Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.
Von einem Forderungsausfall ist erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus.
BFH Urteil vom 24.10.2017 – VIII R 13/15 BFH/NV 2018, 280

Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr (2012) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger gewährte einem Dritten mit Vertrag vom 11. August 2010 ab dem 12. August 2010 ein mit 5 % zu verzinsendes Darlehen in Höhe von insgesamt 24.274,34 EUR. Seit dem 1. August 2011 erfolgten die vereinbarten Rückzahlungen nicht mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde am 1. August 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung in Höhe von 19.338,66 EUR zur Insolvenztabelle an.

Mit der Einkommensteuererklärung für 2012 machte der Kläger den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Mit Bescheid vom 14. November 2013 wurde die Einkommensteuer durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) ohne Berücksichtigung dieses Verlusts festgesetzt.
Der hiergegen erhobene Einspruch und die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben erfolglos. Das FG stützte sich in seinem Urteil vom 11. März 2015 7 K 3661/14 E darauf, dass Aufwendungen, die das Kapital eines Darlehens betreffen, nicht von § 20 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) erfasst würden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Insbesondere sei unter § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG nicht nur die Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, sondern auch der Vermögensabfluss im Falle des Totalverlusts der Kapitalforderung zu erfassen. Eine Differenzierung zwischen Veräußerung und Totalverlust verstoße jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerfestsetzung 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2014 unter Berücksichtigung weiterer negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 19.338,66 EUR abzuändern.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es ist der Meinung, der Forderungsausfall sei kein Surrogat für die Veräußerung, es handle sich nicht um eine finale Folge der Kapitalüberlassung, sondern um einen Vermögensschaden.
Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der finanzgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der streitbefangene Forderungsausfall nicht zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 und Abs. 4 EStG führt. Es hat aus seiner Sicht zu Recht keine hinreichenden Feststellungen getroffen, die dem Senat eine abschließende Entscheidung ermöglichen, ob und in welcher Höhe der Verlust im Streitjahr entstanden ist. Die Sache wird daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückverwiesen.
Nach Auffassung des Senats führt auch der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.
Mit der Einführung der Abgeltungsteuer im Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) sollte eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Dafür wurde die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. Für nach Einführung der Abgeltungsteuer angeschaffte Kapitalanlagen gilt dies auch unabhängig von der Übergangsvorschrift des § 52a Abs. 10 Satz 7 EStG, da die “theoretisch mögliche Unterscheidung zwischen Ertrags- und Vermögensebene […] im Rahmen der Abgeltungsteuer für neu angeschaffte Kapitalanlagen ohnehin wegfällt”.

Nach Auffassung des Senats ist Folge dieses Paradigmenwechsels, dass nach Einführung der Abgeltungsteuer der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führt. Insoweit ist eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die ohne Berücksichtigung der in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gesondert erfassten Zinszahlungen unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine weiteren Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Inwieweit dies auch für einen Forderungsverzicht gilt, kann vorliegend dahinstehen.

Dem engen Veräußerungsbegriff trägt § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG Rechnung, der der Veräußerung verschiedene Ersatztatbestände gleichstellt, um alle Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen. Danach ist u.a. auch die Rückzahlung von privaten Darlehensforderungen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 EStG steuerbar. Aus dieser Gleichstellung folgt, dass die Fälle der Veräußerung und Rückzahlung im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 20 Abs. 4 EStG den gleichen Grundsätzen unterliegen.
Eine Veräußerung i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ist die entgeltliche Übertragung des Eigentums auf einen Dritten. Zwar fehlt es bei einem Forderungsausfall an dem für eine Veräußerung in diesem Sinne notwendigen Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust i.S. des § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann.
Dies folgt auch aus dem Gebot der Folgerichtigkeit; denn führt die Rückzahlung der Kapitalforderung über dem Nennwert zu einem Gewinn i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG, muss auch eine Rückzahlung unter dem Nennwert zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust führen.

Zudem führt auch die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust, so dass auch insoweit eine Gleichstellung des Ausfalls einer Rückzahlung geboten ist. Wirtschaftlich betrachtet macht es keinen Unterschied, ob der Steuerpflichtige die Forderung noch kurz vor dem Ausfall zu Null veräußert, oder ob er sie –weil er keinen Käufer findet oder auf eine Quote hofft– behält. In beiden Fällen erleidet der Steuerpflichtige eine Einbuße seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die die gleiche steuerliche Berücksichtigung finden muss.

Die etwaige Gefahr einer ausufernden Verlustnutzung bei Berücksichtigung von Forderungsausfällen steht derjenigen beim Verkauf einer Darlehensforderung gleich und wird im Übrigen schon durch die nach § 20 Abs. 6 EStG beschränkte Verrechenbarkeit von Verlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen begrenzt.

Wie die Veräußerung ist die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Danach liegt ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist.

Im Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung errechnet sich die Höhe des Rückzahlungsverlusts nach § 20 Abs. 4 EStG als Unterschied zwischen den Einnahmen aus den Rückzahlungen nach Abzug der Aufwendungen, die im unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Ausfall der Forderung stehen, und den Anschaffungskosten.
Die Entscheidung des FG beruht auf anderen Rechtsgrundsätzen. Sie ist daher aufzuheben.

Das Darlehen des Klägers war auf Rückzahlung angelegt und somit eine Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Fällt diese Kapitalforderung endgültig aus, kann die entsprechende Vermögensminderung nach den oben genannten Grundsätzen einen steuerbaren Verlust i.S. des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 i.V.m. Satz 2 und Abs. 4 EStG darstellen.
Die Sache ist nicht spruchreif. Ob die streitbefangenen Rückzahlungen bereits im Streitjahr endgültig ausgeblieben sind und die oben dargelegten Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Verlusts des Klägers erfüllt sind, kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des FG, das hierzu von seinem Standpunkt aus keine Feststellungen treffen musste, nicht überprüfen. Das FG wird die notwendigen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 93 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 121 FGO) kommt auch mit Rücksicht auf den Schriftsatz des Klägers vom 6. November 2017 nicht in Betracht. Dem Senat ist es nach § 118 Abs. 2 FGO versagt, neuen Tatsachenvortrag zum Verlustzeitpunkt zu berücksichtigen. In rechtlicher Hinsicht enthält der Schriftsatz weder über die o.g. Entscheidungsgründe hinausgehende Aspekte noch die Rüge fehlerhaften Verfahrens. Daher ergeben sich für den Senat keine Gesichtspunkte, die eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung rechtfertigen könnten.

Aufwendungen für die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim kommen als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, soweit dem Steuerpflichtigen zusätzliche Aufwendungen erwachsen.
Dementsprechend sind Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung im Grundsatz um eine Haushaltsersparnis zu kürzen, es sei denn, der Pflegebedürftige behält seinen normalen Haushalt bei.
Die Haushaltsersparnis des Steuerpflichtigen ist entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen zu schätzen.

Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen.

BFH Urteil vom 04.10.2017 – VI R 22/16 BFH/NV 2018, 275

Sachverhalt
Streitig ist, ob bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für die Unterbringung von Ehegatten in einem Alten- und Pflegeheim für jeden der beiden Steuerpflichtigen eine Haushaltsersparnis anzusetzen ist.
Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Erben ihrer während des Revisionsverfahrens verstorbenen Mutter. Diese war im Streitjahr (2013) verheiratet und wurde mit ihrem in 2014 verstorbenen Ehemann zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Eheleute waren seit Mai 2013 in einem Alten- und Pflegeheim in einem Doppelzimmer (Wohnschlafraum mit einem Vorraum, Einbauschrank, Dusche und WC) untergebracht. Der bestehende Haushalt der Eheleute wurde mit Ablauf des 4. Juli 2013 aufgelöst. Die Allgemeinärzte X und Y bescheinigten mit ärztlichem Attest vom… Mai 2014, dass die Mutter der Kläger nach der Krankenhausentlassung und einem Reha-Aufenthalt im Mai 2013 nicht mehr in der Lage sei, sich selbst zu versorgen und einen Haushalt zu führen. Der Vater der Kläger war pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe 2.

Für die Unterbringung in dem Heim, Verpflegung und Pflegeleistungen entstanden den Eheleuten abzüglich der Erstattungsleistungen anderer Stellen Kosten in Höhe von 27.571,75 EUR. Diese minderten sie um eine anteilige Haushaltsersparnis in Höhe von 3.387,50 EUR (8.130 EUR x 5/12). In ihrer Einkommensteuererklärung machten die Eheleute unter Vorlage entsprechender Rechnungen den verbleibenden Betrag in Höhe von 24.185 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr zunächst lediglich die Kosten der Heimunterbringung des Vaters der Kläger. Im Einspruchsverfahren erkannte das FA auch die Heimunterbringungskosten der Mutter der Kläger nach § 33 EStG an. Es setzte jedoch lediglich einen Betrag in Höhe von 19.668 EUR an. Die geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 27.572 EUR seien um eine Haushaltsersparnis für beide Eheleute in Höhe von jeweils 3.952 EUR zu kürzen. Die Haushaltsersparnis ermittelte das FA dabei wie folgt: 8.130 EUR × 5/12 + 8.130 EUR × 25/360 = 3.952,08 EUR.
Die daraufhin erhobene Klage, mit der sich die Eheleute gegen den zweifachen Ansatz einer Haushaltsersparnis wandten, wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1440 veröffentlichten Gründen ab.Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen, das Urteil des FG Nürnberg vom 4. Mai 2016 3 K 915/15 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 24. Juli 2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1. Juni 2015 unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 dahin abzuändern, dass bei der Ermittlung der Heimunterbringungskosten als außergewöhnliche Belastungen für beide Ehegatten nur einmal eine zeitanteilige Haushaltsersparnis in Höhe von 3.952,08 EUR in Abzug gebracht wird. Das FA beantragt, die Revision unter Berücksichtigung der Grundsätze der BFH-Entscheidung vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 zurückzuweisen.
Begründung:

Die Revision der Kläger ist nur in geringem Umfang begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) sowie zur Stattgabe der Klage, als bei der Einkommensteuerfestsetzung 2013 die zumutbare Belastung um 664 EUR zu mindern ist. Die als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigenden Aufwendungen für die Heimunterbringung der Eltern der Kläger hat das FG jedoch zu Recht um eine Haushaltsersparnis für jeden der Ehegatten gekürzt.
Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen.

In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies gilt auch für Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung des Steuerpflichtigen in einem Alten- oder Pflegeheim. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten.
Derartige Kosten kommen jedoch als außergewöhnliche Belastung nur in Betracht, soweit dem Steuerpflichtigen zusätzliche Aufwendungen erwachsen. Denn im Rahmen des § 33 EStG sind lediglich gegenüber der normalen Lebensführung entstehende Mehrkosten berücksichtigungsfähig. Dementsprechend sind Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung im Grundsatz um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht.
Die Haushaltsersparnis des Steuerpflichtigen schätzt die Rechtsprechung entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen. Dieser beträgt im Streitjahr 8.130 EUR.
Diese Schätzung ist realitätsgerecht und daher nicht zu beanstanden. Die Haushaltsersparnis ist durch einen Vergleich der aufgewendeten Pflegeheimkosten mit den Kosten des aufgegebenen entsprechenden privaten Haushalts zu ermitteln. Maßgröße sind insoweit die üblichen Kosten eines Einpersonenhaushalts.Diese werden in ihren Mindestanforderungen durch den in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag typisiert abgebildet.

Darüber hinaus ist diese Typisierung der Verwaltungspraktikabilität und dem Schutz der Privatsphäre geschuldet. Denn somit bedarf es keiner individuellen Bemessung der Haushaltsersparnis. Insbesondere sind weder das FA noch das FG gehalten, die Differenz zwischen dem im aufgegebenen Haushalt für Unterkunft und Verpflegung tatsächlich angefallenen Aufwand und den hierfür anfallenden Kosten in einer Pflegeeinrichtung zu erheben. Auch ist von dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen kein Abschlag für Kosten der Lebensführung etwa für Bekleidung, Körperpflege, Telekommunikation und übliche Versicherungen– vorzunehmen. Zwar mag es im Einzelfall zutreffen, dass der Bewohner eines Alten- und Pflegeheims derartige Kosten wie auch Aufwendungen betreffend das soziokulturelle Existenzminimum jenseits des Heimentgelts zu tragen hat und deshalb durch die Aufgabe des Haushalts insoweit nichts erspart. Gegen die Typisierung der Haushaltsersparnis nach dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag vermag dieser Befund jedoch nicht zu streiten. Zum einen verkennt die Revision mit ihrem Vorbringen insoweit, dass eine Pflegeeinrichtung neben Pflegeleistungen nicht nur “Kost und Logis” gewährt, sondern in der Regel auch darüber hinaus Geselligkeit, Freizeitgestaltung, Beschäftigungstherapie, geistlich-religiöse Betreuung u.Ä. bietet. Zum anderen sind “Ungenauigkeiten” einer jeden Typisierung wesenseigen und damit, soweit sie –wie vorliegend– in der Realitätsgerechtigkeit verbleibt, hinzunehmen.

Sind beide Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- und Pflegeheim untergebracht, ist für jeden der Ehegatten eine Haushaltsersparnis anzusetzen. Denn sie sind beide durch den Aufenthalt dort und die Aufgabe des gemeinsamen Haushalts um dessen Fixkosten wie Miete oder Zinsaufwendungen, Grundgebühr für Strom, Wasser etc. sowie Reinigungsaufwand und Verpflegungskosten entlastet. Zudem ist der Ansatz einer Haushaltsersparnis für jeden Ehegatten geboten, weil die in den personenbezogenen Alten- und Pflegeheimkosten enthaltenen Aufwendungen für Nahrung, Getränke, übliche Unterkunft u.Ä. typische, steuerlich grundsätzlich nicht zu berücksichtigende Kosten der Lebensführung eines jeden Steuerpflichtigen sind. Die Kürzung der Aufwendungen für eine krankheitsbedingte Unterbringung eines Ehepaares in einem Pflegeheim lediglich um eine Haushaltsersparnis würde damit eine ungerechtfertigte Doppelbegünstigung bewirken. Denn diese Aufwendungen sind für jeden der beiden Ehegatten im Grundsatz bereits durch den in § 32a EStG geregelten Grundfreibetrag steuerfrei gestellt. Folglich liegt durch den Ansatz einer doppelten Haushaltsersparnis auch kein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes vor. Auch wenn Lebenshaltungskosten nicht proportional zur Personenzahl im Haushalt steigen, ist der Ansatz einer Haushaltsersparnis in Höhe des in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrags jedenfalls nicht verfehlt. Vielmehr ist die Typisierung der Haushaltsersparnis auch insoweit realitätsgerecht. Der Ansatz einer Regelersparnis bei einem Ehepaar in Höhe von 16.260 EUR im Streitjahr entspricht den privaten Konsumausgaben eines Paares ohne Kinder im Jahr 2013 in etwa. Denn in einem solchen Haushalt wurden im Streitjahr monatlich für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren 388 EUR, für Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung 950 EUR sowie für Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände 155 EUR (= 1.493 EUR im Monat) und damit im Jahr 17.916 EUR verausgabt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen haben FA und FG die streitigen Aufwendungen der Eltern der Kläger für die vollstationäre Unterbringung zu Recht –vermindert um eine Haushaltsersparnis in Höhe von 3.952 EUR für beide Eheleute– als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt.

Anlass und Grund für den Umzug der Eheleute in die Einrichtung war nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ihre durch Krankheit eingetretene Pflegebedürftigkeit. Insbesondere waren danach weder die Mutter noch der Vater der Kläger im Streitjahr in der Lage, eigenständig und selbstbestimmt einen eigenen Haushalt zu führen. Die Kosten der Heimunterbringung sind damit den Eheleuten dem Grunde nach aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies ist zwischen den Beteiligten dem Grunde nach auch nicht streitig.

Zu Recht hat das FA und ihm folgend das FG die dem Grunde nach zu berücksichtigenden Aufwendungen um eine Haushaltsersparnis für jeden der Ehegatten in Höhe von 3.952 EUR gekürzt. Nur in Höhe der Differenz sind den Eheleuten durch die Unterbringung in einem Alten- und Pflegeheim gegenüber ihrer bisherigen Lebensführung zusätzliche Kosten entstanden. Denn im Streitfall haben die Eheleute ihren gemeinsamen Haushalt aufgegeben. Die Berechnung der Haushaltsersparnis im Übrigen (8.130 EUR × 5/12 + 8.130 EUR × 25/360 = 3.952,08 EUR) steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Die in R 33.3 Abs. 2 Satz 3 EStR geregelte Berechnungsmethode, die Haushaltsersparnis mit 1/360 pro Tag, 1/12 pro Monat des in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrags anzusetzen, ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht insbesondere dem in § 33a EStG niedergelegten Monatsprinzip.

Die bislang vom FA berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist allerdings entsprechend den Ausführungen im Urteil des erkennenden Senats vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 stufenweise zu ermitteln und entsprechend um 664 EUR zu mindern.

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach Änderung des § 33 EStG

Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse.
BFH Urteil vom 18.05.2017 – VI R 66/14 BFH/NV 2017, 1593

Sachverhalt:
Streitig ist die Abziehbarkeit von Scheidungskosten nach der Änderung des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809).
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte im Streitjahr (2013) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er –neben den Aufwendungen für eine Augenoperation mittels Laser in Höhe von 3.931 EUR– Kosten für die Ehescheidung in Höhe von 1.594 EUR, für beglaubigte Kopien betreffend die Ehescheidung in Höhe von 144 EUR sowie Kosten eines Unterhaltsverfahrens in Höhe von 662 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend.
In dem Einkommensteuerbescheid für 2013 vom 2. Juni 2014 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) nur die Kosten für die Augenoperation. Mit dem Einspruch wandte sich der Kläger gegen die Nichtberücksichtigung der Kosten für die Ehescheidung und die Unterhaltsregelung. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klage hatte aus den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 39 veröffentlichten Gründen insoweit Erfolg, als das Finanzgericht (FG) die Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen anerkannte.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 16. Oktober 2014 4 K 1976/14 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. die Revision zurückzuweisen,
2. den Einkommensteuerbescheid 2013 vom 2. Juni 2014 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 2014 dahingehend abzuändern, dass die zumutbare Belastung mit 1.044 EUR berücksichtigt wird.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat keinen Antrag gestellt.

Begründung:
Die Revision des FA ist überwiegend begründet. Das FG hat die Scheidungskosten zu Unrecht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt.
Ob Aufwendungen für einen Scheidungsprozess noch als außergewöhnlich i.S. des § 33 EStG anzusehen sind, kann offenbleiben. Denn sie sind jedenfalls nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für einen Abzug von Prozesskosten liegen nicht vor.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Nach § 33 Abs. 2 EStG erwachsen Aufwendungen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG).
Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG trat mit Wirkung vom 30. Juni 2013 in Kraft und ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2013 –mithin für das Streitjahr– anzuwenden (§ 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG).
Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf sein Urteil vom 18. Mai 2017 VI R 9/16 Bezug.
Im Streitfall ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger Gefahr gelaufen wäre, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, hätte er das Scheidungsverfahren nicht geführt. Die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG für eine Abziehbarkeit von Prozesskosten lagen mithin nicht vor.
Die bislang vom FA berücksichtigte zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG ist entsprechend den Ausführungen im Urteil des erkennenden Senats vom 19. Januar 2017 VI R 75/14 stufenweise zu ermitteln und demnach mit 1.044 EUR anzusetzen.

Zur Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bei behauptetem Forderungsausfall

Macht der Kläger vor dem FG die völlige Wertlosigkeit von bei der Bilanzierung zu berücksichtigenden (künftigen) Forderungen (hier: aus der Umlage von Nebenkostennachforderungen im Gewerberaum Untermietverhältnis) geltend, sind von seinem Klagebegehren regelmäßig auch Wertberichtigungen unterhalb der Schwelle des Totalausfalls mitumfasst.
Für die Quantifizierung “künftiger Vorteile” i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. In diese einheitliche Rückstellungsbewertung können auch über dem allgemeinen Kreditrisiko liegende spezifische Ausfallrisiken einfließen.
BFH Urteil vom 31.05.2017 – X R 29/15 BFH/NV 2017, 1597

Sachverhalt:
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2008 und 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte in beiden Streitjahren Einkünfte aus der Untervermietung von Lagerräumen und Ladenlokalen (“etwa 5.912 qm und 326 qm”) an “etwa 38 Mieter” (Untermieter) im Gebäudekomplex “X” in B. Diese Einkünfte wurden sowohl vom Kläger als auch vom Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) als gewerblich behandelt (§ 15 des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Die Räumlichkeiten hatte der Kläger vom Eigentümer (Vermieter) angemietet. Den Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG).

Die vom Kläger ausgewiesenen Gewinne legte das FA erklärungsgemäß den –unter Vorbehalt der Nachprüfung gestellten– Einkommensteuer- bzw. Gewerbesteuermessbescheiden zugrunde. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung beanstandete die Prüferin u.a., der Kläger habe die Einnahmen aus den Untermietverhältnissen (Untermieten, Nebenkosten) nicht debitorisch verbucht (Soll-Versteuerung), sondern seiner Buchführung nur die von ihm in bar vereinnahmten Entgelte zugrunde gelegt (Ist-Versteuerung). Eine Kasse habe er erst ab 2009 geführt. Das FA setzte daraufhin die in den Untermietverträgen vereinbarten Entgelte an und änderte die Steuerfestsetzungen entsprechend ab.
Im Einspruchsverfahren wandten die Kläger ein, wenn schon die Einnahmen des Klägers aus den Untermietverhältnissen nach dem Soll zu verbuchen seien, müsse dies auch für dessen Aufwendungen gelten. Dies betreffe im Besonderen die ebenfalls nicht in die Buchführung einbezogenen Nebenkostenforderungen des Vermieters für 2008 (bis dato keine Abrechnung erteilt) und für 2009 (Abrechnung vom 27. Dezember 2010; Nachforderung in Höhe von 136.246,80 EUR). Letztere sei kreditorisch zu verbuchen. Hinsichtlich der Nebenkosten für 2008 müsse eine Rückstellung in Höhe von 56.811,27 EUR zugelassen werden, was dem Mittelwert der Nachzahlungen für die Jahre 2006 (11.820,62 EUR), 2007 (22.366,40 EUR) und 2009 entspreche.

Dem folgte das FA nicht. Zwar lägen die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten vor. Den geltend gemachten Aufwendungen seien jedoch die –mit den Nachforderungen des Vermieters korrespondierenden– Forderungen des Klägers aus der Nebenkostenumlage gegen die Untermieter entgegenzuhalten. Dadurch würden die Aufwendungen bilanziell
Vor dem Finanzgericht (FG) verfolgten die Kläger das Ziel der Bildung von Rückstellungen in Höhe von 56.000 EUR für 2008 bzw. 136.000 EUR für 2009 weiter. Im Hinblick auf die Nachforderungen gegen die Untermieter trugen sie vor, es sei keinesfalls sicher, ob diese überhaupt beglichen würden; Forderungsausfälle seien im Unternehmen des Klägers eine alltägliche Erfahrung.
Das FG entschied mit in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2016, 1409 veröffentlichtem Urteil, es könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für die Bildung von Rückstellungen hinsichtlich der an den Vermieter zu leistenden Nebenkostennachzahlungen vorgelegen hätten. Jedenfalls könnten diese nicht mit den vom Kläger angesetzten Beträgen bewertet werden. Vielmehr wären sie allenfalls mit jeweils null EUR anzusetzen, da die betragsmäßig in derselben Höhe bestehenden Nachforderungen gegen die Untermieter als künftige Vorteile i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG wertmindernd zu erfassen seien. Hinsichtlich des Jahres 2009 könne offenbleiben, ob die bereits erteilte Nebenkostenabrechnung als wertaufhellende Tatsache dergestalt zu berücksichtigen sei, dass anstelle einer Rückstellung eine Verbindlichkeit gewinnmindernd eingebucht werden müsse. Auch in diesem Fall seien die Nachforderungen gegen die Untermieter in gleicher Höhe zu aktivieren.

Die Behauptung des Klägers, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt, sei nicht geeignet, die begehrten Rückstellungen mit einem höheren Betrag als mit null EUR zu bewerten. Aus den von ihm hierzu vorgelegten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass er die Zahlung von Mieten und Nebenkosten bei den Untermietern immer wieder habe anmahnen und beitreiben müssen. Dem Schriftverkehr lasse sich indes nicht entnehmen, dass bereits in den Jahren 2008 und 2009 von einer völligen Wertlosigkeit der Ansprüche auszugehen gewesen sei. Über deren eventuelle Abschreibung wegen Uneinbringlichkeit in künftigen Veranlagungszeiträumen sei vorliegend nicht zu befinden.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts unter drei Aspekten: Es bestehe kein sachlicher Zusammenhang zwischen den Nebenkostennachzahlungen des Klägers und dessen Ansprüchen gegen die Untermieter, das FG habe zu Unrecht keine geringfügigeren Wertberichtigungen jenseits der völligen Wertlosigkeit der Nachforderungen aus der Nebenkostenumlage in Betracht gezogen und die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG sei wegen der Gefahr steuerlicher Doppelbelastungen (Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip) verfassungswidrig. Einen Verfahrensfehler erblicken sie zudem darin, dass ihr Vortrag “hinsichtlich des tatsächlichen Zahlungsausfalls” aufgrund der Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013 gänzlich unberücksichtigt geblieben sei.

Die Kläger beantragen (hinsichtlich der Gewerbesteuermessbescheide der Kläger allein), das FG-Urteil hinsichtlich der Einkommensteuer und der Gewerbesteuermessbeträge 2008 und 2009 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009 vom 18. bzw. 9. Januar 2012 sowie die Gewerbesteuermessbescheide 2008 und 2009 vom 20. Januar 2012, alle in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 4. November 2013, dergestalt zu ändern, dass der Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb um 56.000 EUR im Jahr 2008 und um 136.000 EUR im Jahr 2009 gemindert wird.

Das FA teilt die Rechtsauffassung des FG und beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Die Vorentscheidung leidet an lückenhaften Tatsachenfeststellungen zur Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit des Klägers und kann bereits aus diesem Grund keinen Bestand haben. Die fehlenden Feststellungen können in der Revisionsinstanz nicht nachgeholt werden. Die Sache ist daher mangels Spruchreife an das FG zurückzuverweisen.
Mangels entsprechender Feststellungen des FG kann der erkennende Senat nicht beurteilen, ob der Kläger als Untervermieter gewerblich tätig und somit eine Rückstellungsbildung und Forderungsaktivierung überhaupt möglich war.
Die vom Kläger begehrte Rückstellungsbildung setzt dessen Berechtigung zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. § 5 EStG voraus. Vorliegend sind die Beteiligten –und daran anknüpfend auch das FG– ohne Weiteres davon ausgegangen, der Kläger erziele Einkünfte aus gewerblicher Vermietung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Im angefochtenen Urteil fehlen jedoch Feststellungen, die es dem Senat ermöglichen nachzuvollziehen, aus welchen Gründen die Untervermietungstätigkeit des Klägers als gewerblich i.S. von § 15 Abs. 2 EStG einzustufen war. Wäre eine solche Gewerblichkeit zu verneinen, lägen Überschusseinkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) vor, bei denen die vorliegend streitgegenständliche Bilanzierung von vornherein nicht in Betracht käme.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geht das (Unter-)Vermieten einzelner (beweglicher oder unbeweglicher) Gegenstände in der Regel nicht über den Rahmen privater Vermögensverwaltung hinaus. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit ist –anders als z.B. in Fällen der Gewerblichkeit kraft Rechtsform des Vermieters (vgl. § 8 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes)– erst dann anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit als Ganzes das Gepräge einer gewerblichen Betätigung geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Mietobjekts in den Hintergrund tritt.
Derartige Besonderheiten lassen sich dem FG-Urteil nicht entnehmen. Die Gewerblichkeit der Untervermietung als solche kann von den Beteiligten –im Gegensatz zum zugrunde liegenden Lebenssachverhalt (in den Grenzen des § 76 Abs. 1 FGO)– auch nicht “unstreitig gestellt” werden, weil es sich bei der Einkünftequalifizierung um Rechtsanwendung handelt, die nicht zur Disposition der Parteien steht. Bereits aus diesem Grund kommt der Senat nicht umhin, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Sollte das FG im zweiten Rechtsgang erneut zur Gewerblichkeit der Untervermietungstätigkeit des Klägers kommen, wird es bei der Beurteilung sowohl des Ansatzes als auch der Höhe der in Streit stehenden Rückstellungen folgende weitere Gesichtspunkte beachten müssen:

Das FG hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, allein die völlige Wertlosigkeit der Ansprüche des Klägers gegen seine Untermieter zu prüfen. Etwaige, bereits in den Streitjahren vorzunehmende geringfügigere Wertberichtigungen hat es überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Wie die Ausführungen der Kläger erkennen lassen, waren solche jedoch von ihrem Klagebegehren als wesensgleiches Minus mitumfasst.

Zwar haben die Kläger vor Gericht nur absolute Gewinnminderungen um 56.000 EUR (für 2008) bzw. 136.000 EUR (für 2009) beantragt (FG-Urteil, Seite 6). In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass derartige Klageanträge entsprechend dem dahinter stehenden Klagebegehren auszulegen sind und nicht zu eng aufgefasst werden dürfen. Insofern ist zu berücksichtigen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des betroffenen Beteiligten entspricht. Dies waren hier ersichtlich auch unterhalb der Schwelle des Totalausfalls liegende Wertberichtigungen. Die Feststellungslast obliegt dabei auch hinsichtlich eines geringeren Ausfallrisikos nach allgemeinen Grundsätzen den Klägern.
Allerdings hat sich das FG in tatsächlicher Hinsicht bislang zu Recht davon überzeugt, den Klägern sei der ihnen obliegende Nachweis eines bereits zum jeweiligen Bilanzstichtag bzw. innerhalb des Wertaufhellungszeitraums anzunehmenden Totalausfalls sämtlicher Nachforderungen gegen die Untermieter nicht gelungen. Zu der vom Kläger behaupteten Uneinbringlichkeit aller auf die Untermieter umgelegten Nebenkostennachforderungen hat es zusammenfassend festgestellt, aus den vom Kläger übersandten Unterlagen ergebe sich lediglich, dass dieser immer wieder die Zahlung von Mietzinsen und Nebenkosten habe anmahnen und beitreiben müssen. Solches reicht zum Nachweis einer völligen Wertlosigkeit nicht aus. Daran ändert auch das Vorbringen nichts, die Untermieter hätten die Nebenkosten in vielen Fällen überhaupt nicht oder nur in geringer Höhe gezahlt. Daraus ergibt sich vielmehr im Umkehrschluss, dass es durchaus zu Nebenkostenzahlungen gekommen ist, wobei offenbleibt, auf welches Jahr sich diese Aussage bezieht und in welchem Umfang Zahlungen geleistet wurden. Ein Wertansatz mit null EUR lässt sich auf einen derart unsubstantiierten Vortrag keinesfalls stützen.
Dem steht die von den Klägern angeführte Einstellung des Untervermietungsbetriebs zum 6. August 2013, welche hauptsächlich auf nicht einbringliche Forderungen zurückzuführen gewesen sei, nicht entgegen. Dieser Vortrag bezieht sich auf Umstände außerhalb des bis zur fristgemäßen Bilanzerstellung andauernden Wertaufhellungszeitraums und ist daher für die Beurteilung der Streitjahre irrelevant).
Zudem fehlen generell Feststellungen zum Inhalt der streitgegenständlichen Gewerberaum(unter-)mietverträge. Da dies den Gegenstand der (Nach-)Forderungen des Vermieters gegen den Kläger und des Klägers gegen die Untermieter betrifft, kann anhand des angefochtenen Urteils nicht nachvollzogen werden, welche Nebenkosten im Verhältnis der jeweiligen Vertragsparteien zueinander überhaupt umlagefähig sind. Dies ist vorliegend jedoch von entscheidender Bedeutung, weil sich danach die –je nach vertraglicher Gestaltung u.U. abweichende– Höhe der Rückstellungen bzw. der zu passivierenden Verbindlichkeiten richtet. Die Vorinstanz hat unterstellt, dass die Ansprüche des Vermieters gegen den Kläger auf Nebenkostennachzahlung und die diesbezüglichen Ansprüche des Klägers gegen die Untermieter deckungsgleich sind. Das ist indes nicht zwingend.

Zudem hat das FG nicht genügend beachtet, dass die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2008 auch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG (3. September 2014) noch nicht erteilt war (die Abrechnung stand nach Auskunft des Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger selbst im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat noch aus). Dadurch wird beim gegenwärtigen Stand der Sachaufklärung die von den Klägern begehrte Rückstellung schon dem Grunde nach und nicht nur, worauf sich die Vorinstanz konzentriert hat, der Höhe nach in Frage gestellt. Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten ist nämlich u.a., dass die tatsächliche Inanspruchnahme aus der Verpflichtung am Bilanzstichtag überhaupt zu erwarten ist. Feststellungen zu den Hintergründen der Nichterteilung der Nebenkostenabrechnung für 2008 wurden nicht getroffen und sind daher im zweiten Rechtsgang gegebenenfalls nachzuholen.
Daran anknüpfend wird das FG mit Blick auf die von den Klägern beanspruchte Rückstellungshöhe (Mittelwert aus den Nachforderungen des Vermieters für 2006, 2007 und 2009) der Frage nachgehen müssen, weshalb sich die Nachforderungen des Jahres 2006 auf das Jahr 2007 nahezu verdoppelt und sodann vom Jahr 2007 auf das Jahr 2009 mehr als versechsfacht haben. Der erkennende Senat kann nicht überprüfen, ob die hierfür von dem Prokuristen der Prozessbevollmächtigten der Kläger abgegebene Erklärung plausibel ist, die enormen Kostensteigerungen beruhten im Wesentlichen auf der unsachgemäßen Nutzung der Mieträume (Zustellen von Heizkörpern) sowie Manipulationen an den Lichtschaltern durch die Untermieter.

In Bezug auf die Nebenkostenabrechnung des Vermieters für 2009 ist zu bedenken, dass es sich dabei um vier einzelne Nebenkostenabrechnungen handelt. Diese beziehen sich auf Grundflächen von 326,4 qm, 1 112 qm, 152,4 qm und 5 912,4 qm. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Kläger aber nur Gewerbeeinheiten von “etwa 5.912 qm und 326 qm” ange- bzw. untervermietet. Was es mit den weiteren Gewerbeflächen von 1 112 qm und 152,4 qm auf sich hat, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht hervor. Gleichwohl umfasst der von den Klägern für das Jahr 2009 angesetzte Rückstellungsgesamtbetrag auch die Nachforderungen des Vermieters für diese Flächen.

Zu der von der Vorinstanz angewendeten Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG ist zu bemerken, dass die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung und für ihre Minderung aufgrund voraussichtlich mit der Erfüllung der Verpflichtung verbundener Vorteile parallel laufen. Eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten darf –neben anderen Voraussetzungen– dem Grunde nach nur dann gebildet werden, wenn die Geltendmachung der Verpflichtung nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (s.o.). Entsprechendes gilt für die Gegenrechnung von mit der betreffenden Rückstellung sachlich zusammenhängenden “künftigen Vorteilen”. Dieser einheitliche Bewertungsansatz ist geboten, um die tatsächlich eintretende Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit exakt bemessen zu können.

Was die vorliegend streitige Quantifizierung “künftiger Vorteile” anbetrifft, ist aufgrund des genannten Gleichlaufs ebenfalls maßgeblich, in welcher Höhe der jeweilige Zukunftsvorteil mit überwiegender Wahrscheinlichkeit realisiert werden wird. Dies ist –allgemeinen Regeln der Rückstellungsbildung folgend auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Sind Geldforderungen als “künftiger Vorteil” zu erwarten, ist für deren kompensatorische Berücksichtigung zunächst auf ihren voraussichtlichen Nennwert abzustellen. Davon ausgehend können u.a. etwaige über das allgemeine Kreditrisiko hinausgehende spezifische Ausfallrisiken in die einheitliche Rückstellungsbewertung miteinfließen, wobei den Steuerpflichtigen für solche steuermindernden Umstände die Darlegungs- und Beweislast trifft (s.o.). Auch betriebliche Erfahrungen der Vergangenheit sowie wertaufhellende Umstände sind bei der insoweit anzustellenden Gesamtbetrachtung berücksichtigungsfähig. Nicht in Betracht kommt dagegen der Ansatz eines von den Umständen des Einzelfalls losgelösten branchenüblichen Sicherheitsabschlags.
Die von den Klägern gegen § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken teilt der Senat nicht. Die von ihnen gesehene Gefahr eines Verstoßes gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip (zweimalige Gewinnerhöhung, einmal im Zeitpunkt der Rückstellungsbildung durch die Gegenrechnung “künftiger Vorteile” und ein weiteres Mal durch eine gewinnwirksame Auflösung der Rückstellung bei Betriebseinstellung) ist nicht erkennbar. Die Rückstellung wirkt sich –auch in ihrer aufgrund der Vorteilsanrechnung geminderten Höhe– in demselben Umfang gewinnmindernd aus, wie sie im Falle ihrer Auflösung den Gewinn erhöht. Dazu bedarf es keiner wie auch immer gearteten weitergehenden Kompensation des Ausfalls der Nachzahlungen der Untermieter.
In Anknüpfung an die Rechtsausführungen der Beteiligten weist der Senat zuletzt noch auf folgende Gesichtspunkte hin:
Da eine eventuell zum 31. Dezember 2008 zu bildende Rückstellung nicht nur zu diesem Stichtag, sondern auch zum 31. Dezember 2009 bewertet werden muss, wird im Streitfall hinsichtlich der “künftigen Vorteile” zu berücksichtigen sein, dass sich die Bonität der Untermieter von Jahr zu Jahr verändern, also sich verschlechtern oder gegebenenfalls auch wieder ins Positive wenden kann. Die diesbezügliche Prognose ist insoweit jeweils neu anzustellen.

Hinsichtlich einer etwaigen Wertaufhellung durch die Nebenkostenabrechnung für 2009 müsste wie folgt differenziert werden:
Läge die Erteilung der Nebenkostenabrechnung zeitlich nach dem –vom FG nicht festgestellten– Tag der fristgemäßen Bilanzerstellung für 2009, könnte der vom Vermieter geltend gemachte Nachforderungsbetrag nicht mehr als wertaufhellender Umstand verwertet werden (Nachweise unter II.2.a bb). Stattdessen könnte sich die Höhe der Rückstellung für die Nebenkostennachforderung 2009 –unbeschadet einer gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG vorzunehmenden Abzinsung– dann nur an den zum Bilanzstichtag bereits bekannten (niedrigeren) Vorjahreswerten orientieren.
Demgegenüber müsste anstelle der Rückstellung eine Verbindlichkeit des Klägers in der vom Vermieter abgerechneten bzw. zutreffenderweise abzurechnenden Höhe passiviert werden, wenn der Erteilungszeitpunkt innerhalb des Wertaufhellungszeitraums gelegen hätte.

Der Anspruch auf Nachzahlung von Nebenkosten richtet sich bei Mietverhältnissen über Gewerberäume mangels entsprechender Verweisung in § 578 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nicht nach § 556 BGB i.V.m. der Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl I 2003, 2346), sondern resultiert unmittelbar aus den jeweiligen Mietverträgen. Der Zugang der Nebenkostenabrechnung des Vermieters wirkt sich dabei gemäß § 271 BGB so aus, dass eventuelle –mietvertraglich bereits begründete– Nachforderungen erst ab diesem Zeitpunkt hinreichend konkretisiert und damit fällig werden.
Wie bereits ausgeführt, ist im Streitfall bislang nicht zweifelsfrei festgestellt, inwiefern derartige Vereinbarungen zwischen den jeweiligen Vertragsparteien bestanden.

Diese mietrechtliche Lage bedingt, dass Nebenkostennachforderungen in der Steuerbilanz bis zum Zugang der Abrechnung in Form von Rückstellungen für der Höhe nach noch ungewisse Verbindlichkeiten abzubilden sind. Ist die Abrechnung erteilt und steht damit die Nachforderungshöhe fest, ist die jeweilige Rückstellung aus- und eine Verbindlichkeit in abgerechneter Höhe einzubuchen.
Soweit zu den Verbindlichkeiten des Klägers Nachzahlungsansprüche gegen die Untermieter korrespondieren (aus den unter II.2.b genannten Gründen ist diese Spiegelbildlichkeit nicht zwingend), gilt entsprechend, dass eine Forderungsaktivierung nur erfolgen kann, wenn und soweit die umlagefähige Höhe der Nebenkosten aufgrund der Vermieterabrechnung feststeht.

Zwar sind Forderungen nach der Rechtsprechung u.a. des erkennenden Senats bereits dann in der Steuerbilanz auszuweisen, wenn die für ihre Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Kaufmann mit der künftigen rechtlichen Entstehung des Anspruchs fest rechnen kann. Dabei ist es für die Gewinnrealisierung im Grundsatz ohne Belang, ob am Bilanzstichtag bereits die Rechnung erteilt worden ist, die geltend gemachten Ansprüche noch abgerechnet werden müssen oder ob der Fälligkeitszeitpunkt erst nach dem Bilanzstichtag liegt. Dies bezieht sich allerdings auf den Fall, dass die noch ausstehende Abrechnung durch den Steuerpflichtigen selbst vorgenommen wird. Hängt die Höhe einer durch Abrechnung noch wesentlich zu konkretisierenden Forderung zusätzlich von Abrechnungshandlungen einer dritten, außerhalb der Einflusssphäre des Steuerpflichtigen stehenden Person oder Stelle ab, mangelt es hingegen an der für eine Forderungsaktivierung notwendigen Gewissheit.

Veräußerung oder Rückabwicklung eines „Geschlossener Immobilienfonds“

Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass die als Kaufpreis bezeichnete Gegenleistung teilweise auch für andere Verpflichtungen des Veräußerers erbracht worden ist (hier: Verzicht auf Schadensersatzansprüche, Rücknahme von Klagen), die nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 EStG erfüllen, ist der vereinbarte Kaufpreis insoweit aufzuteilen.
Für Zwecke der Aufteilung ist das veräußerte Wirtschaftsgut zu bewerten; übersteigt die Gegenleistung den Wert des veräußerten Wirtschaftsguts, spricht dies dafür, dass der übersteigende Teil der Gegenleistung nicht zum Veräußerungspreis gehört, sondern eine andere Verpflichtung entgolten oder ein Teil der Gegenleistung unentgeltlich zugewendet werden soll.
BFH Urteil vom 11.07.2017 – IX R 27/16 BFH/NV 2017, 1601

Sachverhalt:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegt und wie ggf. der Veräußerungsgewinn zu berechnen ist.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr (2009) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger trat im August 1999 mit Wirkung zum 31. Oktober 1999 als Treugeber-Kommanditist mit einem Kapitalanteil von 50.000 DM der Z-KG bei. Der Gesellschaftszweck der als geschlossener Immobilienfonds konzipierten Gesellschaft bestand im Erwerb, in der Errichtung, der Verwaltung, der Vermietung sowie der Verwertung von Immobilien. Die Z-KG war Eigentümer von Immobilien oder erwarb Beteiligungen an Objektgesellschaften.

Die Z-KG war –neben weiteren geschlossenen Immobilienfonds– ab 1995 von der B-AG initiiert worden. Diese hatte sich dazu mehrerer zwischengeschalteter Tochtergesellschaften bedient, u.a. der L-Bank sowie der Y-GmbH. An den Fondsgesellschaften wurden Treuhandkommanditisten beteiligt, die sowohl im eigenen Namen als auch für noch zu werbende Treugeber Gesellschaftsanteile hielten. Kapitalanlegern wie dem Kläger wurde nach einheitlichem Muster der Abschluss von Treuhandverträgen angeboten, wonach sich der Treuhandkommanditist verpflichtete, seine Beteiligung künftig treuhänderisch für die Kapitalanleger (Treugeber) zu verwalten. Der Treuhandkommanditist übte seine Gesellschafterrechte nach deren Weisungen aus. Im Innenverhältnis der Gesellschafter zueinander und im Verhältnis zur Gesellschaft wurden die Treugeber wie unmittelbar beteiligte Kommanditisten behandelt. Sie durften an den Gesellschafterversammlungen teilnehmen und die auf ihre Beteiligungen entfallenden Stimmrechte sowie die einem Kommanditisten nach dem Gesetz zustehenden Kontroll- und sonstigen Rechte unmittelbar selbst ausüben. Dem Kläger stand außerdem ein Andienungsrecht zu, nach Ablauf von 25 Jahren den Anteil zum Nominalwert und nach Ablauf von 30 Jahren zu 115 % des Nominalwerts an eine Konzern-Gesellschaft der B-AG zurückzugeben.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Fonds entsprach nicht den Erwartungen des Klägers. Zusammen mit einer Vielzahl weiterer Anleger beteiligte sich der Kläger an einem Sammelklageverfahren und erhob eine Schadensersatzklage gegen die L-Bank und die Y-GmbH. Mit der Klage begehrte der Kläger u.a. die Zahlung von 16.115,72 EUR nebst Zinsen sowie die Freistellung von den Verpflichtungen aus dem Bankdarlehen zur Finanzierung der Beteiligung Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung an der Z-KG. Inhaltlich war die Klage auf vertragliche und deliktische Schadensersatzansprüche und einen Einwendungsdurchgriff nach dem Verbraucherkreditgesetz gestützt. Der Fondsprospekt habe vielfach erhebliche unrichtige oder unvollständige Angaben enthalten bzw. nachteilige Umstände nicht dargestellt. Der geltend gemachte Schaden ermittelte sich aus dem Betrag der Einlage zzgl. eines Agio von 5 % sowie den Finanzierungskosten der Beteiligung und entgangenen Zinsen für den Eigenkapitalanteil abzüglich aller erhaltenen Ausschüttungen.

Im Jahr 2005 unterbreitete die Y-GmbH dem Kläger ein Angebot zum Erwerb seiner Fondsanteile, das er aber nicht annahm. Vielmehr hielt der Kläger seine Klage aufrecht. Die Y-GmbH machte dem Kläger am 1. Dezember 2008 ein neues Angebot. Der als Vergleichsvertrag bezeichnete Vertrag bestimmte als Zahlungsverpflichtung einen Prozentsatz der auf die Fondsbeteiligung gezahlten Kapitaleinlage zzgl. einer Verzinsung für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis sechs Wochen nach der Annahme des Angebots abzüglich der Ausschüttungen und Quellensteuern, die für den genannten Zeitraum gezahlt wurden. Das Angebot war unwiderruflich und befristet. Die Annahme des Angebots war nur möglich, wenn die Schadensersatzklage vor dem Annahmetag zurückgenommen war. Der Kläger nahm das Angebot innerhalb laufender Frist am 23. Dezember 2008 an. Zugleich verzichtete er auf alle gegenwärtigen und zukünftigen Schadensersatzansprüche, die mit dem Erwerb der Beteiligung zusammenhingen. Der Kläger erhielt im Jahr 2009 von der Y-GmbH eine Auszahlung in Höhe von 23.603,19 EUR. Die Z-KG bestand nach dem Ausscheiden des Klägers als geschlossener Immobilienfonds fort.

Mit (geändertem) Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 14. September 2012 erfasste der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) mit Blick auf den von der Y-GmbH geleisteten Auszahlungsbetrag bei dem Kläger erstmals Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Das FA übernahm dabei die jeweilige Veräußerungsgewinnberechnung, die sich aus einer (informatorischen) Mitteilung des für die Fondsgesellschaften zuständigen Finanzamts ergab. Danach wurden die nachfolgenden Veräußerungsgewinne ermittelt:
Auszahlungsbetrag 23.603,19 EUR
+ anteilige Verbindlichkeiten + 66.662,87 EUR
= gesamter Veräußerungspreis 90.266,06 EUR
x anteiliger Veräußerungspreis der Immobilien x 76,85 %
= 69.372,81 EUR
./. anteilige steuerliche Buchwerte der Immobilien 56.362,32 EUR
= Veräußerungsgewinn 13.010,49 EUR
Aus den mitgeteilten Werten ergibt sich nicht, auf welchen Stichtag die anteiligen Verbindlichkeiten und der anteilige steuerliche Buchwert der Immobilien ermittelt worden sind.

Der vom Kläger gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg.
Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1612 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Der Kläger habe seine Beteiligung veräußert und dadurch den Tatbestand des § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erfüllt. Eine Rückabwicklung der ursprünglichen Anschaffung liege nicht vor. Der Verzicht auf Schadensersatz und die weiteren vom Kläger eingegangenen Verpflichtungen hätten nur den Charakter von Nebenleistungen oder Klarstellungen. Das FA habe auch den Veräußerungsgewinn zutreffend ermittelt. Der Veräußerungsgewinn entfalle nicht in Höhe von 36,35 % auf Schadensersatzansprüche.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Sie tragen u.a. vor, sie hätten für ihre Beteiligung an dem Fonds Schadensersatz erhalten. Der Wert des Fonds habe 0 EUR betragen. Mehr hätte ein fremder Dritter nicht bezahlt. Es habe daher kein Veräußerungsgeschäft, sondern eine Rückabwicklung vorgelegen. Zudem sei der Veräußerungsgewinn fehlerhaft ermittelt worden. Auch das rechtliche Gehör sei verletzt worden.
Die Kläger beantragen, das Urteil des FG Köln vom 1. Juni 2016 14 K 545/14 und die Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2014 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 14. September 2012 dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften des Klägers um 13.011 EUR niedriger angesetzt werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Es liege ein privates Veräußerungsgeschäft vor und der Veräußerungsgewinn sei unter Einbeziehung der Verbindlichkeiten zutreffend ermittelt worden. Der Kläger habe sich im Vergleichswege geeinigt und auf “etwaige” Schadensersatzansprüche verzichtet. Daher sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger eine pauschale Schadensersatzzahlung erhalten habe. Über die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche sei keine rechtsverbindliche Aussage getroffen worden. Ob daher Schadensersatzansprüche überhaupt bestanden hätten, sei ungeklärt. Daher sei auch keine Aufteilung des Kaufpreises vorzunehmen.

Begründung:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
Das FG hat zwar ohne Rechtsfehler den Vergleichsvertrag vom 23. Dezember 2008 als steuerbare Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gewürdigt. Es hat aber den Veräußerungsgewinn rechtlich fehlerhaft ermittelt. Zur Begründung verweist der Senat auf seine Entscheidungen vom 6. September 2015 IX R 27/15, die sich mit vergleichbaren Fondsbeteiligungen befassen.
Die vom FA vorgenommene Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft lässt sich auch nicht auf die in der Folge des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 17. August 2007 (BGBl I 2007, 1912) geänderte Fassung des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG stützen. Danach ist der Gewinn oder Verlust aus Veräußerungsgeschäften nach Absatz 1 der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits. Auch dieser Formulierung des Gesetzes lässt sich eindeutig entnehmen, dass § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG die Frage der Steuerbarkeit der Grundstücksveräußerung betrifft, aber nicht die “Technik” der Gewinnermittlung beeinflusst (so aber A. Fink, Neue Wirtschafts-Briefe –NWB– 2016, 3912 und NWB 2017, 643, 648; Lupczyk, Finanz-Rundschau 2017, 177, 184). Der Gesetzesbegründung lässt sich ein derartiges, mit der Anpassung der Formulierung verfolgtes Regelungsziel ebenfalls nicht entnehmen, da dort lediglich von “redaktionelle(n) Änderungen” gesprochen wird (vgl. BTDrucks 16/4841, S. 58).

Anders als das FG meint, ist die als Vergleichsbetrag bezeichnete Gegenleistung teilweise auch für den Verzicht auf Schadensersatzansprüche des Veräußerers erbracht worden. Soweit das FG zu dem Schluss gelangt ist, etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers seien nicht werthaltig, wird dieser Schluss nicht von seinen tatsächlichen Feststellungen getragen. Denn Sinn und Zweck der Vergleichsvereinbarung war es, den hinter der B-AG und L-Bank stehenden Gewährträger der öffentlichen Hand von seiner Haftung zu befreien. Aufgrund der bestehenden Gewährträgerhaftung ist es auch nicht möglich, die Ansprüche des Klägers als nicht durchsetzbar einzuordnen.

Das Verfahren ist nicht spruchreif und an das FG zurückzuverweisen. Der Senat kann auf der Grundlage der Feststellungen des FG nicht beurteilen, ob der Kläger aus der Veräußerung seiner mittelbaren Beteiligung einen Gewinn oder Verlust erzielt hat. Hinsichtlich der vom FG vorzunehmenden Aufklärungsmaßnahmen und der weiteren Ermittlung des Veräußerungsgewinns verweist der Senat ebenfalls auf seine Entscheidungen und die dortigen Ausführungen.

Kein Abzug der von dem Nießbraucher getragenen Erhaltungsaufwendungen i.S. des § 82b EStDV nach dessen Tod durch den Eigentümer

Hat der die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbraucher größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre verteilt und wird der Nießbrauch durch den Tod des Nießbrauchers innerhalb des Verteilungszeitraums beendet, kann der Eigentümer den verbliebenen Teil der Erhaltungsaufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend machen.

Es besteht keine Rechtsgrundlage für einen interpersonellen Übergang des verbliebenen Teils der von dem Nießbraucher getragenen Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer. Insbesondere begründet bei Beendigung des Nießbrauchs durch den Tod des Nießbrauchers die Regelung des § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV nicht die interpersonelle Überleitung der Erhaltungsaufwendungen auf den Eigentümer.
Die Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre ändert nicht deren Rechtsnatur als Werbungskosten.
Der verbliebene Teil der Erhaltungsaufwendungen ist bei den Einkünften des Nießbrauchers aus Vermietung und Verpachtung im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Nießbrauchs abzuziehen.

BFH Beschluss vom 25.09.2017 – IX S 17/17 BFH/NV 2017, 1603

Sachverhalt:
Streitig ist, ob die als Eheleute zusammenveranlagten Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) bei ihrer Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 2015 im Rahmen der Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung einen Werbungskostenabzug für Erhaltungsaufwendungen geltend machen können, die die am… Januar 2014 verstorbene Mutter des Klägers, deren Alleinerbe er ist, vor ihrem Tod bezahlt hat und für welche von der Erblasserin eine Verteilung nach § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) beantragt wurde.

Im Jahr 2010 übertrug die Mutter dem Kläger unentgeltlich das Eigentum an zu Wohnzwecken vermieteten Immobilien in der A-Straße, B-Straße und C-Straße in Z. Sie behielt sich jeweils einen lebenslangen dinglichen Nießbrauch vor. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Objekte wurden weiter von der Mutter erklärt und in ihren Einkommensteuerbescheiden erfasst.
Im Jahr 2013 wandte die Mutter für Erhaltungsaufwendungen am Objekt A-Straße 217.503 EUR auf. Sie nahm mit Vertrag vom 1. Juli 2013 ein Darlehen bei der S-Bank (S) in Höhe von 235.000 EUR auf. In dem Vertrag werden als Verwendungszwecke der Einbau einer Zentralheizungsanlage und weitere Sanierungsmaßnahmen in dem Objekt benannt. Der Kläger übernahm zur Besicherung dieses Darlehens eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 258.500 EUR und bestellte eine Grundschuld an dem Objekt. Die nach dem Tod der Mutter fällig gewordenen monatlichen Raten für das im Zeitpunkt ihres Todes noch in Höhe von 226.161,55 EUR valutierte Darlehen entrichtete der Kläger an die S. Die Mutter beantragte eine Verteilung der Erhaltungsaufwendungen auf fünf Jahre und zog im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Einkommensteuer für 2013 Werbungskosten in Höhe von (217.503 EUR: 5 =) 43.501 EUR und bei der Einkommensteuer für 2014 Werbungskosten in Höhe von (43.501 EUR: 12 =) 3.625 EUR ab. Nach dem Tod der Mutter löste der Kläger das von dieser aufgenommene Darlehen ab und nahm zu diesem Zweck ein neues Darlehen bei der S auf.
Ebenfalls im Jahr 2013 wandte die Mutter für Erhaltungsaufwendungen am Objekt B-Straße 41.727 EUR auf. Sie beantragte eine Verteilung auf zwei Jahre und zog insoweit im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Einkommensteuer für 2013 Werbungskosten in Höhe von (41.727 EUR: 2 =) 20.864 EUR und bei der Einkommensteuer für 2014 Werbungskosten in Höhe von (20.864 EUR: 12 =) 1.739 EUR ab.

Im Jahr 2014 wandte die Mutter weitere Erhaltungsaufwendungen am Objekt B-Straße in Höhe von 2.175 EUR auf. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 wurde eine Verteilung auf zwei Jahre beantragt und bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 ein Werbungskostenabzug in Höhe von (2.175 EUR: 2: 12 =) 91 EUR berücksichtigt.
Ebenfalls im Jahr 2014 wandte die Mutter Erhaltungsaufwendungen am Objekt C-Straße in Höhe von 834 EUR auf. In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 wurde eine Verteilung auf zwei Jahre beantragt und bei der Einkommensteuerfestsetzung für 2014 ein Werbungskostenabzug in Höhe von (834 EUR: 2: 12 =) 35 EUR berücksichtigt.
Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 die folgenden Erhaltungsaufwendungen aus den Vorjahren als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung geltend:
– Objekt A-Straße aus dem Jahr 2013:
(43.501 EUR./. 3.625 EUR =) 39.876 EUR;
– Objekt B-Straße aus dem Jahr 2013:
(20.864 EUR./. 1.739 EUR =) 19.125 EUR;
– Objekt B-Straße aus dem Jahr 2014:
(2.175 EUR: 2./. 91 EUR =) 997 EUR.

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt –FA–) berücksichtigte die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen erklärungsgemäß in dem Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2014.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger die folgenden Erhaltungsaufwendungen aus den Vorjahren als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung geltend:
– Objekt A-Straße aus dem Jahr 2013: 43.501 EUR;
– Objekt B-Straße aus dem Jahr 2014: 1.088 EUR;
– Objekt C-Straße aus dem Jahr 2014: 419 EUR.

Das FA setzte in dem Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2015 vom 9. Januar 2017 die Einkommensteuer auf 90.158 EUR fest. Dabei fehlinterpretierte das FA die Angaben in den Anlagen V der Jahre 2014 und 2015 und übersah die von den Klägern eingereichte Übersicht zu den Erhaltungsaufwendungen der Mutter. Bei dem Objekt A-Straße setzte es nur einen Betrag von 3.625 EUR an und führte dazu in den Erläuterungen aus, höhere Aufwendungen könnten nach den Abzügen in den Vorjahren nicht mehr berücksichtigt werden. Bei dem Objekt B-Straße erkannte es neben den erklärten Erhaltungsaufwendungen in Höhe von 1.088 EUR aus dem Jahr 2014 noch Aufwendungen in Höhe von 1.739 EUR aus dem Jahr 2013 an und erläuterte dies dahingehend, dieser Betrag sei noch übrig gewesen. Bei dem Objekt C-Straße erkannte es den geltend gemachten Abzug in Höhe von 419 EUR nicht an, weil im Vorjahr keine entsprechenden Aufwendungen erklärt worden seien.
Den gegen den Einkommensteuerbescheid für 2015 eingelegten Einspruch wies das FA nach vorherigem Verböserungshinweis, dass die Werbungskostenabzüge für die in den Vorjahren getätigten Erhaltungsaufwendungen der Erblasserin nicht mehr gewährt werden sollten, durch Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2017 als unbegründet zurück und setzte die Einkommensteuer 2015 auf 92.410 EUR fest.
Die Kläger erhoben hiergegen Klage und beantragten zugleich gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die teilweise Aussetzung der Vollziehung (AdV). Das Finanzgericht (FG) hat zunächst mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 811 veröffentlichten Beschluss vom 30. März 2017 (Az. 7 V 7052/17) dem Aussetzungsantrag überwiegend stattgegeben.
Die Klage wies das FG als unbegründet ab und führte in seinem in EFG 2017, 1415 veröffentlichten Urteil vom 12. Juli 2017 im Wesentlichen aus, die von der Erblasserin getragenen Erhaltungsaufwendungen könnten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden. Eine Übertragung verbleibender Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV scheide in Rechtsnachfolgefällen aus. Aus dem Beschluss des Großen ergebe sich, dass eine besondere Regelung erforderlich wäre. Eine solche gesetzliche Anordnung fehle aber für nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV. § 11d Abs. 1 EStDV könne insoweit nicht analog angewendet werden. Dass der Kläger als Sicherheitengeber und Erbe für das von der Mutter aufgenommene Darlehen einzustehen habe, könne die Zurechnung der von der Erblasserin getragenen Erhaltungsaufwendungen an den Kläger nicht begründen.
Das FG hat in dem Urteil die Revision zum BFH zugelassen. Unter Hinweis auf die beabsichtigte Einlegung der Revision beantragten die Kläger beim FA die erneute AdV. Mit Schreiben vom 10. August 2017 lehnte das FA den Antrag ab. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 18. August 2017 als unbegründet zurück und wies die Kläger darauf hin, dass sie beim BFH einen Antrag auf AdV gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 69 FGO stellen können.

Die Kläger legten Revision (Az. IX R 22/17) gegen das Urteil des FG ein und beantragen die teilweise AdV des Einkommensteuerbescheids für 2015. Sie führen im Rahmen des Antrags im Wesentlichen aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids, weil die Frage der Übertragbarkeit von verbleibenden Aufwendungen nach § 82b EStDV in Rechtsnachfolgefällen in finanzgerichtlicher Rechtsprechung und Literatur umstritten sei. Die beim Erblasser nicht berücksichtigten Erhaltungsaufwendungen i.S. des § 82b EStDV könnten beim Erben als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden, denn im Fall der Gesamtrechtsnachfolge trete der Rechtsnachfolger materiell-rechtlich in die steuerrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein (Hinweis auf § 11d Abs. 1 EStDV).

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids für 2015 vom 9. Januar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Februar 2017 in Höhe eines Teilbetrags von 19.494,92 EUR für die Einkommensteuer und eines Teilbetrags von 123,86 EUR für den Solidaritätszuschlag ab Fälligkeit bis einen Monat nach Erledigung des Revisionsverfahrens auszusetzen.
Das FA beantragt, die AdV abzulehnen.
Begründung:

Der Antrag auf AdV des Einkommensteuerbescheids für 2015 ist unbegründet und war deshalb abzulehnen.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u.a. dann ganz oder teilweise auszusetzen, wenn –worüber im vorliegenden Verfahren allein gestritten wird– ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Verwaltungsaktes bestehen.

Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit für das Hauptsacheverfahren überwiegen.

Nach diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Einkommensteuerbescheids für 2015. Ein interpersoneller Übergang der von der Nießbrauchberechtigten getragenen, aber nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen i.S. von § 82b EStDV auf den Kläger als Eigentümer der vermieteten Objekte scheidet aus. Für den Abzug dieser Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung fehlt die hierfür erforderliche Rechtsgrundlage.
Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind. Grundsätzlich sind Werbungskosten nach § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG in dem Veranlagungszeitraum abzuziehen, in dem sie geleistet worden sind. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. r Doppelbuchst. aa EStG i.V.m. § 82b Abs. 1 Satz 1 EStDV kann der Steuerpflichtige größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden, die im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehören und überwiegend Wohnzwecken dienen, abweichend von § 11 Abs. 2 EStG auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen. Wird das Gebäude während des Verteilungszeitraums veräußert, ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung als Werbungskosten abzusetzen (§ 82b Abs. 2 Satz 1 EStDV). Das Gleiche gilt, wenn ein Gebäude in ein Betriebsvermögen eingebracht oder nicht mehr zur Einkunftserzielung genutzt wird (§ 82b Abs. 2 Satz 2 EStDV).

Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat das FG im Streitfall zu Recht angenommen, dass ein interpersoneller Übergang des verbliebenen Teils der Erhaltungsaufwendungen auf den Kläger als Eigentümer ausscheidet.
Zwischen den Beteiligten steht zwar außer Streit, dass in der Person der Nießbrauchberechtigten die Voraussetzungen für deren Wahlrechtsausübung gemäß § 82b Abs. 1 EStDV vorgelegen haben.
Wer als Vorbehaltsnießbraucher an Mietwohngrundstücken –wie im Streitfall die Erblasserin– den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht, kann grundsätzlich alle selbstgetragenen Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, bei denen objektiv ein Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung besteht und die subjektiv zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Das gilt auch für größere Reparaturaufwendungen, die als Erhaltungsaufwand sofort oder gemäß § 82b EStDV auf zwei bis fünf Jahre verteilt abziehbar sind.

Durch den Tod der Nießbrauchberechtigten erlosch der Nießbrauch (§ 1061 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs –BGB–) und der Kläger trat als Eigentümer kraft Gesetzes (§§ 566 Abs. 1, 1056 Abs. 1 BGB) –insoweit unabhängig von seiner Alleinerbenstellung und der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB, § 45 der Abgabenordnung –AO–)– anstelle der Nießbrauchberechtigten in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Nach dem Tod der Nießbrauchberechtigten erzielte daher

Es besteht indes keine gesetzliche Grundlage für einen interpersonellen Übergang des verbliebenen Teils der von der Nießbrauchberechtigten getragenen Erhaltungsaufwendungen auf den Kläger.
Die von der verstorbenen Nießbrauchberechtigten getragenen Erhaltungsaufwendungen haben die persönliche Leistungsfähigkeit des Klägers nicht gemindert. Daher gebietet das sich aus dem Leistungsfähigkeitsprinzip ergebende Nettoprinzip nicht die Berücksichtigung der steuerlich nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen der Nießbrauchberechtigten bei der Ermittlung der Einkünfte des Klägers.
Eine ausdrückliche Regelung für die Überleitung von intertemporal verteilten Erhaltungsaufwendungen i.S. von § 82b Abs. 1 EStDV nach dem Tod der Nießbrauchberechtigten auf den Eigentümer existiert nicht (gleicher Ansicht FG Münster, Urteil vom 15. April 2016 4 K 422/15 E, EFG 2016, 896, rechtskräftig, für den Fall der vertraglichen Aufhebung des Nießbrauchrechts).
Eine unmittelbare Anwendung des § 11d Abs. 1 Satz 1 EStDV scheidet bereits deshalb aus, weil lediglich der Übergang von steuerlich noch nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen in Streit steht. Die Verteilung größerer Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre ändert nicht deren Rechtsnatur als Werbungskosten.

Der Kläger kann diese auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des § 11d Abs. 1 EStDV in Anspruch nehmen. Die für eine Analogie erforderliche planwidrige Regelungslücke des § 11d Abs. 1 EStDV für Fälle des § 82b EStDV besteht nicht. In der als Personensteuer ausgestalteten Einkommensteuer ist die einzelne natürliche Person das Zurechnungssubjekt der von ihr erzielten Einkünfte (§ 2 Abs. 1 EStG). Bei § 11d Abs. 1 EStDV handelt es sich insoweit um eine atypische Regelung, in der in Ausnahme von der personalen Anknüpfung der Einkommensteuer bereits in der Person des Rechtsvorgängers begründete Besteuerungsmerkmale und Rechtspositionen beim unentgeltlichen Rechtsnachfolger fortwirken. Sie betrifft Absetzungen für Abnutzung, Absetzungen für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen, nicht aber Erhaltungsaufwendungen. Der Anwendungsbereich des § 11d Abs. 1 EStDV umfasst Absetzungen, bei denen ein Sofortabzug in voller Höhe unzulässig und die Verteilung auf mehrere zukünftige Veranlagungszeiträume zwingend ist, während bei den Erhaltungsaufwendungen der Sofortabzug im Zahlungsjahr der Regelfall ist und vom Steuerpflichtigen nur ausnahmsweise die Verteilung nach § 82b Abs. 1 EStDV gewählt werden kann. Die in § 11d Abs. 1 EStDV geregelten Konstellationen unterscheiden sich von den in § 82b Abs. 1 EStDV erfassten Fällen zudem darin, dass die Aufwandsverteilung bei den Absetzungen für Abnutzung, Absetzungen für Substanzverringerung und erhöhte Absetzungen dem regelmäßig über einen längeren Zeitraum eintretenden tatsächlichen Wertverzehr entspricht, während bei Erhaltungsaufwendungen grundsätzlich der Aufwand wirtschaftlich sofort entsteht. Es ist daher nicht erkennbar, dass der Verordnungsgeber mit der Regelung des § 11d Abs. 1 EStDV im Fall des Todes des Einkünfteerzielungssubjekts nicht verbrauchte Erhaltungsaufwendungen i.S. von § 82b Abs. 1 EStDV dem Eigentümer zuweisen wollte. Vielmehr hat der Verordnungsgeber in § 82b Abs. 2 EStDV ausdrücklich für bestimmte die Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen während des Verteilungszeitraums betreffende Beendigungstatbestände, den Abzug des noch nicht berücksichtigten Teils der Erhaltungsaufwendungen in dem jeweiligen Beendigungsjahr und nicht den interpersonellen Übergang auf ein nachfolgendes Einkünfteerzielungssubjekt vorgesehen. Auch der der Regelung des § 82b Abs. 1 EStDV zugrunde liegende, auf die Person des Steuerpflichtigen zugeschnittene Normzweck der besseren Ausnutzung seiner Tarifprogression, indem er seine Erhaltungsaufwendungen interperiodisch gleichmäßig verteilen kann, gebietet nach dessen Tod nicht, verbliebene Erhaltungsaufwendungen dem Eigentümer zuzuweisen.

Die von den Klägern begehrte interpersonelle Übertragung des Werbungskostenabzugs folgt im Streitfall auch nicht aus der Gesamtrechtsnachfolge des Klägers als Alleinerbe.
Ein solcher Übergang wäre mit dem der Einkommensteuer zugrunde liegenden Grundsatz der Individualbesteuerung und dem Prinzip der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit unvereinbar. Die personale Anknüpfung der Einkommensteuer garantiert die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die persönliche Steuerpflicht erstreckt sich auf die Lebenszeit einer Person; sie endet mit ihrem Tod. In diesem Fall ist die Veranlagung auf das bis zum Tod erzielte Einkommen zu beschränken. Erblasser und Erbe sind verschiedene Rechtssubjekte, die jeweils für sich zur Einkommensteuer herangezogen werden und deren Einkünfte getrennt ermittelt und dem jeweiligen Einkommensteuerrechtssubjekt zugerechnet werden. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass die bei der Erblasserin bis zu ihrem Tod nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen nicht auf den Kläger als Gesamtrechtsnachfolger übergehen und diesem nicht gestatten, diese Werbungskosten von eigenen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen. Der verbliebene Teil der Erhaltungsaufwendungen wäre vielmehr bei den Einkünften der verstorbenen Nießbrauchberechtigten aus Vermietung und Verpachtung im Veranlagungszeitraum der Beendigung des Nießbrauchs (2014) abzuziehen gewesen.
Ein interpersoneller Übergang des verbliebenen Teils der Erhaltungsaufwendungen folgt auch nicht aus der Regelung in R 21.1 Abs. 6 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinie. Danach kann im Fall der unentgeltlichen Übertragung des Gebäudeeigentums der Rechtsnachfolger den beim Rechtsvorgänger noch nicht berücksichtigten Teil der Erhaltungsaufwendungen in dem vom Rechtsvorgänger gewählten restlichen Verteilungszeitraum nach § 82b Abs. 1 Satz 1 EStDV geltend machen. Zum einen hat die Richtlinie als norminterpretierende Verwaltungsvorschrift keine Rechtsnormqualität und bindet die Gerichte nicht. Zum anderen ist diese Regelung nach einem Beschluss der Finanzverwaltung auf Bundesebene auch nicht anwendbar, wenn –wie hier– das die Grundlage der Einkünfteerzielung bildende Nießbrauchsrecht durch Tod des Nießbrauchers (Erblassers) endet (siehe Oberfinanzdirektion Karlsruhe vom 4. Dezember 2008 S 2526 A-St 111, TOP 9.2, juris).

Soweit in der Literatur (Kister in Herrmann/Heuer/Raupach, § 11 EStG Rz 160; Blümich/Schallmoser, § 21 EStG Rz 347; Schmidt/Kulosa, EStG, 36. Aufl., § 21 Rz 126) teilweise die interpersonelle Übertragung von nicht verbrauchten Erhaltungsaufwendungen nach § 82b Abs. 1 EStDV bei unentgeltlicher Rechtsnachfolge bejaht wird, nimmt diese indes keine Stellung zu dem im Streitfall zu beurteilenden Sachverhalt der Beendigung der Einkünfteerzielung durch den Tod der die Aufwendungen tragenden Nießbrauchberechtigten und dem daraufhin kraft Gesetzes (§§ 566 Abs. 1, 1056 Abs. 1 BGB) stattfindenden Eintritt des Eigentümers in das Mietverhältnis. Da jene in der Literatur angesprochenen Konstellationen –soweit ersichtlich– nicht mit dem Streitfall vergleichbar sind, bedarf es keiner Entscheidung des Senats, wie er jene Sachverhalte beurteilen würde.

Aus der Kostentragung durch die im Jahr 2013 die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielende Nießbrauchberechtigte folgt ebenfalls, dass der Kläger den verbliebenen Teil der Erhaltungsaufwendungen für das Objekt A-Straße aus dem Jahr 2013 nicht deswegen im Streitjahr im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abziehen kann, weil er für das von der Nießbrauchberechtigten aufgenommene Darlehen gebürgt, eine Grundschuld an dem bereits zu diesem Zeitpunkt in seinem Eigentum stehenden Objekt bestellt und das Darlehen nach dem Tod der Nießbrauchberechtigten abgelöst und zu diesem Zweck ein neues Darlehen aufgenommen hat. Das Eingehen einer Bürgschaftsverpflichtung und die Grundschuldbestellung durch den Kläger sind ebenso wie die Ablösung des bisherigen und die Aufnahme des neuen Darlehens lediglich Vorgänge auf der Vermögensebene, die sich als solche nicht steuererhöhend oder -mindernd auswirken und keine interpersonelle Übertragung der von einem anderen Einkommensteuerrechtssubjekt getragenen Erhaltungsaufwendungen herbeiführen.
Auch die Tatsache, dass infolge der vom FG zugelassenen Revision unter dem Az. IX R 22/17 beim BFH ein Revisionsverfahren in dem Rechtsstreit der Hauptsache geführt wird, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn aus der bloßen Zulassung der Revision ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheides.
Nach alledem besteht keine gesetzliche Grundlage für einen Abzug des verbliebenen Teils der Erhaltungsaufwendungen durch den Kläger.

Kosten zur Beseitigung von nach Anschaffung mutwillig herbeigeführter Substanzschäden keine “anschaffungsnahe Herstellungskosten”

Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, sind auch dann nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen, wenn die Maßnahmen vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden.
BFH Urteil vom 09.05.2017 – IX R 6/16 BFH/NV 2017, 1652

Sachverhalt:
Streitig ist, ob Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden, die erst nach Erwerb einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Eigentumswohnung (mutwillig) verursacht worden sind, als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sind, oder ob es sich insoweit um anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 9 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes (EStG) handeln kann.

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden als Eheleute im Streitjahr 2008 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erwarb mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 13. Februar 2007 eine vermietete Eigentumswohnung, die sich im Zeitpunkt des Übergangs von Nutzen und Lasten (1. April 2007) in einem betriebsbereiten und mangelfreien Zustand befand; die Anschaffungskosten für das Gebäude betrugen 104.101 EUR. Ein für das Objekt bestehendes Mietverhältnis ging nach § 566 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf die Klägerin über. Das Mietverhältnis wurde zunächst unbeanstandet fortgesetzt. Die Klägerin erklärte dementsprechend für das Jahr 2007 im Rahmen ihrer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung keine Erhaltungsaufwendungen für die vermietete Eigentumswohnung.
Im Streitjahr kam es zu Leistungsstörungen, da die Mieterin die Leistung fälliger Nebenkostenzahlungen verweigerte; ein in diesem Zusammenhang von der Klägerin angestrengter Zivilrechtsstreit hatte Erfolg. Vor diesem Hintergrund kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 15. September 2008. Im Zuge der Rückgabe der Mietsache stellte die Klägerin umfangreiche, von der Mieterin zu vertretende Schäden (eingeschlagene Scheiben an Türen, Schimmelbefall an Wänden, zerstörte Bodenfliesen) an der Eigentumswohnung fest. Darüber hi-naus hatte die Mieterin einen Rohrbruch im Badezimmer über Monate nicht gemeldet. Zur Beseitigung dieser Schäden machte die Klägerin in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 einen Betrag von (17.091,48 EUR zuzüglich Umsatzsteuer -soweit gesetzlich geschuldet- =) 19.913,36 EUR als sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwand geltend.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) erließ unter dem 17. Mai 2010 einen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in dem die geltend gemachten Aufwendungen zunächst als sofort abzugsfähige Werbungskosten bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt wurden.
Unter dem 16. Mai 2013 erließ das FA einen Einkommensteueränderungsbescheid, mit dem es den sofortigen Abzug der Erhaltungsaufwendungen versagte; das FA vertrat insoweit die Auffassung, dass es sich bei dem geltend gemachten Aufwand um anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 9 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG handele, da dieser 15 % der Anschaffungskosten für das Gebäude (104.101 EUR x 15 % = 15.615,15 EUR) überschreite.

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Kläger hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 630 veröffentlichten Urteil statt. Das FG vertrat die Auffassung, dass es sich bei den von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen zwar dem Wortlaut nach um anschaffungsnahe Herstellungskosten handele, da der insoweit aufgewendete Betrag in Höhe von 19.913,36 EUR nach Abzug der Umsatzsteuer die Grenze von 15 % der Anschaffungskosten für den Gebäudeanteil der Eigentumswohnung (15.615,15 EUR) überschreite. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sei indes teleologisch zu reduzieren mit dem Ergebnis, dass nachträglich eingetretene Schäden an erworbenen Gebäuden nicht unter ihren Anwendungsbereich fielen.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Es vertritt die Auffassung, dass § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG in Satz 2 der Vorschrift abschließend diejenigen Ausnahmen vorsehe, die nicht unter den Begriff der anschaffungsnahen Herstellungskosten fallen sollen. Danach zählten lediglich Aufwendungen für Erweiterungen i.S. des § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten; Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden, die nach Erwerb eines vermieteten Gebäudes anfallen, seien demgegenüber nicht vom Tatbestand der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausgenommen.
Das FA beantragt, das Urteil des FG vom 21. Januar 2016 11 K 4274/13 E aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Sie vertreten die Ansicht, das FG habe zu Recht eine teleologische Reduktion des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorgenommen und Aufwendungen für die Beseitigung von Schäden, die nach Erwerb eines vermieteten Gebäudes anfallen, vom Anwendungsbereich der Regelung ausgenommen; denn solche Aufwendungen stünden nicht mehr im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes.

Begründung:
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von den Klägern geltend gemachten Aufwendungen für die durchgeführten Renovierungsmaßnahmen nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen und damit lediglich im Rahmen der Absetzung für Abnutzung (AfA) zu berücksichtigen sind, sondern sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand darstellen und damit als Werbungskosten von den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können.
Aufwendungen, die –wie im Streitfall– durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erzielen, sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) sofort abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. In diesem Fall sind sie nur im Rahmen der AfA zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG).

Welche Aufwendungen zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB. Danach sind Anschaffungskosten die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, ferner die Anschaffungsnebenkosten und nachträglichen Anschaffungskosten. Herstellungskosten sind die Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.
Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG auch Auf-wendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Diese Aufwendungen erhöhen die AfA-Bemessungsgrundlage (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG), sie sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar.

Der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ist gesetzlich nicht definiert und bedarf daher der Auslegung. Hierunter sind bauliche Maßnahmen zu verstehen, durch die Mängel oder Schäden an vorhandenen Einrichtungen eines bestehenden Gebäudes oder am Gebäude selbst beseitigt werden oder das Gebäude durch Erneuerung in einen zeitgemäßen Zustand versetzt wird. Zu den Aufwendungen i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören daher unabhängig von ihrer handelsrechtlichen Einordnung sämtliche Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes vorgenommenen Instandsetzung und Modernisierung anfallen; hierzu zählen grundsätzlich auch sog. Schönheitsreparaturen (wie das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper, der Innentüren und Außentüren sowie der Fenster) sowie Kosten für die Herstellung der Betriebsbereitschaft. Nicht zu den Aufwendungen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG gehören nach dem Wortlaut des Satzes 2 der Vorschrift ausdrücklich nur Aufwendungen für Erweiterungen i.S. von § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen.
Für diese Auslegung hat der Senat in den genannten Grundsatzurteilen zum einen den Wortlaut und die Systematik der Vorschrift angeführt, die dafür sprechen, dass der Gesetzgeber bewusst den Begriff der Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen weit verstehen und eine im Einzelfall schwierige Abgrenzung von Erhaltungsaufwendungen zu Kosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft vermeiden wollte. Zum anderen spricht für diese Auslegung der vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG verfolgte Zweck, einerseits die bis zur Rechtsprechungsänderung des Senats bestehende Rechtslage zum anschaffungsnahen Aufwand gesetzlich festzuschreiben und andererseits aus Gründen der Rechtsvereinfachung und -sicherheit eine typisierende Regelung zu schaffen.

Unbeschadet der Frage, ob mit dieser Gesetzesbegründung die seinerzeitige höchstrichterliche Rechtsprechung und die durch sie verworfene frühere “Rechtslage” –in Form der in R 157 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien niedergelegten Auffassung und der hiervon im Einzelnen auch abweichenden Praxis der Finanzverwaltung– zutreffend wiedergegeben worden ist (anderer Ansicht z.B. Spindler, Der Betrieb –DB– 2004, 507, 509), findet sich darin kein Hinweis zu der im vorliegenden Streitfall entscheidenden Frage, ob Aufwendungen für “anschaffungsnah” durchgeführte Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, welche durch nach dem Erwerb eingetretene Schäden –im Sinne einer Kausalität– verursacht worden sind, vom Regelungsgehalt der Norm erfasst sein sollten. Der Gesetzgeber hat diese Frage erkennbar weder gesehen noch ausdrücklich in dem Sinne regeln wollen, dass solche Kosten unter den Tatbestand der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu subsumieren sind; da der nach der Gesetzesbegründung verfolgte Normzweck vielmehr lediglich auf die Aufrechterhaltung des Status Quo vor Ergehen. Danach fallen Kosten für (anschaffungsnahe, aber unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen jedenfalls dann nicht unter den Tatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, wenn der maßgebliche Schaden nach Erwerb des Gebäudes eingetreten und auf das schuldhafte Verhalten Dritter zurückzuführen ist. Eine solche teleologische Reduktion zielt darauf ab, den Geltungsbereich der Norm mit Rücksicht auf ihren Gesetzeszweck gegenüber dem zu weit gefassten Wortlaut einzuschränken sie ist im Streitfall vorzunehmen, weil eine auf den Wortlaut abstellende Auslegung über den Normzweck –die Wiederherstellung der Rechtslage vor Ergehen der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung zum anschaffungsnahen Aufwand– hinausgehen und mithin zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (so zutreffend Dickhöfer, Anm. zur Vorinstanz, EFG 2016, 632, 633).

Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall zutreffend die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen insgesamt nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zugeordnet.
Denn im Regelfall kann zwar von einer Renovierung und Modernisierung im Zusammenhang mit der Anschaffung des Gebäudes ausgegangen werden, soweit bauliche Maßnahmen innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung durchgeführt werden. Insoweit enthält die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG eine Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten, ohne dass es einer Einzelfallprüfung bedarf. Übersteigen die hierfür angefallenen Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der für den Erwerb des Gebäudes aufgewandten Anschaffungskosten, sind diese insgesamt als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zu behandeln..

Im Rahmen dieser Regelvermutung sind auch die Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung verdeckter –im Zeitpunkt der Anschaffung des Gebäudes jedoch bereits vorhandener– Mängel den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen; denn bei der Abgrenzung des sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwands von den Herstellungskosten kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen des Erwerbers vom Zustand des Gebäudes an. Soweit der BFH in früheren Entscheidungen die Auffassung vertreten hat, die Kosten der Beseitigung verdeckter Mängel seien allgemein nicht als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu beurteilen, weil solche Mängel zu keiner Minderung des Kaufpreises geführt hätten..

Nichts anderes gilt für Kosten zur Beseitigung von bei Anschaffung des Gebäudes angelegter, aber erst nach dem Erwerb auftretender altersüblicher Mängel und Defekte; auch solche Aufwendungen sind ihrer Natur nach verdeckte Mängel und mithin in die Betragsgrenze der anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG mit einzubeziehen. Denn auch insoweit kann es nicht darauf ankommen, ob der Steuerpflichtige nach seinen subjektiven Vorstellungen im Zeitpunkt des Erwerbs von einer Mängelfreiheit des Gebäudes ausgegangen ist oder darauf vertraut hat, der Defekt werde nicht innerhalb von drei Jahren nach dessen Anschaffung auftreten.
Demgegenüber sind Kosten für Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Schadens, der im Zeitpunkt der Anschaffung nicht vorhanden und auch nicht in dem oben genannten Sinne “angelegt” war, sondern nachweislich erst zu einem späteren Zeitpunkt durch das schuldhafte Handeln eines Dritten am Gebäude verursacht worden ist, nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen, wenn die Maßnahmen –wie im Streitfall– vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft des Gebäudes durchgeführt werden müssen; denn die Regelvermutung für das Vorliegen anschaffungsnaher Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gilt jedenfalls für solche, von Dritten mutwillig herbeigeführte Schäden nicht. Diese Aufwendungen, die die mit dem gewöhnlichen Gebrauch der Mietsache verbundene Abnutzung (vgl. § 538 BGB) deutlich übersteigen (und die den Steuerpflichtigen ggf. auch berechtigen würden, Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG in Anspruch zu nehmen), sind vielmehr als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen.
Die Sache ist spruchreif.

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und daher den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) führte die Klägerin im Streitjahr an der Eigentumswohnung Renovierungsmaßnahmen zur Beseitigung von zahlreichen Schäden durch, die zeitlich gesehen erst nach dem Erwerb des Gebäudes verursacht worden sind und auf schuldhaftes Verhalten der Mieterin zurückzuführen waren. So hat das FG ausgeführt, dass die Mieterin sowohl die Eingangstür der Eigentumswohnung als auch Bodenbeläge (mutwillig) in ihrer Substanz beschädigt habe; ein weiterer Substanzschaden wurde durch einen nicht gemeldeten Wasserrohrbruch im Badezimmer verursacht. Demgegenüber hat das FG keine Umstände festgestellt, die den Schluss zulassen, die Klägerin habe das schadenstiftende Ereignis dazu genutzt, die Eigentumswohnung in einem größeren Umfang als erforderlich zu sanieren – was zwischen den Beteiligten auch zu keinem Zeitpunkt streitig war.

Die Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten Renovierungsaufwendungen ist auch nicht (anteilig) deshalb ausgeschlossen, weil die Instandsetzung auch Maßnahmen umfasst haben könnte, die –wie das Entfernen alter und das Anbringen neuer Tapeten oder das Streichen von Wänden, Decken und Türen– isoliert betrachtet zu den Schönheitsreparaturen zählen würden oder die –wie das Beseitigen eines Rohrbruches– der Behebung eines bei Anschaffung des Gebäudes angelegten, aber erst nach dem Erwerb auftretenden altersüblichen Mangels gedient haben mag. Denn auch wenn solcher Aufwand nach der geänderten Senatsrechtsprechung) grundsätzlich unabhängig von seiner handelsrechtlichen Einordnung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten führt,wären die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG –auch bei einer im Streitfall durchgeführten isolierten Betrachtung der genannten Maßnahmen– nicht erfüllt: Nach den dem Senat vorliegenden Akten des Streitfalles, auf die das FG im Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen hat, überschreiten die (Netto-)Kosten für die genannten Maßnahmen den maßgeblichen Betrag von 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes nicht. Vor diesem Hintergrund besteht für eine grundsätzlich mögliche Segmentierung der insgesamt aufgewandten Kosten kein Anlass.
Die von der Klägerin geltend gemachten Renovierungsaufwendungen sind mithin insgesamt als sofort abziehbare Werbungskosten bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen; sie stellen keine anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG dar. Die Höhe der Aufwendungen ist zwischen den Beteiligten ebenfalls nicht streitig.

Ende der Berufsausbildung, wenn die Ausbildungszeit durch Rechtsvorschrift festgelegt ist

Eine Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses der Abschlussprüfung, sondern erst mit Ablauf der Ausbildungszeit, wenn diese durch Rechtsvorschrift festgelegt ist.

BFH Urteil vom 14.9.2017, III R 19/16

Begründung (BFH):

Die Kindergeldgewährung aufgrund einer Berufsausbildung endet nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung, sondern erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 14. September 2017 III R 19/16 zu § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.
Im Streitfall absolvierte die Tochter des Klägers eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin, die nach der einschlägigen landesrechtlichen Verordnung drei Jahre dauert. Der Ausbildungsvertrag hatte dementsprechend eine Laufzeit vom 1. September 2012 bis zum 31. August 2015. Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015; in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Die Kindergeldgewährung setzte voraus, dass sich die Tochter in Berufsausbildung befand (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG). Die Familienkasse ging davon aus, dass eine Berufsausbildung bereits mit Ablauf des Monats endet, in dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, so dass es nicht auf das Ende der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit ankommt.

Die Familienkasse hob daher die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und verwies hierzu auf die Rechtsprechung des BFH, der zufolge eine Ausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet. Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt vor dem Finanzgericht das Kindergeld für den Monat August. Die Revision der Familienkasse hatte keinen Erfolg.
Der BFH hat mit dem neuen Urteil seine Rechtsprechung zur Dauer der Berufsausbildung präzisiert. In den bislang entschiedenen Fällen war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt des Ausbildungsverhältnisses. Hiervon unterscheidet sich der Streitfall, weil hier das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt ist. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes Baden-Württemberg dauert die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre. Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), der zufolge eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, war nicht einschlägig, da die Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert wurde, so dass das BBiG nicht anwendbar war. Damit endete die Berufsausbildung nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats.

Aufwendungen für heterologe künstliche Befruchtung in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft als außergewöhnliche Belastung

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) sind als außergewöhnliche Belastung (Krankheitskosten) auch dann zu berücksichtigen, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.
Da die Aufwendungen dazu dienen, die Fertilitätsstörung der Steuerpflichtigen auszugleichen, sind sie als insgesamt –einschließlich der auf die Bereitstellung und Aufbereitung des Spendersamens entfallenden Kosten– auf dieses Krankheitsbild abgestimmte Heilbehandlung darauf gerichtet, die Störung zu überwinden. Eine Aufteilung der Krankheitskosten kommt insoweit nicht in Betracht.

BFH Urteil vom 5.10.2017, VI R 47/15

Begründung:

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung führen nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Oktober 2017 VI R 47/15 auch dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.
Die Klägerin, die im Streitjahr (2011) in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebte, entschloss sich aufgrund ihrer Unfruchtbarkeit, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (heterologe künstliche Befruchtung). Die Behandlung ließ sie in einer dänischen Klinik durchführen. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Klägerin die Kosten dieser Behandlung von rund 8.500 € als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes geltend. Das Finanzamt ließ die Aufwendungen unter Hinweis auf die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen nicht zum Abzug zu. So sah es im Ergebnis auch das Finanzgericht (FG).

Demgegenüber hob der BFH das Urteil des FG auf und gab der Klage in vollem Umfang statt. Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation führen als Krankheitskosten zu einer außergewöhnlichen Belastung. Dem steht nach dem Urteil des BFH nicht entgegen, dass die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt. Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass die den Aufwendungen zugrunde liegende Behandlung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung im Einklang stehen muss. Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung führen daher nur zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn sie in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen werden. Dies bejaht der BFH für den Streitfall, da die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen mehrerer Bundesländer der bei der Klägerin vorgenommenen Kinderwunschbehandlung nicht entgegenstanden. Der BFH geht zudem von einer Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität aus. Diese könne auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden. Der BFH sieht die Kosten dabei in vollem Umfang als abziehbar an. Eine Aufteilung komme nicht in Betracht, da die Aufwendungen insgesamt dazu dienten, die Fertilitätsstörung der Klägerin auszugleichen.

Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG.
Von einem Forderungsausfall ist erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus.

BFH Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15

Begründung:

Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15 für den Fall der Insolvenzeröffnung beim Darlehensnehmer zu Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entschieden.

Im Urteilsfall gewährte der Kläger einem Dritten in 2010 ein verzinsliches Darlehen. Seit August 2011 erfolgten keine Rückzahlungen mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Dem folgten Finanzamt und Finanzgericht (FG) nicht.
Die Revision hiergegen hatte Erfolg. Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück. Nach seinem Urteil soll mit der Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Nach dem Urteil des BFH wird damit die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. In der Folge dieses Paradigmenwechsels führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2, Abs. 4 EStG steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Insoweit ist nunmehr eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die -ohne Berücksichtigung der in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gesondert erfassten Zinszahlungen- unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen.
Wie die Veräußerung ist nach dem Urteil des BFH auch die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung. Danach liegt ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist. Hierzu hat das FG in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

Inwieweit diese Grundsätze auch für einen Forderungsverzicht oder etwa den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten, hatte der BFH nicht zu entscheiden. Auch in diesem Bereich dürfte jedoch die mit der Abgeltungsteuer eingeführte Quellenbesteuerung die traditionelle Beurteilung von Verlusten beeinflussen.