Rückstellungen für Deponie-Rekultivierung sind nach der tatsächlichen Inanspruchnahme anzusammeln und abzuzinsen

Rückstellungen für Deponie-Rekultivierung sind nach der tatsächlichen Inanspruchnahme anzusammeln.

Rückstellungen für Rückbauverpflichtungen sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.

Die angesammelten Rückstellungen für Deponie-Rekultivierung sowie für Rückbauverpflichtungen sind abzuzinsen.

BFH Urteil vom 5.5.2011, IV R 32/07

Begründung:

Das FA hat die Rückstellungen für die Deponie-Rekultivierung sowie für die Rückbauverpflichtungen des Hafens und des Bandkanals zutreffend nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1999 abgezinst.

Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG 1999 mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten.

Maßgeblich sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag . Ausgehend vom Stichtagsprinzip liegt die Ursache für Preis- und Kostensteigerungen, die erst nach dem Bilanzstichtag zu erwarten sind, in der Zukunft (vgl. BRDrucks 344/08, S. 112, wonach das Stichtagsprinzip durch ihre Berücksichtigung eingeschränkt wird; anderer Ansicht Küting/Cassel/ Metz, Der Betrieb 2008, 2317). In Zukunft zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen mindern die Leistungsfähigkeit am Bilanzstichtag (noch) nicht. Insofern würde durch ihre Berücksichtigung Aufwand, der (nur) für künftige Perioden zu erwarten ist, vorweggenommen. Künftig zu erwartende Preis- und Kostensteigerungen können daher steuerlich nicht berücksichtigt werden. Grund dafür ist  nicht der Faktor "Zeit" als solcher, sondern die am Bilanzstichtag noch nicht vorliegende wirtschaftliche Verursachung der erst in Zukunft zu erwartenden Preis- und Kostensteigerungen.

Die Einführung des Abzinsungsgebots hat daran nichts geändert . Zwar hat die Rechtsprechung derartige Rückstellungen vor Einführung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG 1999 nicht abgezinst und dies ursprünglich auch mit der Nichtberücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen begründet. Darauf hat der Gesetzgeber jedoch bei der Einführung des Abzinsungsgebots (auch) für Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen nicht abgestellt. Grund für dessen Einführung war vielmehr das Bestreben, die Bildung stiller Reserven einzuschränken und die Unternehmen nach ihrer konkreten Leistungsfähigkeit zu besteuern. An der Maßgeblichkeit des Stichtagsprinzips für die Nichtberücksichtigung künftiger Preis- und Kostensteigerungen hat sich deshalb nichts geändert.

Die Rückstellung für die Deponie-Rekultivierung ist nach der tatsächlichen Inanspruchnahme, die Rückstellungen für die Rückbauverpflichtungen sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln. Die Rückstellungen für die Deponie-Rekultivierung sowie für die Rückbauverpflichtungen sind abzuzinsen.

 

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen und Schätzung der Restlaufzeit des Darlehens.

BFH Beschluss vom 5.1.2011, I B 118/10

Begründung:

Durch die Rechtsprechung ist entschieden, dass auch unverzinsliche Gesellschafterdarlehen nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG 2002) abzuzinsen sind. Es ist ferner geklärt, dass Darlehen, die auf unbestimmte Zeit gewährt werden und daher nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden können (§ 488 Abs. 3 Satz 2 BGB) dann nicht als Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten angesehen werden können, wenn sich nach den Umständen des Falles bei wirtschaftlicher Betrachtung trotz der formalen Kündigungsmöglichkeit nach den Erkenntnissen zum Bilanzstichtag voraussichtlich eine längere Laufzeit ergibt.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen weiteren Klärungsbedarf aufgezeigt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch Gesellschafterdarlehen, die erst wenige Monate vor dem Bilanzstichtag gegeben wurden und die mit einer Frist von drei Monaten kündbar sind, abzuzinsen sind, wenn zum Bilanzstichtag aufgrund der tatsächlichen Umstände der Schluss gerechtfertigt ist, die Darlehen würden nicht gekündigt werden. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass die mutmaßliche restliche Laufzeit von Verbindlichkeiten, deren Fälligkeit nicht vom Leben einer oder mehrerer bestimmter Personen abhängt, zu schätzen ist und dass dabei auf die Erkenntnisse zum Bilanzstichtag und nicht auf die tatsächliche spätere Rückführung der Darlehen abzustellen ist. Dabei ist der im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 26. Mai 2005 (BStBl I 2005, 699, Tz. 7) geäußerten Auffassung zu folgen, nach der die Restlaufzeit einer unverzinslichen Verbindlichkeit dann analog § 13 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) geschätzt werden kann, wenn für eine objektive Schätzung der Restlaufzeit keine Anhaltspunkte vorliegen. Nach § 13 Abs. 2 BewG sind Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer, die nicht vom Leben bestimmter Personen abhängen, mit dem 9,3-fachen des Jahreswerts zu bewerten. Das Gesetz gibt damit einen Maßstab vor, auf den, sofern die tatsächlichen Umstände nicht auf eine geringere Laufzeit hinweisen, eine Schätzung gestützt werden kann. Es ist ferner nicht klärungsbedürftig, dass eine Verbindlichkeit auch dann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG 2002 abzuzinsen ist, wenn die Verbindlichkeit handelsrechtlich als Verbindlichkeit mit einer Restlaufzeit bis zu einem Jahr auszuweisen wäre (§ 268 Abs. 5 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs); denn für die Steuerbilanz sind die Regelungen des Einkommensteuergesetzes vorrangig.

 

 

 

Abzinsung von Gesellschafterdarlehen und Rückstellungen

Unverzinsliche Gesellschafterdarlehen sind nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG  abzuzinsen, wenn sie zwar keine feste Laufzeit haben, die Darlehensnehmerin aber am Bilanzstichtag mit einer Fortdauer der Kapitalüberlassung für mindestens weitere zwölf Monate rechnen kann.

Die bloße Zweckbindung eines Darlehens begründet keine "Verzinslichkeit" i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG.

Eine Verbindlichkeitsrückstellung ist nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG  abzuzinsen, wenn sie aus der Sicht des Bilanzstichtags voraussichtlich mindestens zwölf Monate Bestand haben wird. Welche Risiken sich nach den Verhältnissen des Bilanzstichtags zeitlich über mindestens zwölf Monate erstrecken, ist im gerichtlichen Verfahren in erster Linie vom FG zu beurteilen, das insoweit ggf. eine Schätzung vornehmen muss.

BFH Urteil vom 27. Januar 2010 I R 35/09

 

Abzinsung bei Gesellschafterdarlehen

Auch eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen sind abzuzinsen.

Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 17. November 2008 6 V 6154/08-rechtskräftig EFG 2009 S. 323 f.

Begründung:

Nach Auffassung des Gerichts kann auf die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG nicht deshalb verzichtet werden, wei es sich bei den streitigen Verbindlichkeiten um eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen handelt.