Anforderungen an ein Fahrtenbuch

Anforderungen an ein Fahrtenbuch

BFH Beschluss vom 29.1.2010, VIII B 189/09

Begründung:

Der Begriff eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes wird vom Gesetz nicht ausdrücklich bestimmt. Der BFH hat jedoch aus dem Wortlaut und aus dem Sinn und Zweck der Regelung geschlossen, dass die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und dass es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt.

Dabei müssen die Aufzeichnungen nach der BFH-Rechtsprechung zu den geschäftlichen Reisen neben Angaben zu Datum und Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner aufführen. Besteht eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, z.B. mehreren nacheinander an verschiedenen Orten aufgesuchten Kunden, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden, wenn die einzelnen Kunden im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind.

Die genannten Angaben müssen sich in hinreichend übersichtlicher und geordneter Form regelmäßig schon aus dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen und dadurch eine stichprobenartige Überprüfung ermöglichen. Etwaige Abkürzungen für beispielsweise bestimmte häufiger aufgesuchte Kunden müssen entweder aus sich heraus verständlich oder z.B. auf einem dem Fahrtenbuch beigefügten Erläuterungsblatt näher aufgeschlüsselt sein.

Die vom Gesetz verlangte "buch"-förmige äußere Gestalt der Aufzeichnungen bedeutet, dass die erforderlichen Angaben in einer gebundenen oder jedenfalls in einer in sich geschlossenen Form festgehalten werden müssen, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt.

Das aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung folgende Gebot zeitnaher Erfassung der Fahrten soll die unzutreffende Zuordnung einzelner Privatfahrten zum beruflichen Nutzungsanteil wie auch deren gänzliche Nichtberücksichtigung im Fahrtenbuch möglichst ausschließen. Diesem Ziel dient die zeitnahe Erfassung in einem geschlossenen Verzeichnis, das aufgrund seiner äußeren Gestaltung geeignet ist, jedenfalls im Regelfall nachträgliche Änderungen, Streichungen und Ergänzungen als solche kenntlich werden zu lassen.

 

 

Atypisch stille Gesellschaft: Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative

Atypisch stille Gesellschaft: Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative

BFH Beschluss vom 21.1.2010, IV B 128/08

Begründung:

Nach der Rechtsprechung des BFH wird das Mitunternehmerrisiko regelmäßig durch Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich eines Geschäftswerts vermittelt.

Das FG hat das schwach ausgeprägte Mitunternehmerrisiko nicht nur mit der fehlenden Beteiligung an den stillen Reserven, sondern u.a. auch damit begründet, dass die Klägerin nicht an den Verlusten beteiligt war. Allein dieser Umstand rechtfertigt allerdings bereits, an die Mitunternehmerinitiative erhöhte Anforderungen zu stellen, weil vom Regelfall des erforderlichen Maßes an Mitunternehmerrisiko abgewichen. Ob die Klägerin zu 2. darüber hinaus auch nicht an den stillen Reserven beteiligt war und ihre Beteiligung am Gewinn fraglich ist, ist demnach unerheblich.

Keine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten aufgrund fehlender Buchführungspflicht

Die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG kommt nur bei besonderen Härten wie z.B. dem Überschreiten der nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG bestehenden Umsatzgrenze aufgrund außergewöhnlicher und einmaliger Geschäftsvorfälle, nicht aber allgemein aufgrund einer fehlenden Buchführungsverpflichtung in Betracht.

BFH Urteil vom 11.2.2010, V R 38/08

Begründung:

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 UStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung konnte das FA auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer.

1.      dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 250.000 DM betragen hat, oder

2.      der von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist, oder

3.      soweit er Umsätze aus einer Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausführt,

die Steuer nicht nach den vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG), sondern nach den vereinnahmten Entgelten berechnet.

Die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG in 1998 und in den Streitjahren überschritten und auch keine Umsätze als Angehöriger eines freien Berufs i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG ausgeführt. Eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten war daher nach diesen Vorschriften nicht möglich.

Hiergegen kann sich die Klägerin nicht auf den von ihr angenommenen Regelungszweck des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG berufen, wonach diese Vorschrift nicht buchführungspflichtigen Unternehmern die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten ermöglichen solle. Denn § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG stellt auf eine betragsmäßige Umsatzgrenze ab, bei deren Überschreiten die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten nicht in Betracht kommt, wobei die Regelung nicht nach dem Bestehen einer Buchführungspflicht differenziert.

Überschreitet ein Unternehmer die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG, kann die Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG zu gestatten sein. Diese Vorschrift setzt voraus, dass der Unternehmer von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen, nach § 148 AO befreit ist. Nach § 148 Satz 1 AO können die Finanzbehörden für einzelne Fälle oder bestimmte Gruppen von Fällen Erleichterungen bewilligen, wenn die Einhaltung der durch die Steuergesetze begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Derartige Erleichterungen können gewerblichen Unternehmern sowie Land- und Forstwirten bewilligt werden, die nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO verpflichtet sind, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen.

Da die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG erzielte, unterlag sie nicht der Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 1 Satz 1 AO und konnte daher auch nicht von dieser gemäß § 148 AO befreit werden, so dass die Voraussetzungen für eine Steuerberechnung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG nicht vorliegen. Das FA hat deshalb die von der Klägerin beantragte Erleichterung nach § 148 AO zutreffend abgelehnt.

§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG enthält für den Fall, dass ein nicht zur Buchführung verpflichteter Unternehmer andere als die in § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG bezeichneten Umsätze ausführt und dabei die Umsatzgrenze des § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ständig überschreitet, keine Regelungslücke und kann daher entgegen dem Urteil des FG nicht erweiternd ausgelegt werden.

Verdeckte Gewinnausschüttung bei Pensionszusagen

Zusage einer Pension ohne ausreichende Erprobung als vGA

BFH Beschluss vom 17.3.2010, I R 19/09

Begründung:

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte.

Wie der Senat wiederholt entschieden hat, ist davon auszugehen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer GmbH deren Geschäftsführer eine Pension erst dann zusagen wird, wenn er die Leistungsfähigkeit des neu bestellten Geschäftsführers zuverlässig abzuschätzen vermag. Ohne Erprobung des Geschäftsführers würde eine Pension nicht zugesagt werden.

Allerdings hat der Senat das Erfordernis einer Probezeit bei solchen Unternehmen für verzichtbar gehalten, die aus eigener Erfahrung Kenntnisse über die Befähigung des Geschäftsleiters haben. Diese Kriterien sind bei einem Unternehmen als erfüllt angesehen worden, das seit Jahren tätig war und lediglich sein Rechtskleid ändert, wie beispielsweise bei Begründung einer Betriebsaufspaltung oder einer Umwandlung. Gleichermaßen verhält es sich bei einem sog. Management-buy-out, wenn bisherige leitende Angestellte eines Unternehmens dieses "aufkaufen" und sodann in Gestalt eines anderen Unternehmens fortführen.

Das FG hat diese Grundsätze auf den Streitfall angewandt. Es hat dennoch ausgeschlossen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter den Gegebenheiten des Streitfalles auch einem gesellschaftsfremden Geschäftsführer bereits am 1. Dezember 2000 –knapp sechs Wochen nach der Bestellung zum Geschäftsführer– eine vergleichbare Pension zugesagt hätte. E habe zwar bereits längere Zeit für die Klägerin gearbeitet, jedoch nicht in führender Stellung, sondern als Büroangestellte und damit weisungsgebunden. Die Klägerin habe keine Umstände dargetan, die erkennbar auf die Eignung der E als Geschäftsführerin hinwiesen. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte daher auf eine angemessene Probezeit nicht verzichtet.

Änderung der Bemessungsgrundlage beim Verkauf einer Gewerbeimmobilie

Die Minderung der Bemessungsgrundlage setzt einen unmittelbaren Zusammenhang einer Zahlung mit der erbrachten Leistung voraus.

Hat der Verkäufer einer vermieteten Gewerbeimmobilie dem Käufer im Kaufvertrag aus den bereits abgeschlossenen Mietverträgen Mieterträge garantiert, deren Höhe durch die tatsächlich erzielten Mieten nicht erreicht werden, und zahlt er hierfür an den Käufer einen Ausgleich, steht diese Zahlung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lieferung der Immobilie und mindert deren Bemessungsgrundlage    .

BFH Urteil vom 11.2.2010, V R 2/09

Begründung:

 Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag und der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu berichtigen.

 Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG ist bei Lieferungen und sonstigen Leistungen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG das Entgelt. Entgelt ist nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Maßgebend sind hierfür die zwischen Leistenden und Leistungsempfänger bestehenden Vereinbarungen. Dabei kann die zunächst vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung und Rückzahlung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung erhöht oder ermäßigt werden, so dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt.

 

Subjektiver Fehlerbegriff bei Steuerbilanzen auf dem Prüfstand

Dem Großen Senat wird gemäß § 11 Abs. 4 FGO folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

Ist das FA im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung in Bezug auf zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ungeklärte bilanzrechtliche Rechtsfragen an die Auffassung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz zu Grunde liegt, wenn diese Rechtsauffassung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vertretbar war ?

BFH Entscheidung vom 7.4.2010, I R 77/08

 Erläuterungen:

Mit Vorlagebeschluss vom 7. April 2010 I R 77/08 hat der I. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) den Großen Senat des BFH zur Klärung einer bilanzsteuerrechtlichen Grundsatzfrage angerufen.

Für die Beurteilung, ob eine beim Finanzamt (FA) eingereichte Bilanz „fehlerhaft“ in dem Sinne ist, dass sie vom Steuerpflichtigen nachträglich berichtigt werden und dass das FA sich von den Bilanzansätzen des Steuerpflichtigen lösen kann, gilt nach der Rechtsprechung des BFH ein durchweg subjektiver Maßstab. Maßgeblich ist danach grundsätzlich der Kenntnisstand eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns zum Bilanzstichtag. Bislang wendet die Rechtsprechung diesen subjektiven Fehlerbegriff auch auf die Beurteilung reiner Rechtsfragen an. Das hat bei ungeklärten bilanzrechtlichen Zweifelsfragen zur Folge, dass sowohl der Bilanzierende als auch das FA an die eingereichte Bilanz gebunden sind, selbst wenn sich später aufgrund einer Entscheidung des BFH herausstellt, dass die Rechtsfrage anders zu beantworten ist.

Das hat der I. Senat des BFH nun zur Überprüfung durch den Großen Senat gestellt. In dem zu beurteilenden Fall geht es darum, ob ein Mobilfunkunternehmen für Vermögensminderungen aus der verbilligten Abgabe von Mobiltelefonen beim Neuabschluss eines Mobilfunkvertrages einen sog. aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in seiner Bilanz hätte bilden müssen, was zu einer höheren Steuer führen würde. Das Mobilfunkunternehmen hatte das verneint. Der I. Senat des BFH ist grundsätzlich anderer Auffassung. Da die Streitfrage aber zum Bilanzierungszeitpunkt ungeklärt und nicht eindeutig zu beantworten war, wäre die Bilanz bei Anwendung des subjektiven Fehlerbegriffs aus der Sicht des Mobilfunkunternehmens nicht als fehlerhaft anzusehen, so dass sie das FA der Besteuerung zugrunde legen müsste. Der I. Senat des BFH spricht sich demgegenüber für die Maßgeblichkeit der objektiven Rechtslage aus.

Grenzgänger auf Dienstreisen unter Beachtung des DBA Schweiz

Bei der Anwendung der Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz 1992 zählen Dienstreisetage mit Übernachtungen im Ansässigkeitsstaat zu den Tagen, an denen der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt –Nichtrückkehrtage.

Eintägige Dienstreisen in Drittstaaten führen nicht zu Nichtrückkehrtagen (Abweichung vom BMF-Schreiben in BStBl I 1994, 683 Tz. 14).

Der Tag, an dem der Arbeitnehmer von einer mehrtätigen Dienstreise in Drittstaaten an seinen Wohnsitz zurückkehrt, zählt nicht als Nichtrückkehrtag. Ein Nichtrückkehrtag liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag mit der Rückreise beginnt, aber erst am Folgetag an seinen Wohnsitz zurückkehrt.

Tage, an denen der Arbeitnehmer aufgrund einer anderweitigen selbständigen Tätigkeit nicht an seinen Wohnsitz zurückkehrt, führen nicht zu Nichtrückkehrtagen.

Entfällt eine mehrtägige Dienstreise des Arbeitnehmers auf Wochenenden oder Feiertage, so liegen keine Nichtrückkehrtage vor, wenn die Arbeit an diesen Tagen nicht ausdrücklich vereinbart ist und der Arbeitgeber für die an diesen Tagen geleistete Arbeit weder einen anderweitigen Freizeitausgleich noch ein zusätzliches Entgelt gewährt, sondern lediglich die Reisekosten übernimmt. Dies gilt auch für leitende Angestellte, die ihre Tätigkeit zeitlich eigenverantwortlich wahrnehmen und während einer Dienstreise freiwillig am Wochenende arbeiten.

BFH Urteil vom 11. November 2009 I R 15/09

Erläuterung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidungen zu Streitfragen bei der Besteuerung sog. Grenzgänger nach den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) mit der Schweiz Stellung genommen.

Sog. Grenzgänger sind Steuerpflichtige, die regelmäßig zwischen ihrem Wohnsitz in einem Vertragsstaat und dem Arbeitsort im anderen Vertragsstaat hin und zurück pendeln. Das Besteuerungsrecht für Grenzgänger steht nach den DBA dem Wohnsitzstaat zu. Das Besteuerungsrecht des Wohnsitzstaates entfällt jedoch bei einer berufsbedingten Nichtrückkehr an den Wohnsitz an mehr als 60 Tagen (DBA-Schweiz).

Der BFH hatte in den Streitfällen darüber zu befinden, ob diese Höchstgrenzen durch Dienstreisen der Steuerpflichtigen überschritten wurden. Im Streitfall I R 15/09 hat er dies für die Grenzgängerregelung des DBA-Schweiz bei einem in Deutschland ansässigen und hier unbeschränkt Steuerpflichtigen verneint, da bei der Berechnung der „schädlichen“ Nichtrückkehrtage zwar Dienstreisetage mit auswärtiger Übernachtung in Deutschland zu berücksichtigen waren, nicht aber solche Dienstreisetage, an denen der Steuerpflichtige an den Wohnsitz zurückgekehrt ist (eintägige Dienstreisen, Rückreisetage bei mehrtägigen Dienstreisen).

Rückfluss von Arbeitslohn bei Nettolohnvereinbarung

Maßgeblich für den Lohnsteuereinbehalt vom laufenden Arbeitslohn bei einer Nettolohnvereinbarung ist der Arbeitslohn, der vermindert um die übernommenen Lohnabzüge den arbeitsvertraglich vereinbarten Nettobetrag ergibt. Damit ist die steuerliche Ausgangsgröße des Lohnsteuerabzugs auch im Fall der Nettolohnabrede ein Bruttobetrag.

Ein Einkommensteuererstattungsanspruch, den der Arbeitnehmer im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung seinem Arbeitgeber abgetreten hat, ist deshalb im Rahmen des Lohnsteuereinbehalts nur durch einen Abzug vom laufenden (Brutto)Arbeitslohn und nicht durch eine Verminderung des laufenden Nettolohns zu berücksichtigen. Eine Hochrechnung der Steuererstattung auf einen fiktiven Bruttobetrag ist nicht möglich.

BFH Urteil vom 30. Juli 2009 VI R 29/06

Begründung:

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hat mit ihren japanischen Arbeitnehmern Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Auf deren Grundlage zahlt sie den Angestellten den vereinbarten Nettolohn aus und übernimmt die auf diesen Nettolohn anfallenden Steuern als Arbeitgeberin. Kommt es im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Arbeitnehmer zur Erstattung von Einkommensteuer, werden die Erstattungsbeträge auf der Grundlage der getroffenen Nettolohnabreden von den Arbeitnehmern an die Klägerin abgeführt. Dies erfolgt regelmäßig dadurch, dass die im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen entstehenden Steuererstattungsansprüche an die Klägerin abgetreten werden. Die Klägerin berücksichtigte die Einkommensteuererstattungen als negative Einnahmen der Arbeitnehmer. Sie kürzte in Höhe dieser negativen Einnahmen den laufend ausgezahlten Nettolohn, den sie ihrer Lohnsteueranmeldung zu Grunde legte. Die Einkommensteuererstattungen waren auf den Lohnsteuerkarten der Arbeitnehmer nicht als Werbungskosten oder negative Einnahmen eingetragen.

Das Gericht vertrat wie das Finanzamt die Auffassung, die negativen Einnahmen seien nicht vom Nettolohn abzuziehen, sondern minderten nur den Bruttolohn.

Keine “Fahrtätigkeit” (Auswärtstätigkeit) bei Einsatz im Bergwerk

Der Einsatz eines Arbeitnehmers auf einem Fahrzeug auf dem Betriebsgelände bzw. unter Tage im Bergwerk des Arbeitgebers stellt keine "Fahrtätigkeit" (Auswärtstätigkeit) i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG dar.

BFH Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06

Erläuterungen:

Wer auf einem ausgedehnten Betriebsgelände – hier in einem Bergwerk unter Tage – als Fahrer eines Transportfahrzeugs beschäftigt ist, geht nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 18. Juni 2009 VI R 61/06 keiner Auswärtstätigkeit nach und kann deshalb keine Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten geltend machen.

Arbeitnehmer, die entweder vorübergehend von ihrer Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt ihrer dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig sind oder typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt werden, können Verpflegungsmehraufwand in Form gestaffelter Pauschbeträge als Werbungskosten abziehen (§ 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG -).

Im Streitfall arbeitete der Kläger als Fahrer eines sog. Selbstlade-Transportfahrzeugs unter Tage in einem Kalibergwerk. Dort befördert er bereits abgebrochenes Material innerhalb der ca. 100 qkm großen Grube. In seiner Einkommensteuer-Erklärung machte der Kläger erfolglos Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 960 € (160 Tage x 6 €) als Werbungskosten geltend, da er – wie ein Berufskraftfahrer – eine Fahrtätigkeit ausübe. Das Finanzgericht (FG) gab der daraufhin erhobenen Klage statt.

Diese Entscheidung des FG hat der BFH nun aufgehoben und im Streitfall zu Gunsten der Finanzverwaltung entschieden. Eine Auswärtstätigkeit sei dadurch gekennzeichnet, dass der Steuerpflichtige entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit (Tätigkeitsmittelpunkt) entfernt arbeite, oder dass er typischerweise nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt werde und damit nicht über einen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt seiner beruflichen Tätigkeit verfüge. Sei der Arbeitnehmer hingegen am Betriebssitz oder an anderen ortsfesten betrieblichen Einrichtungen des Arbeitgebers tätig, liege eine zum Ansatz der Verpflegungspauschalen berechtigende Auswärtstätigkeit – abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall der doppelten Haushaltsführung – nicht vor. Dort stünden ihm regelmäßig Einrichtungen zur Verfügung, an denen er sich vergleichsweise kostengünstig verpflegen könne, so dass ein Verpflegungsmehraufwand typisiert betrachtet nicht entstehe.

Dies gelte auch wenn es sich bei der regelmäßigen Arbeitsstätte und damit dem Tätigkeitsmittelpunkt des Arbeitnehmers wie im Streitfall um ein größeres, räumlich umschlossenes "Werksgelände" unter Tage handele. Eine "Fahrtätigkeit" auf dem Betriebsgelände rechtfertige daher den Werbungskostenabzug von Mehr-Aufwand für Verpflegung nicht.

Aufteilung von Sachzuwendungen bei gemischt veranlasster Betriebsveranstaltungen

Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich einer Veranstaltung, die sowohl Elemente einer Betriebsveranstaltung als auch einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung enthält, sind grundsätzlich aufzuteilen.

Die Aufwendungen des Arbeitgebers für die Durchführung der gemischt veranlassten Gesamtveranstaltung sind nur dann kein Arbeitslohn, wenn die dem Betriebsveranstaltungsteil zuzurechnenden anteiligen Kosten die für die Zuordnung bei Betriebsveranstaltungen maßgebliche Freigrenze nicht überschreiten.

BFH Urteil vom 30. April 2009 VI R 55/07

Begründung:

Das Gericht hat zwar zu Recht entschieden, dass bei einer gemischt veranlassten Betriebsveranstaltung eine Aufteilung von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse möglich und erforderlich ist. Bei der Aufteilung hat es jedoch einen nicht sachgerechten Aufteilungsmaßstab herangezogen.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG kann der Arbeitgeber die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 25 % erheben, wenn er Arbeitslohn aus Anlass von Betriebsveranstaltungen zahlt. Zweck der Vorschrift ist es, für solche Betriebsveranstaltungen, die nach der Rechtsprechung des Senats zum Zufluss von Arbeitslohn führen, die Möglichkeit einer Pauschalbesteuerung zu eröffnen.

Nach ständiger Rechtsprechung können auch Aufwendungen des Arbeitgebers aus Anlass von Betriebsveranstaltungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Betriebsveranstaltungen sind Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht. Das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen ist in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen.

Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung hat der BFH jedoch typisierend festgelegt, ab wann den teilnehmenden Arbeitnehmern geldwerte Vorteile von solchem Eigengewicht zugewendet werden, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann. Danach sind bei Überschreiten einer Freigrenze 110 € die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren.

Eine Betriebsveranstaltung in diesem Sinn kann Elemente einer sonstigen betrieblichen Veranstaltung, die nicht oder nicht insgesamt zur Lohnzuwendung führt, enthalten. Die Gesamtveranstaltung ist dann als gemischt veranlasst zu qualifizieren mit der Folge, dass die Sachzuwendungen an die Arbeitnehmer aufzuteilen sind.

Die gebotene Aufteilung der Sachzuwendungen war vorzunehmen. Danach sind für die Aufteilung zunächst die Kostenbestandteile zu trennen, die sich leicht und eindeutig dem betriebsfunktionalen Bereich und dem Bereich, dessen Zuwendung sich als geldwerter Vorteil darstellt, zuordnen lassen. Die Kosten rein betriebsfunktionaler Bestandteile kommen von vornherein nicht als Arbeitslohn in Betracht. Auf der anderen Seite sind die Kosten solcher Bestandteile vollumfänglich als Arbeitslohn zu erfassen, die sich –isoliert betrachtet– als geldwerter Vorteil erweisen. Hierzu gehören u.a. die Kosten für gemeinsame Feiern und Unterhaltung. Bei den Kosten, die sich den genannten Kosten nicht zuordnen lassen und die deshalb im Wege sachgerechter Schätzung aufzuteilen sind, handelt es sich insbesondere um die Kosten für die Beförderung, Unterbringung und Verpflegung. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab ist dabei grundsätzlich das Verhältnis der Zeitanteile heranzuziehen, in dem die Veranstaltungs-Bestandteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Bestandteilen stehen.

Nach den Grundsätzen  sind zur Ermittlung eines sachgerechten Aufteilungsmaßstabs (nur) die Veranstaltungsteile mit Vorteilscharakter zu den aus betriebsfunktionalen Gründen durchgeführten Veranstaltungsteilen in ein Verhältnis zu setzen. Die Zeitanteile für die Beförderung zu und von der Gesamtveranstaltung bleiben dabei außer Betracht. Im Streitfall betrug danach die aufteilbare Zeit 12,5 Stunden und nicht, wie vom FG angenommen, 15,5 Stunden. Nach den Feststellungen des FG entfielen davon 5,5 Stunden auf Veranstaltungsteile mit rein betriebsfunktionaler Zielsetzung. Daraus folgt eine Aufteilung der Kosten für den Bustransfer und die Schiffstour von 56 % zu 44 %, d.h. 56 % sind als Arbeitslohn zu erfassen und 44 % führen nicht zu Arbeitslohn.