Abweichende Steuerfestsetzung bei außergewöhnlichen Belastungen

Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sind grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem der Steuerpflichtige sie geleistet hat.
Eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Sie kommt nicht bereits dann in Betracht, wenn sich Aufwendungen im Veranlagungszeitraum der Verausgabung nicht in vollem Umfang steuermindernd ausgewirkt haben.

BFH Beschluss vom 12.07.2017 – VI R 36/15 BFH/NV 2017, 1380

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die im Jahr 2004 geborene Tochter der Kläger ist schwer- und mehrfachbehindert. Sie wird im Elternhaus gepflegt und betreut.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte der Kläger betrug im Jahr 2010 XXX.XXX EUR, im Jahr 2011 XXX.XXX EUR, im Jahr 2012 XXX.XXX EUR und im Jahr 2013 XXX.XXX EUR.
Im Jahr 2011 bauten die Kläger ihr Haus für insgesamt 165.981 EUR behindertengerecht um. Sie errichteten angrenzend an das Wohnzimmer im Erdgeschoss und das darüber liegende Schlafzimmer einen 2-geschossigen Anbau mit einer Fläche von insgesamt ca. 27 qm und einem integrierten Lastenaufzug. In den beiden Räumen des Anbaus befinden sich der Zugang zum Lastenaufzug, ein mobiler Lifter, Rollstühle und Therapiegeräte sowie Regale und Schränke zur Aufbewahrung sonstiger für die Pflege benötigter Gegenstände. Der im Obergeschoss an den Anbau angrenzende Raum dient als Pflegezimmer und ist mit einem Spezialbett sowie einer Spezialbadewanne ausgestattet. Die Pflegeversicherung erstattete einen Betrag in Höhe von 2.557 EUR. Die Kläger bezahlten sämtliche mit dem Umbau zusammenhängenden Rechnungen im Jahr 2011.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 machten die Kläger Umbaukosten in Höhe von 60.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend und beantragten, den Restbetrag auf die folgenden beiden Veranlagungszeiträume zu verteilen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) führte die Einkommensteuerveranlagung erklärungsgemäß durch und setzte die Einkommensteuer für 2011 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 der Abgabenordnung –AO–) auf 10.329 EUR fest. Wegen der außergewöhnlichen Belastungen wurde eine abgekürzte Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer berücksichtigte die Aufwendungen für die Errichtung des Anbaus, des behindertengerechten Bades und des Lastenaufzugs als außergewöhnliche Belastungen. Die Aufwendungen für die Neuanlage von Terrasse und Garten in Höhe von 25.368 EUR erkannte er zu 1/3 als außergewöhnliche Belastungen an. Im Anschluss an die Außenprüfung erging ein Einkommensteueränderungsbescheid für 2011, in dem außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 149.069 EUR berücksichtigt wurden. Die Einkommensteuer wurde mit 0 EUR festgesetzt; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. Eine Verteilung der Aufwendungen auf mehrere Jahre lehnte das FA ab.

Gegen den Änderungsbescheid sowie die Ablehnung der Verteilung der Aufwendungen auf mehrere Jahre im Wege einer abweichenden Festsetzung aus Billigkeitsgründen legten die Kläger Einspruch ein. Am 12. April 2013 erging ein Teilabhilfebescheid, in dem weitere im Verlauf des Einspruchsverfahrens geltend gemachte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt und die bereits anerkannten Umbaukosten um die Erstattung in Höhe von 2.557 EUR auf 146.512 EUR vermindert wurden. Das Einspruchsverfahren wegen Einkommensteuer 2012 wurde bis zur Entscheidung über den Antrag auf abweichende Festsetzung der Steuer aus Billigkeitsgründen ausgesetzt. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. April 2013 wies das FA den Einspruch gegen die Ablehnung des Antrags auf abweichende Festsetzung der Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen als unbegründet zurück.

Mit der Klage begehrten die Kläger, das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer 2011, 2012 und 2013 aus Billigkeitsgründen in Höhe der Beträge festzusetzen, die sich bei gleichmäßiger Verteilung der Umbaukosten ergäben, hilfsweise, die Umbaukosten zu gleichen Teilen in den Jahren 2010 und 2011 als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1207 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.
Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 23. April 2015 3 K 1750/13 aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 22. Oktober 2012 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2013 zu verpflichten, die Einkommensteuer für 2011, 2012 und 2013 in Höhe der Beträge festzusetzen, die sich ergeben, wenn die im Einkommensteuerbescheid 2011 berücksichtigten Umbaukosten zu gleichen Teilen in 2011 bis 2013 berücksichtigt werden; hilfsweise, das FA unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 22. Oktober 2012 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2013 zu verpflichten, die außergewöhnlichen Belastungen in 2010 und 2011 zu berücksichtigen; höchst hilfsweise, das FA zu verpflichten, über den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
D
ie Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Revision der Kläger ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat die Voraussetzungen für eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) zu Recht verneint.

Nach § 163 Abs. 1 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen kann bei Steuern vom Einkommen zugelassen werden, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen, soweit sie die Steuer erhöhen, bei der Steuerfestsetzung erst zu einer späteren Zeit und, soweit sie die Steuer mindern, schon zu einer früheren Zeit berücksichtigt werden (§ 163 Abs. 1 Satz 2 AO).
Die Entscheidung über einen Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung der Finanzverwaltung (§ 5 AO), bei der Inhalt und Grenzen des Ermessens durch den Begriff der Unbilligkeit bestimmt werden. Die Unbilligkeit kann sich aus persönlichen oder sachlichen Gründen ergeben.
Dass ein Fall der persönlichen Unbilligkeit vorliegt, wurde von den Klägern weder geltend gemacht noch ist dies sonst ersichtlich.

2. Im Streitfall liegt auch keine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen vor.
a) Bei der Entscheidung über eine sachliche Billigkeitsmaßnahme ist auf den Einzelfall abzustellen. Sie ist atypischen Ausnahmefällen vorbehalten. Billigkeitsmaßnahmen dienen der Anpassung des steuerrechtlichen Ergebnisses an die Besonderheiten des Einzelfalls, um Rechtsfolgen auszugleichen, die das Ziel der typisierenden gesetzlichen Vorschrift verfehlen und deshalb ungerecht erscheinen. Sie gleichen Härten aus, die der steuerrechtlichen Wertentscheidung des Gesetzgebers nicht entsprechen und damit zu einem vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis führen Sachlich unbillig ist die Erhebung einer Steuer vor allem dann, wenn sie im Einzelfall nach dem Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes nicht (mehr) zu rechtfertigen ist und dessen Wertungen zuwider läuft. Unbeachtet bleiben müssen hingegen grundsätzlich solche Erwägungen, die der gesetzliche Tatbestand typischerweise mit sich bringt. Auch dürfen Billigkeitsmaßnahmen nicht dazu führen, die generelle Geltungsanordnung des den Steueranspruch begründenden Gesetzes zu unterlaufen

Eine für den Steuerpflichtigen ungünstige Rechtsfolge, die der Gesetzgeber bewusst angeordnet oder in Kauf genommen hat, rechtfertigt keine Billigkeitsmaßnahme
Bei Heranziehung dieser Grundsätze ist das FA ermessensfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht in Betracht kommt. Denn im Streitfall widerspricht die vorgenommene Besteuerung nicht den Wertungen des Gesetzes.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind.

§ 11 Abs. 2 EStG ist auch auf außergewöhnliche Belastungen anwendbar (. Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG sind danach grundsätzlich in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem der Steuerpflichtige sie geleistet hat Dies gilt unabhängig davon, ob sie aus eigenen oder fremden Mitteln bestritten werden Auch fremdfinanzierte Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind, können nur im Jahr des tatsächlichen Abflusses, also der Verwendung der Darlehensmittel, berücksichtigt werden.
Wirken sich außergewöhnliche Belastungen in dem Veranlagungszeitraum, in dem sie geleistet werden, mangels eines hinreichenden Gesamtbetrags der Einkünfte nicht aus, sieht das Gesetz keine Möglichkeit vor, den restlichen Betrag in einen anderen Veranlagungszeitraum zu übertragen oder ähnlich der Regelung in § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) auf mehrere Veranlagungszeiträume zu verteilen. § 10d EStG gilt nur für Einkünfte, nicht aber für außergewöhnliche Belastungen oder Sonderausgaben. Ebenso fehlt eine § 7 EStG oder § 82b EStDV vergleichbare Regelung in § 33 EStG. Eine Gesetzeslücke, die eine analoge Anwendung des § 7 EStG, § 82b EStDV oder § 10d EStG nahelegen würde, liegt nicht vor. Aus der gesetzlichen Reihenfolge in § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG, wonach negative Einkünfte vorrangig vor den Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen in den vorangegangenen Veranlagungszeitraum rückgetragen werden, lässt sich im Gegenteil im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut in § 33 EStG der Grundsatz ableiten, dass derjenige, der keine positiven Einkünfte erzielt, auch keine privaten Aufwendungen abziehen kann, und zwar sowohl intra- als auch interperiodisch.

Streitfall hat sich nicht der gesamte Betrag, den die Kläger für den Umbau des Hauses aufgewendet haben, ausgewirkt, weil den Ausgaben im Jahr ihrer Verausgabung ein zu geringer Gesamtbetrag der Einkünfte gegenüberstand. Dies ist Folge der Entscheidung des Gesetzgebers für das in § 11 Abs. 2 EStG normierte Abflussprinzip in Verbindung mit dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung sowie dem Umstand, dass das Einkommensteuergesetz eine Verteilungsregel in andere Veranlagungszeiträume in einem solchen Fall nicht vorsieht.
Ein den gesetzlichen Wertungen widersprechendes Ergebnis ist darin nicht zu erblicken. Die Steuerunerheblichkeit von den Gesamtbetrag der Einkünfte überschreitenden außergewöhnlichen Belastungen ist vielmehr der einkommensteuerlichen Systematik, insbesondere der in § 2 EStG vorgegebenen Ermittlung des zu versteuernden Einkommens, geschuldet und kann daher in der Regel eine hiervon abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nicht rechtfertigen.

Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist die angefochtene Entscheidung nicht zu beanstanden. Denn das FA hat mit seiner Entscheidung über eine abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen die gesetzlichen Grenzen des Ermessens weder überschritten noch hat es von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Es hat auch nicht angenommen, ihm stehe eine Ermessensbefugnis nicht zu. Vielmehr hat das FA –ungeachtet der Vorgabe in R 33.4 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012– eine eigenständige Ermessensentscheidung getroffen und sich mit den einschlägigen Rechtsgrundlagen auseinandergesetzt. An Anhaltspunkten für das Vorliegen von atypischen Besonderheiten, die ausnahmsweise eine abweichende Steuerfestsetzung aus rechtfertigen, fehlt es im Streitfall. Insbesondere stellt die Tatsache, dass die Aufwendungen durch einen Kredit finanziert wurden, keine Besonderheit dar, die eine Verteilung auf mehrere Jahre rechtfertigt. Vielmehr bleibt es auch bei kreditfinanzierten außergewöhnlichen Belastungen beim Abzug im Zeitpunkt der Verausgabung

Einordnung des Handels mit Vorratsgesellschaften

Die wiederholte Gründung und Veräußerung von sog. Vorratsgesellschaften –hier: Gründung und Veräußerung von insgesamt 40 GmbHs– überschreitet die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung.
BFH Urteil vom 27.06.2017 – IX R 3/17 BFH/NV 2018, 20

Sachverhalt:

Die Beteiligten streiten darüber, ob Gewinne aus der Gründung und Veräußerung von sog. Vorratsgesellschaften als private Beteiligungseinkünfte nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerbar sind.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielte im Streitjahr 2014 als Steuerberaterin Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Von 2005 bis 2014 gründete die Klägerin jeweils als Alleingesellschafterin GmbHs. Die GmbHs verfügten über keinen Geschäftsbetrieb und bis auf das von der Klägerin eingezahlte Stammkapital über kein Betriebsvermögen. Die Klägerin veräußerte die von ihr gegründeten GmbHs über die Firma Z als gegen Zahlung einer Provision eingeschaltete Vermittlerin weiter. In den Jahren 2005 bis 2014 veräußerte die Klägerin insgesamt 40 GmbHs. Im Streitjahr 2014 gründete sie 5 GmbHs und veräußerte diese weiter. Daraus erzielte sie einen Gewinn in Höhe von 2.692 EUR.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2014 erklärte die Klägerin den Gewinn aus der Veräußerung der Vorratsgesellschaften im Rahmen der Einkünfte aus § 15 EStG. Die Veranlagung erfolgte mit Einkommensteuerbescheid 2014 vom 28. Dezember 2015 erklärungsgemäß. Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, die Einkünfte aus der Gründung und Veräußerung der Gesellschaften im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung erzielt zu haben und begehrte den Ansatz des Gewinns im Rahmen der Einkünfte aus § 17 EStG und die Anwendung des Freibetrags nach § 17 Abs. 3 EStG. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 19. April 2016 als unbegründet zurück.

Begründung:

Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin die Anteile an den Vorratsgesellschaften in ihrem Betriebsvermögen und nicht in ihrem Privatvermögen gehalten hat, so dass die Anwendung des § 17 EStG und damit auch des Freibetrags nach § 17 Abs. 3 EStG ausscheidet. Mangels steuerlicher Auswirkung kann offenbleiben, ob die Anteile zu einem gewerblichen Betriebsvermögen der Klägerin oder zu ihrem freiberuflichen Betriebsvermögen als Steuerberaterin gehört haben.
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das FG ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Tätigkeit der Klägerin nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung (§ 14 Satz 3 der Abgabenordnung –AO–) überschreitet, so dass die Anteile an den Vorratsgesellschaften dem Betriebsvermögen der Klägerin zuzuordnen und die daraus folgenden Einkünfte nicht nach § 17 EStG steuerbar sind.

Die Grenze der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte i.S. einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt. Der Kernbereich der Vermögensverwaltung wird in § 14 Satz 3 AO durch Bezugnahme auf Regelbeispiele (verzinsliche Anlage von Kapitalvermögen und die Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen) abgegrenzt. Dadurch wird die Vermögensverwaltung gleichwohl nicht abschließend definiert. Sie wird in der Rechtsprechung des BFH letztlich negativ danach bestimmt, “ob die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht”.

Bei der Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb und Vermögensverwaltung ist somit auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abzustellen. In Zweifelsfällen ist die gerichtsbekannte und nicht beweisbedürftige Auffassung darüber maßgebend, ob die Tätigkeit, soll sie in den gewerblichen Bereich fallen, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsanschauung einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist. Es entspricht langjähriger und gefestigter Rechtsprechungstradition, das “Bild des Gewerbebetriebs” durch Orientierung an unmittelbar der Lebenswirklichkeit entlehnten Berufsbildern zu konturieren. Zu diesen gehören die –selbständig und nachhaltig ausgeübten– Tätigkeiten der Produzenten, der Dienstleister und der Händler. Ob Veräußerungen noch der Vermögensverwaltung zuzuordnen sind, lässt sich nicht für alle Wirtschaftsgüter nach einheitlichen Maßstäben beurteilen. Vielmehr sind die jeweiligen artspezifischen Besonderheiten zu beachten. Gegenstand des händlertypischen Umschlags von Waren können grundsätzlich alle handelbaren Wirtschaftsgüter oder Sachgesamtheiten sein. Hierzu gehören auch Unternehmen sowie Beteiligungen an Unternehmen..

Nach Maßgabe der nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG und unter Berücksichtigung der in der o.g. Rechtsprechung entwickelten Rechtsgrundsätze zur Abgrenzung einer gewerblichen von einer vermögensverwaltenden Tätigkeit ist die Würdigung des FG, wonach eine private Vermögensverwaltung nicht vorliegt, nicht zu beanstanden.
Die Tätigkeit der Klägerin ist bereits nach der Art der betroffenen Wirtschaftsgüter nicht den klassischen Bereichen der privaten Vermögensverwaltung wie –u.a. den in § 14 Satz 3 AO erwähnten Formen– der Anlage von Kapitalvermögen oder Vermietung von unbeweglichem Vermögen zuzuordnen (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG, 36. Aufl., § 15 Rz 89; Hartrott, Finanz-Rundschau 2008, 1095, 1096). Denn Vorratsgesellschaften sind mangels mit ihnen verbundener Ertrags- und Wertsteigerungsaussichten als bloße (“leere”) Hüllen allein kein taugliches Mittel einer privaten Vermögenverwaltung. Ihre Gründung ist daher mit der Anschaffung anderer Wirtschaftsgüter der Vermögensverwaltung, mit denen auf eine Wertsteigerung spekuliert wird (wie z.B. Gold, unbebaute Grundstücke) oder auf Erträge abgestellt wird (z.B. Aktien, bebaute Grundstücke) nicht vergleichbar. Privatpersonen bedienen sich auch üblicherweise –selbst in Niedrigzinsphasen– nicht der Gründung und Weiterveräußerung von Vorratsgesellschaften als Mittel zur Kapitalanlage. Vielmehr werden diese regelmäßig von gewerblichen Anbietern oder Angehörigen der steuer- und rechtsberatenden Berufe –wie der Klägerin– am Markt angeboten.

Die Tätigkeit der Klägerin überschreitet auch nach dem Gesamtbild und der Verkehrsanschauung die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung. Die Klägerin hat mit der Gründung der GmbHs ein zunächst nicht vorhandenes Wirtschaftsgut “GmbH-Beteiligung” hergestellt und zeitnah veräußert. Die Klägerin hat damit nicht ein bereits vorhandenes Wirtschaftsgut zur Kapitalanlage angeschafft, sondern sich mit der Schaffung eines neuen Wirtschaftsguts wie ein Produzent oder Dienstleister verhalten, mit dem Unterschied, keine körperlichen Waren hergestellt, sondern mit der Gründung der Beteiligung ein marktgängiges und verkehrsfähiges Wirtschaftsgut geschaffen zu haben. Das Verhalten der Klägerin war auch nicht auf dauerhafte Fruchtziehung ausgerichtet, da sich mangels Ausschüttungseignung der Beteiligungen nur durch eine schnelle Weiterveräußerung und nicht durch ein langfristiges Halten und damit verbundenes Erzielen von Dividendeneinkünften ein Gewinn erzielen ließ. Die Klägerin hat mit dem Erlös aus der Weiterveräußerung der Vorratsgesellschaften nach den Feststellungen des FG auch keine Wertsteigerung des jeweiligen Anteils realisiert. Vielmehr wurden mit dem Aufschlag bei der Weiterveräußerung allein der Zeit- und Arbeitseinsatz der Klägerin, mithin die von der Klägerin erbrachte Dienstleistung, und die damit verbundene Ersparnis des Gründungsaufwands bei den Erwerbern abgegolten.

Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin auch zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, die neu gegründeten Gesellschaften dauerhaft zu halten, sondern hat diese –was die vom FG festgestellte kurze Haltedauer jeweils zeigt– schnellstmöglichst als Vorratsgesellschaften vermarktet. Private Vermögensverwaltung ist aber grundsätzlich langfristig ausgerichtet. Sie dient dazu, Privatvermögen nutzbringend anzulegen und mittels der Wertsteigerungen und Erträge ein finanzielles Polster zu schaffen. Die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern in der Absicht alsbaldiger Veräußerung überschreitet jedoch die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung.

Die Tätigkeit der Klägerin ist auch nicht mit dem (der Vermögensverwaltung zuzuordnenden) Bereich des An- und Verkaufs von börsengehandelten Wertpapieren vergleichbar. Zwar kann der häufige An- und Verkauf von Wertpapieren “typische” Vermögensverwaltung sein. Dies gilt auch dann, wenn die Größe des Vermögens beachtlich ist und dessen Verwaltung häufige und ständige Umschichtungen. Dagegen stellen sich die Gründung und der Verkauf von Vorratsgesellschaften anders. Es geht nicht um die Anschaffung und Veräußerung von in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht durch Wertpapiere verbrieften und an der Börse handelbaren Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Denn diese werden regelmäßig unter Nutzung eines Markts (Börse) und im Regelfall über Banken (anonym) erworben und veräußert. Auch geht es nicht darum, Zinsen und Dividenden oder Wertsteigerungen durch eine günstige Kursentwicklung zu erzielen. Stattdessen wurden von der Klägerin individuell Kapitalgesellschaften gegründet und an Interessenten veräußert. Es geht der Klägerin auf der Grundlage der Feststellungen des FG daher nicht in ihrem eigenen Interesse um das bloße Umschichten von Anteilen oder das Ausnutzen von Wertsteigerungen in der Folge von Kursänderungen, sondern allein darum, funktionslose Mantelgesellschaften für interessierte Erwerber zu gründen und zu veräußern.
Mangels steuerlicher Auswirkung braucht sich der Senat nicht mit der Frage zu beschäftigen, ob die streitigen Anteile an den Vorratsgesellschaften einem gewerblichen Betriebsvermögen der Klägerin (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder ihrem freiberuflichen Betriebsvermögen aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) zuzurechnen sind. Da die Klägerin Einzelunternehmerin ist, stellt sich auch nicht die Frage der Anwendung der Abfärberegelung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.

Feststellungen bei Liebhaberei

Die Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht ist im Wesentlichen eine Frage der Tatsachenwürdigung. Bei verschiedenen, wirtschaftlich eigenständigen Betätigungen ist die Gewinnerzielungsabsicht im Wege der Segmentierung gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen.
Im Hobbybereich erlaubt eine objektiv negative Gewinnprognose einen, wenn auch widerlegbaren, Schluss auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht. Außerhalb des Hobbybereichs bedarf es zusätzlicher Anhaltspunkte dafür, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden. An deren Feststellung sind keine hohen Anforderungen zu stellen; die Feststellung ist aber nicht gänzlich entbehrlich.

BFH Urteil vom 23.08.2017 – X R 27/16 BFH/NV 2018, 36

Sachverhalt:

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Die Klägerin führt seit 1982 in A einen Handelsbetrieb.Seit 1998/1999 betreibt sie außerdem den An- und Verkauf sowie die Vercharterung von Segelyachten, die Reparatur von Segelyachten sowie den Handel mit Segelzubehör. Mit Kaufvertrag vom 25. Oktober 1999 erwarb die Klägerin hierfür die erste, am 19. Dezember 2000 die zweite und schließlich am 4. September 2008 die dritte Segelyacht. Die Boote liegen in B. Für private Zwecke werden sie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) nicht genutzt.
Die Klägerin ermittelte den Gewinn aller Tätigkeitsbereiche zunächst in einer einheitlichen Bilanz. In einer Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) zu der Auffassung, dass die Tätigkeitsfelder “Handel” einerseits und “Yachten” andererseits keinen einheitlichen Gewerbebetrieb darstellten. Zudem seien die drei Leistungsangebote im Yachtbereich (“Yachtcharter”, “Segelzubehör” und “Reparaturen”) jeweils eigenständige Tätigkeitsbereiche. Mit der “Yachtcharter” erziele die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Allerdings sei für diesen Bereich nicht mit einem Totalüberschuss zu rechnen, so dass die dort erwirtschafteten Verluste steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten. Für die beiden anderen Teilbereiche “Segelzubehör” und “Reparaturen” ermittelte das FA hingegen Gewinne und erließ entsprechend geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre.

Das FG hat im Wege der Segmentierung die Handelstätigkeit auf der einen Seite, die gesamten Tätigkeiten rund um die Yachten auf der anderen Seite als jeweils eigenständige wirtschaftliche Betätigungen bewertet. Eine weitere Segmentierung innerhalb des Yachtbereichs hat es jedoch nicht vorgenommen, da es von einem Förderungszusammenhang zwischen Yachtvercharterung, -handel und -reparatur ausging. Anhand der Akten, der Auskünfte der Kläger und von Zeugen teilte das FG die bisher einheitlich erklärten Erlöse und Aufwendungen auf die beiden Tätigkeitsbereiche auf. Hinsichtlich der Handelstätigkeit ermittelte es für die Streitjahre 2005 und 2008 niedrigere, für die Streitjahre 2004 und 2009 höhere Gewinne als die Betriebsprüfung. Für den (nunmehr zusammengefassten) Yachtbereich kam das FG in allen Streitjahren und auch für die Totalperiode bis 2014 zu Verlusten. Diese berücksichtigte es steuerlich nicht, da die Klägerin insoweit ohne Gewinnerzielungsabsicht gehandelt habe. Ein positives Gesamtergebnis sei nicht zu erwarten. Die Klägerin habe ständig steigende Verluste hingenommen und durch den Erwerb der dritten Yacht sogar noch steigen lassen, ohne hiergegen etwas zu unternehmen. Auch wenn die Tätigkeit nicht dem Hobbybereich zuzuordnen sei, seien deshalb an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive für die Weiterführung des Unternehmens keine hohen Anforderungen zu stellen. Soweit die Klägerin einwende, sie habe mit dem Yachtgeschäft die im Handelsbetrieb im Sommer entstehende Liquiditätslücke füllen wollen, sei dies keine ausreichende Erklärung, da zusätzlich gewonnene Liquidität nur sinnvoll sei, wenn die Tätigkeit letztlich auch zu einem Überschuss führe.

Mit der Revision machen die Kläger weiter geltend, das FG habe die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin fehlerhaft verneint. Allein langjährige Verluste und eine objektiv negative Gewinnprognose ließen nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung zu, dass die Gewinnerzielungsabsicht fehle. Vielmehr müsse der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich der Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausüben. Im Hobbybereich könne dies vermutet werden. Im Übrigen seien zwar bei fehlender Reaktion auf längere Verlustperioden keine allzu hohen Anforderungen an die Feststellung persönlicher Gründe zu stellen. Aber die Rechtsprechung des erkennenden Senats sowie weiterer Senate des Bundesfinanzhofs (BFH) habe stets verlangt, dass zumindest die Möglichkeit persönlicher Gründe oder Motive vorliegen müsse. Das FG habe diese Grundsätze zwar zutreffend herausgearbeitet, aber nicht mehr umgesetzt. Es habe zu Recht einen Hobbybetrieb verneint, aber keine persönlichen Gründe oder Motive für den Yachtbetrieb festgestellt, sondern ausschließlich aus den Verlusten auf das Fehlen der Gewinnerzielungsabsicht geschlussfolgert. Tatsächlich habe das FG solche Motive auch nicht ermitteln können, da es sie nicht gebe.
Schließlich liege in der Würdigung des FG, gewonnene Liquidität sei nur ein Vorteil, wenn sie zu einem Gesamtüberschuss führe, ein Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz. Es handele sich allenfalls um eine Erfahrungstatsache, deren Quelle das FG hätte angeben müssen, die aber auch nicht richtig sei. Tatsächlich erspare die Zuführung von Liquidität (hier in den Sommermonaten) die Notwendigkeit kostenträchtiger Kreditaufnahmen. Außerdem könnten Betriebsmittel, deren Kosten auch in ertragsschwachen Zeiten ohnehin getragen werden müssen, so wenigstens liquiditätsbringend eingesetzt werden.

Das FA folgt nicht nur hinsichtlich der Segmentierung, sondern auch hinsichtlich der Frage der Gewinnerzielungsabsicht dem FG. Der gesamte Yachtbereich habe trotz hoher Auslastung der Boote seiner Art nach keine Gewinne erwarten lassen. Nachdem die Klägerin die steigenden Verluste hingenommen habe, ohne gegenzusteuern, sei dies ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht. An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive für die Weiterführung des Unternehmens seien keine hohen Anforderungen zu stellen. Auch das FG sei von einer zweistufigen Prüfung, indes im Wege einer Gesamtschau ausgegangen. Zu persönlichen Gründen könne auch die Absicht gehören, Steuern zu sparen. Die Klägerin habe die Verluste aus dem Yachtbereich, bei denen es sich um echte Verluste und nicht nur um Buchverluste handele, im Rahmen ihres seit Jahren ertragbringenden Handelsbetriebs berücksichtigt.

Begründung:

Die Revision ist begründet mit der Maßgabe, dass nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist. Die Feststellungen des FG erlauben dem Senat nicht zu beurteilen, ob die Klägerin ihre Betätigungen rund um die Yachten mit der erforderlichen Gewinnerzielungsabsicht betrieben hat.

Einkünfte aus Gewerbebetrieb setzen eine Betätigung voraus, die mit der Absicht unternommen wird, Gewinn zu erzielen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Gewinnerzielungsabsicht ist das Bestreben, das Betriebsvermögen zu mehren und auf Dauer, nämlich für die gesamte Zeit zwischen Betriebsgründung und Betriebsbeendigung, einen Totalgewinn zu erzielen. Fehlt es, liegt eine einkommensteuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor.
Handelt es sich um verschiedene, wirtschaftlich eigenständige Betätigungen, ist die Gewinnerzielungsabsicht nicht einheitlich für die gesamte Tätigkeit, sondern im Wege der sog. Segmentierung gesondert für die jeweilige Betätigung zu prüfen. Diesem Rechtsgrundsatz entsprechend hat das FG im Streitfall den Handel einerseits, den Yachtbereich in seiner Gesamtheit andererseits als wirtschaftlich eigenständige Betätigungen gewertet. Die Beteiligten haben diesbezüglich keine Revisionsrügen vorgebracht, so dass der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO an diese im Übrigen auch plausible tatsächliche Würdigung gebunden ist. Für die Frage, ob Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, ist demnach der Yachtbereich als Einheit zu betrachten; im Handelsbetrieb steht diese außer Frage.
Als innere Tatsache lässt sich die Gewinnerzielungsabsicht nur anhand äußerer Umstände feststellen. Diese Feststellung liegt im Wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung und obliegt insoweit dem FG.

In objektiver Hinsicht ist eine Prognose darüber anzustellen, ob der Betrieb nach seinem Wesen und der Art seiner Bewirtschaftung auf Dauer geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften. Ist die Gewinnprognose negativ, erlaubt dies jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss, dass der Steuerpflichtige auch subjektiv die Erzielung eines Totalgewinns nicht beabsichtigte. Dies ist nur dann gerechtfertigt, wenn auch widerlegbar, wenn die verlustbringende Tätigkeit typischerweise dazu bestimmt und geeignet ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen (Hobbybereich). Bei anderen Tätigkeiten müssen zusätzliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Verluste aus persönlichen Gründen oder Neigungen hingenommen werden. Im Falle einer längeren Verlustperiode spricht vor allem das fehlende Bemühen, die Verlustursachen zu ermitteln und ihnen mit geeigneten Maßnahmen zu begegnen, für sich genommen schon dafür, dass langjährige Verluste aus im persönlichen Bereich liegenden Neigungen und Motiven hingenommen werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind in einem solchen Fall an die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Steuerpflichtigen trotz der Verluste zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, keine hohen Anforderungen zu stellen. Es muss die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt. Wenn die Feststellung persönlicher Gründe außerhalb des sog. Hobbybereichs möglich sein muss, muss auch festgestellt werden, dass und welche persönlichen Gründe möglicherweise gegeben sind. Die Anforderungen an diese Feststellung sind mit der Maßgabe “keine hohen Anforderungen” zwar abgesenkt; die Feststellung wird damit aber nicht vollkommen entbehrlich.

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest. Er hatte zwar in seinem Urteil erwogen, jedenfalls ausdrücklich offengelassen, ob bei unveränderter Fortführung eines verlustbringenden Geschäftskonzepts im Hinblick auf das darin liegende fehlende marktgerechte Verhalten auch ohne Feststellung besonderer privater Motive auf das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht geschlossen werden könne. In seiner hatte der BFH ebenfalls Zweifel an dieser Rechtsprechung insofern geäußert, als auch Tätigkeiten außerhalb des typischen Hobbybereichs auf persönlichen Neigungen beruhen oder der Erlangung persönlicher Vorteile (gesellschaftliches Ansehen) dienen könnten. Er war allerdings in beiden Fällen im Ergebnis der vorgenannten Rechtsprechung gefolgt und setzt diese auch weiterhin fort.
Zum einen verlangt das in § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG für Einkünfte aus Gewerbebetrieb ausdrücklich normierte, für andere Einkunftsarten entsprechend geltende Tatbestandsmerkmal der Gewinn-(bzw. Einkünfte-)erzielungsabsicht nach allgemeinen Regeln eine entsprechende Feststellung. Es handelt sich um ein subjektives Merkmal, das neben das objektive Merkmal der negativen Gewinnprognose tritt. Mit einem zwingenden Schluss von einem objektiven auf ein eigenständiges subjektives Merkmal wäre Letzteres im Ergebnis gegenstandslos. In der Sache käme es zu einer teilweisen Gleichstellung von Gewinnerzielungsabsicht und Gewinn.
Zum anderen besteht auch rechtspraktisch kein Bedürfnis, von einer entsprechenden Feststellung zu befreien. Der Senat verkennt weiterhin nicht, dass es objektive Umstände gibt, namentlich hohe Verlustprognosen und lange Verlustperioden, die in besonderem Maße die Frage aufwerfen, warum der Steuerpflichtige die Tätigkeit fortgesetzt hat, wenn nicht aus persönlichen Gründen. Ist aber mangels nachvollziehbarer wirtschaftlicher Gründe nahezu zwingend, dass persönliche Gründe existieren, ist nicht wichtig, welche dies sein mögen. Es erscheint auf den ersten Blick überflüssig, in derartigen Fällen noch über private Motive Überlegungen anstellen zu müssen, und problematisch, bei solchen Überlegungen nicht ins Spekulative abzugleiten.
Um dieser berechtigten Frage zu begegnen, reicht die Feststellungserleichterung “keine hohen Anforderungen” jedoch aus. Sie spiegelt letztlich nur den Grundsatz wider, dass das FG, je mehr Umstände für eine bestimmte tatsächliche Feststellung sprechen, desto leichter zu dieser Feststellung gelangen darf. Das zeigt aber umgekehrt auch, dass die Feststellung, sei sie noch so naheliegend, dennoch getroffen werden muss. Wenn sich der Steuerpflichtige etwa von Aktivitäten, die nicht übliche Freizeitgestaltungen sind, gesellschaftliches Ansehen und entsprechenden Status verspricht, ist dies auch regelgerecht festzustellen. Das gilt entsprechend für andere private Beweggründe, die vielfältig sein können und sich daher abschließender Typisierung entziehen. Eine weitere Erleichterung für die Feststellung denkbarer privater Gründe liegt schließlich darin, dass die Feststellungslast für die tatsächlichen Voraussetzungen der Gewinn- bzw. Einkünfteerzielungsabsicht, insbesondere also für nicht private Motive, der Steuerpflichtige trägt.

Das FG hat zwar diese Rechtsgrundsätze zutreffend wiedergegeben, sie aber tatsächlich nicht angewandt. Es hat keine möglichen persönlichen Gründe benannt, die die Klägerin bewogen haben könnten, das Yachtgeschäft fortzuführen.

Das FG hat es für ausreichend erachtet, dass die Klägerin ständig steigende Verluste hingenommen und im Jahre 2008 eine dritte Yacht angeschafft hat. Angesichts der Aufstellung der seitens des FG ermittelten Jahresergebnisse von 1999 bis 2014 geht der Senat davon aus, dass das FG mit “steigenden Verlusten” nicht nur die kumulierten Verluste seit Beginn der Tätigkeit meint, sondern den pro Jahr immer weiter steigenden Verlust. Dem FG ist zuzugestehen, dass diese Umstände erhebliche Indizwirkung gegen eine Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin haben. Zum einen ist es ein erheblicher Unterschied, ob ein Steuerpflichtiger “nur” einen laufenden Verlust in einer Jahr für Jahr ähnlichen Größenordnung hinnimmt, sich mithin die Verhältnisse nicht ändern und der Steuerpflichtige auch nichts ändert, oder ob er duldet, dass bereits die Jahresverluste steigen. Zum anderen hat die Klägerin dies nicht nur geduldet, sondern sogar aktiv auf den Anstieg der Jahresverluste hingewirkt, indem sie 2008 eine dritte Yacht angeschafft hatte, ohne dass sie mit den beiden ersten Yachten trotz guter Auslastung ein positives Ergebnis erzielt hätte.
Nachdem das FG die Zuordnung des Yachtgeschäfts zum Hobbybereich verneint hat, was den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindet, hätte es trotz dieser objektiv schwer wiegenden Umstände nach Maßgabe der unter II.2. dargestellten Rechtsgrundsätze zumindest ein ihm möglich scheinendes privates Motiv für die Tätigkeit der Klägerin im Yachtbereich feststellen müssen, wenn es die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin verneinen wollte. Das ist weder ausdrücklich noch inzident geschehen. Nicht private Motive hat es ebenso wenig festgestellt. Dem Senat als Revisionsgericht ist die Nachholung der entsprechenden Feststellungen verwehrt, so dass die Zurückverweisung des Rechtsstreits geboten ist. Auf die Frage, ob die Überlegungen des FG zu der Liquiditätsfrage beweisrechtlich fehlerhaft sind, kommt es hierfür nicht mehr an.

Soweit die Klägerin vorträgt, das Yachtgeschäft habe ihr Liquidität verschafft, die sie anderweit mit höheren Kosten hätte beschaffen müssen, ist dies differenziert zu betrachten. Einerseits ist diese Überlegung nur schlüssig, wenn der Liquiditätsvorteil, namentlich die ersparten Zinsen, die tatsächlichen Verluste des Yachtgeschäfts übersteigen. Andererseits hält es der Senat für denkbar, bei dieser Überlegung diejenigen Kosten aus dem Yachtbereich auszuscheiden, die ohnehin im Handelsgewerbe angefallen wären. Zwar ist im Rahmen der Gewinnermittlung der Herangehensweise des FG, diejenigen Kosten, die durch beide Betätigungen gemeinsam verursacht worden sind, ggf. im Schätzungswege aufzuteilen, zu folgen, so dass sich hierdurch an dem Verlust nichts ändert. Die Frage aber, welche Beweggründe die Klägerin für ihre verlustbringende Tätigkeit hatte, ist davon zu trennen. Soweit Kosten ohnehin im Handel angefallen wären, kann ggf. für die Frage, ob das Yachtgeschäft wirtschaftlich sinnvoll ist, dessen Ergebnis um derartige Kosten zu bereinigen sein. Dies ist eine Frage der Gesamtwürdigung der Umstände. Der Senat weist aber klarstellend darauf hin, dass hierfür die originäre Verursachung solcher Kosten im Handelsbetrieb in voller Höhe tatsächlich feststehen muss.

Zu der seitens des FA vorgebrachten Überlegung, die Klägerin habe möglicherweise Steuern sparen wollen, ist anzumerken, dass die Möglichkeit der Verrechnung mit echten Verlusten grundsätzlich für sich genommen nicht als privates Motiv angesehen wird, das zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht führt.
Inwieweit die Yachtvercharterung mit ihren Annexen unter dem Aspekt des gesellschaftlichen Status für die Kläger gewürdigt werden könnte, obliegt nicht dem Senat zu beurteilen. Ebenso wenig vermag der Senat eine Aussage über die Richtigkeit der Gewinnermittlung einschließlich etwaiger Privatanteile zu treffen.

Keine Verlängerung des Kindergeldanspruchs über die Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus wegen Dienst im Katastrophenschutz

Verpflichtet sich ein Kind zu einem mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz (hier: Dienst bei der freiwilligen Feuerwehr) und wird es deshalb vom Wehrdienst freigestellt, erwächst daraus keine Verlängerung der kindergeldrechtlichen Berücksichtigungsfähigkeit über das 25. Lebensjahr hinaus.
BFH Urteil vom 19.10.2017 III R 8/17

Begründung:
Für in Ausbildung befindliche Kinder besteht nach Vollendung des 25. Lebensjahres auch dann kein Kindergeldanspruch, wenn sie sich für einen mehrjährigen Dienst im Katastrophenschutz verpflichtet haben und deshalb vom Wehrdienst freigestellt wurden, wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 19. Oktober 2017 III R 8/17 entschieden hat.
Im Streitfall absolvierte der im November 1987 geborene Sohn des Klägers ein Medizinstudium, das er 2013 kurz vor Vollendung des 26. Lebensjahres abschloss. Bereits im Jahr 2005 wurde er wegen einer mindestens sechs Jahre umfassenden Verpflichtung im Katastrophenschutz (Freiwillige Feuerwehr) vom (früheren) Wehrdienst freigestellt. Die Familienkasse gewährte dem Kläger das Kindergeld nur bis November 2012.

In seinem Urteil bestätigte der BFH diese Auffassung. Zwar können volljährige Kinder beim Kindergeldanspruch berücksichtigt werden, solange sie sich in Ausbildung befinden. Das Kindergeldrecht sieht insoweit aber eine Altersgrenze von 25 Jahren vor. Diese Altersgrenze wird zwar insbesondere dann, wenn das Kind den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleistet hat, um die Dauer dieses Dienstes hinausgeschoben. Der Dienst im Katastrophenschutz gehört aber nicht zu den im Gesetz genannten Fällen.
Der BFH lehnte es ab, die Regelung über die Verlängerung des Kindergeldanspruchs im Streitfall entsprechend anzuwenden. Denn der Gesetzgeber hat die Verlängerung des Kindergeldanspruchs bei Diensten wie dem gesetzlichen Grundwehrdienst und dem Zivildienst nur deshalb vorgesehen, weil diese häufig die Beendigung der Berufsausbildung verzögern. Der vom Sohn des Klägers geleistete Dienst im Katastrophenschutz ist dagegen kein Vollzeitdienst und kann typischerweise auch neben der Ausbildung durchgeführt werden. Die Ausbildung wird deshalb durch einen solchen Dienst, ebenso wie bei einem Engagement des Kindes in einem Sportverein oder einer Jugendorganisation, regelmäßig nicht verzögert.

Die Entscheidung hat auch Auswirkungen auf andere neben der Ausbildung geleistete Dienste im Katastrophenschutz, die eine Freistellung von der Wehrpflicht zur Folge hatten (z.B. Sanitätsdienste beim Deutschen Roten Kreuz, der Johanniter-Unfall-Hilfe oder dem Malteser Hilfsdienst, Technische Dienste beim Technischen Hilfswerk).

Selbst getragene Krankheitskosten können nicht beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt werden

Verzichtet ein Steuerpflichtiger auf die Erstattung seiner Krankheitskosten, um von seiner privaten Krankenversicherung eine Beitragserstattung zu erhalten, können diese Kosten nicht von den erstatteten Beiträgen abgezogen werden, die ihrerseits die Höhe der abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a Satz 3 EStG reduzieren
BFH Urteil vom 29.11.2017, X R 3/16

Begründung:
Trägt ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger seine Krankheitskosten selbst, um dadurch die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung zu schaffen, können diese Kosten nicht als Beiträge zu einer Versicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerlich abgezogen werden. Mit dem Urteil vom 29. November 2017 X R 3/16 führte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur insoweit vergleichbaren Kostentragung bei einem sog. Selbstbehalt fort.
Im Urteilsfall hatten der Kläger und seine Ehefrau Beiträge an ihre privaten Krankenversicherungen zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes gezahlt. Um in den Genuss von Beitragserstattungen zu kommen, hatten sie angefallene Krankheitskosten selbst getragen und nicht bei ihrer Krankenversicherung geltend gemacht. In der Einkommensteuererklärung kürzte der Kläger zwar die Krankenversicherungsbeiträge, die als Sonderausgaben angesetzt werden können, um die erhaltenen Beitragserstattungen, minderte diese Erstattungen aber vorher um die selbst getragenen Krankheitskosten, da er und seine Ehefrau insoweit wirtschaftlich belastet seien. Weder das Finanzamt noch das Finanzgericht folgten seiner Auffassung.

Der BFH sah das ebenso. Es könnten nur die Ausgaben als Beiträge zu Krankenversicherungen abziehbar sein, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden und letztlich der Vorsorge dienten. Daher hatte der BFH bereits entschieden, dass Zahlungen aufgrund von Selbst- bzw. Eigenbeteiligungen an entstehenden Kosten keine Beiträge zu einer Versicherung sind (z.B. Urteil vom 1. Juni 2016 X R 43/14, BFHE 254, 536, BStBl II 2017, 55). Zwar werde bei den selbst getragenen Krankheitskosten nicht – wie beim Selbstbehalt – bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet, vielmehr könne man sich bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden, ob man sie selbst tragen wolle, um die Beitragserstattungen zu erhalten. Dies ändere aber nichts daran, dass in beiden Konstellationen der Versicherte die Krankheitskosten nicht trage, um den Versicherungsschutz „als solchen“ zu erlangen.
Ob die Krankheitskosten als einkommensmindernde außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG anzuerkennen seien, musste der BFH nicht entscheiden: Da die Krankheitskosten der Kläger die sog. zumutbare Eigenbelastung des § 33 Abs. 3 EStG wegen der Höhe ihrer Einkünfte nicht überstiegen, kam bereits aus diesem Grunde ein Abzug nicht in Betracht.

Einkünfte eines national und international tätigen Fußballschiedsrichters

Fußballschiedsrichter sind selbständig tätig und nehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil.
Ein international tätiger Schiedsrichter begründet am jeweiligen Spielort keine Betriebsstätte.
Bei den von Schiedsrichtern erzielten Einkünften handelt es sich nicht um solche eines Sportlers.
BFH Urteil vom 20.12.2017 I R 98/15

Begründung:
Wie der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 20. Dezember 2017 I R 98/15 entschieden hat, sind Fußballschiedsrichter steuerrechtlich als Gewerbetreibende tätig, die bei internationalen Einsätzen auch nicht am jeweiligen Spielort eine Betriebsstätte begründen. Dies rechtfertigt die Festsetzung (nationaler) Gewerbesteuer auch für die im Ausland erzielten Einkünfte. Diesem nationalen Besteuerungsrecht stehen abkommensrechtliche Hürden (hier: sog. Sportlerbesteuerung im jeweiligen Tätigkeitsstaat) nicht entgegen.
Der Kläger war in den Streitjahren (2001 bis 2003) als Fußballschiedsrichter sowohl im Inland als auch im Ausland tätig. Er leitete neben Spielen der Fußball-Bundesliga u.a. Spiele im Rahmen einer von der Fédération Internationale de Football Association (FIFA) veranstalteten Weltmeisterschaft sowie – jeweils von der Union of European Football Associations (UEFA) durchgeführt – der Qualifikation zu einer Europameisterschaft, der UEFA Champions-League und des UEFA Cup. Mit seiner Klage gegen die Festsetzung von Gewerbesteuer war er beim Finanzgericht erfolgreich.

Der BFH hat zum Nachteil des Klägers entschieden: Die Schiedsrichtertätigkeit begründet steuerrechtlich einen Gewerbebetrieb, weil eine selbständige nachhaltige Betätigung vorliegt, die in Gewinnerzielungsabsicht und unter Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr unternommen wird. Dabei folgt die Selbständigkeit daraus, dass ein Schiedsrichter bei der Einkünfteerzielung auf eigene Rechnung und Gefahr tätig ist und Unternehmerinitiative entfalten kann; ein „Anstellungsverhältnis“ liegt nicht vor, auch wenn (nach der Zusage, die Spielleitung zu übernehmen) die Tätigkeit hinsichtlich des Ortes und der Zeit im Rahmen der Ansetzung zu den einzelnen Spielen durch die Fußball-Verbände bestimmt wird. Jedenfalls besteht während des Fußballspiels (als Schwerpunkt der Tätigkeit) keine Weisungsbefugnis eines Verbands. Nicht zuletzt entspricht die Tätigkeit des Klägers ihrer Art und ihrem Umfang nach dem Bild einer unternehmerischen Marktteilnahme; die Anzahl der Vertragspartner ist hierbei unerheblich. Deshalb kann sich aus Sicht des BFH bereits die Schiedsrichtertätigkeit für einen (einzigen) Landes- oder Nationalverband (wie etwa den Deutschen Fußball-Bund e.V.) bei der gebotenen Gesamtbetrachtung als unternehmerische Marktteilnahme darstellen.

Der BFH macht auch deutlich, dass der Kläger nur eine einzige Betriebsstätte hatte, nämlich in seiner inländischen Wohnung als Ort der „Geschäftsleitung“. An den Spielorten (in der jeweiligen Schiedsrichterkabine) unterhält er hingegen keine „feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient“ und damit auch keine Betriebsstätte. Schließlich ist das innerstaatliche (nationale) Besteuerungsrecht auch nicht nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ausgeschlossen. Auch wenn sich der Fußballschiedsrichter (im Gegensatz zu Schiedsrichtern mancher anderer Sportarten) bei der Berufsausübung körperlich betätigt, übt er keine Tätigkeit „als Sportler“ aus; zwar wird seine Tätigkeit von den Zuschauern des Fußballspiels wahrgenommen, sie ermöglicht aber lediglich anderen Personen (den Spielern), diesen sportlichen Wettkampf zu bestreiten. Damit ist die Besteuerung abkommensrechtlich nicht dem (ausländischen) Tätigkeitsstaat vorbehalten.

Gewerblicher Grundstückshandel im Zusammenhang mit geschenkten Objekten

Die Veräußerung ererbter oder geschenkter Grundstücke ist dann als Zählobjekt der sog. Drei-Objekt-Grenze zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige erhebliche Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten entfaltet hat.
Hinsichtlich der Frage des Überschreitens der sog. Drei-Objekt-Grenze kommt die Einbeziehung einer dem Ehegatten geschenkten Eigentumswohnung dann in Betracht, wenn der übertragende Steuerpflichtige,bevor er den Schenkungsentschluss fasst die (zumindest bedingte) Absicht hatte, auch dieses Objekt am Markt zu verwerten.

BFH Urteil vom 23.08.2017 – X R 7/15

Sachverhalt:
Der 1940 geborene Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und die 1966 geborene Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) sind seit 2001 verheiratet. Sie haben Gütertrennung vereinbart. In den Streitjahren 2004 und 2005 wurden sie zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger hatte 1992 den hälftigen Miteigentumsanteil an dem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück S-Straße in F (Grundstück) von seiner Tante zum Kaufpreis von 225.000 DM erworben. Im Jahr 2000 erhielt er von seiner Mutter den anderen Miteigentumsanteil unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Der Kläger begann im Jahr 2001 mit einer Generalsanierung des Gebäudes, die im Wesentlichen Anfang 2004 abgeschlossen war. Im Jahr 2003 hatte der Kläger das Gebäude in fünf Eigentumswohnungen aufgeteilt.
Zunächst bemühte sich eine von ihm beauftragte Immobilienfirma um die Vermietung der Wohnungen. Nachdem ihre Bemühungen erfolglos blieben, schrieb sie dem Kläger im Juli 2004, sie könne Verständnis dafür aufbringen, dass der Kläger die Wohnungen aufgrund der getätigten Investitionen nicht zu den momentan erzielbaren Mieten abgeben wolle. Sie führte dann wörtlich aus: “Bitte lassen Sie uns deswegen nochmals ausführen –auch wenn dies gegen Ihr Gefühl um Ihr Elternhaus geht, das wir nicht verletzen wollen– dass wir Ihnen vorschlagen, zumindest die unteren 4 Wohnungen zu verkaufen.” Daraufhin erteilte der Kläger den Auftrag zum Nachweis bzw. zur Vermittlung von Interessenten “zum Verkauf des nachfolgenden Objekts S-Straße in F”. Im Internet bot die Immobilienfirma in der Folgezeit vier hochwertig sanierte Wohnungen in der S-Straße in F an.
Der Kläger veräußerte in dem Zeitraum von August 2004 bis November 2004 drei Eigentumswohnungen und schenkte der Klägerin im Januar 2005 die nicht veräußerte vierte Eigentumswohnung im Erdgeschoss. Die fünfte Eigentumswohnung im Dachgeschoss wurde und wird teilweise vom Kläger selbst genutzt. Seit 2005 hat er einen anderen Teil der Wohnung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung an die P GmbH vermietet.
Die Klägerin beauftragte einen Makler Anfang 2005 zunächst mit der Suche nach einem Mieter und ab April 2005 nach einem Käufer für die ihr geschenkte Eigentumswohnung. Im August 2005 veräußerte sie diese für 370.000 EUR.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, die von der Klägerin veräußerte Eigentumswohnung sei als Zählobjekt in den gewerblichen Grundstückshandel des Klägers einzubeziehen, da der Kläger bereits mit Erteilung des Verkaufsauftrags die unteren vier Eigentumswohnungen zum Verkauf angeboten habe. Dementsprechend änderte der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) die Einkommensteuerbescheide 2004 und 2005 und legte für 2004 Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb in Höhe von 448.843 EUR sowie für 2005 Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 135.245 EUR der Besteuerung zugrunde.

Im Einspruchsverfahren machten die Kläger im Wesentlichen geltend, die Veräußerung der drei Wohnungen durch den Kläger und der einen Wohnung durch die Klägerin habe angesichts der vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten sog. Drei-Objekt-Grenze weder zu einem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers noch zu einem gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin geführt. Wegen der zwischen den Beteiligten unstreitigen höheren Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wies das FA gemäß § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auf eine mögliche Verböserung hin und vertrat im Hinblick auf den gewerblichen Grundstückshandel die Ansicht, in die Prüfung der sog. Drei-Objekt-Grenze seien auch Grundstücke einzubeziehen, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder durch Schenkung übertragen und vom Rechtsnachfolger in einem zeitlichen Zusammenhang veräußert würden. Es wies die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück und erhöhte die Einkommensteuer für 2004 auf 196.842 EUR und für 2005 auf 65.861 EUR.
Die Kläger trugen zur Begründung ihrer Klage vor, es könne weder von einem ehegattenübergreifenden gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden noch liege ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeiten vor. Zudem sei der Veräußerungsgewinn als überhöht anzusehen, da ein zu geringer Grundstücks- und Gebäudewert der Immobilie angesetzt worden sei, wie u.a. das im Klageverfahren vorgelegte Verkehrswertgutachten aus dem Jahr 1999 zeige.

Das Finanzgericht (FG) hat den Klägern mit dem in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2016, 1481 veröffentlichten Urteil teilweise Recht gegeben. Es war zwar der Auffassung, in Bezug auf die vier veräußerten Eigentumswohnungen habe ein die private Vermögensverwaltung überschreitender gewerblicher Grundstückshandel vorgelegen, so dass für beide Streitjahre Einkünfte aus Gewerbebetrieb anzusetzen seien. Soweit das FA allerdings unter Hinweis auf Rz 9 Satz 3 des BMF-Schreibens in BStBl I 2004, 434 die Ansicht vertreten habe, die Klägerin sei durch die Veräußerung der Eigentumswohnung im Streitjahr 2005 gewerbliche Grundstückshändlerin geworden, sei dem mangels einer Rechtsgrundlage für eine solche Zurechnung nicht zu folgen. Es sei vielmehr von einem “Vier-Objekt-Handel” des Klägers auszugehen. In Bezug auf das vierte Objekt lägen bei ihm gewerbliche Einkünfte zum einen vor, weil sich seine bedingte Veräußerungsabsicht nach Maßgabe der Verkaufsanzeige auf die vier veräußerten Eigentumswohnungen bezogen habe. Damit habe auch die von der Klägerin veräußerte Eigentumswohnung zu seinem Betriebsvermögen gehört und sei im Streitjahr 2005 vom Kläger aufgrund der Schenkung entnommen worden. Zum anderen stelle sich der tatsächliche Geschehensablauf in Bezug auf das vierte Objekt (Schenkung dieses Objekts sowie zeitnahe Veräußerung durch die Klägerin) letztlich so dar, dass der diesbezügliche Gewinn unter Anwendung des § 42 AO dem Kläger im Streitjahr 2005 zuzurechnen sei. Dennoch sei die Klage in Bezug auf beide Streitjahre teilweise begründet, weil die angesetzten Einkünfte aus Gewerbebetrieb –worüber die Beteiligten im Klageverfahren letztlich Einvernehmen erzielt hätten– überhöht gewesen seien.

Die Kläger begründen ihre Revision mit der Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels zu Unrecht bejaht. Zwar habe es zutreffend erkannt, dass bei der Klägerin ein gewerblicher Grundstückshandel nicht angenommen werden könne. Es verbiete sich aber die Annahme eines “Vier-Objekt-Handels” bei dem Kläger durch Einbeziehung der an die Klägerin verschenkten Eigentumswohnung.

Beim Kläger sei im Hinblick auf die verschenkte Eigentumswohnung nicht von einer bedingten Veräußerungsabsicht auszugehen. Der streitgegenständliche Sachverhalt zeichne sich dadurch aus, dass es sich bei der Schenkung des Klägers an die Klägerin um eine ehebedingte Zuwendung zur langfristigen Absicherung der Ehefrau gehandelt habe. Über die Art und Weise der späteren Verwendung der geschenkten Eigentumswohnung habe einzig die Klägerin entschieden. Der Kläger habe damit bereits denklogisch keine Veräußerungsabsicht hinsichtlich dieser Eigentumswohnung haben können. Auch vor seinem Entschluss, die Eigentumswohnung der Klägerin zu schenken, habe sich sein Veräußerungsentschluss nur auf drei der fünf ihm gehörenden Eigentumswohnungen erstreckt. Nichts anderes folge aus dem Schreiben des von ihm beauftragten Maklerbüros aus dem Juli 2004. Zwar enthalte dieses den Vorschlag, “zumindest die unteren vier Wohnungen zu verkaufen”. Dieser Vorschlag sei indes lediglich dem Umstand geschuldet gewesen, dass der Kläger das Maklerbüro ursprünglich mit der Vermietung sämtlicher Eigentumswohnungen betraut habe. Erst nachdem die Vermietungsbemühungen fehlgeschlagen seien, habe sich der Kläger zur Veräußerung von drei Eigentumswohnungen entschlossen. Eine der Eigentumswohnungen habe in seinem Eigentum verbleiben sollen, außerdem habe er beabsichtigt, eine der Wohnungen zwecks langfristiger Absicherung seiner Ehefrau zuzuwenden. Die Entscheidung, welche drei der insgesamt fünf Eigentumswohnungen veräußert würden, habe “der Markt” treffen sollen.
In Bezug auf den im Urteil ebenfalls bejahten Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten tragen die Kläger vor, das FG habe zu Unrecht angenommen, dass außer der Steuervermeidung keine anderen hinreichenden Gründe zu erkennen seien, welche die unentgeltliche Übertragung der Eigentumswohnung auf die Klägerin vor einem Weiterverkauf als sinnvoll erscheinen ließen. Es habe verkannt, dass die schenkweise Übertragung der Eigentumswohnung zuvorderst der langfristigen Absicherung der Klägerin und deren Vermögensaufbau gedient habe, da ihr bei Beendigung des Güterstandes kein Zugewinnausgleich zustehen würde. Dabei sei insbesondere der erhebliche Altersunterschied zwischen den Klägern zu berücksichtigen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 9. Juli 2009 sowie den Einkommensteuerbescheid für 2005 vom 20. Juli 2009 jeweils in der Fassung der Einspruchsentscheidungen vom 22. August 2012 dahingehend zu ändern, dass die mit der Veräußerung der Eigentumswohnungen des Objekts S-Straße in F erzielten Gewinne nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt werden und die Revision des FA zurückzuweisen.
Das FA beantragt, die Revision der Kläger zurückzuweisen sowie das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das FG habe rechtsfehlerfrei die zumindest bedingte Veräußerungsabsicht des Klägers hinsichtlich aller vier Eigentumswohnungen festgestellt. An die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung und damit an die Bejahung der Veräußerungsabsicht als Feststellung einer (inneren) Tatsache sei der BFH als Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden.
Zur Begründung der eigenen Revision führt das FA aus, durch die Zuordnung der vierten Wohnung zum Umlaufvermögen des gewerblichen Grundstückhandels des Klägers komme es aufgrund der unentgeltlichen Übertragung der Eigentumswohnung zwangsläufig zu einer erfolgswirksamen Entnahme des Objekts und infolgedessen zu einer Versteuerung des Veräußerungs-/Entnahmegewinns auf der Ebene des Klägers und nicht zur Versteuerung des Veräußerungsgewinns bei der Klägerin.
Begründung:

Die Revision der Kläger wird als unbegründet zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO, unter I.) und die Revision des FA als unzulässig verworfen (§ 126 Abs. 1 FGO, unter II.).

Das FG hat mit einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Begründung einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers bejaht. Es hat zutreffend entschieden, dass die an die Klägerin verschenkte Eigentumswohnung in die Beurteilung des gewerblichen Grundstückshandels des Klägers einzubeziehen ist, weil er, bevor er sich dazu entschlossen hatte, dieses Objekt unentgeltlich auf die Klägerin zu übertragen, die (zumindest bedingte) Absicht hatte, auch dieses Objekt am Markt zu verwerten. Das FG hat zudem zu Recht die Auffassung des FA abgelehnt, die Klägerin sei ihrerseits im Streitjahr 2005 gewerbliche Grundstückshändlerin gewesen.
Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn sie weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn (bei Vorliegen der in § 15 Abs. 2 EStG genannten Voraussetzungen) nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt.
Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung hat der BFH die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt. Sie besagt, dass grundsätzlich kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden. Je geringer der Umfang von Anschaffungen und Veräußerungen ist, desto weniger ist anzunehmen, dass der Zweck der Vermögensmehrung durch Umschichtung (Ausnutzung substantieller Vermögenswerte) im Vordergrund steht. Eine zahlenmäßige Begrenzung auf drei Wohneinheiten trägt der gebotenen Vereinfachung Rechnung. Werden hingegen innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs –in der Regel fünf Jahre– zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf mindestens vier Objekte veräußert, kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, weil die äußeren Umstände den Schluss zulassen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt.
Ob eine private Vermögensverwaltung oder ein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, ist vom FG aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das FG einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers bejaht hat, obwohl er den hälftigen Grundstücksanteil von seiner Mutter unentgeltlich erworben, seinerseits nur drei Objekte veräußert und ein viertes Objekt verschenkt hat.
Im Hinblick auf den Erwerb des hälftigen Grundstücksanteils von der Mutter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge kann es der erkennende Senat im Streitfall dahingestellt sein lassen, ob die Veräußerung eines Objekts, das unentgeltlich erworben wurde, grundsätzlich als Zählobjekt angesehen werden kann oder grundsätzlich unberücksichtigt zu bleiben hat.
Die Veräußerung ererbter oder geschenkter Grundstücke ist nämlich zumindest dann als gewerblich anzusehen und damit als Zählobjekt zu beachten, wenn erhebliche weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Verwertungsmöglichkeiten entfaltet wurden. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Der Kläger hat das Gebäude, das er zur Hälfte im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erlangt hat, von 2001 bis Anfang 2004 umfangreich saniert und insofern erst die Voraussetzung für den Verkauf geschaffen.
Für die Beurteilung des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs ist bei einer solchen Konstellation nicht auf den Zeitraum zwischen Eigentumserwerb und Veräußerung abzustellen; vielmehr kommt es für die Berechnung der Drei-Objekt-Grenze dann darauf an, dass weniger als fünf Jahre zwischen der wertsteigernden Maßnahme (Abschluss der Sanierung Anfang 2004) und der Verwertung (2004 und 2005) liegen.
Das FG hat im Streitfall ebenfalls zu Recht die Schenkung des vierten Grundstücks an die Klägerin ausnahmsweise als Zählobjekt bei dem gewerblichen Grundstückshandel des Klägers behandelt.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung sind zwar vom Steuerpflichtigen verschenkte Objekte bzw. solche, mit deren Weitergabe kein Gewinn erzielt werden soll, in die Betrachtung, ob die Drei-Objekt-Grenze überschritten ist, grundsätzlich nicht mit einzubeziehen.

Von diesem Grundsatz hat die Rechtsprechung allerdings Ausnahmen gemacht. So kann in der Einschaltung naher Angehöriger in “eigene” Grundstücksgeschäfte des Steuerpflichtigen ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts liegen. Ebenso kann die Weiterveräußerung geschenkter Objekte dem Schenker zugeordnet werden, wenn dieser nach dem Gesamtbild der Verhältnisse das “Geschehen beherrscht hat” und ihm selbst der Erlös aus den Weiterveräußerungen zugeflossen ist. Auch können die unentgeltlichen Übertragungen nach den Grundsätzen über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen als unbeachtlich zu qualifizieren sein oder nicht anerkannt werden, wenn sie auf sog. Strohmann-Geschäften bzw. Scheingeschäften i.S. von § 41 Abs. 2 AO beruhen.
Hiervon unabhängig kommt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats eine Einbeziehung der an Angehörige schenkweise übertragenen Objekte hinsichtlich der Frage des Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze zudem dann in Betracht, wenn der übertragende Steuerpflichtige –bevor er sich dazu entschließt, das Objekt unentgeltlich zu übertragen– die (zumindest bedingte) Absicht besessen hat, auch diese Objekte am Markt zu verwerten.
Das FG hat diese höchstrichterliche Rechtsprechung zutreffend seinem Urteil zugrunde gelegt und für den Streitfall festgestellt, dass die Voraussetzungen der letztgenannten Ausnahme erfüllt sind. Die Sachverhaltswürdigung, der Kläger habe eine (zumindest bedingte) Veräußerungsabsicht auch in Bezug auf das vierte Objekt bereits vor seinem Entschluss besessen, dieses der Klägerin zu schenken, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

Ob Tatsachen gegeben sind, die für eine bedingte Veräußerungsabsicht sprechen, hat das FG jeweils im Einzelfall zu prüfen. Welche Tatsachen für eine Widerlegung geeignet sind und welches Gewicht ihnen für die Entscheidung des Streitfalls beizumessen ist, ist Gegenstand der Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG. Erscheint das vom FG aufgrund der festgestellten –und nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen– Tatsachen gewonnene Ergebnis zumindest als möglich, genügt dies, um einer revisionsgerichtlichen Prüfung standzuhalten.
Das FG hat seine Würdigung, der Kläger habe auch im Hinblick auf die vierte Eigentumswohnung eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht gehabt, aus der im Internet veröffentlichten Verkaufsanzeige in Bezug auf vier Wohnungen sowie aus dem Gegenschluss zur Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung abgeleitet, er habe (nur) in Bezug auf die Dachgeschosswohnung die unbedingte Absicht gehabt, diese zu behalten. Dem Vorbringen der Kläger, der Kläger habe nur drei der vier Wohnungen verkaufen wollen, ist es mit der Begründung nicht gefolgt, diese Einschränkung des Maklervertrages sei der Aktenlage nicht zu entnehmen. Diese Gesamtwürdigung, die auf die nach außen gerichteten Verkaufsaktivitäten und nicht auf den behaupteten, für Dritte nicht erkennbaren inneren Vorbehalt des Klägers abstellt, ist möglich und nachvollziehbar, so dass im Einzelfall eine bedingte Veräußerungsabsicht des Klägers angenommen werden kann.

Dass die bedingte Veräußerungsabsicht des Klägers in Bezug auf die vierte Eigentumswohnung bereits zu einem Zeitpunkt gegeben war, bevor er sich entschieden hat, die vierte Eigentumswohnung zu verschenken, begründet das FG, ebenfalls gut nachvollziehbar, mit den Aussagen der Kläger in der mündlichen Verhandlung, die es zutreffend würdigt. Dort haben nämlich sowohl der Kläger als auch die Klägerin bekundet, sie könnten nicht genau zeitlich benennen, ab wann in Bezug auf die Eigentumswohnung im Erdgeschoss die Absicht bestanden habe, diese der Klägerin zu schenken. Dazu haben sie wörtlich ausgesagt: “Es dürfte aber im Zusammenhang mit der Durchführung dieser Schenkung gewesen sein, also nicht sehr viele Monate oder Jahre vorher.”
Demzufolge stellt die unentgeltliche Übertragung der vierten Eigentumswohnung auf die Klägerin im Streitjahr 2005 bei dem Kläger eine mit dem Teilwert zu erfassende gewinnrealisierende Entnahme dar (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG).
Es bestehen keine Bedenken gegen die vom FG ermittelte –und zwischen den Beteiligten unstreitige– Höhe sowohl der gewerblichen Einkünfte des Jahres 2004 als auch des Entnahmegewinns 2005.
Das FG hat zu Recht einen gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin verneint.
Die Veräußerung lediglich eines Objekts kann nur dann zu einem gewerblichen Grundstückshandel führen, wenn auch ein nachhaltiges Handeln des Veräußerers gegeben ist. Zwar kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausnahmsweise Nachhaltigkeit selbst dann zu bejahen sein, wenn der Steuerpflichtige nur ein einziges Geschäft oder einen einzigen Vertrag abschließt und sich keine Wiederholungsabsicht feststellen lässt. Dies ist aber lediglich dann der Fall, wenn die Erfüllung dieses Geschäfts oder Vertrags eine Vielzahl von unterschiedlichen Einzeltätigkeiten erfordert, die in ihrer Gesamtheit die Würdigung rechtfertigen, der Steuerpflichtige sei nachhaltig tätig geworden.

Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt hat die Klägerin über ihre Verkaufsbemühungen im ersten Halbjahr 2005 hinaus keine weiteren Einzeltätigkeiten im Hinblick auf ihre Eigentumswohnung ausgeübt, so dass insoweit ein gewerblicher Grundstückshandel der Klägerin im Streitjahr 2005 ausscheidet.

Eine Hinzurechnung der Grundstücksaktivitäten des Klägers bei der Klägerin scheidet ebenfalls aus. Eine Zusammenfassung der Grundstücksaktivitäten von Ehegatten allein aufgrund der Vermutung gleichgerichteter Interessen wegen der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83 (BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475) nicht zulässig. Dies wird auch von der Finanzverwaltung anerkannt (s. z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 434, Rz 12). Anhaltspunkte, die Kläger könnten eine über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehende, zusätzliche enge Wirtschaftsgemeinschaft eingegangen sein, sind dem streitgegenständlichen Sachverhalt nicht zu entnehmen.

Nachträgliche Anschaffungskosten bei Auflösung einer Kapitalgesellschaft

Ergibt sich die buchmäßige Überschuldung der Betriebskapitalgesellschaft vor allem aus der Aufspaltung des Betriebs in zwei rechtlich selbständige Unternehmen, so ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Krise des Betriebsunternehmens verneint wird, solange das Besitzunternehmen noch kreditwürdig ist und seinen Kredit vereinbarungsgemäß und nach Bedarf dem Betriebsunternehmen zur Verfügung stellt.

BFH Urteil vom 11.10.2017 – IX R 51/15

Sachverhalt:

Streitig ist die Höhe des Verlusts aus der Auflösung einer GmbH. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden als Eheleute im Streitjahr zusammenveranlagt.

Im Dezember 1988 gründete der Kläger als Alleingesellschafter die A-GmbH (im Folgenden: GmbH). Das Stammkapital betrug 50.000 DM. Die GmbH betrieb die Herstellung und den Handel mit X. Das Anlagevermögen pachtete sie von dem Kläger als Einzelunternehmer in Firma… (im Folgenden: Einzelunternehmen). Das Einzelunternehmen gewährte der GmbH zudem Darlehen. In der Bilanz der GmbH zum 31. Dezember 1998 sind unter der Bezeichnung “Verrechnung Fa….” kurzfristige Verbindlichkeiten von 471.057,10 DM ausgewiesen.
Mit Vertrag vom 9. November 1998 veräußerte der Kläger als Einzelunternehmer das (vormals an die GmbH verpachtete) Anlagevermögen zum Preis von 700.000 DM an einen Dritten und erzielte daraus einen Veräußerungsgewinn von 306.180 DM. Die Forderung gegen die GmbH überführte er in sein Privatvermögen. Die GmbH veräußerte mit Vertrag vom selben Tag ihr gesamtes Umlaufvermögen (zum 31. Dezember 1998) an denselben Erwerber und stellte den Betrieb (Herstellung und Handel mit X) mit Ablauf des 31. Dezember 1998 ein. 1999 änderte sie die Firma und den Gegenstand des Unternehmens. Der Kläger gewährte der GmbH auch im Folgenden weitere Kredite in laufender Rechnung.

Am 30. November 2000 erklärte der Kläger gegenüber der GmbH den Rangrücktritt mit seinen Forderungen in Höhe von 483.930,54 DM (= 247.429,76 EUR) und erneuerte diese Erklärung entsprechend noch einmal nach dem 31. Dezember 2008.
Am 18. November 2009 beschloss der Kläger die Auflösung der GmbH. Sie wurde am 12. Januar 2011 im Handelsregister gelöscht. In ihrer Liquidationseröffnungsbilanz wies die GmbH auf der Aktivseite lediglich Vermögen im Wert von unter 2.000 EUR aus. Dem standen Verbindlichkeiten von 422.345,83 EUR gegenüber, davon gegenüber dem Kläger 395.876,23 EUR.
In ihrer Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Kläger einen Verlust aus der Auflösung der GmbH von 400.500,79 EUR geltend (Stammkapital 25.564,59 EUR./. Darlehen 426.065,38 EUR), den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–), zunächst mangels Nachweises unberücksichtigt ließ (Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 7. September 2011 unter Vorbehalt der Nachprüfung). Im Einspruchsverfahren änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2009 und berücksichtigte nun die nach dem 30. November 2000 vom Kläger hingegebenen Darlehen als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung. Den darüber hinaus geltend gemachten Darlehensausfall berücksichtigte das FA nicht und wies den Einspruch zurück.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Auflösungsverlust sei 2009 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger nicht mehr mit Rückzahlungen von der GmbH rechnen können. Ein Finanzplandarlehen sei nicht gewährt worden. Das Darlehen sei von beiden Seiten kündbar gewesen. Deswegen liege auch kein krisenbestimmtes Darlehen vor. Vor dem 1. Januar 2000 habe sich die GmbH auch nicht in der Krise befunden. Davon sei der Senat aufgrund der Gesamtwürdigung der Umstände überzeugt. Der vorübergehende Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur ein Indiz für die Krise. Im Streitfall sprächen andere gewichtige Indizien gegen die Krise, wobei in Fällen der Betriebsaufspaltung für die Frage der Krise eine Gesamtbeurteilung von Besitz- und Betriebsunternehmen vorzunehmen sei. So habe die GmbH bis zur Aufgabe des Betriebs (Herstellung und Handel mit X) Ende 1998 jedes Jahr hohe Erlöse und in allen Jahren mit Ausnahme des Jahrs 1995 ein positives Gesamtergebnis erzielt. Daraus ergebe sich eine positive Fortführungsprognose. Ansonsten hätte ein Dritter das Geschäft nicht für 700.000 DM erworben. Bei den vor dem 1. Januar 2000 gewährten Darlehen handele es sich deshalb um Darlehen, die beim Eintritt der Krise mit dem gemeinen Wert zu bewerten seien, den das FA zutreffend mit 0 EUR angenommen habe. Die nachträglich geltend gemachten weiteren Aufwendungen seien nicht nachgewiesen. Es sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Kläger sie übernommen habe.
Mit der Revision erheben die Kläger die Sachrüge (Verletzung von § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes –EStG–).
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben, den Verlust aus Gewerbebetrieb um 167.979 EUR höher anzusetzen und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung entsprechend zu ändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Der Senat geht davon aus, dass im Revisionsverfahren nur noch streitig ist, ob die vor dem 30. November 2000 gewährten Darlehen eigenkapitalersetzend waren.

Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn oder Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft zu mindestens 1 % beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG). Der Gewinn oder Verlust ist stichtagsbezogen auf den Zeitpunkt zu ermitteln, in dem er entstanden ist. Ein Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft ist entstanden, wenn der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens einerseits (§ 17 Abs. 4 Satz 2 EStG) und die Liquidations- und Anschaffungskosten des Gesellschafters andererseits (§ 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) feststehen.
Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass dem Kläger aus der Auflösung der GmbH ein nach § 17 EStG steuerbarer Verlust entstanden ist, der im Jahr 2009 berücksichtigt wird.

Auflösungsgewinn i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den der gemeine Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten sowie seine Anschaffungskosten übersteigt. Auflösungsverlust ist der Betrag, um den die vom Gesellschafter getragenen Anschaffungs- und Auflösungskosten den gemeinen Wert des dem Gesellschafter zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens übersteigen.

Zwar ist mit der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl I 2008, 2026) die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rechtsprechung zur Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen entfallen. Der Senat hat insofern neue Grundsätze formuliert. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wendet der Senat jedoch die bislang geltenden Grundsätze weiter an, wenn der Gesellschafter (nach seinem Vortrag) eine eigenkapitalersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27. September 2017 geleistet hat oder wenn eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters (nach seinem Vortrag) bis zu diesem Tag eigenkapitalersetzend geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Zu den nachträglichen Anschaffungskosten gehören nach den unter Geltung des Eigenkapitalersatzrechts entwickelten Grundsätzen u.a. auch Aufwendungen des Gesellschafters, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten sind.
Zu in diesem Sinne funktionellem Eigenkapital werden Finanzierungshilfen oder Finanzierungsmaßnahmen, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise der Gesellschaft ein Darlehen gewährt und dieses eigenkapitalersetzenden Charakter hat. Davon ist auszugehen, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Gewährung des Darlehens entweder insolvenzreif ist oder, sofern Insolvenzreife noch nicht eingetreten ist, wenn die Rückzahlung des Darlehens angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft in einem Maße gefährdet erscheint, dass ein ordentlicher Kaufmann das Risiko der Kreditgewährung nicht mehr eingegangen wäre, d.h., wenn die Gesellschaft unter den bestehenden Verhältnissen von einem Dritten einen Kredit zu marktüblichen Bedingungen nicht mehr erhalten hätte. Fällt der Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft mit einem in der Krise gewährten Darlehen aus, führt das zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung in Höhe des Nennwerts des Darleh

Ob und zu welchem Zeitpunkt die Krise eingetreten ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wesentlichen Tatfrage. Die revisionsrechtliche Nachprüfung beschränkt sich darauf, ob das FG im Rahmen der Gesamtwürdigung von zutreffenden Kriterien ausgegangen ist, alle maßgeblichen Beweisanzeichen in seine Beurteilung einbezogen und dabei nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt darin ein Fehler der Rechtsanwendung, der ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann.
Die Würdigung des FG, wonach sich die GmbH bis zur Aufgabe des Betriebs (Herstellung und Handel mit X) und vor der Rangrücktrittserklärung des Gesellschafters nicht in der Krise befunden habe, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Sie berücksichtigt sämtliche im Streitfall festgestellten Umstände und ist im Ergebnis zumindest möglich. Daran ist der BFH gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Zwar ist nach der Rechtsprechung der Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals insbesondere dann, wenn das Anlagevermögen nicht über erhebliche stille Reserven verfügt, ein Indiz dafür, dass die Gesellschaft nicht mehr kreditwürdig ist. Damit ist die Annahme der Krise jedoch nicht zwingend vorgegeben. Insbesondere ist diese Rechtsprechung nicht zu Fällen einer Betriebsaufspaltung ergangen, die typischerweise dadurch gekennzeichnet sind, dass das Betriebsunternehmen infolge der Aufspaltung nicht über das notwendige Anlagevermögen verfügt und deshalb von vornherein mangels Sicherheiten nur eingeschränkt kreditwürdig wäre. Im Übrigen kann jedes Indiz im Einzelfall durch andere Umstände entkräftet werden.

Insofern hat das FG zu Recht berücksichtigt, dass der Verlust des Stammkapitals nur vorübergehend war. Außerdem hat das FG die gleichbleibend hohen Umsatzerlöse der GmbH und die stets (bis auf eine Ausnahme) positiven Jahresergebnisse dahin gewürdigt, dass jedenfalls eine positive Fortführungsprognose bestand. Dabei hat es auch die tatsächliche Entwicklung berücksichtigt, und dass der Kläger das Unternehmen, bestehend aus Besitz- und Betriebsunternehmen, im Jahr 1998 mit Gewinn veräußern konnte.
Die darin zum Ausdruck kommende und vom FG auch ausdrücklich bejahte Einheitsbetrachtung von Besitz- und Betriebsunternehmen begegnet, entgegen der Ansicht der Kläger, ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Ergibt sich die buchmäßige Überschuldung der Betriebskapitalgesellschaft vor allem aus der Aufspaltung des Betriebs in zwei rechtlich selbständige Unternehmen, so ist es nicht zu beanstanden, wenn eine Krise des Betriebsunternehmens verneint wird, solange das Besitzunternehmen noch kreditwürdig ist und seinen Kredit vereinbarungsgemäß und nach Bedarf dem Betriebsunternehmen zur Verfügung stellt. So liegt nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der Streitfall. Ohne das zum Betrieb (Herstellung und Handel mit X) erforderliche Anlagevermögen, das dem Besitzunternehmen zugeordnet war, verfügte die GmbH von Anfang an über keine eigenen Sicherheiten und war nach dem Verlust von mehr als der Hälfte des Stammkapitals –für sich betrachtet– kaum noch kreditwürdig. Hingegen konnte das Einzelunternehmen den zum Betrieb der GmbH erforderlichen Kreditbedarf bis zum Schluss gewährleisten und hat dies auch getan. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, wenn das FG eine Krise der GmbH trotz buchmäßiger Überschuldung verneint hat.

Veranlassung der Kosten durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei einer Dauertestamentsvollstreckung

Kosten für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung können bei den aus der Verwaltung des Nachlasses erzielten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
Werden aus der Verwaltung des Nachlasses noch andere Einkünfte erzielt, kommt eine Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers nicht in Betracht, wenn sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers nach dem Nachlasswert bemisst.

Für die Aufteilung der einheitlichen Kosten der Testamentsvollstreckung auf verschiedene Einkunftsarten kommt es auf die Zusammensetzung des Nachlasses im jeweiligen Veranlagungszeitraum an.

BFH Urteil vom 11.10.2017 – IX R 51/15 (NV)

Sachverhalt:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Alleinerbin ihrer im Juni 2002 verstorbenen Mutter. Im Nachlass befanden sich zwei vermietete Mehrfamilienhäuser und umfangreiches Kapitalvermögen. Die Erblasserin hatte Testamentsvollstreckung für die Dauer von 20 Jahren angeordnet und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker als Vergütung für jedes Jahr 1,5 % vom Bruttonachlass erhalten solle. Der Nachlass hatte im Zeitpunkt des Erbfalls einen Bruttowert von über 5 Mio. EUR. Davon entfielen 19,33 % auf den Grundbesitz und 80,67 % auf das Kapitalvermögen. Der Testamentsvollstrecker berechnete der Klägerin von Anfang an monatlich 5.000 EUR zuzügl. Umsatzsteuer und bestimmte selbst den Zeitpunkt der Fälligkeit. Dadurch kam es zu unterschiedlich hohen jährlichen Belastungen.
Die Klägerin und ihr Ehemann, der Kläger und Revisionskläger (Kläger), machten die Vergütung des Testamentsvollstreckers als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend und teilten sie zunächst (bis 2008) nach dem Verhältnis der Nachlasswerte im Zeitpunkt des Erbfalls auf. So verfuhren sie auch im Streitjahr 2009. In ihren Einkommensteuererklärungen für 2010 und 2011 machten die Kläger 90 % der Aufwendungen für die Testamentsvollstreckung bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend (jeweils 45 % bei den beiden Objekten).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) veranlagte die Kläger im Streitjahr 2009 erklärungsgemäß. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein und begehrten die Berücksichtigung von 90 % der Aufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. 90 % der vom Testamentsvollstrecker aufgewandten Zeit entfielen auf die Verwaltung der Mehrfamilienhäuser. In den Streitjahren 2010 und 2011 wich das FA von der Erklärung insofern ab, als es die Gebühren für die Testamentsvollstreckung nach dem ursprünglichen Schlüssel verteilte und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung lediglich 19,33 % berücksichtigte. Dagegen legten die Kläger Einsprüche ein.

Mit Teileinspruchsentscheidung vom 14. Juli 2014 wies das FA alle drei Einsprüche als unbegründet zurück vorbehaltlich der Verfassungsmäßigkeit von § 20 Abs. 9 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Vergütung für die Testamentsvollstreckung führe zu Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen. Sie sei deshalb aufzuteilen. Der Höhe nach richte sie sich nach dem Wert des Bruttonachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Maßgeblich seien deshalb die damaligen Wertverhältnisse. Weder komme es auf den Zeitaufwand noch auf die Entwicklung der Nachlasswerte an.
Das Finanzgericht (FG) hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Aufwendungen, die mit mehreren Einkunftsarten in Zusammenhang stünden, seien “nach der Veranlassung der Aufwendungen” zuzuordnen. Bei Anwendung dieses Grundsatzes entfielen 19,33 % der Vergütung für die Testamentsvollstreckung auf die Vermietungseinkünfte, denn die Vergütung des Testamentsvollstreckers richte sich allein nach dem Wert des Nachlasses und den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls.
Mit der Revision erheben die Kläger die Sachrüge.

Sie beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung der angefochtenen Bescheide auf den Betrag festzusetzen, der sich ergibt, wenn jeweils 90 % der Gesamtvergütung für den Testamentsvollstrecker bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung zu Unrecht nach den Wertverhältnissen im Zeitpunkt des Erbfalls aufgeteilt und eine davon abweichende Aufteilung abgelehnt.
Ohne Rechtsfehler ist das FG davon ausgegangen, dass die Vergütung für eine auf Dauer angelegte Testamentsvollstreckung (§ 2209 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den aus dem Nachlass erzielten steuerbaren Einkünften führen kann.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erbfall und dem Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Erben stehen, grundsätzlich zum steuerlich unbeachtlichen privaten Vermögensbereich. Bei den Kosten der Testamentsvollstreckung kommt es auf die Art und den Zweck der Tätigkeit an, die der Testamentsvollstrecker im Einzelfall ausführt. Aufwendungen für eine auf Auseinandersetzung angelegte Testamentsvollstreckung führen grundsätzlich nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Dagegen stehen die Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung mit den aus dem Nachlass zu erzielenden Einnahmen in wirtschaftlichem Zusammenhang und können je nach Einkunftsart entweder als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.

Im Streitfall war Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Die Aufgabe des Testamentsvollstreckers bestand im Hinblick auf die hier allein streitigen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses (vgl. § 2216 Abs. 1 BGB). Der Testamentsvollstrecker hatte insofern ähnliche Aufgaben wie ein Hausverwalter. Die dafür anfallenden Kosten führen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu Werbungskosten. Soweit dem Hausverwalter auch die Erhaltung der Substanz obliegt, dient dies vor allem der im Vordergrund stehenden Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Eine Aufteilung findet insofern nicht statt.

Entsprechendes gilt für die Veranlassung der Vergütung durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen. Auch insofern führen die Gebühren für eine Dauertestamentsvollstreckung zu Werbungskosten, die allerdings seit 2009 nicht mehr abgezogen werden dürfen (§ 20 Abs. 9 Satz 1 EStG). Davon ist das FG ebenfalls zu Recht ausgegangen.
Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG). Maßgeblich ist insoweit der Veranlassungszusammenhang. Sind Aufwendungen durch mehrere Einkunftsarten veranlasst, sind sie nach Maßgabe ihrer jeweiligen Veranlassung auf die Einkunftsarten aufzuteilen. Ist eine anteilige Zuordnung nicht möglich, sind sie der Einkunftsart zuzuordnen, die im Vordergrund steht und die Beziehungen zu den anderen Einkünften verdrängt. Maßgebend sind insoweit die Gesamtumstände des jeweiligen Einzelfalls.

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist die einheitliche Vergütung für die Testamentsvollstreckung in erster Linie veranlasst durch die Höhe des Verwaltungsvermögens, denn danach richtet sich der Anspruch des Testamentsvollstreckers. Ohne Erfolg begehrt die Revision dagegen eine Aufteilung nach dem Zeitaufwand des Testamentsvollstreckers. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Vergütung nach Zeitaufwand der gesetzlichen Regelung entsprechen würde, denn jedenfalls wird der gesetzliche Anspruch im Streitfall durch die testamentarische Anordnung verdrängt, wonach der Verwalter eine Vergütung in Höhe von 1,5 % des Bruttonachlasses verlangen kann. Eine Aufteilung nach der Höhe der Einkünfte ist danach ebenfalls ausgeschlossen. Die Revision hat aber aus anderen Gründen Erfolg.

Nicht zu folgen vermag der Senat dem FG in der Annahme, dass die Aufteilung der einheitlichen Vergütung auf die einzelnen Einkunftsarten vorgegeben sei durch die historische Zusammensetzung des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls. Zwar verstehen die Klägerin und der Testamentsvollstrecker die testamentarische Anordnung übereinstimmend so, dass der Anspruch des Testamentsvollstreckers für alle Jahre der Höhe nach begrenzt ist auf den Wert des gesamten Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls, so dass der Testamentsvollstrecker von einer positiven Entwicklung des Nachlassvermögens nicht profitieren kann. Daraus lässt sich indes nicht ableiten, wie die einheitliche Vergütung auf verschiedene Einkunftsarten aufzuteilen ist.
Der maßgebliche Veranlassungszusammenhang ist nicht statisch zu verstehen. Zu berücksichtigen ist vielmehr die Zusammensetzung des Nachlasses in jedem einzelnen Veranlagungszeitraum. Insofern prägt auch die tatsächlich vom Testamentsvollstrecker entfaltete Tätigkeit den Veranlassungszusammenhang. Es bedarf keiner Entscheidung, ob stets auf die Zusammensetzung des Nachlasses am Ende des jeweiligen Veranlagungszeitraums oder auf seine über den Veranlagungszeitraum gewichtete Zusammensetzung abzustellen ist. Dies hängt von den Umständen im Einzelfall ab, insbesondere davon, wie häufig und in welchem Umfang sich die Zusammensetzung des Nachlasses geändert hat. Über die Zusammensetzung des Nachlasses kann die Klägerin dem FA Auskunft erteilen. Für den Fall, dass Sie nicht über die dazu nötigen Informationen verfügt, stehen Ihr gegen den Testamentsvollstrecker entsprechende Informationsansprüche zu. Im Hinblick darauf ist eine Schätzung untunlich. Abzustellen ist auf die Verkehrswerte des im Nachlass befindlichen Vermögens. Soweit diese Werte im Einzelfall nicht sicher genug ermittelt werden können, sind (nur) sie zu schätzen (§ 162 der Abgabenordnung).
Die Gegenansicht widerspricht nicht nur dem Abschnittsprinzip (§ 2 Abs. 7, § 25 Abs. 1 EStG), sie kann auch zu rechtlich nicht haltbaren Ergebnissen führen. Hätten sich im Zeitpunkt des Erbfalls nur Immobilien im Nachlass befunden, könnte die einheitliche Vergütung nach dieser Ansicht auch dann noch in voller Höhe abgezogen werden, wenn sich später nur noch Kapitalvermögen im Nachlass befindet. Das würde § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG widersprechen. Im umgekehrten Fall wäre der Werbungskostenabzug wegen § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG ab 2009 vollständig ausgeschlossen, auch wenn sich im Nachlass nur noch Immobilien befinden. Das widerspräche dem objektiven Nettoprinzip.

Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht spruchreif. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG bisher nicht ermittelt, wie sich der Nachlass in den Streitjahren zusammengesetzt hat. Die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht selbst treffen.

Hauptwohnung am Beschäftigungsort bei „Doppelte Haushaltsführung“

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung, d.h. der “eigene Hausstand” i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist.
Die Hauptwohnung ist i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG am Beschäftigungsort belegen, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Entscheidung darüber obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.

BFH Urteil vom 16.11.2017 – VI R 31/16

Sachverhalt:
Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind seit Oktober 2010 verheiratet und wurden für das Streitjahr (2013) zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger war nichtselbständig in A tätig.
Die Kläger und die beiden Kinder der Klägerin wohnten im Streitjahr in B. Ab März 2013 bewohnte der Kläger zudem eine Wohnung in A. Von dieser suchte er unter der Woche seine in der Nähe gelegene Arbeitsstätte auf. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie –vergeblich– Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 15.750 EUR geltend. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24. April 2014 wies der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 als unbegründet zurück.
Die daraufhin erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1423 veröffentlichten Gründen ab. Eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung liege nicht vor. Der Kläger könne von seiner Hauptwohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) fielen damit nicht auseinander. Erst- und berufliche Zweitwohnung seien vielmehr am Beschäftigungsort belegen. In einem solchen Fall komme eine doppelte Haushaltsführung nicht in Betracht.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie beantragen, das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 16. Juni 2016 1 K 3229/14 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 24. April 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. September 2014 dahin zu ändern, dass das zu versteuernde Einkommen der Kläger um 15.750 EUR gemindert wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision der Kläger ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht darauf erkannt, dass die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung im Streitjahr nicht vorlagen.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG).
Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinanderfallen. Denn nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Eine doppelte Haushaltsführung ist deshalb nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige in einer Wohnung am Beschäftigungsort aus beruflichen Gründen einen Zweithaushalt führt und auch der vorhandene “eigene Hausstand” am Beschäftigungsort belegen ist. Denn dann fallen der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander.

Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG ist der Ort der langfristig und dauerhaft angelegten Arbeitsstätte.
Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, den Begriff des Beschäftigungsorts weit auszulegen und darunter insbesondere nicht nur die nämliche politische Gemeinde, in der die Arbeitsstätte (jetzt: erste Tätigkeitsstätte) liegt, zu verstehen. So hatte der Senat darauf erkannt, dass ein Arbeitnehmer auch dann am Beschäftigungsort i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG wohnt, wenn er in der Umgebung der politischen Gemeinde wohnt, in der sich seine Arbeitsstätte befindet, und von dort aus zur Arbeitsstätte fährt. An dieser dem Tatbestand der doppelten Haushaltsführung und dem Veranlassungsprinzip geschuldeten Rechtsprechung hat der Senat grundsätzlich festgehalten. Er hat entschieden, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen, und hat dies bei Wegezeiten von etwa einer Stunde bejaht.

Dementsprechend haben auch die Finanzgerichte, die Finanzverwaltung sowie die Kommentarliteratur eine Wohnung am Beschäftigungsort bejaht, wenn der Arbeitnehmer von dort üblicherweise täglich zu seiner Arbeitsstätte fahren kann.
Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Denn die Antwort darauf kann nur aufgrund der Berücksichtigung und Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls gegeben werden und ist insbesondere von den individuellen Verkehrsverbindungen und Wegezeiten zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte abhängig; dabei ist naturgemäß die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein wesentliches, allerdings kein allein entscheidungserhebliches Merkmal.
Denn eine Mindestentfernung zwischen Haupt- und beruflicher Zweitwohnung bestimmt das Einkommensteuergesetz nicht Sie können sich deshalb in Ausnahmefällen sogar in derselben politischen Gemeinde befinden. Nach den nicht angegriffenen und den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) unterhielt der Kläger im Streitjahr zusammen mit der Klägerin und deren beiden Kindern einen eigenen Hausstand in B. Das FG hat weiter festgestellt, dass sich die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers im Streitjahr unter der Anschrift C in A befand und der Kläger diese an 42 Tagen mit dem PKW von B und an 178 Tagen von seiner Wohnung in A mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsuchte.

Die Vorinstanz hat darüber hinaus festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von B zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in A 36 km betrug. Es hat die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW einschließlich eines Zeitzuschlags aufgrund von Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten “im Bereich von einer Stunde” geschätzt (§ 162 der Abgabenordnung i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat das FG mit durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden festgestellt.
Bei dieser Sachlage ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in A von seiner Wohnung in B aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können, zumindest möglich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, unter den Bedingungen einer Großstadt und deren Einzugsbereich seien solche Fahrzeiten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte üblich und ohne weiteres zumutbar. Zutreffend hat es in diesem Zusammenhang neben der reinen Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie der benötigten Fahrzeiten von etwa einer Stunde auch auf das gut ausgebaute Straßennetz und den gut erreichbaren öffentlichen Personennahverkehr im Großraum A abgestellt. Das FG hat daher zu Recht entschieden, dass (auch) die Wohnung des Klägers in B am Beschäftigungsort belegen war.

Die Aufwendungen des Klägers für die Zweitwohnung in A können auch nicht gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG als Werbungskosten abgezogen werden. Die Aufwendungen für eine (Zweit-)Wohnung sind als Kosten der Lebensführung grundsätzlich nicht beruflich veranlasst.
Aus dem Umstand, dass der Kläger die Zweitwohnung in A nach den Feststellungen des FG aus beruflichen Gründen gemietet hat, um seine Arbeitsstelle besser und schneller erreichen zu können, ergibt sich für den Streitfall nichts anderes. Denn die vom Kläger für die Zweitwohnung geltend gemachten Unterkunftskosten dienten jedenfalls auch dem der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre zuzurechnenden Wohnen. Aufwendungen hierfür sind auch nach Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots grundsätzlich als nicht abziehbare und nicht aufteilbare Aufwendungen für die Lebensführung anzusehen.
Dies gilt hinsichtlich von Unterkunftskosten nach der Rechtsprechung des BFH insbesondere dann, wenn die Voraussetzungen für eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung nicht erfüllt sind.