AfaA bei Vermietung und Verpachtung

Maßstab für eine außergewöhnliche Abnutzung ist das bestehende Wirtschaftsgut in dem Zustand, in dem es sich bei Erwerb befindet.

Eine allgemeine marktbedingte Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit eines Gebäudes in Gestalt deutlich geminderter Mieterlöse rechtfertigt grundsätzlich keine AfaA.

BFH Urteil vom 08.04.2014 – IX R 7/13 (BFHNV 2014 S. 1203) (veröffentlicht am 18.06.2014)

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) für ein im Teileigentum der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) stehendes Gewerbeobjekt im Streitjahr 2007.

Die Klägerin erwarb das Teileigentum 1999 vom Konkursverwalter des Bauträgers, der die gesamte Gewerbeeinheit 1996 fertiggestellt hatte, für insgesamt 2.804.880 DM. Das Teileigentum besteht aus einer im Kellergeschoss gelegenen, von der Hofseite ebenerdig zu begehenden Einheit mit drei Ladenlokalen (Nutzfläche von 860 qm) sowie dem zugehörigen Miteigentumsanteil an der Straßenparzelle und drei Garagen. Das größte der drei Ladenlokale hat eine Gesamtfläche von ca. 783 qm, wovon ca. 602 qm auf die Verkaufsfläche, ca. 153 qm auf das Lager sowie ca. 28 qm auf Sozialräume entfallen. Die beiden anderen Ladenlokale haben eine Größe von insgesamt 114 qm.

Mit Erwerb des Teileigentums gingen die für die Objekte bestehenden Mietverträge auf die Klägerin über, insbesondere der seit 1993 bestehende Vertrag über die größte Gewerbeeinheit, in dem auch die bauliche und technische Ausstattung des Objekts geregelt wurde. Die Mieterin (Hauptmieterin) dieser Gewerbeeinheit betrieb dort einen Lebensmitteldiscount. Das Mietverhältnis sollte mit Übergabe des bezugsfertigen Objekts beginnen und am 30. Juni 2005 enden. Die Mieterin hatte jedoch ein Optionsrecht zur Verlängerung des Mietverhältnisses durch einseitige Erklärung sechs Mal um je drei Jahre.

Die Voraussetzungen für eine AfaA lägen nicht vor. Es handele sich um eine Rentabilitätseinbuße, die eine AfaA nicht rechtfertige. Nach dem Auszug der Hauptmieterin habe sich nicht aufgrund der nach den Vorgaben der Mieterin erfolgten Ausgestaltung des Objekts eine eingeschränkte Vermietbarkeit an Dritte ergeben. Die Schwierigkeiten der erneuten Vermietung seien auf andere Umstände, u.a. auf die Lage des Objekts, zurückzuführen. Auch die Tatsache, dass das Objekt der Klägerin den aktuellen Anforderungen der Lebensmittelbranche nicht mehr entspreche, sei kein unmittelbar körperlich auf das Objekt einwirkendes Ereignis, das eine AfaA rechtfertige.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat zu Recht die Anerkennung von AfaA im Streitjahr versagt.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Streitjahres sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 2 EStG bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung abzuziehen, wenn sie durch sie veranlasst. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG auch Absetzungen für Abnutzung, wozu nach § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG auch AfaA gehören.

AfaA setzen entweder eine Substanzeinbuße eines bestehenden Wirtschaftsgutes (technische Abnutzung) oder eine Einschränkung seiner Nutzungsmöglichkeit (wirtschaftliche Abnutzung) voraus. Die außergewöhnliche “Abnutzung” geschieht durch Einwirken auf das Wirtschaftsgut (hier Gebäude) im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung.

So verhält es sich z.B., wenn bei Beendigung eines Mietverhältnisses erkennbar wird, dass das Gebäude wegen einer auf den bisherigen Mieter ausgerichteten Gestaltung nicht oder nur eingeschränkt an Dritte vermietbar ist.

Die Voraussetzungen einer AfaA sind demgegenüber nicht gegeben, wenn der Steuerpflichtige ein bereits mit Mängeln behaftetes Gebäude erwirbt. Maßstab für die Nutzbarkeit ist das bestehende Wirtschaftsgut in dem Zustand, in dem es sich bei Erwerb befindet. Ist aber ein Mangel in diesen Maßstabszustand mit eingegangen, so kann er ihn nicht ändern und das Wirtschaftsgut nicht in seiner Nutzbarkeit mindern

Ob im Einzelfall die Voraussetzungen von AfaA vorliegen, ist nach den tatsächlichen Verhältnissen im Einzelfall durch tatrichterliche Würdigung festzustellen:

Nach diesen Grundsätzen hat das FG im Streitfall zu Recht keine AfaA anerkannt. Ist eine AfaA bei einer schon im Zeitpunkt der Anschaffung bestehenden Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzbarkeit und Verwendungsmöglichkeit nicht zu gewähren, so ist im Streitfall eine seit der Fertigstellung im Jahr 1996 bestehende, wesentlich durch den ursprünglichen Mietvertrag bestimmte bauliche und technische Ausstattung des Objekts schon im Ansatz nicht geeignet, eine außergewöhnliche Abnutzung nach der im Jahr 1999 durch die Klägerin erfolgten Anschaffung zu begründen.

Im Übrigen war nach den möglichen und gemäß § 118 Abs. 2 FGO den Senat bindenden Feststellungen des FG die Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit des streitbefangenen Objekts in Gestalt der deutlich geminderten Mieterlöse nicht überwiegend auf eine auf die bisherige Hauptmieterin zugeschnittene Ausgestaltung des Objekts, sondern primär auf andere Umstände zurückzuführen. Es ist insbesondere auch nicht widersprüchlich, wenn das FG davon ausgeht, dass das Objekt den Anforderungen der Lebensmittelbranche im Streitjahr nicht entsprach, ihm aber gleichzeitig die Grundstruktur zum Betrieb eines Verbrauchermarktes nicht abspricht.