Ernstliche Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht von Fahrschulunterricht zum Erwerb eines PKW-Führerscheins

Leitsatz
Es ist ernstlich zweifelhaft, ob der von einer GmbH mit einem einzigen Fahrlehrer überwiegend zum Erwerb eines PKW-Führerscheins (Fahrerlaubnisklasse B) erteilte Fahrschulunterricht umsatzsteuerpflichtig ist oder ob er als „von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht” nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL steuerbefreit ist.
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der von einer privaten Fahrschule erteilte Fahrschulunterricht zum Erwerb eines Führerscheins nicht nach § 4 Nr. 21 Buchst. a, b UStG steuerbefreit ist.
FG Baden-Württemberg vom 08.02.2017 – 1 V 3464/16

Begründung.
Das FG Baden-Württemberg hat in der aktuellen Entscheidung Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Besteuerung der Fahrschulen. Bislang geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Leistungen grundsätzlich steuerpflichtig sind. Nach der vorliegenden Entscheidung könnte sich jedoch die Steuerbefreiung aus Art. 132 Abs.1 Buchst.j MwStSysRL ergeben.

Nach der bisherigen Auffassung unterliegt Fahrschulunterricht dem Regelsteuersatz. Die Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 21 UStG greift nicht. Dies gilt jedenfalls soweit es sich um den klassischen Führerschein für Pkw und Motorrad (z. B. Klassen A und B) handelt. Bislang kommt eine Steuerbefreiung für die Führerscheinklassen, die zum Fahren von Lkws und Bussen (z. B. Klassen C, CE, D, T und L) berechtigen in Betracht.

Gemäß Art. 132 Abs.1 Buchst. j MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten den
Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer. Nach Auffassung des FG könnte Fahrschulunterricht als durch Privatlehrer erteilter Schul- oder Hochschulunterricht nach dieser Vorschrift umsatzsteuerfrei sein. Es besteht dann die Möglichkeit der unmittelbaren Berufung auf das günstigere Europäische Recht.

Abgrenzung zwischen Bordellbetrieb und bloßer Zimmervermietung

Leitsatz
Das Überlassen von Zimmern in einem Bordell ist keine Vermietungsleistung.

BFH v. 7.2.2017 – VB 48/16, BFH/NV 2017, 629,

Sachverhalt:
Die Klägerin klagte als Rechtsnachfolgerin einer Frau, die in einem bis zum 31.7.2005 gepachteten Gebäude ein Bordell betrieben und dazu Räume an Prostituierte überlassen hat. Nachdem die Klägerin ausschließlich Umsätze aus Zimmervermietung erklärte, gelangte das Finanzamt zu der Rechtsauffassung, die Klägerin habe sämtliche Dienstleistungen erbracht und schätzte weitere Umsätze hinzu, sodass sich insgesamt (einschließlich der als Vermietungsleistung erklärter Umsätze) ein täglicher Umsatz in den Streitjahren 2004 und 2005 von 90 € pro Prostituierter ergab.

Das FG ging hier von steuerpflichtigen Umsätzen der Klägerin aus. Maßgeblich sei, ob die Klägerin lediglich Zimmer an die Prostituierten vermietete oder ob sie aus der Sicht der Kunden als diejenige aufgetreten sei, die über die Zimmervermietung hinaus das Bordell organisiert habe. Nach Würdigung der Gesamtumstände gelangte das FG zu dem Ergebnis, dass dies der Fall sei. Die Bauweise des Hauses mit 18 mit Bad und WC, Doppelbett und teilweise Whirlpool sowie Direkttelefon ausgestatteten Zimmern spreche hierfür, ebenso wie die Kameraüberwachung, die Bewirtung der Damen, die Lieferung von Bettwäsche und Papierrollen, die vorgegebenen auf den Betrieb des Bordells abgestimmten Öffnungszeiten von 10 Uhr bis 3 oder 4 Uhr des mit einem einheitlichen Namen beschrifteten Hauses. Im Eingangsbereich sei ein Schaukasten mit Fotos der Damen angebracht und im Internet sei mit Fotos der “aktuellen” Damen geworben worden, Die mündlich geschlossenen Mietverträge seien mit einer Frist von drei Tagen kurzfristig kündbar gewesen. Es seien Gutscheine an die Damen überlassen und die Aufsicht im Haus geführt worden, um bei Streitigkeiten die Polizei zu rufen. Im Internet habe sie sich als Bordellbetreiberin dargestellt. Soweit sich im Haus ein Hinweis auf die Selbständigkeit der Prostituierten befunden habe, trete die Bedeutung dieser Erklärung gegenüber den übrigen tatsächlichen Umständen zurück, die für die Organisation der Verschaffung des Geschlechtsverkehrs durch die Klägerin sprächen.

Begründung:
Die Steuerbefreiung für die Überlassung von Räumen an Prostituierte ist nur unter
engen Voraussetzungen möglich, Es muss sich um die reine Überlassung eines Grundstücksteiles i. S. d. § 4 Nr.12 Buchst. a UStG handeln dazu auch BMF-Schreiben vom17.01.2017).

Werden andere Dienstleistungen neben der eigentlichen Raumüberlassung erbracht, kommt die Steuerbefreiung nicht mehr in Betracht. Der Fall zeigt auf, welche Leistungen neben der reinen Raumüberlassung in diesen Fällen steuer-
schädlich sein können, Der BFH bleibt bei seiner Linie, dass nur die reine Raumüberlassung steuerfrei sein kann, Weitere Dienstleistungselemente führen zu steuerpflichtigen Leistungen.

Umsätze aus dem Betrieb von Glücksspielen mit Geldeinsatz sind steuerpflichtig

Leitsatz
Es ist geklärt, dass die Regelung in § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG für den Bereich der Umsatzsteuer die Anordnung zu den in § 6 Abs. 1 SpielbkV genannten Steuerbefreiungen verdrängt hat.
Wegen der bereits ergangenen Rechtsprechung des BFH ist nicht klärungsbedürftig, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielgeräten steuerpflichtig sind.
BFH v. 22.2.2017 – VB 122/16, BFH/NV 2017, 772,

Begründung:
Der BFH hat die Nichtzulassungsbeschwerde eines Geldspielgerätebetreibers zurückgewiesen. Die Klägerin im Ausgangsverfahren erbrachte in den Streitjahren zwischen 2007 und 2010 sonstige Leistungen aus dem Betrieb von Glücksspielautomaten. Das Finanzamt sah die entsprechenden Umsätze als umsatzsteuerpflichtig an. Sowohl der Einspruch als auch die Klage vor
dem FG waren erfolglos.

Auch der BFH weist die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurück. Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen, ob ,,§ 6 Abs.1 Spielbankenverordnung vom 27.7.1938 in der Fassung vom 31.1.1944 (SpielbkV) bis heute unmittelbar” gilt, ohne “von § 4 Nr. 9b UStG 1967 und in der Fassung des UStG vom 6.05.2006 verdrängt zu sein”, und ob ,,§ 6 Abs.l SpielbkV als Bundesrecht unmittelbar” weitere Wirkung entfaltet, sind durch die Rechtsprechung des BFH geklärt. Bereits durch § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG wurde schon 1967 eine Steuerfreiheit für “die Umsätze der zugelassenen öffentlichen Spielbanken, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt
sind” eigenständig neu geregelt. Die Vorschrift hat daher die SpielbkV als junges und spezielles Gesetz verdrängt. Damit steht fest, dass die Regelung des § 6 Abs.1 spielbkV für die Umsatzsteuer keine Relevanz mehr hat.

Im Übrigen ist durch die am 6.5.2006 in Kraft getretene Neuregelung des § 4 Nr. 9 Buchst.b UStG eindeutig geklärt, dass die Umsätze eines gewerblichen Betreibers von Geldspielautomaten steuerpflichtig sind. Der EuGH hatte mit Urteil v. 10.6.2010 – als Union rechtskonform angesehen. Ebenso bestehen nach Auffassung des BVerfG keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Nichtannahmebeschluss v. 16.4.2012 1 BvR 523/11). In dem vorliegenden Verfahren ist es der Klägerin nicht gelungen, die Gesichtspunkte vorzutragen, die eine erneute Prüfung der Entscheidung dieser Rechtsfragen durch den BFH erforderlich machen könnten.

Soweit die Klägerin sich darauf beruft, § 6 Abs.l SpielbkV gelte als speziell geregelte Steuerbefreiung für Spielbanken entsprechend den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen fort, wonach eine Spezialvorschrift die allgemeine Regelung verdrängt, greift diese Überlegung nicht durch. Denn diese Auslegungsregel entfaltet im Streitfall schon deshalb keine Wirkung mehr, weil der BFH diesbezüglich bereits geklärt hat, dass nach einem hier einschlägigen anderen Auslegungsgrundsatz das spätere Gesetz die frühere Regelung verdrängt.

Der Beschluss zeigt wieder einmal, dass mit einer Meinungsänderung des BFH hinsichtlich der Steuerfreiheit bei Geldspielgeräten nicht zu rechnen ist. Es wird daher voraussichtlich bei einer Umsatzsteuerpflicht bleiben. Etwaige Klageverfahren sind bergen daher ein hohes Prozessrisiko.

Umsatzsteuerbefreiung für Leistungen der Eingliederungshilfe

Leitsatz
Leistungen der Eingliederungshilfe und im Rahmen eines “Individuellen Services für behinderte Menschen”, die eine Pflegekraft auf der Grundlage von § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XI gegenüber einem auf dem Gebiet der Pflege von Menschen tätigen Verein erbringt, sind umsatzsteuerfrei, wenn die Kosten der Leistungen aufgrund gesetzlicher und vertraglicher Regelung von einem Träger der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit getragen werden.
BFH v. 7.12. 2016 – XI R 5/15,

Sachverhalt:
Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen im Rahmen eines “Individuellen Services für behinderte Menschen”, die eine Pflegekraft auf der Grundlage von § 77 Abs.1 Satz 1 SGB XI gegenüber einem auf dem Gebiet der Pflege von Menschen tätigen Verein erbringt, sind umsatz- steuerfrei, wenn die Kosten der Leistungen aufgrund gesetzlicher und vertraglicher Regelung von einem Träger der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit getragen werden.

Der Kläger war in den Streitjahren Mitglied eines Vereins, welcher selbst Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband war. Der Verein erbrachte satzungsgemäß Leistungen der Altenhilfe und Hilfe für behinderte Menschen mit Hilfebedarf im Gemeinwesen in der häuslichen Umgebung und in gemeinschaftlichen Wohnformen.

Die Arbeiten wurden durch Mitglieder des Vereins erledigt und erfolgten gemäß den Rahmenvereinbarungen des SGB V, XI und XII. Der Kläger, der selbst keine Ausbildung zur Pflegefachkraft nach § 71 Abs. 3 SGB XI besitzt, rechnete über seine Leistungen gegenüber dem Verein ab. Zwischen dem Kläger und den betreuten Personen selbst bestanden keine vertraglichen Beziehungen. Vielmehr hatte der Verein mit den betreuten Personen Verträge über die zu erbringen-
den Leistungen abgeschlossen. Der Verein stellte wiederum die vom Kläger ausgeführten Leistungen den Sozialversicherungsträgern vertragsgemäß in Rechnung. Fraglich ist, ob die Leistungen des Klägers in den betreffenden Streit -jahren 2004 bis 2006 umsatzsteuerfrei sind.

Begründung:
Der BFH führt zunächst aus, dass eine Steuerbefreiung nach nationalem Recht in
den Streitjahren nicht vorliegen würde. So verneint er die Anwendung des § 4 Nr.18 UStG, da der Kläger nicht selbst Mitglied eines anerkannten Verbands der freien Wohlfahrtspflege i. S. d. § 23 UStDV sei.

Eine Steuerbefreiung i. S. d. § 4 Nr.16 Buchst. e UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung würde überdies nicht in Betracht kommen, da der Kläger habe nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts keine Einrichtung zur ambulanten Pflege kranker bzw. pflegebedürftiger Personen betrieben habe. Leistungen i. S. d. § 4 Nr.14 bzw. Nr.16 Buchst. b oder d UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung habe der Kläger der Sache nach nicht ausgeführt.
Der Kläger könne sich aber mit Erfolg auf die Steuerbefreiung des Art. 13 Teil A Abs.1 Buchst. Richtlinie 77/388/EWG (nunmehr Art. 132 Abs.1 Buchst. g MwStSystRL) berufen. Art. 132 Abs.l Buchst. g MwStSystRL befreit eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen, einschließlich derjenigen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen bewirkt werden von der Umsatzsteuer.

Wie bereits der BFH mit Urteil v. 18.8.2005 (V R 71/03,) geäußert habe, seien Leistungen, die auf der Grundlage des SGB erbrach” werden, oftmals “eng mit der sozialen Fürsorge oder der sozialen Sicherheit” verbunden. Danach seien auch im Streitfall, die vom Kläger erbrachten Leistungen eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen, denn sie werden, wie das Finanzgereicht fest-gestellt habe, auf Grundlage des § 36 SGBXI und der §§ 39,45 SGBXI und § 53 SGBXII erbracht.

Ebenso handele es sich bei dem Kläger um eine “Einrichtung” i. S.d. wStSystRL. Insbesondere auch natürliche Personen seien nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und BFH unter diese Begrifflichkeiten zu fassen. Dieser sei auch als .anerkannte” Einrichtung anzusehen. Wie bereits aus den Rechtsprechungen des EuGH ersichtlich, ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Dabei haben, so der BFH, die nationalen Behörden im Einklang mi dem Unionsrecht und unter der
Kontrolle der nationalen Gerichte die für die Anerkennung maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Im Streitfall ergebe sich die erforderliche Annerkennung des Klägers als Einrichtung mit sozialem Charakter aus § 77 SGB XI und daraus, dass eine Übernahme der Kosten der fraglichen Leistungen zum großen Teil durch andere Einrichtungen der sozialen Sicherheit erfolge. Unerheblich sei, dass keine vertraglichen Vereinbarungen des Klägers mit den Kostenübernahmestellen bestanden. Es reiche aus, dass der Verein die Kosten den Einrichtungen der sozialen Sicherheit in Rechnung gestellt hat und jene in allen Fällen sämtliche Kosten mittelbar getragen haben.

Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen i Rahmen eines “Individuellen Services für behinderte Menschen”, die eine Pflegekraft auf de Grundlage von § 77 Abs.1 Satz 1 SGB XI gegenüber einem auf dem Gebiet der Pflege von Menschen tätigen Verein erbringt, sind umsatzsteuerfrei, wenn die Kosten der Leistungen aufgrund gesetzlicher und vertraglicher Regelung von einem Träger der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit getragen werden.

Steuerfreiheit von Leistungen eines Sozialtrainers

Die Leistungen eines selbständigen Sozialtrainers können nach § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei sein, wenn der Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe diese Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil unmittelbar oder mittelbar (durchgeleitet) vergütet hat.

Ist dieser Sozialtrainer als Subunternehmer für einen Hauptunternehmer (z.B. eine psychologische Praxis) tätig und vergütet der Kostenträger Leistungen des Hauptunternehmers, ohne die Kosten für den Subunternehmer ausdrücklich zu übernehmen, so werden die Leistungen des Subunternehmers nicht von einem Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe, sondern nur vom Hauptunternehmer vergütet.
BFH v. 30.11.2016 – V R 10/16.

Sachverhalt:
Leistungen eines selbständig tätigen Sozialtrainers können nach § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG steuerfrei sein. wenn der Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe diese Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil unmittelbar oder mittel bar vergütet hat. Ist der Sozialtrainer als Subunternehmer für einen Hauptunternehmer tätig und vergütet der Kostenträger Leistungen des Hauptunternehmers. ohne dabei die Kosten für den Subunternehmer ausdrücklich zu übernehmen, liegen die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nicht vor.

Der Kläger war im Streit jahr 2009 als Sozialtrainer für fünf Auftraggeber zuständig und begehrte im Rahmen seiner Steuerfestsetzung die Steuerbefreiung seiner Leistung nach § 4 Nr.16 Buchst. k UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Danach konnten Einrichtungen, bei denen u. a. im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 40 der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind, die Steuerfreiheit ihrer Umsätze in Anspruch nehmen. Da im finanzgerichtlichen Verfahren nicht dargelegt werden konnte, dass tatsächlich die persönliche Leistungserbringung des Sozialtrainers -unmittelbar oder wenigstens mittelbar- vereinbart war und dass dementsprechend tatsächlich Kosten für die Leistungen von Krankenkassen oder anderen Einrichtungen der sozialen Sicherheit -wenn auch mittelbar- übernommen wurden, wurde die Steuerfreiheit der Umsätze versagt.

Begründung:
Der BFH verweist die Sache zur Entscheidung zurück an das Finanzgericht. Nach
den Feststellungen des Finanzgerichts, habe der Sozialtrainer zum einen Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII erbracht. Daher sei zu prüfen, ob eventuell die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG Anwendung finde. Für Leistungen an Erwachsenen habe das Finanzgericht erneut die Voraussetzungen des § 4 Nr.16 Buchst. k UStG zu prüfen.

Für Zwecke der Steuerbefreiung des § 4 Nr.25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG läge eine Vergütung in unionskonformer Auslegung durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht nur im Falle einer unmittelbaren, sondern auch bei einer nur mittelbaren (durchgeleiteten) Kostentragung vor. Der BFH verweist dabei u. a. auf die Rechtsprechung des BFH v. 22.6.2016 – V R 46/15, und BFH v. 18.8.2015 – V R 13/14.

Der BFH betont, dass nicht jede mittelbare Kostentragung zur Inanspruchnahme der Steuerbefreiung ausreiche, um die Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG zu erfüllen. Der Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe müsse die konkrete Leistung des Unternehmers vergüten. Wenn beispielsweise, wie im Urteilsfall v. 22.6.2016 (a. a.O.) dem Jugendamt unter Mitteilung des jeweiligen Subunternehmers ein Kostenvoranschlag unterbreitet
wird, woraufhin das Jugendamt in Kenntnis der Person des Subunternehmers die Kostenübernahme zusagt und die die Kosten übernimmt, lägen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer Steuerbefreiung vor. Vergüte der Kostenträger jedoch Leistungen eines Unternehmers, ohne die Kosten für den Subunternehmer ausdrücklich zu übernehmen, werden die Leistungen des Subunternehmers gerade nicht von einem Träger der öffentlichen oder freien Jugendhilfe vergütet und eine Steuerbefreiung scheidet aus.

In Anlehnung an die Ausführungen des BFH ist zu beachten, dass in vergleichbaren Fällen eine ausdrückliche Benennung des Subunternehmers gegenüber den Kostenträgern erfolgt und eine konkrete Kostenzusage von den entsprechenden Stellen erfolgt.

Überlassung von aufladbaren Zahlungskarten

Die Überlassung einer Zahlungskarte gegen den Einbehalt eines als Pfand bezeichneten Betrags ist eine Lieferung, wenn der Karteninhaber nach Übergabe frei über die Karte verfügen kann.

Die Überlassung der Zahlungskarte ist keine Nebenleistung zu dem (nicht steuerbaren) Tausch von Zahlungsmitteln, denn ihr kommt als Transportmittel und notwendiger Schlüssel für die elektronische Zahlung ein eigenständiger Wert zu.
Es liegt kein Umsatz im Zahlungsverkehr vor, denn die Bereitstellung der Zahlungskarte führt noch nicht zu einer Übertragung von Geldern des Karteninhabers an einen Zahlungsempfänger. Die Leistung des Unternehmers gegenüber dem Kartenerwerber beschränkt sich darauf, dass mit der Karte die technischen Voraussetzungen für die bargeldlose Zahlung vermittelt werden.

FG Hamburg v. 7.2.2017 – 2 K 14/16

Sachverhalt:
Gerade in Fußballstadien wird der Verkauf von Getränken und Speisen bargeldlos mit eigenen Zahlkarten abgewickelt. Diese Zahlkarten können dann mit einem bestimmten Geldbetrag auf-geladen werden. der dann beim Verkauf von Getränken oder Speisen von der Karte abgebucht wird. Ähnliche Modelle haben sich aber auch bereits beispielsweise in Firmenkantinen durchgesetzt. In Fußballstadien wird für die Ausgabe selbst ein zusätzliches Pfandgeld verlangt. Das FG Hamburg hat sich mit der umsatzsteuerlichen Behandlung dieses Pfandes befasst.

Begründung:
In dem Verfahren verlangte die Betreiberin des Zahlungssystems einen Geldbetrag von zwei Euro. Die Karte konnte innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer gegen Erstattung eines etwaigen Restguthabens zurückgegeben werden. Dann wurde auch das Pfand von zwei Euro wieder erstattet. Die Betreiberin versteuerte die zwei Euro nicht.. Das FG geht hier davon aus. dass das Pfand bei der Ausgabe der Karten komplett zu versteuern ist. Es liegt hier nach Auffassung der hanseatischen Finanzrichter die Lieferung einer Zahlungskarte vor nach § 3 Abs.1 UStG. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich. dass der Betreiber weiterhin zivilrechtlicher Eigentümer der Karte bleiben sollte. Diese vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kunden und dem Betreiber ist für die Frage der Lieferung unerheblich. Entscheiden ist hier. dass das Kartenunternehmen die Verfügungsmacht an den Karten dem jeweiligen Kunden verschafft hat. Das FG hat die Revision zugelassen.

Es bleibt die endgültige Entscheidung des BFH in dieser Frage abzuwarten.

Ort der Lieferung in ein Konsignationslager

Für die Lieferortbestimmung nach § 3 Abs. 6 UStG muss der Abnehmer bereits bei Beginn der Versendung feststehen. Eine Versendungslieferung kann dann auch vorliegen, wenn der Liefergegenstand nach dem Beginn der Versendung für kurze Zeit in einem Auslieferungslager gelagert wird.
Vereinbaren die an einem Leistungsaustausch Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer, ist der vereinbarte Betrag in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen.
BFH v. 16.11.2016 – V R 1/16, BFH/NV 2017, 860,

Sachverhalt:
Die Klägerin des Ausgangsverfahren ist eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (Bv.), Gegenstand ihres Unternehmens ist der Entwurf, die Herstellung und der Vertrieb von Computern, der Handel mit Computern, elektronischen Produkten, Zubehör und Peripheriegeräten sowie die Erteilung von Dienstleistungen in diesem

Zusammenhang.
Streitig zwischen der Klägerin und der deutschen Finanzverwaltung ist die Behandlung von Lieferungen, die über ein sog. Konsignationslager in Deutschland an ein anderes deutsches Unternehmen erfolgten. Die Klägerin lieferte Bildschirme an dieses Unternehmen aus dem Konsignationslager. Die Waren wurden dabei durch die Klägerin aus den Niederlanden in das Lager verbracht. Es befand sich auf dem Gelände des anderen deutschen Unternehmens in Deutschland.

Grundlage dafür war eine Vereinbarung im Rahmen eines “Consignment Distribution Agreement” (CDA). Das andere Unternehmen war danach verpflichtet, den von der Klägerin angelieferten Konsignationsbestand in einem gesonderten von ihr betriebenen Lager zu lagern. Zugang zu dem Lager hatte allein das deutsche Unternehmen. Die Klägerin war nur nach einer angemessenen Vorankündigung berechtigt, das Lager zum Zwecke einer Inventur zu betreten.

Das deutsche Abnehmerunternehmen war berechtigt, den Konsignationsbestand im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs an ihre Kunden zu veräußern. Die Klägerin blieb solange Eigentümerin des Konsignationsbestandes, bis das deutsche Unternehmen ihr – einmal wöchentlich – eine Aufstellung des in der Vorwoche an ihre Kunden verkauften Konsignationsbestandes übermittelt hatte. Der Verkaufspreis der Waren richtete sich nach dem Tagespreis zum Zeitpunkt der Veräußerung der Waren.

Der jeweilige Konsignationsbestand wurde durch das deutsche Unternehmen auf Grundlage der gemeinsam vereinbarten Einlagerungsrichtlinien bestellt. Die Klägerin war verpflichtet, den Konsignationsbestand mindestens drei Wochen im Lager zu belassen. Nach Beendigung dieses Zeitraumes war das deutsche Unternehmen berechtigt, den gesamten Bestand oder einen Teil davon an die Klägerin zurückzusenden.

Die Klägerin ging davon aus, dass die Warenlieferungen an das deutsche Unternehmen nicht steuerbar seien. Sie behandelte die Lieferungen in den Niederlanden als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Das deutsche Unternehmen versteuerte folgerichtig in Deutschland innergemeinschaftliche Erwerbe. Das Finanzamt ging demgegenüber davon aus, dass die
Lieferungen der Klägerin in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig seien.
Begründung:
Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den Umsätzen um steuerbare und steuerpflichtige Lieferungen ‘der Klägerin in Deutschland. Der Ort der Lieferung bestimmt sich hier nach § 3 Abs.7 UStG und nicht nach § 3 Abs.6 UStG. Wird der Gegenstand der Lieferung nicht befördert oder versendet, wird die Lieferung dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet (§ 3 Abs. 7 Satz 1 UStG).

§ 3 Abs.6 UStG setzt eine Versendung an den Abnehmer voraus. Dieser muss da-
her im Zeitpunkt der Versendung feststehen (vgl. BFH v. 20.10.2016 – V R 31/15, BFH/NV 2017, 411,). Nach diesen Grundsätzen befand sich der Ort der streitigen
Lieferungen am Ort des Konsignationslagers im Inland, weil bei Versendung der Waren der Abnehmer noch nicht feststand. Erst mit der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager war sicher, dass das deutsche Abnehmerunternehmen die Gegenstände behalten werde und bereit war, hierfür den Kaufpreis zu entrichten.

Nach den zwischen den Beteiligten in dem (DA getroffenen Regelungen wurde ein verbindlicher Kaufvertrag zwischen den Vertragsbeteiligten erst nach der Einlagerung der Waren geschlossen. Die deutsche Abnehmerin war nicht von vornherein dazu verpflichtet, die von der Klägerin in das Lager verbrachten Waren abzunehmen. Außerdem war sie auch erst nach der Entnahme der Waren aus dem Konsignationslager zur Zahlung verpflichtet. Anders als in der Entscheidung v. 20.10.2016 führte daher die Einlagerung in das Konsignationslager nicht lediglich zu einer nur kurzen Unterbrechung der begonnenen Versendung an den bereits feststehenden Abnehmer.

Die Bemessungsgrundlage für die betreffenden Lieferungen richtet sich hier nach § 10 Abs.1 Satz 1 und 2 UStG. Das Entgelt ist in diesem Fall alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs.1 Satz 2 UStG). Das gilt auch, wenn die Beteiligten rechtsirrtümlich die Gegenleistung ohne Umsatzsteuer vereinbaren. Der vereinbarte Betrag ist danach, in Entgelt und darauf entfallende Umsatzsteuer aufzuteilen. Die Umsatzsteuer ist daher aus dem vereinbarten Nettopreis herauszurechnen.

Anders als im Urteil v. 20.10.2016 kommt hier der BFH zu steuerbaren und steuerpflichtigen Lieferungen im Inland. In diesem Verfahren war aber der entscheidende Unterschied zum dem vorliegenden Sachverhalt, dass der Abnehmer grundsätzlich zur Abnahme der eingelagerten Gegenstände verpflichtet war. Durch die Rückgabemöglichkeit in diesem Verfahren kommt es zu einer unbewegten Lieferung im Inland nach § 3 Abs. 7 UStG.

Zusammenfassung:
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung eines Konsignationslagers lässt sich nicht pauschal vornehmen. Vielmehr kommt es auf die Details der vertraglichen Vereinbarungen an. Zu steuerpflichtigen Inlandsumsätzen und damit zu einer Registrierungspflicht kommt es grundsätzlich dann, wenn der Warenbestand aus dem Lager zurückgegeben werden kann. Dies sollte bei den
Vereinbarungen berücksichtigt werden.

In anderen EU-Mitgliedstaaten wird den Betreibern eines solchen Konsignationslagers das Registrierungsrisiko weitestgehend abgenommen. Im Rahmen einer Vereinfachungsregelung wird des ungeachtet der konkreten rechtlichen Ausgestaltung nicht beanstandet, wenn der Lieferant
die Umsätze in seinem Ausgangsmitgliedstaat als innergemeinschaftliche Lieferung behandelt.

Umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Mietereinbauten

Ein Mieter, der an einem gemieteten Gebäude auf eigene Kosten Ausbauten, Umbauten oder Einbauten (hier: Photovoltaikanlage) vornimmt und für Zwecke seines Unternehmens nutzt, verschafft die Verfügungsmacht hieran dem Vermieter jedenfalls dann, wenn er ihm nicht nur das zivilrechtliche Eigentum überträgt, sondern auch einen unmittelbar vom Vermieter tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zuwendet.
BFH v, 16.11.2016 – V R 35/16,

Sachverhalt:
Der Kläger betreibt mehrerer Photovoltaikanlagen. Eine dieser Anlagen wurde auf einer im Eigentum einer GbR stehenden Reithalle errichtet. Gesellschafter der GbR waren je zur Hälfte der Kläger und seine Schwester. Grundlage für die Nutzung des Daches ist ein zwischen der GbR und dem Kläger geschlossener Dachnutzungsvertrag. Für die Dachnutzung hatte der Kläger an
die GbR ein jährliches Nutzungsentgelt von 1 EUR zu entrichten. Vor der Errichtung der Photovoltaikanlage wurde im Auftrag des Klägers zunächst eine Dachsanierung durchgeführt. Hieraus begehrte der Kläger einen entsprechenden Vorsteuerabzug, welchen das Finanzamt auch gewährte, jedoch würde der Kläger im gleichen Zug an die GbR eine Werklieferung ausführen, die zur Umsatzsteuer in gleicher Höhe führe, da das Gewerk .Dachsanierung” zivilrechtlich mit Fertigstellung in das Eigentum der GbR übergegangen sei. Letztlich liege insoweit ein tauschähnlicher Umsatz L S. d. § 3 Abs.12 UStG vor, nämlich die Gestattung der Dachnutzung gegen Werklieferung in Form der Dachsanierung.

Das Finanzgericht folgte in seiner Entscheidung v. 28.4.2016 (14 K 2804/13 der Auffassung des Finanzamtes nicht. Es liege insbesondere kein tauschähnlicher Umsatz vor, da der Umstand, dass die durch die Dachsanierungsmaßnahmen erstellten Dachteile gern. § 946 BGB Eigentum der GbR wurden, für die Frage, ob ein Vorgang der Umsatzsteuer unterliegt, ohne Bedeutung sei. Es komme von vornherein nicht auf das nationale Zivilrecht an. Außerdem reiche der gesetzliche Eigentumsübergang nach den dargelegten Grundsätzen auch nicht aus, um eine Lieferung gegen Entgelt anzunehmen.

Begründung:
Der BFH folgt der Auffassung des Finanzgerichts ausdrücklich nicht Ein Mieter,
der Ausbauten, Umbauten und Einbauten auf eigene Kosten vornimmt oder auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude errichtet, führe in Anlehnung an die Urteile des BFH v, 15.9.1983 (V R 154/75), BFH v, 24.11.1992 (V R 80/87) und BFH v, 22.8.2013 (V R 37/10, grundsätzlich eine Werklieferung gern. § 3 Abs.4 UStG aus. Zwar bestehe kein allgemeiner Rechtssatz, dass ein Mieter, der auf dem gemieteten Grundstück ein Gebäude auf eigene Rechnung errichtet und für Zwecke seines Unternehmens nutzt, die Verfügungsmacht an dem Gebäude weiter überträgt. Maßgeblich sei aber die Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls.

Vorliegend habe der Kläger der GbR nicht nur das Eigentum an den durch die Dachsanierung erstellten Dachteilen verschafft, sondern habe darüber hinaus der GbR unmittelbar einen von dieser auch tatsächlich genutzten wirtschaftlichen Vorteil zugewandt. Denn auch die GbR nutze das Dach im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit, nämlich der Vermietung der Reithalle.
Diese beiden Aspekte führen im Ergebnis dazu, dass vorliegend eine Werklieferung i.S. d. § 3 Abs.4 UStG anzunehmen sei.
Da der BFH vorliegend jedoch nicht entscheiden konnte, ob die Werklieferung entgeltlich ausgeführt wurde, hat er die Streitsache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

Zwar ist allein die zivilrechtliche Eigentumsübertragung nicht entscheidend, um den umsatzsteuerlichen Tatbestand der Lieferung zu bejahen, wird jedoch – wie in dem vorliegenden Fall dem Vermieter in diesem Zusammenhang auch ein unmittelbar von diesem, tatsächlich genutzter wirtschaftlicher Vorteil zugewendet, ist eine Verschaffung der Verfügungsmacht zu bejahen.

Unternehmereigenschaft im kommunalen Bereich

Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs. 1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.
Fehlt es hieran, kann sie nicht gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Organträger sein.
BFH v. 15.12.2016 – V R 44/15,
Sachverhalt:
Eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gem. § 2 Abs.1 UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt.

Die Klägerin ist eine Gemeinde, welche Alleingesellschafterin der K-GmbH ist, die ihrerseits Alleingesellschafterin der A-GmbH ist. Sie errichtete im Zeitraum 2001 bis 2008 ein Sportzentrum und vermietete dieses an die A-GmbH. Diese sollte den Betrieb des Sportzentrums übernehmen. Für die Festsetzung der Eintrittspreise bedurfte es der Zustimmung durch den Stadtrat der Klägerin. Die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits zum Ausgleich der handelsrechtlichen Verluste.
Bei dem Verlustausgleich sollte es sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss handeln. Das Nutzungsentgelt unter Berücksichtigung von beweglichem Anlagevermögen betrug monatlich ca. 5.970 €. Aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen leistete die Klägerin Verlustausgleichszahlungen im Jahr 2008 i. H.v. 350.400€, im Jahr 2009 i. H.v. 663.582,69€ und im Jahr 2010
i. H. v. 639.084,95 €. Für die Errichtung des Sportzentrums machte die Klägerin für die Jahre 2006 bis 2010 einen Vorsteuerabzug von insgesamt ca. 1,8 Mio. € geltend. Die Mieten behandelte sie als Entgelt für umsatzsteuerpflichtige Leistungen.

Das Finanzamt berücksichtigte im Ergebnis den Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht. Die Klägerin habe nur geringe Pachteinnahmen (im Jahr 2008 i. H.v. 15.874€, im Jahr 2009 i. H.v. 71.694€ und im Jahr 2010 i. H.v. 71.684€) vereinnahmt. Der geleistete Verlustausgleich und die Pachtzahlungen seien miteinander zu saldieren, da es auf eine wirtschaftliche Betrachtungs- weise ankomme. Danach unterhalte die Gemeinde keinen Betrieb gewerblicher Art. Nur unter diesen Voraussetzungen sei aber die Gemeinde nach § 2 Abs. 3 UStG i. d. F. bis zum 31.12.2015gewerblich oder beruflich und damit unter den übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs.l UStG unternehmerisch tätig.

Das Finanzgericht folgte der Auffassung des Finanzamtes nicht. Die Klägerin habe mit der Verpachtung des Sportzentrums einen Betrieb gewerblicher Art unterhalten. Dem stehe der Verlustausgleich nicht entgegen, da er weder zu einem Entfallen der Einnahmeerzielungsabsicht noch zu einer Unentgeltlichkeit geführt habe.

Der BFH verweist die Streitsache an das Finanzgericht zur erneuten Entscheidung zurück. Die Gemeinde sei in richtlinienkonformer Auslegung von § 2 Abs.3 UStG i.V. m. § 4 KStG nur dann Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne einer nachhaltigen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen gemäß § 2 Abs.l UStG ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebe. In Anlehnung an die EuGH-Entscheidung vom 12.5.2016 fehle es an einer wirtschaftlichen Tätig-keit, wenn eine Gemeinde über die von ihr vereinnahmten Beiträge nur einen kleinen Teil ihrer Kosten deckt. Werden, wie in dem dort zu Grunde liegenden Sachverhalt, die Kosten nur zu 3 aus Einnahmen und im Übrigen mit öffentlichen Mitteln finanziert, deute dieses Ungleichgewicht zwischen den Betriebskosten und den als Gegenleistung erhaltenen Beträgen darauf hin, dass kein Leistungsentgelt und auch keine wirtschaftliche Tätigkeit vorliege.

Für alle Wirtschaftsgebilde ist zunächst entscheidend, dass sie grundsätzlich den Tatbestand des § 2 Abs.l UStG erfüllen und damit eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit zur Einnahmeerzielung nachhaltig und selbständig ausüben. Das Finanzgericht hat im vorinstanzlichen Verfahren lediglich über die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 UStG entschieden, jedoch nach Ansicht des BFH verkannt, dass vor dem Hintergrund des § 2 Abs. UStG zumindest Zweifel an einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinde bestehen. In einem zweiten Rechtsgang werde nach An- sicht des BFH daher zu prüfen sein, ob entsprechend dem EuGH-Urteil von einer Asymmetrie zwischen den Pachteinnahmen und den Kosten, für die die Gemeinde den Vorsteuerabzug geltend macht, auszugehen ist und ob diese miteinander zu saldieren sind. Dann scheitere die Annahme einer Unternehmereigenschaft der Klägerin bereits daran, dass der Nutzungsüberlassung an die A-GmbH keinerlei Entgelt gegenübersteht, so dass von einer unentgeltlichen Überlassung an die A-GmbH auszugehen wäre.
Zusammenfassung:

Fraglich ist, ob die Frage der Unternehmereigenschaft als solches an einer “kostendeckenden” Tätigkeit festgemacht werden kann. Die erneute Entscheidung im zweiten Rechtsgang durch das Finanzgericht bleibt daher zunächst abzuwarten. Sollte eine Saldierung von Einnahmen und Ausgaben tatsächlich ausschlaggebend für die Beurteilung der “wirtschaftlichen Tätigkeit” sein, wäre sicherlich in einer Vielzahl von Fällen eine erneute Überprüfung der Unternehmereigen-
schaft erforderlich.

Mietkaution als nicht steuerbarer Schadensersatz

Entschädigungen an den Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags sind nicht ein – nicht umsatzsteuerbarer – Schadenersatz, sondern steuerbares Leistungsentgelt, weil der Vermieter auf eine ihm zustehende Rechtsposition verzichtet.

Von nicht steuerbarem Schadensersatz ist aber auszugehen, wenn der Mieter vertragswidrig die Mietzahlungen eingestellt, der Vermieter deswegen den Mietvertrag mit sofortiger Wirkung außerordentlich fristlos gekündigt hat, anschließend vom neuen Mieter eine niedrigere Miete als bisher erhalten und als Ausgleich für diesen künftigen Mietverlust (Differenz zwischen der vom bisherigen Mieter und der vom neuen Mieter gezahlten Miete) die Mietkaution als Schadensersatz einbehalten hat.

Veranlasst der Mieter durch die Nichtentrichtung des Mietzinses den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung, hat dieser den durch die Kündigung entstandenen Schaden auch zu ersetzen (BGH, Urteil v. 13.6.2007, VIII ZR 281/06). Dabei ist der geschädigte Vermieter so zu stellen, wie er stünde, wenn die Vertragsverletzung nicht erfolgt und es somit nicht zur fristlosen Kündigung gekommen, sondern der Mietvertrag fortgeführt worden wäre.

FG München v. 9.2.2017 -14 K 2480/14, EFG 2017, 781

Sachverhalt:

Das FG München hat sich mit der Frage beschäftig, ob eine Mietkaution der Umsatzsteuer unterliegt oder nicht. In dem Ausgangsrechtsstreit hatte die Klägerin ein Mietverhältnis außer-ordentlich gegenüber einem Mieter gekündigt. Sie behielt die Kaution für angefallene Mietausfälle ein.

Die zuständige Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging davon aus, dass es sich bei der einbehaltenen Kaution um ein umsatzsteuerpflichtiges Leistungsentgelt handelte. Nach Auffassung des FG unterliegt die Kaution nicht der Umsatzsteuer. Für die Besteuerung einer Lieferung oder einer sonstigen Leistung im Rahmen der Umsatzsteuer muss ein Leistungsaustausch gegeben sein. Dazu muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Gegenwert vorliegen.

Begründung:
Demgegenüber sind Entschädigungen oder Schadensersatz-zahlungen kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts. In diesen Fällen besteht nämlich kein Zusammenhang zwischen einer Lieferung oder sonstigen Leistung. Vielmehr muss der Zahlende nach Gesetz der aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung für einen Schaden und seine Folgen einzustehen. Diese Zahlungen sind dann nicht steuerbar. In diesen Fällen besteht nämlich kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung und der Leistung.

Entscheidend für die Frage der Steuerbarkeit ist, ob der zunächst nur als Sicherheit für den Vermieter hinterlegte Geldbetrag bei Einbehalt in unmittelbarem Zusammenhang mit einer vom Vermieter erbrachten Leistung stand.

Demgemäß sind Entschädigungen an den Vermieter für die vorzeitige Räumung der Mieträume und die Aufgabe des noch laufenden Mietvertrags nicht Schadenersatz, sondern Leistungsentgelt, weil der Vermieter auf eine ihm zustehende Rechtsposition verzichtet. In diesen Fällen verzichtet der Vermieter auf eine zustehende Rechtsposition.

Veranlasst der Mieter durch die Nichtentrichtung des Mietzinses den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung (vgl. § 543 Abs.2 Nr.3 BGB), hat dieser den durch die Kündigung entstandenen Schaden zu ersetzen. Diese Zahlung ist kein Entgelt im umsatzsteuerlichen Sinne und daher ist der Vorgang nicht steuerbar.

Merke:
Maßgeblich ist damit, ob der zunächst nur als Sicherheit für den Vermieter hinterlegte Geld- betrag bei Einbehalt in unmittelbarem Zusammenhang mit einer vom Vermieter erbrachten Leistung stand. In dem vorliegenden Fall war diese nicht gegeben, da das Mietverhältnis vorzeitig durch eine außerordentliche Kündigung beendet wurde. Damit liegt kein Verzicht auf eine Rechtsposition seitens des Vermieters vor. Vielmehr ist der Mieter zu Schadensersatz nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts verpflichtet. Es handelte sich bei der einbehaltenen Kaution daher um Schadensersatz, der nicht der Umsatzsteuer unterliegt.