Verpflichtungsklage auf Änderung eines Betriebsprüfungsberichtes

Eine Verpflichtungsklage auf Änderung eines Betriebsprüfungsberichtes ist mangels Verwaltungsaktsqualität unzulässig, weil der Betriebsprüfungsbericht keine Regelung trifft, sondern den Erlass eines Steuerbescheides vorbereitet.

Dies gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige im Anschluss an eine Betriebsprüfung einen Antrag nach § 204 AO auf verbindliche Zusage zur Behandlung der Prüfungsfolgejahre gestellt hat. Voraussetzung des Antrags ist nur, dass das Streitthema Gegenstand des Betriebsprüfungsberichtes war, nicht dass der Betriebsprüfungsbericht nach Ansicht des Klägers vollständig und richtig war.

BFH Beschluss vom 06.08.2014 – V B 116/13 (BFH/NV 2014, 1722)

Begründung­

Mit Urteil hat der BFH bereits entschieden, dass der Prüfungsbericht mangels Regelung kein Verwaltungsakt ist. Daher kann der Betriebsprüfungsbericht nicht Gegenstand einer Verpflichtungsklage auf Änderung des Berichts sein. Nach § 118 AO ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung des Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Prüfungsbericht ist nicht auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet, sondern dient der Gewährung rechtlichen Gehörs .

Entsprechend § 157 Abs. 2 AO über die Nichtanfechtbarkeit der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen in einem Betriebsprüfungsbericht ergibt sich eine Ausnahme hieraus auch dann nicht, wenn der Steuerpflichtige nach Ergehen des Prüfungsberichts für einen “im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt” einen Antrag auf verbindliche Zusage gemäß § 204 AO stellt. Voraussetzung der Zulässigkeit eines Antrags auf verbindliche Zusage nach § 204 AO ist nur, dass der streitige Sachverhalt Gegenstand der Prüfung war und dies im Prüfungsbericht dargestellt ist. Der Steuerpflichtige “kann” in diesem Falle in seinem Antrag auf den im Prüfungsbericht dargestellten Sachverhalt Bezug nehmen (§ 205 Abs. 2 Nr. 1 AO). Nicht erforderlich für die Zulässigkeit des Antrags nach § 204 AO ist jedoch, dass der Prüfungsbericht fehlerfrei oder vollständig ist.

Die Revision ist auch nicht wegen Abweichung vom Urteil des Niedersächsischen FG vom 19. August 1981 VI 81/80 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1982, 170), wonach aus § 204 AO ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Darstellung des Sachverhaltes im Betriebsprüfungsbericht folgt, zu dem eine verbindliche Auskunft nach § 204 AO begehrt wird. Aus dieser Entscheidung folgt nicht, dass über Art und Umfang der Prüfungsfeststellungen entgegen § 157 Abs. 2 AO ein selbständiges Klageverfahren eröffnet wäre.

Ablaufhemmung aufgrund einer Außenprüfung

Für die Annahme einer Ermittlungshandlung im Rahmen einer Außenprüfung, die nicht gemäß § 171 Abs. 4 S. 2 AO unterbrochen worden ist, ist nicht zwingend erforderlich, dass diese dem Steuerpflichtigen bekanntgegeben wird.

Die Untätigkeit des Prüfers allein begründet kein Vertrauen darauf, dass das FA die Außenprüfung als erledigt betrachtet.

BFH Urteil vom 26.06.2014 – IV R 51/11 (BFH/NV 2014, 1716).

Beschlüsse:

Hinsichtlich der angefochtenen Bescheide hat das FG zu Recht entschieden, dass bei deren Erlass unter dem 17. und 24. April 2007 noch keine Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung eingetreten war, da der Ablauf der Fristen gemäß § 171 Abs. 4 AO aufgrund der Außenprüfung gehemmt war. Der Ablauf der Feststellungsverjährung war gemäß § 171 Abs. 3a AO auch für die zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Gewinnfeststellungsbescheide für 1990 bis 1992 vom 21. Januar 2010 gehemmt, da die Gewinnfeststellungsbescheide für 1990 bis 1992 vom 24. April 2007 mit Einspruch und Klage angefochten worden sind.

Wird vor Ablauf der Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist mit einer Außenprüfung begonnen oder wird deren Beginn auf Antrag des Steuerpflichtigen hinausgeschoben, so läuft die Festsetzungsfrist für die Steuern bzw. die Feststellungsfrist für die Besteuerungsgrundlagen, auf die sich die Außenprüfung erstreckt oder im Fall des Hinausschiebens der Außenprüfung erstrecken sollte, gemäß § 171 Abs. 4 Satz 1 AO nicht ab, bevor die aufgrund der Außenprüfung zu erlassenden Steuerbescheide bzw. Feststellungsbescheide unanfechtbar geworden sind oder nach Bekanntgabe der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO drei Monate verstrichen sind.

Ein Ausnahmefall nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO liegt nicht vor. Die Würdigung des FG, dass die am 15. April 1996 aufgenommene Außenprüfung nicht unmittelbar nach Beginn unterbrochen worden ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO entfällt die Ablaufhemmung der Festsetzungs- und Feststellungsfristen, wenn eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die Finanzbehörde zu vertreten hat.

Die Frage, ob eine Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn unterbrochen worden ist, ist grundsätzlich nach den Verhältnissen im Einzelfall zu beurteilen. Dabei sind neben dem zeitlichen Umfang der bereits durchgeführten Prüfungsmaßnahmen alle Umstände zu berücksichtigen, die Aufschluss über die Gewichtigkeit der Prüfungshandlungen vor der Unterbrechung geben. Unabhängig vom Zeitaufwand ist eine Unterbrechung unmittelbar nach Beginn der Prüfung dann anzunehmen, wenn der Prüfer über Vorbereitungshandlungen, allgemeine Informationen über die betrieblichen Verhältnisse, das Rechnungswesen und die Buchführung und/oder die Sichtung der Unterlagen des zu prüfenden Steuerfalls bzw. ein allgemeines Aktenstudium nicht hinausgekommen ist. Eine Außenprüfung ist danach nur dann nicht mehr unmittelbar nach Beginn unterbrochen, wenn die Prüfungshandlungen von Umfang und Zeitaufwand gemessen an dem gesamten Prüfungsstoff erhebliches Gewicht erreicht oder erste verwertbare Ergebnisse gezeitigt haben. Letzteres bedeutet allerdings nicht, dass die ermittelten Ergebnisse geeignet sein müssen, unmittelbar als Besteuerungsgrundlage Eingang in einen Steuer- oder Feststellungsbescheid zu finden; ausreichend ist vielmehr, dass Ermittlungsergebnisse vorliegen, an die bei der Wiederaufnahme der Prüfung angeknüpft werden kann.

Voraussetzungen für die Anordnung einer Außenprüfung bei einem freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen

Die Zulässigkeit der Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO hängt nicht davon ab, dass eine vollständige Prüfung des dem Prüfungszeitraum zugrundeliegenden Sachverhalts durch den Innendienst nicht erfolgen kann.

BFH Beschluss vom 14.07.2014 – III B 8/14 (NV) (BFHNV 2014 S. 1880)

Begründung:

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss. Eine Rechtsfrage ist nicht mehr klärungsbedürftig, wenn sie bereits durch die Rechtsprechung des BFH hinreichend geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen. Ferner fehlt die grundsätzliche Bedeutung u.a. dann, wenn die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängt.

Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Anordnung einer Außenprüfung nach § 193 Abs. 1 AO einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darstellt, wenn eine vollständige Prüfung des dem Prüfungszeitraum zugrundeliegenden Sachverhalts auch durch den Innendienst hätte erfolgen können.

Diese Rechtsfrage ist indes nicht klärungsbedürftig, da sich die Grundsätze über die Zulässigkeit der Anordnung einer Außenprüfung in den in § 193 Abs. 1 AO genannten Fällen aus den einschlägigen gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung des BFH ergeben.

Gemäß § 193 Abs. 1 AO ist eine Außenprüfung u.a. bei Steuerpflichtigen zulässig, die freiberuflich tätig sind. Zudem folgt aus dem Zweck der Vorschrift, welche die steuerlichen Verhältnisse von Unternehmern für besonders prüfungsbedürftig hält, dass die steuerlichen Verhältnisse früherer Unternehmer auch dann nach § 193 Abs. 1 AO geprüft werden, wenn sie ihren Betrieb bereits veräußert oder aufgegeben haben. Nach der Rechtsprechung des BFH sind im Rahmen des § 193 Abs. 1 AO Außenprüfungen in den Grenzen des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Willkürverbots grundsätzlich unbeschränkt zulässig, weshalb auch Kleinstbetriebe “prüfungsrelevant” sind. Auch bei Kleinstbetrieben besteht kein Anspruch auf Einhaltung eines bestimmten –an dem nachträglich ermittelten statistischen Durchschnittswert orientierten– Prüfungsrhythmus, da eine zeitlich vorhersehbare Außenprüfung auch dem mit der Außenprüfung verfolgten Ziel, durch ihre präventive Wirkung zur richtigen Steuererhebung beizutragen, widersprechen würde.

Im Gegensatz zu dem Fall einer nach § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO angeordneten Prüfung kommt es im Fall einer Prüfungsanordnung nach § 193 Abs. 1 AO nicht auf die weiteren Voraussetzungen an, ob die für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse der Aufklärung bedürfen und eine Prüfung an Amtsstelle nach Art und Umfang des zu prüfenden Sachverhalts nicht zweckmäßig ist. Vielmehr hält der Gesetzgeber bei Steuerpflichtigen, die freiberuflich tätig sind, –typisierend– die Außenprüfung für das geeignete Mittel der Sachverhaltsermittlung. Betriebe dieser Art unterliegen kraft Gesetzes der Außenprüfung und sind daher verpflichtet, die damit verbundenen Eingriffe zu dulden.

Im Übrigen könnte nur im jeweiligen Einzelfall entschieden werden, ob die vollständige Prüfung des im Prüfungszeitraum verwirklichten Sachverhalts auch durch den Innendienst hätte erfolgen können und ob daraus ein Ermessensfehler i.S. des § 102 FGO im Hinblick auf die Anordnung einer Außenprüfung gefolgert werden kann. Auch dies schließt eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung im Hinblick auf diese Fragestellung aus.

Ebenso hat das FG bereits nicht festgestellt, dass eine vollständige Prüfung des dem Prüfungszeitraum zugrundeliegenden Sachverhalts durch den Innendienst hätte erfolgen können. Vielmehr hat es zwar nicht ausgeschlossen, dass eine Klärung auch in anderer Weise möglich gewesen wäre. Gleichwohl hat es die beim Kläger mit der Prüfung einhergehenden Eingriffe im Hinblick auf die die Prüfungsanordnung rechtfertigenden Erwägungen nicht als unverhältnismäßig bewertet. Dies entspricht der gesetzlichen Konzeption des § 193 Abs. 1 AO, wonach ein Fall nicht vollständig im Innendienst ausermittelt sein muss, bevor eine Außenprüfung angeordnet werden darf, sondern eine umfassende Sachverhaltsaufklärung –u.a. zur Entlastung der Veranlagungsstelle  auch erst im Rahmen der Außenprüfung erfolgen kann.

Ausübung und Änderung des Wahlrechts zur Bildung einer Rücklage bei Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung

Das Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage gemäß § 6c i.V.m. § 6b EStG wird in der vom Steuerpflichtigen eingereichten Einnahmen-Überschussrechnung, die Grundlage für die Festsetzung der Steuer bzw. für die Feststellung der Gewinneinkünfte ist, durch den Ansatz einer Betriebsausgabe ausgeübt.

Das Wahlrecht kann bis zur formellen Bestandskraft des Steuer- bzw. Gewinnfeststellungsbescheides, in dem der Veräußerungsgewinn zu erfassen ist, ausgeübt werden; davon umfasst ist sowohl die Nachholung der Rücklage als auch die Auflösung einer zunächst gebildeten Rücklage.

Die Änderung des zunächst ausgeübten Wahlrechts erfordert die Einreichung einer geänderten Einnahmen-Überschussrechnung.

BFH Beschluss vom 11.06.2014 – IV B 46/13 (BFHNV 2014 S. 1369)

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobenen Rügen sind ungeachtet der erheblichen Zweifel an der

Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung noch zur Fortbildung des Rechts  zuzulassen.

Die von der Klägerin sinngemäß aufgeworfene Rechtsfrage, ob die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts nach § 6c i.V.m § 6b des Einkommensteuergesetzes (EStG) unwirksam sei, wenn sie nicht in dem von der Abgabenordnung (AO) vorgegebenen gesonderten und einheitlichen Feststellungsverfahren, sondern im Einkommensteuerverfahren erfolgt sei, mit der Konsequenz, dass der die Rücklagenbildung beinhaltende Bescheid unabhängig von seiner Bestandskraft mit Blick auf den Bescheid, in dem die –wirksam– gebildete Rücklage aufzulösen wäre, nach § 174 Abs. 3 AO zu ändern sei, ist nicht klärungsfähig.

Die Rechtsfrage geht von der unzutreffenden Prämisse aus, dass das Wahlrecht zur Bildung der Rücklage im falschen Veranlagungsverfahren ausgeübt worden ist. Dies ist aber nicht der Fall.

Die Bildung einer Rücklage gemäß § 6b Abs. 3 EStG ist ein sog. Bilanzierungswahlrecht, welches bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG durch entsprechenden Ansatz oder die Auflösung einer Rücklage in der Steuerbilanz, bzw. bei der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt wird.

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Klägerin zitierten BFH-Beschluss. Auch in dieser Entscheidung geht der BFH davon aus, dass das Wahlrecht bei der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen in der jeweiligen Sonderbilanz ausgeübt wird. Lediglich mit Blick auf die Besonderheiten des dort zu beurteilenden Sachverhaltes hat der BFH die ordnungsgemäße Ausübung des Wahlrechts durch Erfassung der Rücklage in der Sonderbilanz verneint. Denn die Sonderbilanz, in der die Rücklage gebildet wurde, war ohne Wissen des betroffenen Mitunternehmers nach dessen Ausscheiden aus der Mitunternehmerschaft von der Gesellschaft aufgestellt worden.

Wird der Gewinn, wie auch im Streitfall, nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gilt auf Grund der in § 6c EStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 6b EStG nichts anderes. Das Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage wird ebenfalls im Rahmen der Gewinnermittlung, nämlich durch den Ansatz einer Betriebsausgabe in der Einnahmen-Überschussrechnung, ausgeübt.

Für die ordnungsgemäße Ausübung des Wahlrechts kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht darauf an, ob die Gewinnermittlung zusammen mit der Einkommensteuererklärung oder der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung eingereicht worden ist. Ausschlaggebend ist allein, dass die von dem Steuerpflichtigen eingereichte Gewinnermittlung Grundlage für die Festsetzung der Steuer bzw. für die Feststellung der Gewinneinkünfte geworden ist.

Das Finanzgericht (FG) hat für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) zusammen mit der Einkommensteuererklärung eine Einnahmen-Überschussrechnung vorgelegt haben, die sich auf den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Ehegatten bezog. Darin haben sie, was insoweit auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wird, ihr Wahlrecht zur Bildung einer Rücklage gemäß § 6b i.V.m. § 6c EStG durch den Abzug einer entsprechend hohen Betriebsausgabe wirksam ausgeübt und damit den Veräußerungsgewinn neutralisiert. Diese Gewinnermittlung ist dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu Grunde gelegt worden. Dieser Gewinnfeststellungsbescheid ist bestandskräftig geworden. Weder für die Ausübung des steuerlichen Wahlrechts gemäß § 6b i.V.m. § 6c EStG noch für die Bestandskraft des Gewinnfeststellungsbescheides im Jahr der Rücklagenbildung (bzw. des Betriebsausgabenabzugs) ist es deshalb entscheidungserheblich, ob die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann für dieses Jahr eine Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft abgegeben hat.

Die von der Klägerin des Weiteren aufgeworfene Rechtsfrage, ob ein nach § 6c i.V.m. § 6b EStG wirksam ausgeübtes Wahlrecht bis zu dem Eintritt der formellen Bestandskraft konkludent rückgängig gemacht werden kann mit der Folge, dass eine Auflösung der ursprünglich gebildeten Rücklage (in einem Folgejahr) entfällt, ist schon nicht klärungsbedürftig, da sie eindeutig zu verneinen ist, und im Übrigen auch nicht klärungsfähig.

Das Wahlrecht auf Gewinnübertragung nach § 6b Abs. 3 i.V.m. § 6c EStG kann, wovon das FG ersichtlich auch ausgegangen ist und anders als das FA meint, bis zum Eintritt der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung bzw. der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, in der der Veräußerungsgewinn zu erfassen ist, ausgeübt werden. Das Wahlrecht besteht allerdings nicht nur insoweit, als der Steuerpflichtige eine zunächst nicht gebildete Rücklage bis zum Zeitpunkt der formellen Bestandskraft des vorgenannten Bescheides nachholen kann, sondern auch für den umgekehrten Fall, dass der Steuerpflichtige die zunächst gebildete Rücklage bis zur formellen Bestandskraft des Bescheides wieder rückgängig machen kann. Eine weiter gehende Begrenzung des Wahlrechts, wie sie sich für einen bilanzierenden Steuerpflichtigen durch die auf den Umfang einer Bilanzberichtigung eingeschränkte Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ergibt, gibt es für den Steuerpflichtigen, der den Gewinn, wie auch hier, durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, nicht.

Die Änderung des Wahlrechts setzt allerdings voraus, dass der Steuerpflichtige sein zunächst ausgeübtes Ansatzwahlrecht rückgängig macht. Hat der Steuerpflichtige sein Wahlrecht durch den Abzug einer Betriebsausgabe in Höhe der Rücklage in der Einnahmen-Überschussrechnung ausgeübt, setzt die erneute und andere Ausübung dieses Wahlrechts als actus contrarius notwendigerweise die Einreichung einer geänderten Einnahmen-Überschussrechnung voraus, in der nunmehr kein Betriebsausgabenabzug erfolgt. Eine konkludente Rückgängigmachung des Wahlrechts in dem von der Klägerin verstandenen Sinne alleine durch eine konkludente Erklärung gegenüber dem FA kommt mithin nicht in Betracht.

Ablaufhemmung durch Außenprüfung

Der die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist bewirkende Beginn einer Außenprüfung setzt Maßnahmen voraus, die für den Steuerpflichtigen als Prüfungshandlungen erkennbar und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen.

BFH Beschluss vom 31.03.2014 – I B 120/13 (BFHNV) 2014 S. 1009 f

TatbestandDie Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Aktiengesellschaft, mietete von einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Grundstück an, das mit einem aus Arzt-Praxen, OP-Zentrum und ähnlichen Einrichtungen bestehenden Gebäude bebaut war. Die Klägerin überließ ihrerseits einzelne Räumlichkeiten unter anderem an eine chirurgisch-orthopädische Gemeinschaftspraxis (G). Sie stellte G außerdem das komplette Personal für den Praxis- und OP-Betrieb zur Verfügung. Ihre Kosten legte die Klägerin nahezu vollständig auf G um. G hatte daneben pauschal festgelegte Gebühren für jede Untersuchung zu entrichten. Eine vergleichbare Nutzungsüberlassung vereinbarte die Klägerin mit einer anderen Gemeinschaftspraxis. Außerdem vermietete sie Räumlichkeiten zum Betrieb eines Patientencafés und einer Heilpraktiker-Praxis.

Begründung:

Danach setzt der die Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 4 Satz 1 AO bewirkende Beginn einer Außenprüfung Maßnahmen voraus, die für den Steuerpflichtigen i.S. der §§ 193 ff. AO als Prüfungshandlungen erkennbar und geeignet sind, sein Vertrauen in den Ablauf der Verjährungsfrist zu beseitigen. Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, dass Prüfungshandlungen für die Jahre 2004 bis 2006 tatsächlich nicht vorgenommen worden seien, so ist dies zum einen unbeachtlich, weil das FG das Gegenteil festgestellt hat.

Grobe Schätzungsfehler führen nicht zur Nichtigkeit eines Bescheides

Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist.

Selbst grobe Schätzungsfehler bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen führen regelmäßig nur zur Rechtswidrigkeit und nicht zur Nichtigkeit des Schätzungsbescheides, und zwar selbst dann nicht, wenn sie auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge beruhen.

FG Köln 22.05.2014, Urteil 11 K 3056/11

Begründung:

Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies außerdem bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist. Diese Voraussetzungen sind nur ausnahmsweise gegeben; in der Regel ist ein rechtswidriger Verwaltungsakt lediglich anfechtbar. Selbst grobe Schätzungsfehler bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen führen regelmäßig nur zur Rechtswidrigkeit und nicht zur Nichtigkeit des Schätzungsbescheides, und zwar selbst dann nicht, wenn sie auf einer Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Zusammenhänge beruhen. Ein schwerwiegender Fehler im Sinne des § 125 Abs. 1 AO liegt demgemäß vor, wenn die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen Maße verletzt wurden, dass von niemandem erwartet werden kann, den ergangenen Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen.

Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen setzt nach § 162 AO voraus, dass die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann. Dies ist unter anderem der Fall, wenn Mitwirkungspflichten nicht erfüllt werden. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang grundsätzlich festgestellt, dass eine Schätzung erst dann in Betracht kommt, wenn alle anderen Möglichkeiten, die zutreffenden Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, für das Finanzamt ausgeschöpft sind. Die Erzwingung der Abgabe der Steuererklärungen hat für das Finanzamt Vorrang gegenüber einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen.

Gleichwohl toleriert die Rechtsprechung die Vorgehensweise der Verwaltung, auf Zwangsmittel zu verzichten und die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen. Dabei räumt sie der Verwaltung einen weiten Schätzungsrahmen ein und legt die Vorschriften über die Schätzung dahin gehend aus, dass Tatsachenfeststellungen mit einem geringeren Grad an Überzeugung getroffen werden, als dies in der Regel nach § 88 AO geboten ist. Der Grad der noch erforderlichen Gewissheit wird in der Weise reduziert, dass der Sachverhalt aufgrund von Wahrscheinlichkeitserwägungen festgestellt werden darf und Behörde und Gericht sich hinsichtlich nicht feststehender Tatsachen über gegebene Zweifel hinwegsetzen können. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss nur schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein und feststehende Tatsachen berücksichtigen. Um das Anfechtungserfordernis im Interesse der Rechtssicherheit nicht zu beeinträchtigen, wird eine Schätzung, die den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt, grundsätzlich nur als rechtswidrig angesehen und muss angefochten werden, wenn sie nicht in Bestandskraft erwachsen soll. Gerechtfertigt wird dies auch damit, dass ein Akt der staatlichen Gewalt die Vermutung seiner Gültigkeit in sich.

Anders verhält es sich nur, wenn das Finanzamt bewusst und willkürlich zum Nachteil des Steuerpflichtigen schätzt. Willkürlich und damit nichtig im Sinne des § 125 Abs. 1 AO ist ein Schätzungsbescheid nicht nur bei subjektiver Willkür des handelnden Bediensteten. Auch wenn das Schätzungsergebnis trotz vorhandener Möglichkeiten, den Sachverhalt aufzuklären und die Schätzungsgrundlagen zu ermitteln, krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und gegebenenfalls welche Schätzungserwägungen angestellt wurden – wenn somit ein “objektiv willkürlicher” Hoheitsakt vorliegt – ist eine Nichtigkeit im Sinne von § 125 Abs. 1 AO gegeben. Denn in einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass die Schätzung nicht mehr mit der Rechtsordnung und den diese Ordnung tragenden Prinzipien in Einklang steht, da das Finanzamt grundsätzlich gehalten ist, diejenigen Erkenntnismittel, deren Beschaffung und Verwertung ihm zumutbar und möglich gewesen wäre, auszuschöpfen. Selbst wenn derartige Erkenntnismöglichkeiten und auch andere geeignete Anhaltspunkte für die Schätzung fehlen, muss es Ziel der Schätzung sein, die Besteuerungsgrundlagen annähernd zutreffend zu ermitteln. Die Schätzung darf nicht dazu verwendet werden, die Steuererklärungspflichtverletzung zu sanktionieren und den Kläger zur Abgabe der Erklärungen anzuhalten. Strafschätzungen gilt es zu vermeiden.

Selbst überhöhte Schätzungen führen nur bei feststellbarer Willkür zur Nichtigkeit der Bescheide.

Selbst überhöhte Schätzungen führen nur bei feststellbarer Willkür zur Nichtigkeit der Bescheide.

Niedersächsisches Finanzgericht 2. Senat, Urteil vom 26.03.2013, 2 K 23/13

Begründung:

Ein Steuerbescheid ist nichtig, wenn – was hier ersichtlich nicht der Fall ist – eine der Voraussetzungen des § 125 Abs. 2 AO vorliegt (fehlende Erkennbarkeit der erlassenden Finanzbehörde, tatsächliche Nichtbefolgbarkeit, Verlangen des Begehens einer rechtswidrigen Tat oder Verstoß gegen die guten Sitten) oder wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommender Umstände offenkundig ist (§ 125 Abs. 1 AO). Besonders schwerwiegend ist nur ein Fehler, der den angefochtenen Bescheid als schlechterdings unerträglich erscheinen lässt, weil er mit tragenden Verfassungsprinzipien, der Rechtsordnung immanenten wesentlichen Wertvorstellungen unvereinbar ist oder wenn er die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen in einem so hohen und offenkundigem Maße verletzt, dass von niemandem erwartet werden kann, den Bescheid als verbindlich anzuerkennen.

Im Übrigen führten selbst mehrere grobe Schätzungsfehler bei der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen regelmäßig nicht zu der Annahme, das Finanzamt habe bewusst zum Nachteil des Steuerpflichtigen geschätzt. Der Schätzungsbescheid ist dann zwar rechtswidrig und anfechtbar, nicht aber nichtig.

Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung vor Wohnsitzwegverlegung vom Betriebssitz

Für die Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung sind grundsätzlich die Umstände zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung maßgeblich.

Für die Frage, ob eine gesonderte Feststellung wegen eines Auseinanderfallens von Wohnsitzfinanzamt und Betriebs-, Lage- oder Tätigkeitsfinanzamt durchzuführen ist, kommt es nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO auf die Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums an. Nachträglich eintretende Veränderungen sind ohne Bedeutung. Ist danach keine gesonderte Feststellung durchzuführen, kann über § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO auch keine örtliche Zuständigkeit des Betriebsfinanzamts begründet werden.

Die Frage, ob in dem Fall, dass ein Steuerpflichtiger nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums seinen Wohnsitz vom bisherigen Betriebssitz wegverlagert, das bisherige Wohnsitzfinanzamt vor der Wohnsitzverlagerung auch zuständig für den Erlass der Prüfungsanordnung hinsichtlich der betrieblichen Einkünfte bleibt, ist nicht klärungsbedürftig, da sie sich nach § 19 Abs. 1 Satz 1, § 26 Satz 1 AO eindeutig bejahen lässt.

BFH Beschluss vom 26.02.2014 – III B 123/13 BFHNV 2014 S. 824 f.

Begründung:

Die von dem Kläger als klärungsbedürftig angesehene Rechtsfrage, ob die unterjährige Verlegung des Betriebssitzes und das damit verbundene, erstmalige Auseinanderfallen von Wohnsitz und Betriebsstätte einen Wechsel der Zuständigkeit gemäß § 26 Satz 1 AO i.V.m. § 18 Abs. 1 Nr. 2 AO für die Anordnung einer Außenprüfung nach sich zieht, verleiht der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn die Rechtsfrage lässt sich –soweit sie sich auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation bezieht– unmittelbar aus dem Gesetz beantworten.

Nach § 196 AO bestimmt die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung in einer schriftlich zu erteilenden Prüfungsanordnung.

Da die Außenprüfung ein Vorgang des Besteuerungsverfahrens ist, richtet sich die örtliche Zuständigkeit, soweit keine Sonderregeln bestehen, nach den §§ 18 ff. AO (§ 17 AO). Die Bestimmung des § 195 Satz 1 AO, wonach die Außenprüfung von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden durchgeführt wird, dient daher nur der Klarstellung. Zwar bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit für die Veranlagung grundsätzlich nach den Verhältnissen zur Zeit der Veranlagung. Entsprechend sind auch für die Zuständigkeit zum Erlass einer Prüfungsanordnung grundsätzlich die Umstände zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung maßgeblich.

Von dieser allgemeinen Regel enthält jedoch § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO für gesonderte Feststellungen insoweit eine Ausnahme, als für die Frage, ob eine gesonderte Feststellung wegen eines Auseinanderfallens von Wohnsitzfinanzamt und Betriebs-, Lage- oder Tätigkeitsfinanzamt durchzuführen ist, auf die Verhältnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums abzustellen ist..

Tritt ein Auseinanderfallen von Wohnsitzfinanzamt und Betriebsfinanzamt erst nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraums ein, findet nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO keine gesonderte Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb statt. Der Schluss des Gewinnermittlungszeitraums entscheidet endgültig über die Feststellungsnotwendigkeit,

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 AO ist für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Wohnsitzfinanzamt). Geht die örtliche Zuständigkeit durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände von einer Finanzbehörde auf eine andere Finanzbehörde über, so tritt gemäß § 26 Satz 1 AO der Wechsel der Zuständigkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanzbehörden hiervon erfährt. Tritt –wie im Streitfall– der Wohnsitzwechsel erst nach dem maßgeblichen Verwaltungshandeln (hier dem Erlass der Prüfungsanordnung) ein, verbleibt es bei der durch § 19 Abs. 1 Satz 1 AO begründeten Zuständigkeit des bisherigen Wohnsitzfinanzamts, da sich die Umstände, welche die Zuständigkeit begründen, im Zeitpunkt des Verwaltungshandelns noch nicht i.S. des § 26 Satz 1 AO verändert haben.

Grundsätzlich kein steuerrechtliches Verwertungsverbot bei Belehrungsmängeln während einer Außenprüfung

Grundsätzlich bewirkt weder ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 393 Abs. 1 Satz 4 AO noch gegen die Unterbrechungspflicht des § 10 Abs. 1 Satz 3 BpO 2000, dass Erkenntnisse aus einer solchen Außenprüfung im Besteuerungsverfahren einem Verwertungsverbot unterliegen.

BFH Beschluss vom 08.01.2014-X B 112,113/13 BFHNV 2014 S. 487

Begründung:

Die Kläger meinen, die unterbliebene Belehrung bewirke nicht nur ein strafrechtliches, sondern auch ein steuerrechtliches Verwertungsverbot sowie die Nichtigkeit erlassener Steuerbescheide. Vertrete das FA zunächst die Auffassung, es gebe keine Anhaltspunkte für eine Steuerverkürzung, leite es danach aber gleichwohl ein Ermittlungsverfahren ein, würden die an eine ordnungsmäßige Verwaltung zu stellenden Anforderungen so erheblich verletzt, dass nicht erwartet werden könne, dies als verbindlich anzuerkennen.

Indes führt eine Verletzung der in § 393 Abs. 1 Satz 4 AO angeordneten Belehrungspflicht nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dazu, dass ermittelte Tatsachen im Besteuerungsverfahren einem Verwertungsverbot unterliegen.

Erst recht muss diese Beurteilung für die von den Klägern gesehene Verletzung des § 10 Abs. 1 Satz 3 BpO 2000 gelten, da es sich herbei lediglich um eine –die Gerichte grundsätzlich nicht bindende– Verwaltungsvorschrift handelt.

Zur Buchführungspflicht von Fahrlehrern

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat in seinem inzwischen rechtskräftigen Urteil entschieden, dass das Finanzamt eine Gewinnzuschätzung vornehmen darf, wenn ein Fahrlehrer seine Aufzeichnungen, zu denen er nach dem Fahrlehrergesetz verpflichtet ist, nicht für das Finanzamt aufbewahrt.

Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) Urteil vom 01. April 2014 (5 K 1227/13

Begründung (FG):

Der Kläger betrieb im Streitjahr (2006) eine Fahrschule. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. Nach einer Betriebsprüfung, in deren Rahmen u.a. die beim TÜV Rheinland gespeicherten Daten zu der Fahrschule des Klägers (z.B. Daten zu den angemeldeten Führerscheinprüfungen) ausgewertet worden waren, änderte das beklagte Finanzamt den Erstveranlagungsbescheid zur Einkommensteuer und erhöhte den (vom Kläger seinerzeit erklärten) Gewinn um 4.500 €. Zur Begründung verwies das Finanzamt auf den Bericht der Betriebsprüferin und die dort beanstandeten Buchführungsmängel.

Einspruch und Klage des Klägers blieben erfolglos. Auch das FG kam in seinem – inzwischen rechtskräftigen – Urteil vom 01. April 2014 (5 K 1227/13) zu dem Ergebnis, dass die Buchführung des Klägers nicht ordnungsgemäß sei, weil er die nach § 18 Fahrlehrergesetz (FahrlG) zu führenden Aufzeichnungen nicht aufbewahrt habe. Diese branchenspezifische Aufzeichnungspflicht – so das FG – sei nach § 140 AO zugleich auch eine steuerrechtliche Pflicht. Auch auf diese Unterlagen beziehe sich daher die Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 und 3 AO (sechs Jahre). Die Aufbewahrungspflicht umfasse grundsätzlich alle Unterlagen und Daten, die zum Verständnis und zur Überprüfung der gesetzlich vorgeschriebenen Aufzeichnungen von Bedeutung seien. Da die Fahrschüler die Leistungsentgelte üblicher Weise zum Teil auch in bar zu Beginn oder am Ende einer Fahrstunde im Fahrschulwagen entrichten würden, sei eine Kontrolle der vollständigen Einnahmen nur bei Vorlage und Abgleich der Einnahmeaufzeichnungen mit den Ausbildungsnachweisen, den Tagesnachweisen und den TÜV-Listen möglich. Der Kläger hingegen habe weder die Ausbildungs- noch die Tagesnachweise vorlegen können, diese vielmehr nach eigenem Bekunden entsorgt. Auf der Grundlage der vorhandenen Rechnungen lasse sich daher nicht im Einzelnen nachvollziehen und abgleichen, ob tatsächlich alle Fahrstunden in Rechnung gestellt bzw. in die Gewinnermittlung eingegangen seien. Die Buchführung des Klägers sei daher nicht ordnungsgemäß und rechtfertige eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Auf der Grundlage der vorhandenen bzw. zugänglichen Daten (Preise und Gebühren der Fahrschule des Klägers, Anzahl der Fahrschüler laut TÜV-Liste usw.) und mit Rücksicht auf die Werte nach der Richtsatzsammlung sei eine Zuschätzung bei den Erlösen in Höhe 3,4 v.H. (= 4.500,00 €) sachgerecht und angemessen.