Zugang von Steuerbescheiden

Wird ein Steuerbescheid mit der Post übermittelt und wird die betreffende Postsendung später als drei Tage nach Absendung in den Hausbriefkasten des Empfängers geworfen, so beginnt die Einspruchsfrist am Tag des Einwurfs. Das gilt auch dann, wenn der Empfänger ein Unternehmer ist und der Einwurf an einem Samstag erfolgt.

BFH Urteil vom 9. November 2005 IR 111/04

Unfallschäden als betriebliche Aufwendungen

Unfallschäden teilen steuerlich das Schicksal der Fahrt auf der sie entstanden sind. Unfallbedingte Schadenersatzleistungen sind daher betrieblich veranlasste Aufwendungen, soweit sich der Unfall auf einer betrieblichen Reise ereignet hat.

Beruht die Reise als solche auf einer doppelten Veranlassung, so kann die private Veranlassung der Aufwendungen von untergeordneter Bedeutung sein. Werden aber aufgrund der privaten Mitveranlassung einer Reise erhebliche Unfallkosten ausgelöst, so führt dies zu einem Abzugsverbot für diese privat veranlassten Aufwendungen.

(BFH Urteil vom 1. Dezember 2005 IV R 26/04)

Ausübung des Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich

Der Steuerpflichtige hat sein Wahlrecht auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich erst dann wirksam ausgeübt, wenn er zeitnah eine Eröffnungsbilanz aufstellt, eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung einrichtet und aufgrund von Bestandsaufnahmen einen Abschluss macht.

(BFH Urteil vom 19. Oktober 2005 XI R 4/04)

Verfassungsmäßigkeit des Kirchgeldes

Die Einführung des besonderen Kirchgelds für Kirchenmitglieder, die in glaubensverschiedener Ehe leben, zum 1. Januar 2001 nach dem Kirchensteuergesetz Nordrhein-Westfalen, den einschlägigen Kirchensteuerordnungen und dem Kirchensteuerbeschluss 2001 verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.
BFH Urteil vom 19. Oktober 2005 I R 76/04

Abzugsfähigkeit von Erhaltungsaufwendungen Dritter

Schließt ein Dritter im eigenen Namen einen Werkvertrag über Erhaltungsarbeiten am vermieteten Grundstück des Steuerpflichtigen ab und leistet er die vereinbarte Vergütung, so kann der Steuerpflichtige diesen Aufwand auch dann bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abziehen, wenn der Dritte dem Steuerpflichtigen den Betrag zuwendet.
BFH Urteil vom 15. November 2005 IX R 25/03

Vorsteuerabzug bei Wohngebäuden im Eigentum von Ehegatten

Ehegatten, die auf einem in ihrem Miteigentum stehenden Grundstück ein Wohngebäude errichten, sind als Empfänger der Bauleistungen anzusehen, wenn die Ehegattengemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit handelt und als solche keine unternehmerische Tätigkeit ausübt.

Ist bei einer solchen Ehegattengemeinschaft nur ein Ehegatte unternehmerisch tätig und verwendet dieser einen Teil des Gebäudes ausschließlich für seine unternehmerischen Zwecke (z.B. als Arbeitszimmer), so steht ihm das Vorsteuerabzugsrecht aus den bezogenen Bauleistungen anteilig zu, soweit der seinem Unternehmen zugeordnete Anteil am Gebäude seinen Miteigentumsanteil nicht übersteigt.

Nach den Vorschriften der § 15 Abs. 1 und § 14 UStG 1991/ 1993 reicht für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug des unternehmerisch tätigen Ehegatten eine an beide Ehegatten ausgestellte Rechnung aus, auch wenn sie keine Angaben zu den Anteilen der Ehegatten und keine entsprechenden Teilbeträge ausweist, wenn nach den Umständen des Falles keine Gefahr besteht, dass es zu Steuerhinterziehung oder Missbrauch kommt.
Urteil vom 6. Oktober 2005 V R 40/01

Berechtigung und Berechnung von Recyclingkosten

Ein Unternehmen, das Bauabfälle aufkauft und zwecks Weiterveräußerung aufbereitet, kann im Hinblick auf die gesetzlichen Regelungen folgende Entsorgungsverpflichtung eine Rückstellung für die nach dem jeweiligen Bilanzstichtag anfallenden Aufbereitungskosten bilden, wenn nach Sachlage überwiegend wahrscheinlich ist, dass es aus dieser öffentlich-rechtlichen Verpflichtung in Anspruch genommen wird.

Zur Bemessung der Höhe dieser Rückstellung.

BFH Urteil vom 21. September 2005 X R 29/03

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Steuerbilanz für ungewisse Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden.
Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs das Bestehen einer, dem Betrage nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Entstehung einer Verbindlichkeit dem Grunde nach –deren Höhe zudem ungewiss sein kann– und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Zudem ist erforderlich, dass der Schuldner ernsthaft mit der Inanspruchnahme rechnen muss.

Auch für Verpflichtungen, die sich aus öffentlichem Recht ergeben (Geld- oder Sachleistungsverpflichtungen), können Rückstellungen gebildet werden, wenn die öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist, weil sie auf ein bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums zielt. Dies ist regelmäßig bei Erlass einer behördlichen Verfügung oder bei Abschluss einer entsprechenden verwaltungsrechtlichen Vereinbarung der Fall. Bei einem entsprechend konkreten Gesetzesbefehl kann sich auch allein aus dem Gesetz eine Verpflichtung ergeben, die zur Bildung einer Rückstellung führt. Weiter ist erforderlich, dass an die Verletzung der Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind, so dass sich der Steuerpflichtige der Erfüllung der Verpflichtung im Ergebnis nicht entziehen kann.

Bei Unternehmen, die gegen Bezahlung von Bau- und Abbruchunternehmen Bauabfälle annehmen, diese aufbereiten und die dabei gewonnenen Stoffe als Füllmaterial veräußern, wird angesichts der umweltrechtlichen Vorschriften in der Regel eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der vorstehend beschriebenen Art gegeben sein, die zur Bildung einer Rückstellung für Bauschuttverarbeitung berechtigt.

Rückstellungsfähig ist infolgedessen nur ein Teil der auf den Kläger im Folgejahr zukommenden Recyclingkosten. Der Senat erachtet es für angemessen, diesen Teil nach den Kosten zu bemessen, die der Kläger bei einer Entsorgung der Abfälle durch Ablagerung aufwenden müsste, weil er aus dieser Art der Entsorgung keine weiteren Einnahmen mehr erzielt. Es ist sachgerecht, die übrigen im Folgejahr aufzuwendenden Recyclingkosten dem zur Verwertung bestimmten Teil der Abfälle zuzuordnen, mit dem der Kläger weitere Erlöse in dem auf die Abnahme der Abfälle folgenden Jahr anstrebt. Dies hat das FG verkannt, wenn es sämtliche vom Kläger errechneten, im Folgejahr für die Entsorgung der im Streitjahr angenommenen Abfälle entstehenden Recyclingkosten der Rückstellung zugeführt hat.

Auflösung der Ansparrücklage

Erklärt der Steuerpflichtige, eine Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG vorzeitig, d.h. bereits mit Wirkung für das Folgejahr ihrer Bildung, auflösen zu wollen, so dokumentiert er damit eindeutig, dass er von der geplanten Investition Abstand genommen hat.
Damit entzieht er einer nur teilweisen Fortführung der Rücklage bis zum Ablauf der Zwei-Jahres-Frist des § 7g Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 EStG die rechtliche Grundlage.

Das Recht zur vorzeitigen Auflösung der Ansparrücklage kann längstens bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden, auf welche sich die Auflösung auswirken soll.

BFH Urteil vom 21. September 2005 X R 32/03

Nichtabziehbare Schuldzinsen

Bei der Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG sind auch Unterentnahmen aus Wirtschaftsjahren, die vor dem 1. Januar 1999 geendet haben, zu berücksichtigen (gegen BMF-Schreiben vom 22. Mai 2000 IV C 2 -S 2144- 60/00, BStBl I 2000, 588 Tz. 36).

BFH Urteil vom 21. September 2005 X R 47/03