläger) erlitt im Jahr 2009 mit einem von der Firma X-GmbH hergestellten Fahrrad, das er am 8. Juli 2008 bei der Firma R erworben hatte, einen Verkehrsunfall. Der Kläger hatte am 18. Juli 2008 bei der R eine Inspektion des Fahrrads durchführen lassen. Am 14. April 2009 wies er die R auf Schleifspuren am hinteren Schutzblech und am dort befestigten Kabelkanal sowie auf einen zu geringen Abstand des Schutzblechs zum Hinterrad hin. Daraufhin setzte die R die Halterungen des Schutzblechs hoch.

Der Kläger stürzte am 6. Juni 2009 mit dem Fahrrad und wurde stationär im Krankenhaus behandelt. Es folgten weitere Operationen im Bereich des Oberarms und der Schulter. Der Unfall führte zu einer Schwerbehinderung des Klägers mit einem Grad der Behinderung von 50.Der Kläger beauftragte noch im Jahr 2009 einen Gutachter mit der Ermittlung der Ursache des Fahrradunfalls. Im Jahr 2010 beantragte der Kläger beim Landgericht L die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, in dem Beweis über verschiedene Fragen zur Ursache des Fahrradunfalls und zur Verantwortlichkeit der X-GmbH und der R erhoben werden sollte. Das LG erließ den Beweisbeschluss am 24. August 2010. Der Gutachter kam in dem selbständigen Beweisverfahren zu dem Ergebnis, dass ein Produktfehler bei dem vom Kläger erworbenen Fahrrad vorgelegen habe. Der Abstand zwischen dem hinteren Schutzblech und dem Rahmen sowie dem Reifen sei zu gering gewesen. Das Schutzblech sei ferner mangelhaft befestigt gewesen. Die Verkehrssicherheit des Fahrrads sei hierdurch beeinträchtigt worden.

Begründung:

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Der Senat kann auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob die vom Kläger in Zusammenhang mit den zivilrechtlichen Auseinandersetzungen wegen des Fahrradunfalls geltend gemachten Kosten als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind

Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit. Solche Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war. Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen.

Demgegenüber nahm der Senat in seiner Entscheidung die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Diese Auffassung hat auch das FG dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegt. Der Senat hält an seiner in dem Urteil vertretenen Auffassung allerdings nicht mehr fest.

Nach diesen Maßstäben ist auch im Streitfall zu prüfen, ob die geltend gemachten Kosten für die zivilprozessualen Auseinandersetzungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Zivilprozesskosten sind demnach nur insoweit abziehbar, als der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, kann der Steuerpflichtige auch bei unsicheren Erfolgsaussichten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen, sodass die Prozesskosten zwangsläufig i.S. von § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen. Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, kann sein Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben.

Soweit ein Abzug der Zivilprozesskosten nach den vorgenannten Grundsätzen in Betracht kommt, wird das FG im zweiten Rechtsgang auch nochmals zu prüfen haben, ob die vom Kläger geltend gemachten Prozesskosten notwendig waren.

Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG sind außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abzugsfähig, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten). Das FG hat in seinem Urteil die Notwendigkeit der geltend gemachten Kosten zwar bejaht. Es hat seine diesbezügliche Auffassung aber nicht weiter begründet und auch insoweit keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen

Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen bedeutsamen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt.

BFH Beschluss vom 05.01.2016 – IX B 106/15 BFH/NV 2016, 550

Begründung:

Daran fehlt es hier. Die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Ferienwohnungen bedeutsamen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist bei einer Ferienwohnung grundsätzlich und typisierend von der Absicht des Steuerpflichtigen auszugehen, einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, wenn sie ausschließlich an Feriengäste vermietet und in der übrigen Zeit hierfür bereitgehalten wird und das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen –abgesehen von Vermietungshindernissen– nicht erheblich (d.h. um mindestens 25 %) unterschreitet.

Liegen die genannten Voraussetzungen bei einer Ferienimmobilie nicht vor, ist die Vermietung mit einer auf Dauer ausgerichteten Vermietungstätigkeit nicht vergleichbar; die Einkünfteerzielungsabsicht muss dann durch eine Prognose überprüft werden. Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung ist die Frage der Überschusserzielungsabsicht vom Finanzgericht (FG) unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles beantwortet worden. Hat das FG –wie im Streitfall– die maßgeblichen Einzelfallumstände in seiner Entscheidung berücksichtigt, kommt der Entscheidung keine Bedeutung für die Allgemeinheit mehr zu. Dies gilt auch für die Frage, ob die Rechtsprechung des BFH zur Annahme einer ertragsteuerlich unbeachtlichen Liebhaberei bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

Ermittlung des steuerfreien Teils der Rente nach den Verhältnissen des Jahres nach dem Rentenbeginn

Die Höhe des steuerfreien Teils einer Rente aus der Basisversorgung ist nach den Verhältnissen des Jahres zu ermitteln, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt.

Dies gilt auch dann, wenn die Rente schon im Jahr ihres Beginns für volle zwölf Monate bezogen wurde.

BFH Urteil vom 17.11.2015 – X R 53/13 BFH/NV 2016, 549

Sachverhalt:

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) bezieht seit Januar 2007 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Hinterbliebenenrente in Form der großen Witwerrente nach seiner verstorbenen Ehefrau (E). Die entsprechende Altersrente der E hatte bei dieser schon vor 2005 zu laufen begonnen.

Darüber hinaus erzielt der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte aus zwei eigenen Altersrenten. Auf seine Hinterbliebenenrente wurden gemäß § 97 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 18a des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Erwerbseinkommen) und aus den eigenen Altersrenten (Erwerbsersatzeinkommen) angerechnet. Dies führte zu Kürzungen des Zahlbetrags der Hinterbliebenenrente. Jeweils zum 1. Juli eines Jahres wurden Änderungen des anzurechnenden Einkommens beim Zahlbetrag der Hinterbliebenenrente berücksichtigt (§ 18d SGB IV).

Begründung:

Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 5 EStG gilt der steuerfreie Teil der Rente ab dem Jahr, das dem Jahr des Rentenbeginns folgt, für die gesamte Laufzeit des Rentenbezugs.

Da die Witwerrente des Klägers im Jahr 2007 zu laufen begonnen hat, wird der steuerfreie Teil der Rente erst im Streitjahr 2008 ermittelt. Auf dieser Grundlage kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage, ob es im Jahr 2008 zu solchen Veränderungen in der Rentenhöhe gekommen ist, die eine Neuberechnung des steuerfreien Teils der Rente gebieten, für die Entscheidung des Streitfalls nicht an. Vielmehr ist der steuerfreie Teil der Rente erstmals im Streitjahr –und nach den Verhältnissen des Streitjahrs– zu ermitteln. Dies hat das FA im Ergebnis –wenn auch mit abweichender Begründung– getan.

Es kommt auch dann stets auf die Verhältnisse des zweiten Rentenbezugsjahrs an, wenn bereits das erste Rentenbezugsjahr –wie hier– einen Zeitraum von vollen zwölf Monaten umfasst hat.

Zwar soll das Anknüpfen an die Verhältnisse des Zweitjahrs nach der Begründung des Entwurfs des Alterseinkünftegesetzes vermeiden, dass es bei einem nicht ganzjährigen Bezug der Rente im Erstjahr zu Unterschieden bei der Feststellung des steuerfreien Betrags kommt (Gesetzentwurf vom 9. Dezember 2003, BTDrucks 15/2150, 41; ebenso Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 287). Diese Gefahr besteht nicht, wenn die Rente bereits im Erstjahr für volle zwölf Monate bezogen wurde.

Allein dieser Umstand rechtfertigt aber –auch zur Vermeidung einer weiteren Verkomplizierung der Rechtslage– nicht die Vornahme einer teleologischen Reduktion gegen den klaren Gesetzeswortlaut. Es kommt daher auch in einem Fall wie dem vorliegenden für den lebenslangen Rentenfreibetrag auf die Verhältnisse (erst) des zweiten Rentenbezugsjahres an.